Protocol of the Session on November 7, 2013

(Dr. Roland Heintze CDU: Da hat der Senat ja super geantwortet auf unsere Schriftliche Kleine Anfrage! Das ist eine Frechheit!)

Was hatten Sie noch im Vorfeld kritisiert? Ich glaube, Sie hatten die Ausschüttungen kritisiert. In einem einzigen Fall gab es – das betraf auch die Hochbahn – eine variable Vergütung ohne Ziel

und Leistungsvereinbarungen. Der Vertrag wurde unter Ihrem Finanzsenator verhandelt und komischerweise auch nicht kritisiert; mittlerweile ist er aber verändert.

In diesem Zusammenhang möchte ich feststellen, dass Ziel- und Leistungsvereinbarungen Bestandteil aller Verträge sind, die mit Vorstandsmitgliedern abgeschlossen werden. Entweder sie sind bereits Bestandteil der Anstellungsverträge oder sie werden selbstverständlich am Anfang eines Jahres oder am Ende des Vorjahres verhandelt und mit eindeutigen Zielen versehen. Die Liste dazu in den Schriftlichen Kleinen Anfragen war sehr interessant und hat dies eindeutig belegt. Nur etwas heranzuziehen, was Sie nicht verstanden haben – Stichwort Filmförderung und Klimaschutz –,

(Dr. Roland Heintze CDU: Jetzt ist mal gut! Klimaschutz als Ziel ist von Ihnen aus dem Kodex gestrichen worden!)

ist ein bisschen zu wenig, um dem Senat vorzuwerfen, er handele nicht verantwortlich. Wir nehmen es auf jeden Fall sehr ernst, dass Vorstandsvergütungen und variable Vergütungen angemessen zu sein haben. Sie können den Schriftlichen Kleinen Anfragen entnehmen, dass die variablen Vergütungen keinesfalls über 50 Prozent liegen, sondern angemessen sind. Insofern sehe ich keinen Grund, dass wir von der Bürgerschaft den Senat zum Jagen tragen müssten. Der Senat arbeitet, und er arbeitet sehr gut, Herr Heintze.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Herr Kerstan.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser leidenschaftliche Disput zwischen Frau Rugbarth und Herrn Heintze hat mich ein bisschen überrascht. Ich dachte eigentlich, die Sache sei relativ klar. Vor diesem Hintergrund werden wir die Überweisung dieses Antrags an den Haushaltsausschuss beantragen, denn wir sind schon der Meinung, dass es sich lohnt, zu diesen Punkten eine Debatte mit Leuten zu führen, die ein bisschen mehr im Thema sind, und nicht vor leeren Hallen zu stehen, in denen ein kleiner, ratloser Rest sitzt. Darum erlauben Sie mir, nicht lange zu reden, aber ein paar grundsätzliche Bemerkungen zu variablen Vergütungen in öffentlichen Unternehmen zu machen.

Wir reden über variable Vergütungen. Umgangssprachlich und in der Öffentlichkeit sind das Boni. Boni sind seit der Bankenkrise nicht so wahnsinnig beliebt in unserem Lande – zu Recht –, weil natürlich das Boni-System in der Finanzbranche erheblich zu den Missständen und letztlich auch zu der weltweiten Finanzkrise beigetragen hat. Insofern ist es natürlich richtig, einmal grundsätzlich zu dis

(Andrea Rugbarth)

kutieren, ob es variable Vergütungen in öffentlichen Unternehmen geben sollte, wie sie ausgestaltet sein sollten und um welche Kriterien es sich dabei handeln sollte. Ich will nicht die öffentlichen Unternehmen mit den Banken gleichsetzen, aber eines ist klar: Wir haben diese öffentlichen Unternehmen nicht, um einen möglichst maximalen Gewinn zu erzielen, sondern sie haben den Zweck, das öffentliche Interesse in bestimmten Bereichen durchzusetzen. Insofern sollte der Missstand, der in der Finanzbranche zum Teil eingekehrt ist, wo es darum geht, möglichst hohe Quartalsergebnisse zu erzielen, und darum, dass diejenigen, die das erreichen, auch möglichst viel Geld bekommen, in den öffentlichen Unternehmen als Steuerungsprinzip keine Rolle spielen. Natürlich können finanzielle und auch andere Anreize eine Möglichkeit sein, Menschen zu motivieren, aber das muss gut austariert werden. Deshalb ist das durchaus ein Thema, das man im Ausschuss debattieren könnte.

