Die im Schulgesetz formulierten, diversen Möglichkeiten des reformorientierten Unterrichts finden wir in Ordnung, allerdings muss es auch wohlorganisiert sein. Eine generelle Erweiterung der Flexibilisierung der Schulzeit lehnen wir ab. Wir werden nicht durch die Hintertür die Primarschule wieder einführen, wir wollen keine neue Schulstrukturdebatte, und wir stehen deshalb weiterhin für den Schulfrieden.
Für den einzelnen Schüler oder die einzelne Schülerin gibt es immer noch die Möglichkeit, eine Klassenstufe zu überspringen oder zu wiederholen. Den Wunsch können dabei die Eltern äußern. Die Entscheidung, zu überspringen, treffen sie gemeinsam mit der Schule. Bei der Wiederholung entscheidet aus guten Gründen die Schulaufsicht.
Wir lehnen den vorliegenden Antrag nicht nur bezüglich der generellen Flexibilisierung der Grundschulzeit ab. Unterschiedliche Einstellungstermine werden wir auch nicht mittragen. Stattdessen fördern wir die Zusammenarbeit von Schulen und Kitas bei der vorschulischen Bildung und Erziehung. Hier gibt es gute Beispiele in der Stadt, die verstetigt und weiterentwickelt werden müssen.
Insgesamt fehlt mir in dieser Debatte die Verbesserung der frühkindlichen Bildung und Erziehung. In der Grundschulzeit ist es eigentlich schon zu spät. Deshalb dienen unsere Maßnahmen vielmehr der Krippe und der Kita, und zwar nicht nur wegen der besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Sie sind eine Bildungsoffensive für mehr Chancengerechtigkeit. Mit dem Modell "Kita Plus" stärken wir beispielsweise durch mehr Ressourcen und Sprachförderung die Elementarbildung der Kinder in sozial benachteiligten Regionen.
Insgesamt finden wir im Antrag der GRÜNEN keine Verbesserung für die Schülerinnen und Schüler unserer Stadt, sondern eine Gefährdung des Schulfriedens. Wir lehnen Ihren Antrag deshalb ab. – Danke.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle wissen um die besonderen Herausforderungen, die sich daraus ergeben, dass Schülerinnen und Schüler bei der Einstufung in Klasse 1 sehr unterschiedliche Ausgangsvoraussetzungen haben. Und wenn es darum geht, darüber zu sprechen, wie man bei diesen Lernund Entwicklungsrückständen etwas tun kann, wie man dem mit wirksamen Maßnahmen begegnen kann, dann können Sie auf die CDU immer zählen.
Was jedoch aus unserer Sicht überhaupt nicht geht – gerade in Hamburg mit unserer besonderen, jüngsten schulpolitischen Geschichte –, ist, im Jahre 2013 wieder mit einer neuen Grundschulreform zu kommen. Nichts anderes ist nämlich Ihr Vorschlag für eine flexible Schuleingangsphase.
Es gibt Schulversuche in den anderen Bundesländern mit ganz unterschiedlichen Ergebnissen. Während man in Berlin wohl davon sprechen kann, dass der Schulversuch mit der flexiblen Schuleingangsphase gescheitert ist, hat man in Bayern tatsächlich ganz gute Erfahrungen gemacht. Ursprünglich waren es 20 Schulen, inzwischen gibt es 60 weitere Grundschulen, die an dem Modellversuch teilnehmen. Aber lassen wir mal die Kirche im Dorf, denn das sind ungefähr 3 Prozent der bayrischen Schulen, über die wir sprechen. Die Bayern machen übrigens so etwas immer sehr ordentlich. Sie bilden nämlich erst einmal die Lehrer aus und schaffen die Voraussetzungen, und erst wenn die Voraussetzungen da sind, machen sie einen Modellversuch. Ich glaube, das ist grundsätzlich der richtige Weg und nicht anders herum, wie wir das immer in Hamburg versuchen.
Es gibt erst einen Schulversuch und dann versuchen wir im laufenden Geschäft, die Lehrer dazu auszubilden.
