Protocol of the Session on May 19, 2011

Bei der Hafenquerspange, die von fast allen Parteien so sehnsüchtig gewünscht wird, ist bis heute nicht klar, welchen Nutzen sie für die Stadt wirklich bringen wird. Das haben Sie auch noch einmal beschrieben. Selbst die HPA, ehemals Strom- und Hafenbau, sagt, wir können den Hafenverkehr auch ohne Hafenquerspange bewältigen. Die neue Wilhelmsburger Reichsstraße wird wie eine Autobahn sein, die A 1 wird ausgebaut, Wilhelmsburg wird weiter belastet. Können Sie sich eigentlich vorstellen, dass in irgendeinem anderen Stadtteil in Hamburg, in Blankenese zum Beispiel oder anderswo, solche Verkehrsbelastungen von Ihnen mitgetragen würden?

(Hans-Detlef Roock CDU: Was ist denn das für ein Beispiel?)

Ich kann es mir nicht vorstellen. Das ist kein Unfug, sondern die Frage ist, was Sie bestimmten Stadtteilen zumuten.

(Beifall bei der LINKEN)

Gerade in Altona, Herr Roock, hatte Ihre Regierung argumentiert – und auch die neue Regierung wird das machen –, sie wolle dafür sorgen, dass die durch die A 7 getrennten Stadtteile wieder zusammenwachsen; das ist auch richtig. Aber in Wilhelmsburg sorgen Sie dafür, dass mit noch mehr Verkehr wesentlich mehr auseinander wächst.

Ich möchte diejenigen von Ihnen, die schon etwas länger Verkehrspolitik machen, an eine Forderung erinnern, die vor 15, 20 Jahren aufgestellt wurde, als der vierte Elbtunnel gebaut werden sollte. Von dieser Forderung würde Herr Horch heute auch profitieren können. Da haben die Verkehrsinitiativen massiv gefordert, keine vierte Autoröhre zu bauen, sondern dafür zu sorgen, dass eine S-Bahn durch den Elbtunnel hindurch fährt, um den Hamburger Süden besser anzuschließen. Wenn das realisiert worden wäre, müssten die Menschen in Buxtehude oder Stade nicht mit dem Auto fahren und würden nicht stöhnen, dass die Fahrt mit der S3 so lange dauert. Sie hätten eine wunderbare Anbindung.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich wünsche mir, dass wir solche Alternativen auch im Verkehrsausschuss diskutieren.

(Dr. Wieland Schinnenburg)

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Senator Horch bekommt das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Mobilität ist in einer dynamischen und wachsenden Metropole wie Hamburg von ganz entscheidender Bedeutung. Mobilität ist ein Thema, das alle Verkehrsträger gleichermaßen berücksichtigen muss. Deshalb brauchen wir auch ein Mobilitätskonzept, das mehr ist als die Summe einzelner verkehrspolitischer Maßnahmen. Es geht um die Wechselwirkung zwischen dem Güterverkehr, dem motorisierten Individualverkehr, dem ÖPNV und auch dem Fahrradverkehr. Es geht aber auch um Lärmauswirkungen. Wir brauchen eine Gesamtschau und wir werden sie in diesem Jahr für den Süderelberaum auch vorlegen.

Im Süderelberaum stehen wir vor einer ganz besonderen Situation. Dort sind gravierende städtebauliche Veränderungen in den Siedlungsgebieten und im Hafengebiet geplant. Die zentrale Lage und Bedeutung des Hamburger Hafens erfordert eine maßgebliche Anpassung der Verkehrsinfrastruktur, die eine effiziente Hinterlandanbindung des Hafens auch für die Zukunft sicherstellt.

