Christoph de Vries

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Last Statements

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst möchte ich auch im Namen der CDU-Fraktion meinen Dank an die Mitarbeiter und den Leiter des Arbeitsstabs, Herrn Dr. Jäger, richten. Sie haben uns sehr tatkräftig und professionell unterstützt, um all das aufzuklären und zu bearbeiten, was wir uns vorgenommen haben; das hätten wir ohne Ihre Unterstützung beileibe nicht geschafft.
Vieles ist durchaus emotional gewesen, es gab Momente hitziger Auseinandersetzungen zwischen uns. Dem Ausschussvorsitzenden, Herrn Trepoll, ist es immer gelungen, uns besonnen und friedlich durch die Sitzungen zu führen. Ihr Verdienst ist es
auch, Herr Trepoll, dass wir zu einem guten Abschluss gelangt sind, und dafür möchte ich Ihnen meinen herzlichen Dank aussprechen.
Insgesamt war der PUA "Yagmur" eine besondere Herausforderung für die Ausschussmitglieder, der sie sich mit großer Ausdauer und innerer Anteilnahme gewidmet haben. Ich kann für die CDU feststellen, dass sich diese Anstrengung wirklich gelohnt hat. Die Arbeit des PUAs war erfolgreich. Es war richtig, dass CDU, GRÜNE und FDP den PUA eingesetzt haben. Hiervon sind wir überzeugter denn je. Ich glaube, auch die SPD-Fraktion sieht das inzwischen genauso.
Am eindrucksvollsten zeigt sich der Erfolg der Aufklärungsarbeit an den 33 fachlichen Empfehlungen, die die Fraktionen einvernehmlich gemeinsam vorgelegt und beschlossen haben. Hiervon haben sich durchaus auch Fachleute und Experten aus der Jugendhilfe beeindruckt gezeigt, wie Frau Leonhard und ich bei einer Fachveranstaltung am 18. Januar erleben konnten. Das Echo und der Tenor waren mit wenigen Ausnahmen durchweg positiv.
Es wurde bereits angesprochen, dass wir wichtige fachliche Änderungen und vor allen Dingen Verschärfungen im Hinblick auf die Rückführung von Kindern auf den Weg gebracht haben. Als Erfolg können wir uns auch auf die Fahnen schreiben, klarere Regelungen in Fällen von Gewaltanwendung zu haben. Es darf künftig bei latenter Gewaltanwendung keine Rückführung mehr geben, das Kindeswohl muss im Vordergrund stehen und es dürfen keine Risiken in Kauf genommen werden. Ich bin froh, dass wir das so festgeschrieben haben.
Eine persönliche Anmerkung: Die Schilderungen der Rechtsmediziner und anderer Zeugen waren oftmals sehr emotional und bedrückend. Ich kann auch nicht verhehlen, dass sie mir manchmal Bauchschmerzen bereitet haben. Auch anderen wird es so ergangen sein. Vielleicht hat man auch einen anderen Zugang zu diesem Thema, wenn man selbst kleine Kinder hat. Ich glaube, das ging vielen von uns so.
Klar ist am Ende, dass Yagmur niemals hätte zu Tode kommen dürfen. Es gab fast von Beginn ihres Lebens an Anzeichen von Gewaltanwendung, von Misshandlung. Es gab genügend Anlässe und Gründe, das Mädchen nicht in ihre Herkunftsfamilie zurückzuführen, und es gab auch Anlässe, sie später aus ihrer Herkunftsfamilie herauszunehmen. Alle Chancen, alle Anlässe dieser Art wurden aber verpasst. Das Kind war am Ende der hemmungslosen Gewalt ihrer Mutter schutzlos ausgeliefert und ist zu Tode gekommen. Was bedeutet das? Dass
es schon ein Totalversagen staatlicher Stellen bei der Ausübung des Schutz- und Wächteramts gab. Das ist eine menschliche Katastrophe für unsere Stadt, und das ist auch beschämend für den Kinderschutz in Hamburg. So etwas darf sich in unserer Stadt nie mehr wiederholen.
Was muss das Ergebnis und die Botschaft dieses PUAs sein? Die Botschaft muss sein: Der Schutz der Kinder vor Gewaltanwendung und Misshandlung muss künftig stets im Mittelpunkt des jugendamtlichen Handelns stehen. Das Erziehungsrecht der Eltern, das zu Recht ein hohes Gut ist, muss dort seine Grenzen finden, wo wehrlose Kinder fundamentalen Gefahren ausgesetzt sind. Das müssen künftig unverrückbare Grundsätze des Kinderschutzes in Hamburg sein.
Dies im Alltag immer zu beherzigen, ist keineswegs einfach. Das ist von hier oben aus leicht gesagt. Es erfordert eine kritische Distanz zu den Klienten, eine ausgeprägte Fehlerkultur, eine regelmäßige Überprüfung einmal getroffener Entscheidungen, aber auch Hartnäckigkeit im Umgang mit den Beteiligten. All das haben wir bei den unterschiedlichen Akteuren, die mit Yagmur zeitlebens zu tun hatten, schmerzlich vermisst. Fast alle Zeugen haben gesagt, dies sei ein ganz besonderer Fall gewesen. Aber niemand hat etwas Besonderes unternommen, um Yagmur zu schützen. Das ist bedrückend.
Damit kommen wir zu der politischen Bewertung. Bei aller Einvernehmlichkeit in den fachlichen Dingen ist aber auch bedrückend, dass die SPD jeden Zusammenhang zwischen der politisch zu verantwortenden Arbeitsüberlastung im ASD und den individuellen Fehlern der Fachkräfte im Fall Yagmur trotz sehr eindeutiger Belege systematisch abgestritten hat. Deshalb musste die Erstellung von Minderheitenberichten aller Fraktionen auch zwangsläufig erfolgen.
Bezeichnend finde ich die Aussage mehrerer Journalisten, dass ab dem Zeitpunkt, als die Bezirksamtsleiter Grote und Sevecke sowie Senator Scheele und Staatsrat Pörksen befragt wurden, die SPD keine einzige kritische Frage mehr gestellt hat. Meine Damen und Herren von der SPD, das spricht nicht für einen unbedingten Aufklärungswillen und auch nicht für Ihre Glaubwürdigkeit. Sie hätten sich ein Beispiel an den Bremer Sozialdemokraten nehmen sollen, die mit ihrem politisch Verantwortlichen im Fall Kevin schonungslos ins Gericht gegangen sind.
