Protocol of the Session on May 19, 2011

(Zuruf von der SPD: Die waren richtig gut, unsere Fragen!)

Unsere Fragen waren wesentlich besser.

(Beifall bei der SPD)

Hier kam: Zeit, das Richtige zu tun. Ganz genau, Zeit, das Richtige zu tun. Hamburg ist nicht zuständig für das Bundesfreiwilligendienstgesetz.

(Katharina Wolff CDU: Alte Kamellen!)

Das ist ein Bundesgesetz und am 16. Mai ist erst die Werbekampagne angelaufen. Es ist seit letztem Jahr eigentlich von vornherein im Gespräch gewesen, den Zivildienst zu verkürzen beziehungs

weise ihn jetzt ganz auszusetzen. Das ist relativ neu. Wir haben in Hamburg ein gut funktionierendes Freiwilligensystem. Bei den existierenden Zivildienststellen muss man differenzieren, welche Aufgaben diese eigentlich übernehmen. Es war in letzter Zeit schon so, dass wir weniger Anwärter auf Zivildienststellen hatten als Plätze. Bis jetzt ist noch kein Träger deshalb in Schwierigkeiten geraten, einfach aus dem Grund, dass die Träger sich darauf eingestellt haben, dass der Zivildienst in den letzten Jahren permanent gekürzt worden ist. Wir wollen nicht vergessen, dass das eigentlich arbeitsplatzneutral sein soll und es sich beim Zivildienst um Hilfstätigkeiten handelt. Genauso ist es bei den Freiwilligendiensten wie dem Freiwilligen Sozialen Jahr.

In dem Sinne freue ich mich darauf, im Sozialausschuss mit Ihnen darüber zu reden, denn es gibt diverse andere Themen bei den Freiwilligen, die genauso dringend sind. Ansonsten sind, soweit ich weiß, schon jede Menge Gespräche mit den zuständigen Fachbehörden geführt worden und weitere sind geplant. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Danke schön. – Die Abgeordnete Wolff hat das Wort.

Sehr verehrte Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Fegebank hat das Inhaltliche schon sehr gut erklärt. Von daher möchte ich mich, auch wenn ich die Anfrage fast noch als ein bisschen früh erachte, gerne unserer Regierung zuwenden, denn ich habe auch eine Kleine Anfrage zu diesem Thema gestellt, weil ich finde, dass der Senat und insbesondere der zuständige Senator, Herr Scheele, es sich ein bisschen zu einfach machen. Auch von Frau Müller haben wir gerade eben wieder gehört, die Verantwortung liege beim Bund.

(Dirk Kienscherf SPD: Bessere Fragen, bes- sere Antworten!)

Das ist auch schön und gut, aber dort endet meistens der Satz, ohne anschließend zu fragen, was Hamburg tun kann. Es freut mich also, dass die GAL zumindest die Brisanz dieser Lage gesehen hat. Es freut mich auch, dass unser Senat anscheinend ein so großes Vertrauen in unser Bundesministerium legt, dass Sie Ihren Job dabei fast vergessen, Herr Scheele, denn es ist Ihr Job, sich zu fragen, was Hamburg unabhängig vom Bund im Bereich der Förderung des Freiwilligendienstes tun kann und will. Bislang war das ziemlich unkreativ.

(Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Aber das, was Sie da auf Bundesebene ma- chen, ist doch desaströs!)

Die Antworten auf meine Kleine Anfrage und auch auf die Anfrage der GAL waren bisher sehr unzu

(Katharina Fegebank)

reichend und so schwammig, dass man sich wirklich nicht wundern muss, dass das zur Debatte in der Bürgerschaft wird. Es ist schon ein starkes Stück für Hamburgs Bürger und, Frau Sudmann, auch für Hamburgs Bürgerinnen, dass sich in diesem Fall, und nicht nur in diesem Fall, sondern bei einer Vielzahl von Anfragen, der Senat immer aus der Verantwortung stiehlt und diese regelmäßig nicht zuerst bei sich sucht, sondern bei anderen. Hier wird häufig auf die Bundesebene verwiesen.

(Dirk Kienscherf SPD und Doris Müller SPD: Da liegt sie auch!)