Bei einem Punkt stimmen wir der CDU ausdrücklich zu: Ein Bonus, also eine variable Vergütung, die Erfolg belohnen will, setzt Ziel- und Leistungsvereinbarungen voraus, denn wenn ein Bonus praktisch automatisch ausgezahlt wird, egal, was die Geschäftsführung so tut, dann ist das keine variable Vergütung, die etwas belohnt, sondern eine Art zusätzliches Weihnachtsgeld. Wenn es solche Fälle wirklich gegeben haben sollte, wie aus den Schriftlichen Kleinen Anfragen der CDU hervorgeht, dann muss man das kritisch hinterfragen. Es darf eigentlich keine Bonuszahlungen geben, wenn dem keine nachvollziehbare Leistung gegenübersteht. Das führt das ganze System ad absurdum. Wenn es das gab und immer noch gibt bei uns in den öffentlichen Unternehmen, dann muss man das ändern. Ich habe eben aus dem Redebeitrag von Frau Rugbarth aber durchaus einen Dissens herausgehört, und deshalb haben wir Redebedarf im Ausschuss.

Ich habe allerdings auch eine Differenz zu Herrn Heintze, der das Klimaschutzziel bei der Filmförderung als Fehlallokation einer variablen Vergütung dargestellt hat. Erst einmal muss ich sagen, dass ich ein nicht finanzielles Kriterium für Boni-Zahlungen in einem öffentlichen Unternehmen mit einem öffentlichen Auftrag prinzipiell richtig finde, und natürlich ist die Filmindustrie eine Industrie wie andere Industrien auch, die Ressourcen- und Energieverbrauch hat. Die Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein zeichnet sich unter anderem dadurch aus, dass sie die sogenannte "Green Film Initiative" gegründet hat, wo natürlich auch in diesem Bereich Klimaschutz betrieben werden soll. Nun muss man dieses Kriterium nicht richtig finden, das kann man vielleicht auch anders sehen oder es mit anderen Kriterien kombinieren wollen. Auch das ist ein Punkt, den man im Ausschuss besprechen könnte, und wir sollten generell darüber sprechen, welche Kriterien wir eigentlich anlegen wollen. Was

wäre denn ein vernünftiger Anknüpfungspunkt bei der Filmförderung? Die Anzahl der geförderten Filme? Das ist irgendwie auch nicht das richtige Kriterium. Insofern sind das schon Fragen, mit denen sich der Haushaltsausschuss einmal beschäftigen sollte, anstatt dass wir hier vor leeren Rängen und einer Großzahl gelangweilter Abgeordneter stehen, die mit dem Thema nicht so viel anfangen können.

(Zuruf von Robert Bläsing FDP und Finn-Ole Ritter FDP: Hey, hey! Wir sind sehr interes- siert!)

Na ja, eben war es sehr ruhig und sehr leer hier, und die Debatte plätscherte so vorbei; mag ja sein, dass das in manchen Fraktionen anders ist.

Vor diesem Hintergrund werden wir den Antrag unterstützen, würden es aber eigentlich begrüßen, wenn er erst einmal an den Ausschuss überwiesen würde. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das Wort bekommt Herr Bläsing.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe übriggebliebenen Kolleginnen und Kollegen! Wir haben die Debatte um die Offenlegung von Vorstandsund Geschäftsführungsvergütungen der öffentlichen Unternehmen Hamburgs bereits im März dieses Jahres geführt. Die FDP-Fraktion hat sich dabei für mehr Transparenz positioniert und hält an diesem Standpunkt fest.

Frau Rugbarth, auch wenn Sie vielleicht gerne herumtelefonieren – ich kann mir bildlich vorstellen, wie die Geschäftsführer reagieren, wenn das Vorzimmer sich bei denen meldet und sagt, Frau Rugbarth ist mal wieder dran, da entgleisen wahrscheinlich die Gesichtszüge –,

(Heiterkeit bei allen Fraktionen – Beifall bei Dennis Gladiator CDU)

maßgeblich ist, was uns der Senat als Antwort auf Schriftliche Kleine Anfragen präsentiert,

(Beifall bei der FDP und der CDU)

und nicht, was Frau Rugbarth irgendwie fernmündlich in Erfahrung gebracht hat.