Für uns ist völlig klar, dass gravierende und folgenschwere Fehler und Versäumnisse im Fall Yagmur unmittelbar auch im Zusammenhang mit der unzureichenden Personalausstattung und der strukturellen Arbeitsüberlastung der zuständigen Jugendämter stehen. Senator Scheele hat dies im Prinzip auch eingeräumt, indem er nämlich nach dem Tod 56 Stellen für Not leidende ASDs in Hamburg bewilligt hat. Darunter befanden sich genau die beiden ASD-Abteilungen, die für Yagmur zuständig waren. Das sind auch die Abteilungen, die schon 2012 als Not leidend eingestuft worden waren. Das ist das Eingeständnis des eigenen politischen Versagens, und daran ist nichts zu rütteln.
Bei der Bewertung Ihrer Arbeit stellten wir uns einige Fragen, die ich gern nennen will. Ist es verantwortliches Handeln, wenn der für Kinderschutz verantwortliche Senator zwei Jahre lang keine einzige Stelle für den originären Kinderschutz in Hamburgs Jugendämtern schafft, obwohl er ganz genau weiß, dass mehrere ASD-Abteilungen nicht arbeitsfähig sind und das Kindeswohl nicht jederzeit umfassend gewährleisten können? Wir fragen uns weiter: Zeugt es von besonderem Engagement für den Kinderschutz, wenn Senator Scheele die Einführung eines Personalbemessungssystems im Sommer 2012 ankündigt, aber die zur Umsetzung beauftragte Arbeitsgruppe erstmals im März 2014 tagt, also zwei Jahre später und erst vier Monate nach dem Tod Yagmurs? Hat irgendjemand den Eindruck, dass ein gut funktionierender Kinderschutz durch ordentlich ausgestattete Jugendämter bei Senator Scheele Priorität hatte, wenn erst dann gehandelt wird, wenn ein weiteres Kind zu Tode gekommen ist? Dann kommen wir zur letzten Frage: Kann ein Senator, der dermaßen nachlässig agiert hat, in diesem hochsensiblen Bereich, wo es um Leib und Leben von schutzbedürftigen Kindern geht, weiterhin in Hamburg für den Schutz von Kindern verantwortlich sein? Die CDU hat diese Fragen alle eindeutig mit Nein beantwortet. Das sind kapitale politische Versäumnisse, die Sie, Senator Scheele, unmittelbar und persönlich zu verantworten haben. Sie sind erst dann tätig geworden, als mit Yagmur ein weiteres Kind zu Tode gekommen ist. Deswegen fordern wir Sie an dieser Stelle noch einmal eindrücklich auf, von Ihrem Amt als Präses der BASFI zurückzutreten. Das ist die richtige Konsequenz aus diesem Versagen.
Herr Ritter hat bereits etwas zu Bezirksamtsleiter Grote gesagt, und auch ich möchte auf ihn zu sprechen kommen. Bei Yagmurs Martyrium haben sich in fataler Weise genau die Fehler wiederholt, die bereits bei allen vorangegangenen Todesfällen mit ursächlich waren. Das Handeln seines Jugendamts war im Grunde dermaßen desolat, dass es nicht ohne Folgen bleiben kann. Es ist wirklich ein
Skandal, dass, nachdem in allen vorherigen Fällen immer wieder eine schlechte Aktenführung und Falldokumentation kritisiert worden ist, in dem für Yagmur zuständigen Jugendamt die Dokumentationspflichten auch noch ausdrücklich reduziert worden sind, und das über zwei Jahre hinweg. Damit ist dem Versagen der für Yagmur zuständigen Fachkräfte Vorschub geleistet worden. Das hätte niemals passieren dürfen.
Frau Leonhard hat angesprochen, worüber wir uns einig sind. Alle Fraktionen sind sich darüber einig, dass die politische Verantwortung für die Zustände im Bezirksamt Hamburg-Mitte und vor allen Dingen für den Erlass dieser Entlastungsmaßnahmen eindeutig bei Andy Grote liegt. Deshalb ist auch der Rücktritt von Andy Grote als Bezirksamtsleiter aus Sicht der CDU unausweichlich. Er muss die politische Verantwortung übernehmen und von seinem Amt zurücktreten.
Wir hatten diese Diskussion schon einmal beim Fall Chantal. Deswegen sagen wir: Wenn Andy Grote das nicht tut, ist der Bürgermeister gut beraten, ihn davon zu überzeugen, diesen Schritt zu gehen, ebenso wie er es schon bei seinem Vorgänger mit Erfolg getan hat. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren! Während die überwiegende Zahl der minderjährigen unbegleiteten Flüchtlinge in den Erstversorgungseinrichtungen unauffällig lebt und die Integration dieser schutzbedürftigen Jugendlichen gut gelingt, gibt es jedoch, wie Sie wissen, eine kleine Gruppe von minderjährigen Flüchtlingen mit enormer krimineller Energie, die die Stadt seit Monaten in Atem hält. Allein im Dezember gibt es im Lagebericht der Polizei lediglich drei Tage, an denen keine schweren Straftaten von minderjährigen Flüchtlingen aufgezählt werden. Und eindrücklich wird das Problem auch, wenn man sich die Zahl der Polizeieinsätze nur einmal in der Feuerbergstraße anschaut. Die Zahl hat sich seit 2011 sage und schreibe vervierzehnfacht, von 21 Einsätzen auf 377 Einsätze im vergangenen Jahr.
Mit unserem Antrag heute sagen wir, dass der Senat nicht länger zusehen darf, wie diese kleine Gruppe von Intensivtätern Anwohner in der Feuerbergstraße oder auch in der Haldesdorfer Straße in
Bramfeld dauerhaft mit Straftaten terrorisiert. Sie tanzen Polizeibeamten, die sie tagtäglich aufgreifen, auf der Nase herum. Man muss auch erwähnen, dass diese Gruppe gegen die pädagogischen Fachkräfte im KJND übergriffig wird, und vor allen Dingen auch gegen andere minderjährige Flüchtlinge. Damit muss endlich Schluss sein, und das wollen wir heute mit unserem Antrag zum Ausdruck bringen.
Wenn Polizeibeamte, die diese Jugendlichen zum Teil tagtäglich aufgreifen – wir sprechen von Straftätern und 40 bis 50 Straftaten, sie werden dann in Gewahrsam genommen, sie werden dem KJND übergeben und teilweise in derselben Nacht wieder aufgegriffen –, im Umfeld der Feuerbergstraße den Bürgern schon raten, nicht mehr zu Fuß einkaufen zu gehen, oder nach dem vierten Einbruch ins Wohnmobil raten, es besser zu verkaufen, dann ist die rote Linie längst überschritten. Solche Zustände können wir in Hamburg nicht hinnehmen.
