Protocol of the Session on November 27, 2013

Das Programm der lauten Straßen umfasst lärmmindernde Beläge – seit der Anhörung sind wir mehr oder weniger alle Experten auf dem Gebiet –, passiven Lärmschutz, den Einbau von Schallschutzfenstern und die Senkung von Höchstgeschwindigkeiten. Letztlich hat die Behörde, Herr Steffen hat darauf hingewiesen, aus dem Programm lauter Straßen vier höchstbelastete Straßen ausgewählt, um die Einführung von Tempo 30 in der Nacht zu versuchen. Das sind die Fuhlsbüttler Straße, die Winsener Straße, die Moorstraße sowie die Harburger Chaussee in Veddel. Mit Tempo 30 könnte der Lärmpegel in der Tat um zwei bis drei Dezibel sinken und das ist viel.

(Dietrich Wersich CDU: Es ist ja auch schon viel ruhiger geworden!)

Aber wer denkt, mit Tempo 30 könnte man anfangen, indem man nur ein Schild hinstellt, der irrt leider, denn wir wissen gerade aus Berlin, Herr Steffen, wo auf zahlreichen Hauptverkehrsstraßen ebenfalls nachts Tempo 30 angeordnet wurde, dass es etwas länger dauert, das vorzubereiten. Bei jeder Straße muss untersucht werden, ob die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht zur Verlagerung von Verkehren in andere ruhigere Straßen führt oder ob am Tag der ÖPNV behindert wird. Das wollen wir nicht, und darum muss geprüft werden. Der Verkehr soll durch Tempo 30 stetiger und

(Dr. Till Steffen)

gleichmäßiger fließen, sonst stellt sich der Lärmschutz nicht ein. Weil Sie das alles schneller und in größerem Umfang wollen, lehnen wir den Antrag der GRÜNEN ab. Das Thema Lärmminderung ist eine komplizierte und langwierige Sache. Wir sind froh, dass wir nun mit vier hochbelasteten Straßen anfangen können und sehen werden, was das tatsächlich bringt. Und ich hoffe, dass es auch im nächsten Frühjahr weitergeht.

Umwelt- und Verkehrsausschuss haben das Thema Lärmaktionsplan in einer großen, ausführlichen Expertenanhörung und einer ebenso intensiven Senatsbefragung besprochen. Die Sitzungen waren auch eine Würdigung der Arbeit unseres langjährigen Lärmexperten in der BSU, Herrn Wendland, dem wir zu danken haben und der sich nun im verdienten Ruhestand befindet.

Die Beratungen werden heute zunächst abgeschlossen, aber das Thema wird uns weiter begleiten. Zahlreiche Projekte sind in der Umsetzung, und weitere Maßnahmen müssen ergriffen werden. Im Januar werden wir uns dann, wie verabredet, im Umweltausschuss mit dem Fluglärm auseinandersetzen.

Ich möchte auch darauf hinweisen, dass die Koalitionsverhandlungen zwischen SPD und CDU, die heute Nacht in Berlin abgeschlossen wurden, den Lärmschutz deutlich verbessern werden. Es werden mehr Mittel für Lärmsanierungen an Straße und Schiene zur Verfügung gestellt, und das macht den Lärmschutz in Hamburg vielleicht um einiges leichter. Es zeigt darüber hinaus, dass Lärmschutz und -bekämpfungsmaßnahmen hier nicht zu Ende sind.

Meine Damen und Herren! Ich bitte Sie, der Empfehlung des Umwelt- und des Verkehrsausschusses zu folgen und dem Lärmaktionsplan zuzustimmen sowie die Anträge von FDP und GRÜNEN abzulehnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Stöver, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben bereits gehört, dass Lärm und schlechte Luft

(Klaus-Peter Hesse CDU: Haben wir alles hier!)

die größten Umweltprobleme in der Großstadt sind. Sie haben schwerwiegende Folgen für Gesundheit und Lebensqualität der Bevölkerung. Mit der Lärmrichtlinie fordert die EU ihre Mitgliedsstaaten und insbesondere die europäischen Städte auf, Maßnahmen für ihre Einwohner zu treffen, die sie vor den schädlichen Auswirkungen von Umgebungslärm schützen sollen. Das ist ausdrücklich zu

begrüßen, da der Gesundheitsschutz der von Lärm betroffenen Bürgerinnen und Bürger für uns eine hohe Bedeutung hat.