Der Kollege Czech hat darauf hingewiesen, dass wir im Moment mehrere Schulversuche haben, die noch laufen und noch nicht ausgewertet sind. Wir haben auch den Primarschulversuch noch nicht richtig ausgewertet, und trotzdem fangen Sie an, jetzt wieder die nächste schulpolitische Sau durchs Dorf zu treiben. Das ist der falsche Weg.
Wir haben ein Schulgesetz, das jahrgangsübergreifendes Lernen zulässt und ermöglicht. Warum nutzen wir nicht erst einmal diese Möglichkeiten, die das Schulgesetz uns lässt?
Ich bin ganz bei dem Kollegen Czech, denn das eigentliche Problem liegt in der Zeit vor der Einschulung. Wir müssen uns im Bereich der vorschulischen und der frühkindlichen Bildung um mehr Effektivität und mehr Erfolge bei der Angleichung der Ausgangsvoraussetzungen kümmern. Da geht es insbesondere um das Thema Sprachförderung, es geht aber auch um eine frühere Diagnostik und Förderung bei anderweitigen Entwicklungsrückständen und Störungen. Es gibt noch sehr viel Potenzial in unserer Stadt, da haben wir noch lange nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft. Lassen Sie uns das erst einmal gemeinsam tun, bevor wir wieder über neue Schulstrukturdebatten Unruhe in die Hamburger Schulen, insbesondere in die Grundschulen, bringen.
Was Sie nämlich jetzt mit diesem Antrag tun, würde er denn Erfolg haben, ist doch, wieder den Grundschulen eine Entscheidung aufzuzwingen, ob sie an diesem neuen Modell teilnehmen. Es gibt wieder die Schulkonferenzen, die sich monatelang mit der Frage beschäftigen, ob das vielleicht eine gute oder eine weniger gute Idee ist. Am Ende sind es dann mit den Mehrheiten der Schulkonferenz doch wieder die Schulleitungen und die Kolleginnen und Kollegen, die das entscheiden.
Bei einem bin ich mir ganz sicher: Die Hamburger Eltern haben die Nase voll von irgendwelchen Zwangsbeglückungen mit vermeintlich modernen, neuen Unterrichtsmethoden. Lassen Sie das sein, meine Damen und Herren von den GRÜNEN, Sie schaden mit Ihrem Antrag mehr, als dass er Nutzen bringen kann.
Dennoch nehmen wir Ihren Ansatz zum Anlass, Frau von Berg, darüber nachzudenken, was wir sinnvollerweise tun können, um die Ausgangsvoraussetzungen von Schülerinnen und Schülern bei der Einschulung stärker anzugleichen. Deshalb werden wir Ihrem Antrag in keinem der Petita zustimmen. Wir wären aber mit einer Überweisung an den Schulausschuss einverstanden, wenn der Antrag eine Grundlage sein kann, über diese grundsätzlichere Frage miteinander ins Gespräch zu kommen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kollegen von den GRÜNEN, das Problem haben Sie richtig erkannt. Kinder kommen
mit unterschiedlichen Voraussetzungen in die Schule, das wissen wir auch. Die Unterschiede sind zum Teil so groß, dass sie bis zum Ende der Grundschulzeit eben nicht aufgeholt werden können. Aber Ihr Vorschlag, die Verweildauer in der Eingangsstufe flexibel zu gestalten, trägt unseres Erachtens nicht zur Lösung des Problems bei.
Lassen Sie mich deutlich sagen, dass es vielmehr wieder einmal eine Primarschule-light-Version ist, die Sie gerade vorgestellt haben. Dem können und wollen wir natürlich nicht zustimmen.
Es ist nunmehr etwa drei Jahre her, dass die Hamburger die Einführung der Primarschule abgelehnt haben, und trotzdem können Sie es offenbar nicht lassen. Ihr Vorschlag ist nichts anderes als der Versuch, die verlängerte Grundschulzeit doch noch durch die Hintertür einzuführen. Das werden wir nicht mittragen. Sie machen dabei – und das lassen Sie mich offen sagen – auch wieder den gleichen Fehler, den Sie schon mit der Primarschule gemacht haben, denn Sie legen wieder einmal den Fokus auf Organisationsstrukturen statt auf Inhalte. Wieder einmal stellen Sie damit noch mehr Anforderungen an die Lehrer. Dabei sind die mit der Umsetzung der Inklusion und dem übereilten Ausbau der Ganztagsangebote mehr als ausgelastet.