Und was hat der Senat gemacht? Er ist monatelang abgetaucht. Bürger und Mitarbeiter des KJND und die Polizeibeamten wurden im Stich und allein gelassen, die Probleme wurden verharmlost. Das ist kein verantwortungsvoller Umgang mit einem solchen Problem.
Seit eineinhalb Jahren haben wir keine geschlossene Unterbringung in Hamburg, die aber durch den Senator angekündigt wurde. Bis heute ist noch nicht einmal eine Fläche gefunden worden, und aus diesem Grund stellt auch inzwischen das Familiengericht keine Anträge mehr auf geschlossene Unterbringung, denn sie wissen, dass es die in Hamburg nicht gibt. Das ist auch ein fahrlässiger Umgang mit diesen Problemen.
Eigentlich hätte ich angesichts der vorgerückten Stunde die Debatte laufen lassen, aber dann ist die SPD mit ihrem Zusatzantrag auf den Plan getreten. Ich habe berichtet, dass wir von Intensivstraftätern sprechen, zu denen der Senat selbst sagt, dass sie pädagogischen Angeboten nicht zugänglich sind und sie in der Regel ablehnen. Was ist nun heute der Vorschlag der SPD? Die Lösung muss man sich wirklich auf der Zunge zergehen lassen, ich will es Ihnen vorlesen. Sie wollen attraktive Sportangebote in den Erstversorgungseinrichtungen. Sie wollen mehr Gesundheitsuntersuchungen, und sie wollen Beschulung dieser jugendlichen Intensivstraftäter. Meine Damen und Herren, was Sie heute vorgelegt haben, ist wirklich ein schlechter Witz, und das ist auch ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen, die diese Straftaten seit Monaten aushalten müssen.
Dieser Antrag ist offensichtlich aus der Feder der LINKEN, anders kann man es sich gar nicht erklären. Ich frage mich auch, Herr Dressel, wie können Sie sich als früherer innenpolitischer Sprecher für so einen Antrag hergeben, auf dem Sie als Erster stehen? Solche Anträge hätten wir von Ihnen vor einigen Jahren nicht gesehen.
Ich frage mich, ob das wirklich Ihr Ernst ist. In Ihrem Petitum steht keine einzige Silbe zu Straftaten und keine einzige Silbe zum Schutz der Bürger. Das, was Sie dort über Maßnahmen schreiben, erinnert stark an die erlebnispädagogischen Reisen der Neunzigerjahre. Wir fragen uns, ob Sie aus dieser Zeit nichts gelernt haben.
Ich kann es aber verstehen, man muss die Flügel in der eigenen Partei ruhig halten. Ihren linken Parteiflügel, die Roses und andere, mögen Sie mit dem Antrag vielleicht beglücken, aber den betroffenen Bürgern, über die Sie heute wieder im "Hamburger Abendblatt" sehr eindrücklich lesen können, ist mit solchen Anträgen wirklich keinen Schritt geholfen. Das sollten Sie sich überlegen, wenn Sie solche Anträge stellen.
Damit will ich zum Schluss kommen. Mit diesem Antrag haben Sie wirklich eindrucksvoll gezeigt, dass Sie nicht willens und auch nicht in der Lage sind, für die Sicherheit der Bürger in der Feuerbergstraße und anderenorts zu sorgen. Das ist klar geworden.
Herr Präsident, sehr verehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Der SPD-Senat und die Fraktion haben sich im Regierungsprogramm vor knapp vier Jahren zum Ziel gesetzt, Hamburg zur kinder- und familienfreundlichsten Stadt Deutschlands zu machen. Es ist, glaube ich, ein guter Zeitpunkt, einmal Bilanz zu ziehen. Was ist davon geblieben? Ich will Ihnen drei Punkte nennen. Bei der Betreuungsqualität im Krippenbereich ist Hamburg Schlusslicht aller westdeutschen Bundesländer. Nirgendwo muss sich eine Erzieherin um mehr Kleinkinder kümmern als in Hamburg. Bei der Offenen Kinder- und Jugendarbeit wurden wichtige niedrigschwellige Angebote im vorigen Haushalt um 10 Prozent gekürzt, und in diesem Haushalt wurde dieser Fehler nicht korrigiert.
Das dritte Thema ist der Kinderschutz in Hamburg. Innerhalb von nicht einmal zwei Jahren sind mit Chantal und Yagmur zwei Mädchen zu Tode gekommen, die in staatlicher Obhut standen beziehungsweise unter ständiger staatlicher Beobachtung waren. Dabei stand erkennbar alles andere im Vordergrund als das Wohl dieser Kinder. Die Jugendhilfe und andere staatliche Stellen waren nicht in der Lage, diese Kinder zu schützen. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren, Hamburg ist weiter als je zuvor davon entfernt, kinder- und familienfreundlichste Stadt in Deutschland zu werden. Das ist die Wahrheit nach drei Jahren.
Statt Strategie und Weitsicht regiert in der BASFI fachliches Desinteresse und blinder Aktionismus, wenn dann die Luft brennt. Eine seriöse Finanzierung gibt es auch nicht. Man muss insgesamt feststellen, dass der Haushalt der BASFI mehr als auf
knappe Kante genäht ist. Das ist keine gute Familienpolitik, meine Damen und Herren.
Es tut mir leid, dass Sie das vermissen, aber das wird noch kommen, Frau Bekeris.
Ich will die beiden wichtigsten Themen, die auch die Stadt in den vergangenen Monaten bewegt haben, ansprechen. Das ist einmal der Kinderschutz, die Frage, wie Hamburg imstande und willens ist, gute Jugendhilfe zu organisieren und Kinder optimal zu schützen. Und die zweite Frage betrifft die frühkindliche Bildung und Betreuung in Hamburgs Kitas.
Zum Kinderschutz: Aus unserer Sicht kann man nur die Bilanz ziehen, dass ein gut funktionierender Kinderschutz durch ordentlich ausgestattete Jugendämter bei Senator Scheele und bei der BASFI in den vergangenen zwei Jahren offensichtlich keine Priorität hatte. Zwei Jahre lang wurden die Jugendämter im Stich gelassen, obwohl Überlastung und Beeinträchtigung der Arbeitsfähigkeit bestens bekannt waren. Herr Scheele, Sie haben selbst 2012 ein Lagebild in Auftrag gegeben; das ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Arbeitsfähigkeit einiger ASD-Abteilungen in Hamburg nicht gegeben und daher das Kindeswohl in Hamburg nicht gewährleistet war. Dennoch haben Sie zwei Jahre bis zum Tod von Yagmur gewartet und keine einzige zusätzliche Stelle für die Aufgaben des Kinderschutzes geschaffen. Erst nach diesem Todesfall haben Sie sich überhaupt für das Personalbemessungssystem interessiert, das Sie selbst 2012 angekündigt hatten. Damals haben Sie uns gesagt, es würde bis Ende 2013 eingeführt werden. Was mussten wir im PUA erfahren? Im August 2013, ein Jahr später, wurde überhaupt einmal eine Arbeitsgruppe in Ihrer Behörde eingesetzt. Man würde meinen, sie hätte dann die Arbeit aufgenommen. Nein, sieben Monate später, am 1. April dieses Jahres, hat diese Arbeitsgruppe zum ersten Mal getagt. Das ist ein kapitales politisches Versäumnis, und hierfür tragen Sie auch unmittelbar und persönlich die Verantwortung. Das ist ein komplettes Steuerungsversagen, Herr Scheele.