Im Zivil- und Bundesfreiwilligendienst – warten Sie doch ab – liegt die Kompetenz formal beim Bund, aber diese erkennbare Abwehrhaltung hilft überhaupt nicht, dass man sagt, die Zuständigkeit liege nicht bei uns, sollen sich die anderen darum kümmern. Das hat auch schon bei den Ein-Euro-Jobs nicht so richtig funktioniert, Herr Scheele,

(Beifall bei Roland Heintze und Birgit Stöver, beide CDU)

wo Sie nämlich gesagt haben, nach Bundesvorgaben wären die Streichungen in Hamburg leider absolut unabkömmlich.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wir wissen alle, dass das in einer Rolle rückwärts geendet ist und auf ein Mal die Streichungen doch nicht so nötig waren. Erkennbar wird Ihr Abwehrverhalten zum Beispiel auch in der Antwort auf eine Frage der Großen Anfrage der GAL nach der Entwicklung der Bewerberzahlen beim Bundesfreiwilligendienst nach dem 1. Juli 2011. Ihre Antwort, bei der meine Regierung in Berlin so schön zitiert wurde, ist – nun zitiere ich Sie –:

"Die Zahl möglicher Bewerber kann derzeit nicht seriös abgeschätzt werden."

(Doris Müller SPD: Ab 1. Juli!)

Da fragt man sich ein bisschen: Kann oder will man diese Zahlen nicht richtig seriös abschätzen? Man gewinnt also einmal wieder den Eindruck, wie gestern schön häufig erwähnt, dass Regieren für Sie doch ein bisschen viel Last ist oder – noch schlimmer – dass Sie sich dieser Verantwortung gar nicht stellen wollen. Schleswig-Holstein ist in diesem Punkt schon ein bisschen weiter und hat genau zum Thema dieser Auswirkungen auf den Zivildienst einen Bericht veröffentlicht.

Der letzte Punkt: 73 Prozent der Zivildienstleistenden sind Abiturienten und ich hoffe, Sie haben sich diese Zahl schon einmal vor Augen geführt, denn bisher ist mir noch nicht aufgefallen, dass Sie an Schulen und gerade an Gymnasien großartig für den Bundesfreiwilligendienst werben. In der Antwort auf meine Kleine Anfrage verweisen Sie auch da wieder auf die Bundesebene. Herr Scheele, es ist fünf vor zwölf, fangen Sie an zu handeln.

(Dirk Kienscherf SPD: Aber Sie haben das doch verursacht! Ihre Partei!)

Stehlen Sie sich nicht aus der Verantwortung und tun Sie etwas für Hamburg. Von daher überweisen wir den Antrag gerne an den Sozialausschuss, weil wir noch großen Diskussionsbedarf sehen. – Danke.

(Beifall bei der CDU)

Schönen Dank. – Frau Kaesbach hat jetzt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Frau Fegebank, ich würde gerne wissen, wie bei Ihnen eine lange Rede aussehen wird, wenn Ihre heutige Rede eine kurze Rede war.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Ich bin Ihnen aber dankbar, dass Sie das Thema Bundesfreiwilligendienst eingebracht haben, denn das gibt uns Liberalen Gelegenheit, dem großen Aufschrei der Sozialverbände im Vorfeld der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes die Spitze zu nehmen. Aber erst einmal an dieser Stelle Glückwunsch an die schwarz-gelbe Bundesregierung

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

von wegen schlafen, Frau Fegebank –, nach den ewigen Reformbekundungen der Vorgängerregierung endlich Nägel mit Köpfen zu machen, nun eine grundsätzliche Reform auf den Weg zu bringen und den Wehrdienst auszusetzen. Das hat die schwarz-gelbe Regierung geschafft.

(Beifall bei der FDP)

Nun aber zum Zivildienst. Führen wir uns kurz einige Zahlen Ihrer Antwort auf die Große Anfrage vor. Sie haben es selbst schon gesagt.