Überdies löst eine neue Debatte über Organisationsstrukturen kein einziges Problem, im Gegenteil, sie schafft sogar große Verunsicherung. Die Umsetzung Ihrer Vorschläge würde Zeit und Ressourcen für Schulorganisation binden. Diese wird aber gerade im Schulalltag dringend für eine bessere Förderung von Kindern mit Lernrückständen gebraucht.
Meine Damen und Herren! Nun verweisen die GRÜNEN auf andere Bundesländer, die eine flexible Verweildauer in der Eingangsstufe bereits umsetzen. Wenn Sie aber nicht nur oberflächlich, sondern ganz genau hinschauen würden, dann würden Sie sehen, dass die Idee anderswo längst an der Realität gescheitert ist. Ein eklatantes Beispiel ist Berlin, das von seiner Struktur und seiner Umgebung her mit Hamburg gut vergleichbar ist. Mit großen Erwartungen und noch größerem PR-Aufwand wurde die flexible Grundschulzeit dort eingeführt. Die jüngeren Schüler würden jetzt von den älteren lernen, hieß es, und die sozialen Kompetenzen aller Schüler würden sich verbessern. Dennoch könne jeder in seinem eigenen Tempo lernen – sozusagen ein Grundschulparadies.
In der Realität jedoch schwirren die "Sonne-Mondund-Sterne-Kinder", so heißen die Schüler tatsächlich in Berlin, im luftleeren Raum herum. Die Verweilquote derjenigen, die länger als die vorgesehenen zwei Jahre in der Eingangsstufe bleiben, hat sich seit Einführung der flexiblen Grundschulzeit
verdoppelt. Das Ergebnis dieses Experiments geht auf Schülerkosten. Ein gutes Drittel der Grundschulen in Berlin ist wieder zum alten System zurückgekehrt, und Privatschulen für Grundschüler erleben parallel einen Boom in Berlin. Kein Wunder, denn die Realität sieht so aus: Die Älteren ziehen Jüngere gar nicht mit, weil sie selbst großen Aufholbedarf haben. Die Schulen kehren deshalb wieder zu stabilen Lerngruppen und verlässlichen Beziehungen zurück, weil sie wissen, wie wichtig diese für die Schüler sind.
Ihre Idee geht auch am Kern des Problems vorbei. Die Entwicklungsrückstände – das wurde schon vielfach gesagt, und darüber bin ich froh, denn da scheint ein Konsens zu sein – der meisten Kinder entstehen doch längst vor der Schulzeit. Deshalb müssen wir zum einen so früh wie möglich ansetzen und noch mehr für die Kitas oder die Vorschulen tun. Zum anderen müssen Kinder mit Entwicklungsrückständen in der Schule gezielt gefördert werden, etwa in Kleingruppen.
Wir brauchen eben gerade nicht noch mehr Heterogenität in der Schule, um die Probleme in besonders heterogenen Klassen zu lösen.
Meine Damen und Herren! So sehr wir also Ihren erneuten Versuch zur Verlängerung der Grundschulzeit ablehnen, so sehr ist dennoch der Grundgedanke des Papiers richtig. Kinder kommen mit höchst unterschiedlichen Voraussetzungen in die Schule, deshalb halten wir die Idee einer Einschulung auch zum Halbjahr durchaus für sinnvoll. Gerade im Vorschulalter machen Kinder große Entwicklungssprünge, ein halbes Jahr kann da einen Riesenunterschied ausmachen. Der Schulbeginn im Sommer bedeutet deshalb für viele Eltern die Wahl zwischen einer zu frühen oder einer zu späten Einschulung. Deshalb könnte die Ermöglichung einer Einschulung zum Halbjahr sehr sinnvoll sein, vorausgesetzt – und deswegen ist es auch nur ein Prüfantrag, dem wir zustimmen –, die Schulen tragen das mit und es ist für sie auch organisatorisch machbar.