Dann sagt man, ein Personalbemessungssystem hätte die CDU auch schon angekündigt. Wir haben es nicht angekündigt, aber andere wollten das. Es gibt aber einen gravierenden Unterschied. Wir haben die Personalverstärkung und die gute Ausstattung von Jugendämtern in Hamburg nach anderen Todesfällen nicht an ein solches Personalbemessungssystem gekoppelt. Es wurden zwischen 2005 und 2010 in Hamburgs Jugendämtern 90 Stellen zusätzlich geschaffen.
In Ihrer Regierungszeit keine einzige. Das ist Ihre Bilanz, Herr Scheele.
Zuerst wurde das großspurig angekündigt.
Ich glaube, an der Stelle wäre etwas Zurückhaltung auch bei Ihnen, Herr Kienscherf, angebracht. Ich weiß, das fällt Ihnen schwer, aber ein bisschen Demut wäre wirklich angesagt.
Zuerst wird gesagt, wir machen das vom Personalbemessungssystem abhängig, und dann werden keine Anstrengungen unternommen, um das auch einzuführen. Das ist ganz klar eine persönliche und politische Verantwortung, die Sie zu tragen haben. Wir werden die einzelnen fachlichen Dinge noch in der letzten Sitzung des PUAs beraten, und auch hier werden wir den Bericht debattieren, die Empfehlungen, bei denen große Einigkeit herrscht. Aber für uns ist ganz klar, dass dieses Totalversagen staatlicher Stellen bei der Ausübung ihres Schutz- und Wächteramts nicht ohne personelle Konsequenzen bleiben kann. Sie, Herr Scheele, müssen die Konsequenzen ziehen und zurücktreten.
Das ist das Ergebnis dieser Beratungen; wir haben es uns nicht leicht gemacht.
Herr Dressel, Sie können einmal Ihre Kollegin Frau Leonhard fragen. Ich war schon einmal in einem Sonderausschuss mit Frau Leonhard und anderen zusammen tätig. Wenn Sie sich ein bisschen informieren, dann wissen Sie, dass wir den Senator damals kein einziges Mal angegriffen haben. Wir haben fachlich sehr gut zusammengearbeitet. Wenn man aber selbst ankündigt, man werde die Jugendämter stärken, und tut es nicht, dann ist das eine andere Situation, und mit der müssen Sie sich auseinandersetzen, Herr Dressel. Das hat nichts mit Wahlkampf zu tun.
Der beste Beleg dafür ist, dass es jetzt, nachdem zum wiederholten Male ein Kind zu Tode gekommen ist, plötzlich Personalverstärkung gibt. Es gibt kein Personalbemessungssystem, aber Sie verstärken notleidende Jugendämter. Und genau diese beiden ASD-Abteilungen, die Yagmur betreut haben, werden nun als notleidend erklärt. Ein besseres Eingeständnis politischen Versagens kann es nicht geben.
Jetzt soll es auf einmal 56 neue Stellen geben, aber im Haushalt ist dafür kein einziger Cent ein
gestellt. Es heißt, das finanziere sich von selbst, denn wenn man mehr Mitarbeiter habe, würden auch mehr Hilfen bewilligt. Wir fragen uns, warum denn dann zwei Jahre lang keine zusätzlichen Mitarbeiter eingestellt worden sind. Ich kann wirklich nur sagen, schlimmer geht's nimmer. Das hat nichts mit solidem und seriösem Haushalten zu tun, meine Damen und Herren.
Unsere Alternative ist klar. Wir wollen nicht nur eine temporäre Personalverstärkung. Wir wollen mit dem von uns eingebrachten Antrag eine verlässliche, stabile und auf Dauer angelegte Personalverstärkung für die Hamburger Jugendämter. Das muss die Konsequenz sein. Deswegen wollen wir, dass die ASD-Stellen wie alle anderen Stellen in Hamburgs Jugendämtern auch aus den bezirklichen Etats finanziert werden und nicht aus dem Etat der Hilfen zur Erziehung, die jederzeit wieder gestrichen werden können. Das darf nicht sein.
Das zweite Thema: Betreuungsqualität in Hamburgs Kitas. Der Umgang des SPD-Senats und der Mehrheitsfraktion mit der berechtigten Forderung nach einer Qualitätsoffensive ist beispiellos. Ich glaube, unprofessioneller und unseriöser als diese Regierung und als diese Mehrheitsfraktion kann man ein Haushaltsaufstellungsverfahren nun wahrlich nicht bestreiten.
Ich will das noch einmal rekapitulieren. Herr Dressel, Sie haben dazu schon einiges gesagt. Zuerst wird gegen die gesamte Expertenschaft und Opposition mehr als ein Jahr lang jede Verbesserung der Betreuungsschlüssel kategorisch abgelehnt, immer mit dem Hinweis auf die knappe Haushaltslage, die Sie im Übrigen selbst verursacht haben, weil Sie die Kita-Gebühren abgeschafft haben.
Dann gibt es immer mehr öffentlichen Druck. Wir setzen eine öffentliche Anhörung am 25. November 2014 durch, und ein bis zwei Tage vorher kommt die SPD und stellt ihren Plan vor. Ich will ihn hier noch einmal benennen. Sie wollten damals für alle Kinder bis 18 Monate, wobei Hamburgs Krippen kaum Kinder in diesem Alter haben, ganze 60 zusätzliche Stellen schaffen. Wissen Sie, was das bedeutet? Bei 1100 Kitas in Hamburg sind das 0,06 Erzieherstellen pro Kita. Das hätte bedeutet, 16 Kitas hätten zusammen eine einzige Erzieherin bekommen. Das ist Wählerverdummung par excellence, das will ich an der Stelle einmal sagen.
