Protocol of the Session on September 11, 2013

(Beifall bei der SPD)

Wir haben die Finanzierung für diese Vorhaben sichergestellt, das ist der ganz entscheidende Punkt. Unsere Stärkung der frühen Bildung hat in diesem Haus meist die Zustimmung der Opposition gefunden, sie hat in Kurzform Rechtsansprüche wiederhergestellt und erweitert, liebe CDU. Die Elternbeiträge wurden wieder gesenkt und teils schon abgeschafft. Ab August 2014 ist die fünfstündige Grundbetreuung inklusive Mittagessen für alle beitragsfrei, Krippe und Elementar. Wir haben die sogenannten Bildungsempfehlungen, auch für die Krippe, ergänzt und überarbeitet. Im Übrigen werden diese aus Hamburg im ganzen Bundesgebiet als ein ganz entscheidendes Qualitätsmerkmal abgefragt. Wir haben zudem mit dem von Ihnen angesprochenen Kita-Plus-Programm in rund 280 ausgewählten Kitas in Stadtteilen mit sehr hohem Anteil an Kindern aus sozial benachteiligten Familien oder mit sprachlichem Förderbedarf das Personal um 24 Prozent aufgestockt. Ich freue mich sehr, dass Letzteres in den Anträgen von FDP und LINKEN auch anerkannt wird.

Es gehen im Ergebnis heute in Hamburg so viele Kinder in die Krippen und Kitas wie nie zuvor, so

früh wie nie zuvor und so lange wie nie zuvor. Das gilt für Kinder mit und ohne Migrationshintergrund, und das wird übrigens eine sehr positive Wirkung auf die Sprachkompetenz haben. Die sozial schwächeren Stadtteile holen zudem bei der insgesamt weiter ansteigenden Krippenquote deutlich auf, und das ist politische Absicht.

(Beifall bei der SPD)

Auf diese Leistung kann Hamburg wahrlich sehr stolz sein, aber Selbstzufriedenheit ist unsere Sache nicht. Natürlich wünschen wir uns alle eine Verbesserung der Personalausstattung in der Krippe, das sage ich als ehemalige Kita-Leiterin ausdrücklich.

(Finn-Ole Ritter FDP: Deshalb haben wir Vorschläge gemacht!)

Hamburg hätte dies allerdings auf Basis des stärksten Krippenausbaus der westdeutschen Länder und entsprechend hoher Betreuungsquoten zu finanzieren. Die Kita-Ausgaben liegen 2013 bei der Rekordsumme von 517 Millionen Euro, nach 330 Millionen Euro noch im Jahr 2008. Ein genereller Krippen-Personalschlüssel von 1:4 würde zusätzlich 77 Millionen Euro kosten. Bei 1:3 wären es rund 148 Millionen Euro – dies nur, damit die Größenordnung ein wenig klar ist.

Ein "Krippe-plus" analog zu "Kita-Plus", wie von den Antragstellern gefordert, würde etwa 15 bis 16 Millionen Euro kosten, wobei noch – und das sage ich ganz ausdrücklich – die Frage wäre, ob ein schlichter Transfer des Programms eine Übertragung auf die Krippe fachlich das Richtige wäre.

(Olaf Ohlsen CDU: Natürlich!)

Bei aller Einigkeit, was die Wünsche angeht und weswegen wir auch Ihre Anträge überweisen werden, gebe ich folgenden Hinweis. Die FDP plant eine Finanzierung ihres Antrags auch aus angeblichen Resten des Kita-Deckungskreises, eines noch gar nicht gelaufenen Haushalts. DIE LINKE kritisiert diesen Finanzierungsvorschlag der FDP, und die GRÜNEN kritisieren heute per Pressemitteilung die Finanzierungsvorhaben sowohl von FDP als auch von der LINKEN als – Zitat –:

"… so dürftig, dass wir den Vorlagen nicht zustimmen können."

Zitatende.

Ich begrüße, dass die GRÜNEN darauf hinweisen, dass es in vielen Bundesländern um den Krippenpersonalschlüssel nicht gut bestellt ist. Natürlich hätte der Bund die Länder hier stärker unterstützen können. Diese Bundesregierung hat sich aber leider für das Betreuungsgeld entschieden, CDU wie FDP.