Öffentlichen Unternehmen kommt eine besondere Stellung zu, denn sie sollen der Daseinsvorsorge dienen und werden aus öffentlichen Mitteln finanziert. Die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler haben insofern ein Recht auf das Ablegen von Rechenschaft über die Verwendung öffentlicher Gelder. Dies gilt somit auch und insbesondere für die Vergütung der Geschäftsführungen und Vorstände. Die Vergütungsstruktur von Führungskräften in öffentlichen Unternehmen sieht in den meisten Fällen fixe und variable Gehaltsbestandteile vor, Letz

(Jens Kerstan)

teres als Anreizsystem für besondere Leistungen des Managements. Die variable Vergütung soll als Motivation und finanzieller Anreizmechanismus eine nachhaltige Unternehmensführung und langfristig effiziente Managemententscheidungen sicherstellen. Dies setzt jedoch voraus, dass die variable Vergütung an entsprechende Ziele und Leistungsvereinbarungen geknüpft ist. Die Anfragen des Kollegen Heintze haben gezeigt, dass dies nicht immer der Fall ist. Hier hat der Senat offenbar Defizite zu verantworten. Aus Sicht der FDP – das wird Ihnen sicherlich bekannt vorkommen – muss sich Leistung lohnen. Anreizlose Bonuszahlungen in öffentlichen Unternehmen haben höchstens einen Mehrwert für diejenigen, die sie bekommen, nicht aber für das Gemeinwesen. Das ist aus Sicht der FDP-Fraktion nicht hinnehmbar.

(Beifall bei der FDP)

Ein weiteres Defizit liegt in der Qualität der formulierten offengelegten Ziele. Sinn und Zweck leistungsorientierter Vergütung ist letztendlich die langfristige Sicherstellung und Steigerung des Unternehmenserfolgs. Die in der Drucksache 20/7368 abgebildeten Ziele sind jedoch in einigen Fällen sehr vage und unkonkret, und Erfolg oder Misserfolg sind nur schwerlich messbar. Außerdem finden sich in der Zielbeschreibung Stichpunkte wieder, die eigentlich genuiner Bestandteil der Arbeitsplatzbeschreibung einer Geschäftsführung und ihrer Mitarbeiter sein müssten. So eignet sich der Punkt Öffentlichkeitsarbeit beispielsweise schlecht als eigenständiges Managementziel; er ist für sich genommen eher ein klassischer Managementauftrag und insoweit selbstverständliche Aufgabe der Geschäftsführung oder der PR-Abteilung eines Unternehmens. Aus Sicht der FDP-Fraktion ist es abstrus, Selbstverständlichkeiten pekuniär noch extra zu vergüten. So kann es nicht gehen, meine sehr geehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Roland Heintze CDU)

Geradezu absurd wird es zudem, wenn man sich ansieht, welche Geschäftsführer welcher Unternehmen einen nicht näher definierten Beitrag zum Klimaschutz als Ziel haben. Dies scheint ein beliebter Posten zur Verteilung von Boni zu sein, der bisher nicht weiter konkretisiert worden ist; das haben wir eben schon besprochen. Der vorliegende Antrag nimmt Bezug auf das etwas bizarr anmutende Beispiel der Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein GmbH. Es ist bedauerlich, dass es bislang keine Offenlegungsklausel gibt, um zu erfahren, ob hier die Verhältnismäßigkeit zwischen dem Ziel einerseits und der Bonuszahlung andererseits gewahrt ist. Es ist zwar schon zu hören, dass Bully Herbig Preisträger ist, es würde mich auch interessieren für welchen Film, aber ob damit wirklich dem Klima geholfen ist, müsste man sich wirklich noch einmal genauer anschauen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Bei Vorliegen einer Ziel- und Leistungsvereinbarung muss vor Auszahlung der variablen Vergütung eine verifizierbare Evaluation der Leistung vorgenommen werden. Demzufolge müssten Ziele und Zielerreichungsgrade definiert werden können und die Leistung quantifizierbar oder zumindest objektiv messbar sein. Das schließt die Vereinbarung qualitativer Ziele wie Kundenzufriedenheit oder Besucherakzeptanz zwar nicht aus, legt allerdings einen anderen Schwerpunkt. Offenlegungsklauseln in Verträgen sind ein wirksames Instrument, um zu gewährleisten, dass Zielvereinbarungen im Sinne des Unternehmenserfolgs abgeschlossen werden. Außerdem können unsinnige Zielbeschreibungen durch Transparenz und den Druck der Öffentlichkeit eingedämmt werden. Ein erster Schritt in diese Richtung ist durch den Hamburger Corporate Governance Kodex, ein zweiter durch das Hamburgische Transparenzgesetz – ich verweise auf Paragraf 3 Absatz 1 Ziffer 15 des Gesetzes – gemacht worden. Auf dessen Einhaltung müssen wir als Bürgerschaft gegenüber dem Senat pochen und wo nötig vielleicht auch nachsteuern. Hier werden wir sehr genau hinsehen und dem Senat bei Bedarf auf die Finger klopfen. Der vorliegende Antrag der CDU-Fraktion benennt Defizite und zeigt Lösungen auf, die zu einer besseren Rechenschaft der öffentlichen Unternehmen gegenüber der Bürgerschaft sowie den Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern führen. Wir brauchen mehr Transparenz durch Offenlegungsklauseln bei den Managementvergütungen in Hamburgs öffentlichen Unternehmen. Wir brauchen ein sinnvolles Vergütungssystem, dessen variable Bestandteile an Ziel- und Leistungsvereinbarungen geknüpft sind, die dem Unternehmenserfolg dienen. Unsere Aufgabe als Parlamentarier ist es, an dieser Stelle den Senat dazu zu bewegen, seinen Ankündigungen zu mehr Transparenz nun auch Taten folgen zu lassen. Die FDP-Fraktion wird dem Antrag folglich zustimmen. Dem Antrag der GRÜNEN, ihn an den Haushaltsausschuss zu überweisen, werden wir auch gern zustimmen.