Und als dann dieser Schuss nach hinten losgeht und niemand dieses Placebo schlucken will, kommt die SPD fünf Tage vor den Haushaltsbera
tungen noch einmal mit einem neuen Plan um die Ecke. Den bringen Sie aber auch nicht richtig zu Papier, sondern wir bekommen am 15. Dezember während der Haushaltsberatungen im Plenum dann die dritte Fassung Ihres Haushaltsantrags zum Krippenbereich.
Ich sage Ihnen, ein solches wechselhaftes Vorgehen je nach politischer Wetterlage ist kein seriöses und glaubwürdiges Regierungshandeln.
Herr Dressel, Herr Kienscherf, das ist Politik nach Pressespiegel und das absolute Gegenteil von gutem Regieren. Das ist Politik ohne Kompass und ohne jede Überzeugung.
Aber immerhin, wenn der Senator schon nichts tut, dann gibt es doch verdiente Fraktionsmitglieder bei Ihnen.
Herr Kienscherf, Sie haben doch schon genügend Verwarnungen. Toben Sie sich sonst draußen aus, wenn Sie es nicht aushalten können; das wäre in Ordnung.
Ich wollte gerade Ihre Kolleginnen loben. Frau Veit und Frau Leonhard setzen sich dafür ein, es werden Gespräche geführt. Man ist Optimist, auch als Oppositionspolitiker, und freut sich. Dann schaut man sich die Pläne noch einmal genau an, und die Begeisterung – das muss ich sagen – ebbt sehr schnell ab. Die Finanzierung der wirklich wichtigen Schritte ist völlig ungesichert und unklar. Die Wahrscheinlichkeit, dass die dort beschriebenen Schritte umgesetzt werden, ist eher gering.
Sie machen die Veränderung von Entwicklungen auf der Bundesebene abhängig, auf die Hamburg keinen Einfluss hat. Sie wollen Gelder in Anspruch nehmen, die Hamburg gar nicht zustehen.
Dann sind wir beim schönen Thema Betreuungsgeld, Herr Dressel. Das ist ein Lieblingsthema von Ihnen.
Damit kommen Sie wieder um die Ecke, nachdem Sie Geld in Hamburg für andere Zwecke ausgegeben haben. Nun wollen Sie den Eltern, die sich für ihre Kinder mehr Zeit nehmen und dafür länger auf ein zweites Einkommen verzichten, in die Tasche greifen. Meine Damen und Herren von der SPD, das ist wirklich schäbig und unanständig; das will ich an der Stelle einmal ausdrücklich sagen.
Ich weiß gar nicht, ob Sie die Zahlen kennen. Die Zahl der Empfänger des Betreuungsgeldes hat sich im letzten halben Jahr auf 5200 verdoppelt.
Diese Eltern können sich darauf verlassen, dass die CDU nicht dabei mitmachen wird, wenn Sozialdemokraten diese gute Familienleistung streichen sollten. Wir machen diese Diffamierung der Eltern nicht mit.
Deshalb bleibt es auch ohne Wenn und Aber bei unserem Antrag. Bei Ihren Unwägbarkeiten weiß man doch gar nicht, was in den nächsten Jahren passieren wird. Wir wollen die schrittweise Verbesserung des Betreuungsschlüssels im Krippenbereich auf 1:4 kontinuierlich und verlässlich. Mit jedem Schritt sollen in Hamburg 300 Erzieherstellen jährlich ermöglicht werden – für eine bessere frühkindliche Bildung, für mehr Chancengerechtigkeit ohne Gebührenerhöhungen und für bessere Arbeitsbedingungen der pädagogischen Fachkräfte in Hamburgs Kitas.
Herr Kienscherf, ich weiß nicht, was Ihnen jemand glaubt. Ihre unqualifizierten Redebeiträge auf jeden Fall nicht, das kann ich Ihnen versichern.
Aber kommen wir zum Abschluss.
Die Frage ist doch, welche Rolle bei diesem Thema der zuständige Senator spielt. Ich habe mir sagen lassen, er saß bei der Pressekonferenz etwas bedröppelt nebenan und wusste nicht richtig damit umzugehen, was ihm passiert. Sie sind nur Getriebener gewesen, Sie sind kein Gestalter. Kurzum, man kann sagen, Sie sind massiv angeschossen. Damit schließe ich.
Ich habe eigentlich keine Redezeit, aber nur zwei Dinge. Der Besetzungsstand Ihrer Stellen war zu Ihrem Amtsantritt bei 99 Prozent höher als jemals später. Sie haben schlicht die Unwahrheit gesagt. Und die Arbeitssituation im ASD Hamburg-Mitte war prekär. Die Beweise und Belege dafür sind mehr als eindeutig und nicht zu widerlegen. Deswegen kann die Konsequenz auch nur sein, nachdem Sie Ihre Unwahrheiten wiederholt haben, dass der Rücktritt der einzig logische, richtige und konsequente Schritt ist, Herr Scheele.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Yildiz, Ihr Antrag enthält ohne Zweifel sehr viel berechtigte Kritik am SPD-Senat wegen seiner Kürzungspolitik im Jugend- und Familienbereich. Sie haben recht, Frau Leonhard, wir haben das schon häufig diskutiert, aber das hat bei Ihnen nicht zu einer Änderung geführt. Insofern ist es auch berechtigt, das noch einmal aufzugreifen.
Ich will nur zwei Punkte exemplarisch nennen. Das eine ist die Offene Kinder- und Jugendarbeit und die Förderung der Familienhilfen. Dort hat es massive Kürzungen bei den Rahmenzuweisungen gegeben. Wir sind der Auffassung, dass das eine ganz falsche Entscheidung ist, weil wir in Hamburg auch Angebote für ganz normale Jugendliche brauchen und nicht nur für Problemfälle. An dieser Stelle sind wir einer Meinung, Herr Yildiz.
Der zweite Punkt, auch exemplarisch, sind die Erziehungsberatungsstellen. Wir wissen, dass bundesweit jedes dritte Kind durch Erziehungsberatung unterstützt wird, und wir wissen auch, dass die Ausstattung in Hamburg nicht gut ist. Ratsuchende müssen teilweise wochenlang warten oder bekommen seltener Termine als früher. Ganz anschaulich wird das, wenn man einen Vergleich mit Berlin anstellt. Dort kommt auf 16 400 Einwohner eine Fachkraft, in Hamburg sind es 33 000 Einwohner. Das zeigt, dass wir hier durchaus Nachsteuerungsbedarf haben; da sind wir bei Ihnen. Wir haben das auch bei den Beratungen zum letzten Doppelhaushalt gefordert, sind damit aber nicht durchgedrungen.