(Olaf Ohlsen CDU: Ah, die Nummer jetzt!)

(Finn-Ole Ritter)

Mit dem Verzicht auf das Betreuungsgeld könnten bundesweit rund 200 000 zusätzliche Betreuungsplätze geschaffen werden; auch dies zur Größenordnung.

(Beifall bei der SPD – Frank Schmitt SPD: Genau zuhören jetzt!)

Der politische Fehler Betreuungsgeld muss beseitigt werden. Diese Ressource gehört in die frühe Bildung, in die Kita und in die Krippe und vor allem in die Qualität dieser gesamten Arbeit. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herr de Vries, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Nitruch, eines vorweg: Der letzte Hinweis auf das Betreuungsgeld war an dieser Stelle wirklich armselig.

(Jan Quast SPD: Das ist wirklich das Letzte, das Betreuungsgeld!)

Das muss man einmal ganz klar sagen. Wir wollen auf Wunsch der FDP über die Betreuungsqualität und Betreuungsstandards in den Krippen reden. Dazu haben Sie kein einziges Wort verloren, obwohl Sie eine Fachfrau in diesem Bereich sind. Stattdessen machen Sie Bundestagswahlkampf billigster Art und kommen mit dem Betreuungsgeld an.

(Dirk Kienscherf SPD: Dann muss man das Geld auch sinnvoll einsetzen!)

Das ist der Debatte wirklich unwürdig, Frau Nitruch.

(Beifall bei der CDU – Frank Schmitt SPD: Wo sie recht hat, hat sie recht!)

Ich weiß, bei Ihnen gibt es wenige, die vom Finanzbereich etwas verstehen, aber trotzdem müssten Sie doch wissen, dass die Kita grundsätzlich eine Länderaufgabe ist. Der Bund hat sich bereits beim Krippenausbau, obwohl wir eine verfassungsmäßige Aufgabenteilung haben, in den letzten Jahren in erheblichem Umfang mit 5 Milliarden Euro beteiligt. Hamburg hat davon stark profitiert und alle Mittel abgerufen. Also kann man doch an dieser Stelle sagen, dass wir alle unseren Beitrag geleistet haben, und dann muss man nicht mit Dreck werfen.

(Beifall bei der CDU)

Ich komme zum Antrag. Ich denke, es ist ein großer Erfolg, dass Hamburg beim Krippenausbau an der Spitze aller westlichen Bundesländer steht, und hieran hat jeder seinen Anteil. Ich will diese Debatte auch gar nicht führen. Das hängt natürlich maßgeblich mit dem Kita-Gutscheinsystem zusammen. Es hängt damit zusammen, dass wir einen

Rechtsanspruch für Kinder berufstätiger Eltern hatten, und deswegen war auch der Sprung in Hamburg, um diesen Rechtsanspruch zu verwirklichen, kleiner als in anderen Bundesländern. Aber seien wir froh darüber, dass das gelungen ist. Es wurde richtig gesagt, dass wir heute mehr Kinder in der Kita-Tagesbetreuung haben als jemals zuvor. Das gilt im Übrigen für jedes der letzten zehn Jahre und ist insofern nichts Neues, aber es spricht für die Qualität des Systems. Und wir haben eine hohe Betreuungsquote. Das ist ein gemeinsamer Erfolg, und darauf kann man als Hamburger durchaus stolz sein.

Aber für uns als CDU ist die Qualität der Kinderbetreuung mindestens genauso wichtig und darf in keiner Weise einer ausreichenden Anzahl von KitaPlätzen nachstehen. Deswegen reden wir auch hier immer darüber. Morgen werden wir den Antrag zum Kita-TÜV haben. Es ist nicht zu leugnen, das hat auch Herr Ritter richtig gesagt, dass wir die schlechtesten Betreuungsschlüssel aller westdeutschen Länder haben. Punkt. Das ist erst einmal keine Oppositionskritik, das sind Fakten, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen.