(Zurufe von Dirk Kienscherf SPD und Meh- met Yildiz DIE LINKE)

Am 1. April 2011 wurden 2 396 Zivildienstplätze angeboten, besetzt wurden lediglich 1 154. Das ist fast exakt die Hälfte. Mit Blick auf die Entwicklung des Zivildienstes im Bund stelle ich fest, dass sich erstens die Zahl der Zivildienstleistenden in den letzten zehn Jahren mehr als halbiert hat. Die Dienstzeit der Zivildienstleistenden wurde wiederholt verkürzt, ohne dass es zu negativen Auswirkungen auf das Sozialsystem der Bundesrepublik gekommen wäre. Die Zivildienstleistenden machen nur 1,8 Prozent aller Beschäftigten im Sozialbereich aus. Und zu guter Letzt – und das ist eigentlich das Wichtige –, die Zivildienstleistenden dürfen keine bestehenden Arbeitsplätze wie reguläre Pfle

(Katharina Wolff)

gekräfte ersetzen. Das Stichwort hörten wir schon: Arbeitsmarktneutralität.

Nun wird zum 1. Juli mit der Aussetzung der Wehrpflicht auch der Zivildienst ausgesetzt und uns stünde jetzt der Untergang des Abendlandes bevor, wenn man Ihnen und einigen Sozialverbänden Glauben schenken würde. Angesichts der Tatsache, dass Zivildienstleistende keine regulären Arbeitsplätze besetzen dürfen, kann dies eigentlich gar nicht zutreffen.

(Beifall bei der FDP)

Aber es ist bekannt, dass dies im Grunde nicht der Realität entspricht und viele Verbände, die Krankenhäuser, die Kitas und so weiter ohne Zivildienstleistende ein personelles Defizit haben; die einen mehr, die anderen weniger. Es geht hierbei eigentlich weniger um die Verbände und Institutionen als vielmehr um die Menschen, die durch die Zivis zusätzlich eine soziale Wohltat erleben. Insofern sind die Ängste der Verbände und Betroffenen schon ernst zu nehmen. Hinzu kommt, dass jeder Systemwechsel bekanntlich schwer anläuft. Trotzdem ist Schwarzmalerei jetzt völlig fehl am Platz.

(Beifall bei der FDP)

Wichtig ist, dass jetzt eine Kommunikationskampagne anläuft, damit möglichst viele Bürger überhaupt erfahren – Sie sagten es zu Recht, Frau Fegebank –, was mit dem Bundesfreiwilligendienst möglich ist. Sie wiesen darauf hin, dass das Bundesfamilienministerium am Montag den Startschuss für eine Bundeskampagne gab, die auch in Hamburg ankommen wird.

Ich möchte an dieser Stelle noch einmal klarstellen, dass mit der Aussetzung der Wehrpflicht und der Einführung des Bundesfreiwilligendienstes in Kürze neben den bereits vorhandenen Jugendfreiwilligendiensten FSJ und FÖJ eine weitere Möglichkeit besteht, sich freiwillig sozial zu engagieren. Während beim FSJ und FÖJ die Teilnehmer noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet haben dürfen, gibt es beim neuen Bundesfreiwilligendienst keine Altersbeschränkung. Von den Frauen und Männern ab 27 Jahren kann der Bundesfreiwilligendienst auch in Teilzeit von mindestens 20 Stunden pro Woche geleistet werden. Außerdem ist der Aufgabenbereich weiter gefasst. Sie sehen, es gibt zahlreiche Vorteile für den Bundesfreiwilligendienst. Positiv ist auch, dass das Angebot generationsübergreifend und auch für Frauen offen ist. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels und dem Ziel der Gleichstellung von Männern und Frauen ist es ein positives Signal.

Der Bundesfreiwilligendienst soll weiterhin die Möglichkeit bieten, Menschen, insbesondere junge Männer, für die soziale Arbeit zu begeistern. Das ist für alle Seiten bereichernd. Junge Menschen möchten sich genauso freiwillig einbringen wie Menschen in der dritten Lebensphase, die nach

der Verrentung ihr aktives Leben weiterführen möchten, oder auch Menschen in der Mitte des Lebens. Deshalb bedeutet die Einrichtung des Bundesfreiwilligendienstes für einen Großteil unserer Gesellschaft eine einmalige Chance, nämlich sich dort einzubringen, wo man helfend und fördernd wirken möchte. Dies ist ein Meilenstein für die Entwicklung der aktiven Bürgergesellschaft. Reden wir es nicht schlecht, bevor es überhaupt begonnen hat.

(Beifall bei der FDP – Dirk Kienscherf SPD: Das ist aber schlecht vorbereitet!)