Ich frage mich aber wirklich, Herr Yildiz, was dieser Antrag zu dieser Zeit soll. Wir befinden uns drei Wochen vor den Haushaltsberatungen. Damit kommt doch der Antrag absolut zur Unzeit. Sie fordern wieder alles und jedes nach dem Motto "Wünsch dir was und von allem gleich das Beste" und das in Höhe von 16 Millionen Euro. Dann schaut man sich den Antrag an – Finanzierungsvorschlag Fehlanzeige. Null Cent, die Sie hier nennen. Das ist kein seriöser Umgang mit berechtigten Forderungen. Warum hat Ihre Fraktion Ihnen nicht geraten, das drei Wochen später zu machen? Dann kann man anständig darüber diskutieren. Beim Lesen Ihres Antrags geht es einem ein bisschen so wie Franz Beckenbauer in der Werbung für E-Plus: "Ja, is' denn heut scho' Weihnachten?" Keine Prioritätensetzung, nirgendwo sagen Sie, wo Sie Abstriche machen wollen. Das ist keine seriöse Politik, der wir uns anschließen könnten oder wollten. Deswegen wäre meine Empfehlung: Ziehen Sie den Antrag zurück, überarbeiten Sie ihn, und dann können wir in drei Wochen bei den Haushaltsberatungen noch einmal ernsthaft darüber diskutieren. Wenn das nicht Ihr Wunsch ist, dann enthalten wir uns.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Jeder weiß es, Frau Leonhard hat es richtig gesagt: Hamburg ist das Schlusslicht aller westdeutschen Bundesländer in der Betreuungsqualität von Krippenkindern. In keinem anderen westdeutschen Bundesland muss eine Erzieherin mehr Kinder gleichzeitig betreuen als in Hamburg.
Das war Frau Blömeke.
Das ist die bittere Wahrheit nach dreieinhalb Jahren SPD-Senat, und hieran muss sich dringend etwas ändern.
Alle Experten, die sich mit frühkindlicher Bildung und Betreuung beschäftigen, haben Hamburg mittlerweile ins Stammbuch geschrieben, dass hier dringend Handlungsbedarf besteht. Und auch die schon angesprochenen wissenschaftlichen Studien, die Bertelsmann-Studie oder die Schlüsselstudie, kommen zu demselben Ergebnis. Herr Scheele, Sie sollten diese berechtigte Kritik deswegen endlich einmal ernst nehmen und die notwendige Verbesserung der Betreuungsschlüssel in Hamburg schleunigst angehen. Das haben die Kinder in Hamburg verdient, und das haben auch die Erzieherinnen in Hamburg verdient.
Frau Blömeke hat es angesprochen, der Widerstand in dieser Stadt wächst von allen Seiten, von den Erziehern, den Verbänden und den Eltern. Wie hat es eine Kita-Leiterin im Rahmen einer Protestaktion kürzlich so treffend ausgedrückt – ich will es zitieren –:
"Sie haben mit dem Krippen-Ausbau einen Kreuzfahrtdampfer geschaffen, ohne Matrosen an Bord."
Wir Christdemokraten sagen klipp und klar: Satt und sauber allein reicht nicht aus, gute frühkindliche Bildung und Betreuung hat auch ihren Preis. Wir wollen ausreichend Matrosen an Bord, die auch eine qualitativ hochwertige Kinderbetreuung in Hamburg leisten können.
Was bedeutet das? Gute Betreuungsqualität ist eben mehr, als wohlwollende Bildungsempfehlungen auf viel Papier zu schreiben, die dann in der Praxis keine Erzieherin umsetzen kann. Hamburg braucht keine zahnlosen Papiertiger, Hamburgs Kitas brauchen mehr fachpädagogisches Personal.
Es ist doch wirklich bemerkenswert, das wurde auch schon angesprochen, dass selbst der LEA, der der Vertragspartner des damaligen SPD-Vorsitzenden Olaf Scholz war,
angeboten hat, auf diese Beitragsfreistellung zu verzichten. Und was hat der Bürgermeister gemacht, was hat Senator Scheele gemacht? Sie haben dieses Angebot leichtfertig ausgeschlagen, damit sie ihre kurzsichtigen Wahlversprechen einlösen können. Versprechen hin oder her, das ist keine gute Kita-Politik.
Herr Dressel, ich freue mich, dass Sie jetzt auch einmal an der Debatte teilnehmen. Fachlich ist da noch Nachholbedarf, aber das ist mit Sicherheit das Letzte, was wir Ihnen vorwerfen.
Ein wenig Einsicht in der Politik schadet nicht, und das gestehen wir auch selbstverständlich der SPD zu.
Interessant ist doch, was Sie sich von der Beitragsfreistellung versprochen hatten. Eigentlich Jubel allenthalben, aber das Gegenteil ist nun in der Stadt der Fall. Die Menschen wollen keine finanziellen Entlastungen auf dem Rücken der Kinder und Erzieher. Und mit Ihrer Prioritätensetzung für die Beitragsentlastung und gegen Investitionen in die Betreuungsqualität der Kinder haben Sie sich keinen Gefallen getan. Sie stehen unter allen Experten im Kita-Bereich allein da. Es wird Zeit, dass Sie mit Ihren Prioritäten endlich umsteuern und Ihre Haltung an der Stelle überdenken.
Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Herr Abgeordneter, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Dr. Dressel?
Obwohl Herr Dressel heute seine Liebe zur Kita-Betreuung entdeckt hat, möchte ich meine Rede trotzdem noch gern zu Ende bringen. Aber ich würde mich freuen, wenn Sie als Premiere nach mir ans Mikrofon treten würden.
Wie reagiert denn der Senat auf dieses Thema? Monatelang taucht er unter, der Druck steigt immer mehr, Protestaktionen kommen in die Stadt, es gibt Unterschriftenaktionen, die Verbände beteiligen sich, der LEA beteiligt sich und die Eltern beteiligen sich, aber der Senat taucht ab. Und was hören wir jetzt, was soll passieren? Jetzt wird natürlich wieder mit dem Finger auf andere gezeigt und gesagt, Berlin müsse sich an dem Qualitätsausbau in Hamburg beteiligen. Und zweitens wird gesagt, die Kitas müssten diese Verbesserungen selbst aus dem eigenen Saft finanzieren.
Herr Scheele, das ist unredlich, denn die Kitas haben diese Maßnahmen nicht beschlossen, das war Ihre Politik. Die haben das nicht gewollt, die haben schon vorher Angst davor gehabt. Und Berlin hat genug getan, Berlin hat 65 Millionen Euro investiert und wird die nächsten Jahre weiter investieren, obwohl es nicht seine Aufgabe ist. Machen Sie gefälligst Ihre Hausaufgaben. – Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Leonhard und Herr Senator Scheele, Sie können das herunterbeten, wie Sie wollen, Wahlversprechen eingehalten hin oder her. Man hat das Gefühl, Sie leben in einem Paralleluniversum, und es ist immer der Anfang vom Ende, wenn man nicht mehr bereit ist, die Wirklichkeit wahrzunehmen. Wir kennen das auch aus der Vergangenheit. Sie sollten sich dessen bewusst sein.