Darüber lohnt es aus unserer Sicht, eine Diskussion im Schulausschuss zu führen, und deswegen werden wir uns der auch nicht verschließen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Fraktion der GRÜNEN hat einen Antrag zur flexiblen Eingangsstufe in der Grundschule eingebracht. Die Begründung dafür wird mit den Ergebnissen der KESS-Studie für die Klasse 13 begründet. Das bedeutet in der Konse
quenz, dass es am Schulbeginn flexibler werden soll, weil die Leistungen am Ende in Klasse 13 zu wünschen übrig lassen. Hinzu kommt noch die Begründung, dass die Lernrückstände nach der KESS-13-Studie insbesondere in der Mittelstufe entstanden seien. Und ob mit einer flexiblen Eingangsstufe die Befunde der KESS-13-Studie abgestellt werden können, ist reine Spekulation und lässt eine Menge anderer Faktoren außer Acht.
Fakt ist allerdings auch, dass die Lernunterschiede bei der Einschulung – das haben alle Rednerinnen und Redner eben betont – sehr groß sind. Ich zitiere die Argumente der GRÜNEN aus ihrem Antrag:
"Der Heterogenität der Schülerinnen und Schüler beim Schuleintritt soll so entwicklungsgerecht begegnet werden. Kinder, die mit unterschiedlichem Entwicklungsstand in die Grundschule kommen, erhalten in einer flexiblen Eingangsstufe die Zeit, die sie brauchen, um die nötigen Grundkompetenzen im Sprechen, Schreiben, Lesen und Rechnen zu erwerben."
Für Bildungsgerechtigkeit müssen wir an jeder Stelle im Schulsystem sorgen, und alles, was getan werden kann, um den Zusammenhang von Elternhaus und Lernerfolg beziehungsweise Lernmisserfolg zu entzerren, muss versucht werden.
Die GRÜNEN verweisen in ihrem Antrag auf Erfahrungen aus anderen Bundesländern. Wir haben nicht in Berlin angefragt, sondern in Brandenburg, weil wir dort auch mit an der Regierung beteiligt sind. Uns wurde bestätigt, dass die Erfahrungen mit den sogenannten Flexi-Schulen, die dies freiwillig machen, durchaus positiv seien. Und es wurde auch gesagt – insoweit stimmt das mit dem Argument des GRÜNEN-Antrags überein –, dass nur ganz wenige Kinder die Grundschulzeit verkürzen, also die flexible Eingangsstufe auf ein Jahr, oder sie verlängern sie auf drei Jahre.
Die Grundschulen, die sich an dem Modellversuch beteiligen, haben zudem in Brandenburg eine erheblich bessere Ausstattung. Sie bekommen in Brandenburg fünf Teilungsstunden und zusätzlich fünf Stunden extra für Sonderpädagogik. Darüber hinaus bekommen Sie noch eine halbe Stelle mit einem Sozialpädagogen oder einer Sozialpädagogin. Schließlich wird noch ein geöffneter Unterricht praktiziert und die Lehrkräfte erhalten Fortbildung.
In Brandenburg ist man also mit der flexiblen Eingangsstufe auch deswegen zufrieden, weil sie erheblich besser ausgestattet ist. Dieser Ansatz fehlt jedoch im Antrag der GRÜNEN. Die Antwort, wie die Fortbildungsmaßnahmen für Lehrkräfte, insbesondere zum jahrgangsübergreifenden Lernen, mit dem Lehrerarbeitszeitmodell in Einklang gebracht werden sollen, die Sie in Ihrem Antrag erwähnen, bleiben Sie schuldig. Frau von Treuenfels hat im
Grunde schon darauf hingewiesen, dass dies nicht bedeuten darf, dass eine flexible Eingangsstufe bewirkt, dass die Lehrkräfte mehr Arbeit haben. So kann das auf keinen Fall gehen.