Ich will die Zahlen nicht wiederholen, aber insofern ist der Vorstoß des Kollegen Ritter durchaus ehrenwert und vernünftig. Wir brauchen bessere Betreuungsstandards im Krippenbereich, sie sind dringend erforderlich, daran führt kein Weg vorbei.

(Beifall bei der CDU und bei Finn-Ole Ritter und Katja Suding, beide FDP)

Warum brauchen wir sie eigentlich? Mehr Personal und ein besserer Personalschlüssel ermöglichen einfach mehr bildungsanregende Aktivitäten, die die Erzieher machen können. Wir sprechen beispielsweise häufig über Sprachdefizite. Sie erlauben eben auch eine Verbesserung der sprachlichen Entwicklung der Kinder und nicht zuletzt natürlich der sozialen Fähigkeiten.

Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass sich niemand damit zufrieden geben will, wenn die Kinder – um es einmal schlicht zu sagen – aufbewahrt werden. Das ist sicher auch eine Betreuung, an der sie keinen Schaden nehmen, aber es ist nicht die Form von frühkindlicher Bildung, die wir uns vorstellen. Und das bedeutet, wer gute frühkindliche Bildung will, der muss dafür auch Geld investieren. Obwohl wir das alle wissen und die Erkenntnis darüber breit ist, nicht nur im Parlament, sondern auch in den Verbänden, beim LEA und auch bei den Eltern, ist es umso erstaunlicher, dass diese Diskussion und die Forderung in der SPD eigentlich stets auf taube Ohren stößt, und das konsequent.

(Wolfgang Rose SPD: Hast wohl eben nicht zugehört!)

Manche sagen, der Ausbau der Kita-Plätze dürfe nicht zulasten der Qualität gehen. Das ist aber gar

(Barbara Nitruch)

nicht unsere Debatte, denn wir bauen die Plätze Jahr für Jahr aus. Daher fehlt auch kein Geld für die Verbesserung der Betreuungsstandards. Das Problem ist vielmehr, dass der Senat einseitig auf Beitragsentlastungen gesetzt hat, das haben wir oft genug besprochen.

(Wolfgang Rose SPD: Ach so!)

Wieso? Frau Nitruch hat es doch auch mit breiter Brust noch einmal erwähnt.

Das Essensgeld wurde abgeschafft, das sind 21 Millionen Euro. Im nächsten Jahr wollen Sie die Kita-Beiträge freistellen, das sind 67 Millionen Euro. Das sind also 88 Millionen Euro, die heute an allen Ecken und Enden fehlen, um die Betreuung der Krippen und Kitas in Hamburg zu verbessern.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Ich bin mir ganz sicher, dass dies weder im Sinne der Eltern ist noch zu den Lobpreisungen der SPD selbst passt, die sie immer bezüglich der Vorzüge der Krippenbetreuung anstimmt.

Herr Ritter, mir ging es genauso wie Ihnen, als ich die SPD-Plakate gesehen habe: Mehr Kita-Plätze jetzt. Da habe ich mich gefragt, ob das jetzt wieder eine der grandiosen Strategien von Peer Steinbrück ist oder ob die Hamburger Kollegen gar nicht gesagt haben, welche Themen wir in dieser Stadt haben. Wir haben ausreichend Plätze, wir müssen hingegen darüber sprechen, wie wir die frühkindliche Bildung verbessern und bessere Betreuungsschlüssel schaffen können. Aber scheinbar ist diese Diskussion an Ihrer Bundes-SPD und auch an Ihnen völlig vorbeigegangen.

(Beifall bei der CDU und der FDP)

Festzuhalten bleibt, dass Sie sich mit der Beitragsentlastung Ihrer eigenen politischen Gestaltungsmöglichkeiten bei der Verbesserung der Krippenbetreuung selbst beraubt haben, und nun sind Sie schlichtweg handlungsunfähig. Das ist die traurige Wahrheit, und darüber müssen wir reden.

(Dirk Kienscherf SPD: Dann können Sie ja Anträge einbringen!)

Sie können sicher sein, Herr Kienscherf, dass wir das zu gegebener Zeit machen werden.

(Dirk Kienscherf SPD: Super!)