Wenn Sie sagen, Herr Senator Scheele, Sie hätten drei Jahre mit den Verbänden nicht über Inhalte
geredet, sondern nur über Geld, dann ist es, ehrlich gesagt, ein Armutszeugnis für Ihre fachliche Arbeit als Senator, dass Sie drei Jahre die Probleme im Kita-Bereich in Hamburg nicht besprochen haben.
Sie haben gesagt, Sie hätten Gespräche mit dem LEA geführt, er sei auf Sie zugegangen und wollte es verschieben – wir wissen inzwischen auch davon – und Sie wären sogar bereit gewesen, aber nun soll der LEA Ihnen garantieren, dass die Opposition Sie nicht dafür kritisiert. Das ist doch abenteuerlich, so etwas von denen zu verlangen. Aber was ich Ihnen hätte anbieten können, Herr Scheele, Sie wären bei uns offene Türen eingerannt. Wir haben diese Form der Politik immer kritisiert, und ich will noch einmal darauf verweisen, dass es nur CDU und FDP waren, die dieser Beitragsfreistellung nicht zugestimmt haben. Ich hätte mich gefreut, wenn Sie zu uns gekommen wären, Sie hätten bei uns offene Türen eingerannt und auch Gesprächsbereitschaft vorgefunden.
Wie schwierig die Lage ist, zeigt sich doch darin, dass selbst die Betriebsratsvorsitzende der "Elbkinder"-Vereinigung öffentlich die Arbeitssituation kritisiert und sagt, die Erzieherinnen seien am Rande ihrer Arbeitsbelastung angelangt. Wenn man sich dann einmal die Zahlen anschaut, die ich auch abgefragt habe – 10 Prozent Krankheitsquote zum Teil in der "Elbkinder"-Vereinigung, die in Teilen noch besser ausgestattet ist als die anderen Kitas –, dann ist das doch ein klares Alarmsignal, das Sie endlich einmal ernst nehmen sollten, und da können Sie nicht einfach auf das verweisen, was Sie in der Vergangenheit getan haben, meine Damen und Herren.
Jeder, der die Kitas ein bisschen kennt, weiß es doch. Wir haben selbst eine Erzieherin, die ab und an bei uns noch Zeiten überbrückt. Sie hat erzählt, in den letzten Ferien habe sie zeitweise 15 Kinder im Krippenbereich betreut. Und dann reden wir hier über frühkindliche Bildung und Betreuung und über Ihre Bildungsempfehlungen. Das sind doch alles nur zahnlose Papiertiger. Wir kriegen keine gute Betreuungsqualität hin, wenn wir nicht für ausreichend gute Betreuungsschlüssel in Hamburg sorgen.
Und es entzieht einem wirklich fast den Boden, wenn Sie dann auf die ostdeutschen Bundesländer verweisen. Sie sind doch Sozialwissenschaftler oder Pädagoge. Sie wissen doch eigentlich am besten, dass wir in den ostdeutschen Bundeslän
dern andere Sozialmilieus und eine andere Sozialstruktur haben als in Hamburg. Das kann doch nicht ernsthaft Ihre Antwort sein auf die Situation in Hamburg. Jedes zweite Kind in Hamburg hat einen Migrationshintergrund. Wir haben viele Kinder mit Sprachentwicklungsverzögerungen und Sprachdefiziten. Wir wollen doch gemeinsam, dass für die Kinder eine Chancengerechtigkeit am Beginn der Bildungskarriere besteht, und dafür müssen wir sie frühzeitig fördern. Das können wir unter den heutigen Bedingungen nicht, und dann kann man uns nicht mit ostdeutschen Bundesländern vergleichen. Wer so etwas tut, ist wirklich ahnungslos.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Wo man bei
der Inneren Sicherheit auch hinschaut, das Ergebnis ist eigentlich immer dasselbe. Die Wirklichkeit in Hamburg hat nicht besonders viel zu tun mit der Fassade, die Senator Neumann und die SPD für die Außenwelt erbaut haben. Egal, wo man hineinpiekst, man landet eigentlich immer einen Treffer.
Ich will das nicht lange ausführen, denn wir sind schon zeitlich fortgeschritten. Auch um die Handlungsfähigkeit des polizeilichen Jugendschutzes in Hamburg ist es aktuell keinesfalls gut bestellt; wir haben eine Schriftliche Kleine Anfrage gestellt.
Was wollen Sie mir damit sagen? Ich stehe auch nicht erst mittags auf, Herr Rose.
Von den 60 Sollstellen, die seit dem 1. März in Hamburg in vier Polizeikommissariaten zur Verfügung stehen, nämlich Troplowitzstraße, Oberaltenallee, Billstedt und Harburg, sind derzeit mehr als vier Stellen unbesetzt. Schlimmer aber noch ist, dass mehr als 17 Stellen im Rahmen von personalwirtschaftlichen Maßnahmen anders verwendet werden. Und das bedeutet, dass jede dritte Stelle des polizeilichen Jugendschutzes in Hamburg entweder zweckentfremdet für andere polizeiliche Aufgaben oder überhaupt nicht besetzt ist. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, das ist wirklich ein Unding, und das darf so nicht angehen.
Wir merken auch, dass die Jugendschutzdienststellen aufgrund dieses Fremdeinsatzes nicht mehr in der Lage sind, ihre eigentlichen Aufgaben wirklich umfassend wahrzunehmen. Dabei werden diese Kräfte in den Jugendschutzstellen an allen Ecken und Enden gebraucht. Wir haben die Themen gestern besprochen, beispielsweise die Problematik am Jungfernstieg. Wir haben Schwierigkeiten rund um den Hauptbahnhof mit jungen, minderjährigen, unbegleiteten Flüchtlingen. Der Bedarf ist also an allen Ecken und Enden da, und so darf das nicht weitergehen.
Anstatt sich den eigentlichen Aufgaben des Jugendschutzes zu widmen, werden die Mitarbeiter dauerhaft für andere Aufgaben eingesetzt, im Reviervollzug, als Verkehrslehrer oder in der Verkehrsunfallerfassung. Außerdem werden sie regelmäßig zur Aufklärung von Demos, Veranstaltungen und zum Teil sogar zur Verstärkung der Grundlast an den PKs eingesetzt. Es ist keine Frage, das sind alles sehr wichtige polizeiliche Tätigkeiten, aber diese Fremdnutzungen der Stellen gehen unweigerlich zulasten des polizeilichen Jugendschutzes, und das ist für uns nicht akzeptabel.