(Beifall bei der SPD und vereinzelt bei der CDU)

Demgegenüber macht die besondere Situation der Durchmischung von Gewerbegebieten, Hafenflächen, Wohngebieten, Naturlandschaften und historisch wertvollen Stadtteilen den Reiz des gesamten Süderelberaums aus. Aus städtebaulicher Sicht soll die Wohnqualität dieses Raums weiter gesteigert und die gefühlte Trennung – ein ganz wichtiger Punkt – von der Hamburger Innenstadt aufgelöst werden. Aus diesen Gründen treten bei der Verkehrserschließung der Region zwangsläufig Konflikte auf. Es gilt, die städtebaulichen Ziele, die Wohnqualität der Bevölkerung und die Bedürfnisse der Hafenwirtschaft möglichst weitgehend in Einklang zu bringen.

(Beifall bei der SPD und bei Klaus-Peter Hesse und Birgit Stöver, beide CDU)

Wir wollen den Wunsch der Bürger und der Bezirksversammlungen nach mehr Beteiligung auch an diesem wichtigen Projekt gern annehmen. Das ist etwas, das ich gut verstehen kann und dem wir ernsthaft Rechnung tragen werden. Wir werden den Verkehrsausschuss der Bürgerschaft und auch die Bezirksversammlungen Hamburg-Mitte und Harburg entsprechend mit einbeziehen und unterrichten. Für infrastrukturelle Großprojekte wie beispielsweise die A 26, die Hafenquerspange und die Wilhelmsburger Reichsstraße liegen uns umfangreiche Untersuchungen und auch weit abge

schlossene Planungen vor, das gilt insbesondere für die A 26; die Planfeststellung wird demnächst eingeleitet. Hier werden wir in einigen Jahren nach Fertigstellung der Strecke auf dem Hamburger Gebiet eine spürbare Entlastung erzielen können. Das ist ein Meilenstein in der Verkehrsentwicklung, nicht nur, aber ganz besonders auch für den Süderelberaum.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Für den gesamten Süderelberaum ein Konzept vorzulegen, bedeutet auch ganz klar, eine Grundlage für weitere verkehrspolitische Entscheidungen zu haben. Darum wird jetzt auch nicht kleinteilig dargestellt, wohin die Reise gehen soll. Wir werden nicht einzelne Detailplanungen in den Mittelpunkt stellen, sondern die großen raum- und infrastrukturellen Maßnahmen entsprechend gegenüberstellen.

Eine Verkehrsplanung muss unterschiedliche Themenfelder beleuchten und natürlich auch fortgeschrieben werden. Sie muss sich quasi den Vorgaben für eine dynamische Metropole, die Hamburg nun einmal ist, in dieser Gesamtzusammensetzung entsprechend anpassen. Es sind daher die Bedürfnisse vieler unter einen Hut zu bringen. Im Süderelberaum sind dies zum Beispiel die Interessen der Bürgerinnen und Bürger, die weiterhin in einem lebenswerten Umfeld wohnen und leben möchten und für die die Beeinträchtigungen so gering wie möglich gestaltet werden sollen. Es sind aber auch die Interessen der Wirtschaft und des Hafens, die möglichst schnell und effizient, wie bekannt, ihre Waren von A nach B transportieren wollen. Das ist längst noch nicht alles, zeigt aber schon, wie komplex die Gesamtplanung im Süderelberaum ist. Der Entwurf des Gesamtmobilitätskonzepts für den Süderelberaum wird bewusst alle Handlungsmöglichkeiten aufzeigen und in mehreren Varianten bewerten, wie eine Verkehrsplanung an der Süderelbe zukünftig aussehen muss.

Wie gesagt, Hamburg ist eine dynamische Metropole und das wollen wir auch so; Verkehrsströme und Bedürfnisse der Beteiligten unterliegen somit einem stetigen Wandel. Es ist unser Plan, mit der Einwicklung eines Mobilitätskonzepts für ganz Hamburg in Verbindung mit dem Süderelberaum dem zu einem späteren Zeitpunkt Rechnung zu tragen. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und bei Dr. Wieland Schinnenburg FDP)

Schönen Dank. – Wenn keine weiteren Wortmeldungen mehr vorliegen, dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 20/413 und 20/521 an den Verkehrsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind bei

(Heike Sudmann)

de Anträge an den Verkehrsausschuss überwiesen.