(Beifall bei der CDU)

Der Lärmaktionsplan wurde mit dem strategischen Lärmaktionsplan begonnen. Anschließend wurde eine breite Bürgerbeteiligung angestrengt, die zu Recht gewisse Erwartungen geweckt hat. Es folgte die Ernüchterung, denn nur vier Punkte werden überhaupt umgesetzt. Hamburg braucht aber effektive Maßnahmen, die schnell Wirkungen zeigen. Herr Dr. Steffen hat ausgeführt, wie viele Menschen von Lärmbelästigungen betroffen sind.

Meine Damen und Herren! Der CDU-Senat hat gute Vorarbeit geleistet, aber nun stoppt der Abgleich der Bürgervorschläge mit dem strategischen Lärmaktionsplan. Die daraus resultierenden Maßnahmen sind Ende 2010 auf der Strecke geblieben. Wo sind die von den Bürgern in den bezirklichen Foren erarbeiteten Listen der lärmbelasteten Straßen geblieben? Dieselbe Frage hat Herr Dr. Steffen auch gestellt. Das ist kein verantwortlicher Umgang mit Bürgervorschlägen, und die Hamburgerinnen und Hamburger sind zu Recht enttäuscht.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Kurt Duwe FDP)

Die möglichen Maßnahmen sind immer vielfältig und im Einzelfall zu prüfen; das habe ich bei Frau Dr. Schaal auch herausgehört. Dass es ein Patentrezept geben könnte, zum Beispiel eine Temporeduzierung auf 30 km/h auf allen Straßen Hamburgs, ist falsch. Das wäre auf keinen Fall die richtige Maßnahme.

Die oberste Prämisse ist es, den Verkehrsfluss zu erhalten, und dies wird nicht erreicht, indem man flächendeckend Tempo 30 auf Hamburgs Straßen ausweist. Die benötigten Maßnahmen sind vielfältig, und man muss eventuell auch zu kombinierten Schritten kommen. Sieht man sich die Prämisse an, dass der Verkehr fließen muss, dann liegen wirtschaftliche und lärmmindernde Aspekte einmal mehr nicht weit auseinander.

Ich komme noch einmal zu der Maßnahme Tempo 30 auf den Hauptverkehrsstraßen. Diese halten wir für nicht zweckmäßig, solange keine aktuellen und verlässlichen Daten zu diesen Straßen vorliegen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Kurt Duwe FDP)

Frau Dr. Schaal hat ausgeführt, dass es nicht der richtige Weg ist, Tempo 30 generell ohne vorherige Prüfung einzuführen. Bei den Tempo-30-Straßen wurden offenbar recht willkürlich vier Straßen ausgewählt, um den weitergehenden Forderungen der GRÜNEN den Wind aus den Segeln zu nehmen. Für uns gilt ganz unideologisch: Auch Lärmschutzpolitik muss sich auf eine solide Datenerhebung

(Dr. Monika Schaal)

stützen, und solange diese nicht gewährleistet ist, darf es nicht zu Schnellschüssen kommen. Insbesondere sehen wir unsere Befürchtung hinsichtlich der Ausweichverkehre in benachbarte Wohngebiete nicht ausgeräumt.