(Beifall bei der FDP)

Das Wort bekommt Herr Hackbusch.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte mich für die Arbeit von Herrn Heintze bedanken.

(Beifall bei Christiane Schneider DIE LINKE)

Er hat uns vieles dazu erklärt, das wir praktisch nachvollziehen können. Ich selbst aber halte die Debatte nicht für kräftig genug, als dass wir sie lange führen sollten. Dementsprechend finde ich den Vorschlag von Herrn Kerstan richtig, den Antrag an

(Robert Bläsing)

den Haushaltsausschuss zu überweisen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei Karin Prien CDU)

Das Wort bekommt Senator Dr. Tschentscher.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Hackbusch, auch ich will mich gern kurz fassen. Lassen Sie mich aber zur CDU-Fraktion Folgendes sagen: Nachdem die Entwicklung der Vergütung der Vorstandsgehälter zehn Jahre ziemlich undurchsichtig war, kann Ihnen das mit der Transparenz nun auf einmal nicht schnell genug gehen. Ich kann Sie aber beruhigen, wir kommen dort sehr gut voran, auch ohne Ihren Antrag. In Bezug auf die Offenlegungsklausel ist der Musteranstellungsvertrag dem Hamburger Corporate Governance Kodex angepasst worden und darüber hinaus – das darf ich Ihnen auch gleich berichten – um eine Klausel zu den Informationsrechten der Bürgerschaft ergänzt worden. Mit dieser Klausel werden Neuverträge geschlossen, aber auch alle Altverträge werden im Zuge einer anstehenden Vertragsverlängerung angepasst. Wir holen also all das, was Sie in den vergangenen Jahren versäumt haben, Stück für Stück nach.

(Beifall bei Karin Timmermann SPD)

Mittlerweile, das darf ich auch berichten, haben mehr als 90 Prozent der Vorstände und Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer öffentlicher Unternehmen einer Offenlegung ihrer Bezüge zugestimmt. Der HCGK regelt ebenfalls bereits, dass variable Vergütungen mit Ziel- und Leistungsvereinbarungen verknüpft werden sollen. Auch dort lag in den vergangenen Jahren einiges im Argen. Insbesondere stimme ich Ihnen zu, dass wir bei der Präzision der Vereinbarung und der Festlegung möglichst eindeutig messbarer Ziele, anders als in den früheren Jahren, nun mehr Sorgfalt auf diese Punkte legen müssen. Das wird im Übrigen, Herr Heintze, nicht zentral in der Finanzbehörde gemacht, das wäre ein bisschen sachwidrig und der Natur der Organisation nicht angemessen. Dies sind Fragen, die in den Aufsichtsgremien, also in den Aufsichtsräten und Verwaltungsräten der öffentlichen Unternehmen gegenüber den Geschäftsführungen festgelegt werden sollen. Wir haben also den HCGK an den erforderlichen Stellen angepasst, wir haben die Musteranstellungsverträge angepasst. Herr Heintze, Sie halten lautstarke Reden und kritisieren, dass wir nicht schnell genug nachholen, worum Sie sich über viele Jahre nicht gekümmert haben.

(Beifall bei der SPD)

Wir kommen bei beiden Themen aber gut voran, auch ohne Ihren Antrag. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Dann gibt es jetzt noch eine Wortmeldung von Frau Rugbarth.