Wir kommen zum Tagesordnungspunkt 9, Drucksache 20/153, Große Anfrage der GAL-Fraktion: Wegfall des Zivildienstes und Einführung des Bundesfreiwilligendienstes – aktuelle Zahlen und Aktivitäten des Senats.

[Große Anfrage der GAL-Fraktion: Wegfall des Zivildienstes und Einführung des Bundesfreiwilligendienstes – aktuelle Zahlen und Aktivitäten des Senats – Drs 20/153 –]

Die SPD-Fraktion möchte diese Drucksache an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen. Wer wünscht das Wort? – Frau Fegebank.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Beiträge werden kürzer und ich fühle mich auch genötigt, etwas kürzer zu sprechen; ich glaube, dann ist die Aufmerksamkeit auch größer.

(Antje Möller GAL: Wir haben viel Zeit!)

Ich höre gerade, wir haben Zeit, viel Zeit sogar. Aber ich glaube, dass man bestimmte Themen auch in gebotener Kürze behandeln kann. Aber vielleicht rede ich doch länger, als man erwarten könnte.

(Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Ich dachte, ich hole mir auf diese Weise schon einmal einen Applaus für die Kürze, aber nachher werde ich dem gar nicht gerecht.

Ich möchte mit einem Zitat anfangen, das diesmal nicht, wie so oft in den letzten beiden Tagen, aus der Regierungserklärung von Herrn Scholz stammt, aber nicht weniger gewichtig ist: "Zeit, das Richtige zu tun." Ich weiß nicht, wer von Ihnen in den letzten beiden Tagen über dieses Zitat gestolpert ist, wahrscheinlich niemand. Und das ist auch schon das Problem in Bezug auf die Sache, über die wir jetzt sprechen werden. Das ist nämlich der Slogan der schwarz-gelben Bundesregierung, mit dem seit Montag die Einführung des Bundesfreiwilligendienstes beworben wird, der zum 1. Juni an den Start geht. Ich glaube, das Problem ist gar nicht so sehr, dass es den Freiwilligendienst gibt – den meisten von uns sagt zumindest die Idee des Freiwilligendienstes etwas –, sondern dass diejenigen, die sich davon angesprochen fühlen sollten, junge Männer und Frauen, Schulabgänger, vielleicht aber auch Ältere, sich überhaupt nicht angesprochen fühlen, weil im Moment weder der Wegfall des Zivildienstes noch die Einführung des Bundesfreiwilligendienstes in den Medien und den entsprechenden Gremien diskutiert werden. Daher ist die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber er

schreckend gering und wir sollten das zum Anlass nehmen, eine Debatte zu führen und auch über die Große Anfrage zu reden, die dann an den Ausschuss geht, und gemeinsam für Hamburg Lösungen zu entwickeln.

(Beifall bei der GAL)

Wir hatten erhofft, dass auch der Senat den Satz "Zeit, das Richtige zu tun" im Hinblick auf den Bundesfreiwilligendienst ernst nimmt. Wenn ich mir die Antworten auf die Große Anfrage ansehe, dann sind diese sehr dünn. Wir bekommen zwar ein paar Zahlen, aber keine wirkliche Antwort, Frau Senatorin, auf die Frage, was denn Hamburg zu tun gedenkt, vor allen Dingen in den nächsten Wochen und Monaten, um die Idee des Freiwilligendienstes stärker zu fördern.