Einige zu begrüßende Maßnahmen sind bereits genannt worden, die einzeln oder in Kombination ihre Wirkung entfalten können, und ich würde sie gern noch einmal kurz aufzählen: zum Beispiel lärmmindernde Beläge, der sogenannte Flüsterasphalt – in welcher Ausführung auch immer –, der verstärkte Einsatz von Dialogdisplays, deren Erfolg sich unmittelbar durch die selbst erfassten Daten überprüfen lässt, die Förderung des Radverkehrs und des ÖPNVs sowie als Ergänzung seine Weiterentwicklung durch die Vernetzung mit anderen Verkehrsträgern, siehe das Projekt switchHH. Auch das Lkw-Führungskonzept ist schon genannt worden, darüber hinaus intelligente Verkehrsmanagementsysteme mit bedarfsgerechten Ampelschaltungen und grünen Wellen zu bestimmten Tageszeiten sowie als Letztes der verstärkte Umbau von Kreuzungsanlagen zu Straßenverkehren.

Frau Dr. Schaal hat die Elektromobilität bereits angesprochen; wir sehen es so, dass Hamburg leider noch viel zu langsam vorankommt. Hierauf wird unsere Fraktion besonderes Augenmerk legen, und wir werden den Senat zu gegebener Zeit mit parlamentarischen Initiativen auffordern, Hamburg weiter voranzubringen.

Die beste Möglichkeit, den Straßenlärm zu verringern, besteht allerdings darin, darauf hinzuwirken, dass überregionale Verkehre, die in Hamburg nicht halten müssen, gar nicht erst ins Stadtgebiet kommen. Dazu gehört die Fertigstellung von großen und wichtigen Infrastrukturprojekten.

Liebe Kollegen von den GRÜNEN, ich fordere Sie daher auf, dass Sie, Ihre Parteifreunde in Schleswig-Holstein und befreundete Umweltverbände wie der BUND nicht jede Baumaßnahme überregionalen Verkehrs beklagen. Es ist wichtig, dass die A 20 und die A 26 fertiggestellt werden. Perspektivisch ist es auch wichtig, die A 39 zu realisieren, um auf diese Weise nahezu zu einer Ringlösung zu kommen, damit die gesamte Stadt umfasst wird. Die überregionalen Verkehre können dann stärker aus Hamburg herausgehalten werden als bisher.

(Beifall bei der CDU)

Das gilt insbesondere, wenn A 7 und A 1 wieder einmal durch Staus und zähfließenden Verkehr stark belastet sind und es durch Ausweichverkehre innerhalb Hamburgs zu verstärkten Emissionen und Lärmbelastungen kommt.

Meine Damen und Herren! Zum Abschluss fordern wir den Senat erneut auf, seine Hausaufgaben zu erledigen. Wir brauchen die richtigen Maßnahmen

am richtigen Ort, und zwar innerhalb sowie außerhalb Hamburgs. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Duwe, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Dieses Thema haben wir schon gefühlt zehnmal diskutiert, und viel weiter sind wir in den letzten drei Jahren nicht gekommen. Ich will aber nicht der SPD den Vorwurf machen. Seit 2003 hätte in Hamburg einiges passieren müssen, und es ist wenig passiert. Zum Glück sind wir nun nicht mehr in dem Stadium, in dem wir lernen, wie man Lärmaktionspläne schreibt, sondern schon bei dem Punkt, an dem man prüft, welche Projekte man überhaupt realisieren kann, auch wenn es nur vier sind.

Ich bin natürlich auch weihnachtlich gestimmt. Wir haben seit 2008 in den Bezirken an den sehr langen Wunschzetteln gearbeitet. Normalerweise bekommt man zumindest einen Teil um den 24. Dezember herum geschenkt – nicht alles, aber ein, zwei Straßen –, aber das hat leider nicht geklappt; warum, weiß ich nicht.