Vielleicht noch einmal ganz kurz zum Hintergrund. Die Wehrpflicht wird zum 1. Juni ausgesetzt. Das ist bundesweit debattiert worden. Im Moment ist die Debatte auf die Frage konzentriert, wie wir Männer und Frauen für die Armee interessieren. Es spricht aber niemand über die Wegfall des Zivildienstes. Es gab einmal 90 000 Zivildienstleistende – Frau Sudmann, es waren nur Männer –, inzwischen sind es nur noch 45 000 und der Dienst läuft sukzessive aus. In Hamburg, das geben die Antworten auf die Große Anfrage her, sind es noch knapp 1 200 junge Männer, die in Kindertageseinrichtungen, Obdachloseneinrichtungen, vor allem aber in der Behindertenbetreuung und in der individuellen Schwerstbehindertenbetreuung wertvolle Arbeit leisten. Und hier ist der Aufschrei groß. Ich weiß nicht, ob Sie die Presseerklärung der Diakonie vor ein paar Wochen gelesen haben: Der Notstand steht bevor. Man hat Probleme, tatsächlich Betreuerinnen und Betreuer zu finden, die in der individuellen Schwerstbehindertenbetreuung aktiv werden.

Da ist es für uns Zeit zu handeln, da können wir zum einen den Finger heben und sagen, da hat Berlin geschlafen. Und das ist richtig, weil es kein ausgewogenes Konzept gibt, die Zusammenarbeit zwischen den bestehenden Diensten Freiwilliges Ökologisches Jahr, Freiwilliges Soziales Jahr und dem neuen Freiwilligendienst zu kombinieren. Es gibt auch noch kein Gesetz, das genau diese Themen zusammenführt. Aber wir müssen uns hier in Hamburg darüber Gedanken machen, wie wir mit diesem Thema umgehen. Es reicht nicht, eine schöne Kampagne zu haben, die wieder in U- und S-Bahnhöfen aufgehängt wird und um Freiwillige wirbt. Wir brauchen eine direkte Ansprache, zum Beispiel an Schulen und in Sportvereinen. Wir müssen uns auch überlegen, wie wir ältere Menschen mit einbeziehen, ohne damit die Arbeitsmarktneutralität zu gefährden. Vielleicht können wir die Kammern stärker mit einbeziehen als glaubwürdige Stimmen im Hinblick auf Berufsvorbereitung und auf Stärkung der Persönlichkeit, wenn es

(Vizepräsidentin Kersten Artus)

um freiwilliges Engagement geht. Wir müssen aber auch – und das ist etwas, was die Sozialverbände klar einfordern –, und da setzt die Debatte um freiwilliges Engagement, bürgerschaftliches Engagement und zivilgesellschaftliches Engagement an, überlegen, wie wir diese große Lücke, diesen Engpass füllen, der vor allem im Bereich der Behindertenbetreuung entsteht. Das ist ein wirkliches Anliegen und das kann man nicht oft genug betonen.

(Beifall bei der GAL)

Vor dem Hintergrund, wie wir den Freiwilligendienst auch in Hamburg auf den Weg gebracht bekommen, wie wir die zentralen Akteure mit einbeziehen und wie wir vielleicht auch eine Lösung im Bereich der individuellen Schwerstbehindertenbetreuung herbeiführen können, hoffe ich, dass wir im Ausschuss die Große Anfrage bearbeiten. Die Forderungen sind klar. Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wird ein Problem darstellen. Wir hatten diese Debatte auch bei den EinEuro-Jobs. Das erhoffe ich mir von der Debatte im Ausschuss und denke, dass wir dieses Thema nicht zum letzten Mal auf der Tagesordnung haben, denn die Engpässe sind vorhanden. Berlin hat ein wenig geschlampt, deswegen müssen wir jetzt in Hamburg aktiv werden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der GAL und bei Katharina Wolff CDU)

Schönen Dank. – Die Abgeordnete Müller hat das Wort.

Sehr geehrtes Präsidium, Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Kollegin Fegebank, als ich die Anfrage gesehen habe, fand ich das Thema sehr wichtig. Ich fand die Anfrage nur sehr dünn.

(Farid Müller GAL: Das verwechseln Sie mit der Antwort!)

Nein, ich fand die Fragen in der Anfrage sehr dünn. Wenn ich mir anschaue, wie der Senat im letzten Jahr Fragen zu dem Thema beantwortet hat, …

(Zuruf von der SPD: Die waren richtig gut, unsere Fragen!)