Jedenfalls haben wir im Ausschuss auch darüber diskutiert, wie die Auswahl dieser vier Straßen vorgenommen wurde. Zumindest bei dreien hege ich leichte Zweifel, ob das wirklich die Straßen sind, die Hamburgs Probleme lösen. Ich kenne sie, da ich jeden Tag als Lärmopfer dort vorbeigehe. Als Fußgänger macht man normalerweise nicht sehr viel Lärm, aber wie man zum Beispiel bei der Moorstraße, die hundert Meter lang ist und wo es einen Fußgängerüberweg auf halber Strecke gibt, durch eine Geschwindigkeitsbeschränkung irgendetwas erreichen will, frage ich mich wirklich.

Wir haben immer noch kein Gesamtkonzept und kein Verkehrsmodell, obwohl es uns versprochen wurde, und auch keine Interaktion zwischen den Plänen von Lärmaktion und Luftreinhaltung, was wichtig wäre. Wenn man Autos sehr langsam fahren lässt, ist das vielleicht gut gegen Lärm, aber nicht so gut für die Luftreinhaltung, und das muss auch beachtet werden. Leider sind die beiden Behördenteile Verkehr und Stadtentwicklung und Umwelt seit 2011 getrennt, und das hat Schwierigkeiten gebracht.

Ich freue mich natürlich, dass wir langsam beginnen zu prüfen. Soweit ich weiß, ist seit 2003, seitdem in Hamburg theoretisch daran gearbeitet wird, in den Projekten noch nichts verbaut worden. Ich mag nicht Berlin zitieren, aber Berlin hat seit 2000 richtig gearbeitet, und die ersten Pilotprojekte sind 2005 verbaut worden. Ich frage jetzt nicht, mit welchem Geld, aber sie sind verbaut worden, und das fällt in Hamburg in der Umweltpolitik negativ auf.

(Birgit Stöver)

Ich gehe davon aus, dass der Senat ein bisschen was tun wird, aber nach den Zahlen, die im Haushalt der Verkehrsbehörde stehen, kann ich nur sagen, dass wahrscheinlich etwas Geld bei der Straßensanierung abfallen wird, aber mehr auch nicht. Das ist ein Armutszeugnis für diese Stadt. Ich hoffe, dass man im nächsten Jahr beginnen wird, den Wunschzettel abzuarbeiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Sudmann, Sie haben das Wort.

Meine Vorrednerinnen und Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, dass wir das Thema Lärmaktionsplan seit gut zwei Jahren in der Bürgerschaft diskutieren und dass uns Expertinnen und Experten in Anhörungen viel erzählt haben. Das Einzige, was noch offen bleibt, ist das Papier Lärmaktionsplan. Der Entwurf, der uns letztes Jahr vorgelegt wurde, hatte noch enge Fristsetzungen. Man hatte gesagt, dass zur Umsetzung relativ schnell etwas passieren müsse. In Stufe zwei ist man nun, positiv ausgedrückt, wesentlich geduldiger, negativ ausgedrückt wird viel auf die lange Bank geschoben.

Frau Schaal und Frau Stöver haben von Prioritäten und obersten Prämissen gesprochen. Für die Links-Fraktion gibt es eine klare Priorität. Diese liegt bei den 144 000 Menschen, die schon jetzt nachts von gesundheitsschädigendem Lärm geplagt sind. Das ist doch eine Zahl, die Sie beeindrucken müsste und bei der Sie alle eine Priorität sehen müssten. Frau Stöver, Sie sagten, dass wir schauen müssten, dass der Verkehr weiter fließen kann. Der Verkehr kann aber auch fließen, wenn wir Tempo 30 haben, auch der Wirtschaftsverkehr.

(Dirk Kienscherf SPD: In der Schanze sind die Anwohner durch andere Lärmquellen be- lastet!)

Herrn Kienscherf habe ich gerade nicht verstanden.

Wenn Sie den Expertinnen und Experten gelauscht haben, dann werden Sie festgestellt haben, dass Tempo 30 eine einfache, kostengünstige Maßnahme ist. Anders als die GRÜNEN wollen wir Tempo 30 flächendeckend als Regelgeschwindigkeit, nicht nur nachts.