Da frage ich mich, wie es eigentlich angehen kann, dass gerade Senator Neumann, der sich momentan dort so angeregt unterhält, den Jugendschutz derart sträflich vernachlässigt, obwohl es doch gerade die SPD war, die immer die Bedeutung präventiver Maßnahmen …
Das ist nicht sein Thema, Sport ist sein aktuelles Thema, das ist klar.
Die SPD hat doch stets die Bedeutung präventiver Maßnahmen gegen die Jugendkriminalität betont. Warum das so ist, ist mir, ehrlich gesagt, schleierhaft, Herr Neumann. Dabei wissen wir alle, dass es gerade bei delinquenten Kindern und Jugendlichen wichtig ist, dass frühzeitig eingeschritten wird, bevor sie auf die schiefe Bahn geraten und bevor sie in kriminelle Karrieren abdriften. Das war eigentlich Konsens, und ich frage mich, ob Sie inzwischen anderer Meinung sind.
Der polizeiliche Jugendschutz ist in erster Linie präventiv unterwegs. Er will Straftaten von Kindern und Jugendlichen verhindern, und die Aufgaben der Jugendschützer sind sehr vielfältig. Sie fahren präventiv mit ihren zivilen Fahrzeugen Streife und suchen Brennpunkte auf. Das sind Bahnhöfe, Einkaufszentren, Fast-Food-Restaurants und Grünanlagen, überall dort, wo sich diese Gruppen bilden. Sie führen Gespräche mit den Jugendlichen, spüren neue Trends auf, und sie versuchen auch, eine Vertrauensbasis aufzubauen, was viel Zeit und Geduld kostet.
Ebenso zeitintensiv, aber sehr hilfreich und notwendig sind normenverdeutlichende Gespräche mit den Jugendlichen und Hilfegespräche, weil in diesen Gesprächen auf die Täter eingewirkt wird. Sie werden über die rechtlichen Folgen ihres Handelns aufgeklärt, aber auch den Opfern wird zur Seite gestanden.
Wir als CDU waren es, die 2007 mit dem Konzept "Handeln gegen Jugendgewalt" der Bekämpfung der Jugendkriminalität hohen Stellenwert beigemessen haben. Und wir wollen, dass das auch so bleibt, und zwar ohne Abstriche.
Um das zu machen, braucht man frühzeitige Intervention, damit sich kriminelle Karrieren nicht verfestigen. Eine wichtige Säule dafür sind die Jugendschutzdienststellen der Polizei. Deswegen fordern wir den Senat auch auf, alle freien Stellen umgehend wieder zu besetzen und vor allen Din
gen alle Fremdnutzungen, die zulasten des polizeilichen Jugendschutzes gehen, unverzüglich aufzulösen, denn es muss sichergestellt werden, dass die in den Jugendschutzstellen eingesetzten Beamten auch ihre originären Aufgaben erfüllen, und nichts anderes.
Herr Münster, Sie stehen heute als erster Abgeordneter auf dem Zusatzantrag Ihrer Fraktion. Ich glaube, auch Ihnen ist natürlich klar, dass Ihre Fraktion sich in besonderem Maße ihrer Verantwortung bewusst sein sollte angesichts des eigenen Versagens bei der Bekämpfung der Jugendkriminalität vor 2001. Da sind Sie in besonderem Maße gefordert.
Zu guter Letzt komme ich noch zu Ihrem Zusatzantrag. Das ist wirklich ein Knaller. Sie fordern, der Bürgerschaft sollten die Aufgaben und Maßnahmen auf dem Gebiet des Jugendschutzes zu den Haushaltsberatungen der Bürgerschaft berichtet werden. Wer hat Ihnen eigentlich diesen Antrag untergejubelt? Es tat mir schon fast leid, Herr Münster, dass Sie da als Erster stehen mussten, das ist wirklich ein Vorstoß der Marke Eigentor.
Ich finde, das ist auch ein Zeichen mangelnder Ernsthaftigkeit im Umgang mit diesem Thema. Erst besteht überhaupt kein Interesse Ihrer Fraktion daran, sich damit zu beschäftigen, und jetzt legen Sie uns so einen Antrag vor, obwohl die Haushaltsberatungen im Fachausschuss inzwischen schon abgeschlossen sind. Da fragt man sich doch ernstlich, ob Sie uns eigentlich auf den Arm nehmen wollen mit diesem Antrag, Herr Münster.
Das ist Dünnbrettbohrerei par excellence und auch sehr banal. Wenn die SPD-Innenpolitiker an dieser Stelle Nachhilfebedarf haben, dann kann der Innensenator gern einmal einen Workshop veranstalten, damit Sie auch über die Aufgaben des Jugendschutzes Bescheid wissen. Wir wissen alle, dass uns das nicht weiterführt. Wir wollen, dass die Stellen besetzt sind und der Jugendschutz in Hamburg wieder handlungsfähig ist. – Danke.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Frau Schneider, zunächst einmal bin ich froh darüber, dass Sie nun eingesehen haben, dass die Einsetzung des PUA ihren Wert hat, denn Sie haben dort die Aussagen des Abteilungsleiters zum Anlass genommen, um heute Ihren Antrag zum dritten Mal einzubringen.
Insofern ist das auch eine gute Einsicht, die uns auf diesem Weg bestätigt. Vielen Dank dafür an dieser Stelle.
In der Tat haben uns die Aussagen von Herrn Stein, dem ASD-Abteilungsleiter, am 3. Juni in der Klarheit erschüttert – ich glaube, die Abgeordneten genauso wie die Öffentlichkeit –, wie er über die Arbeitssituation im ASD Eimsbüttel berichtet hat. Man war verwundert darüber, dass seit der Koblenzer Studie, dem sogenannten Lagebild, Herr Scheele seit Juni 2012, als es veröffentlicht wurde,
eigentlich nichts Wirksames unternommen hat, um die Arbeitssituation der Mitarbeiter zu verbessern. Und auf die Frage, wie es denn heute sei, hat er sogar geantwortet, die Situation sei noch schlimmer geworden mit dem Verweis auf JUS-IT, auf die Belastungen und anderes. Das ist schon eine erschreckende Beurteilung, die wir da aus erster Hand erfahren haben. Dabei waren die Feststellungen damals in der Schrapper-Studie sehr klar. Ich will das erste Fazit zitieren:
"Nicht alles ist schlecht, […] aber zu Vieles ist sehr problematisch und bedroht die Arbeitsfähigkeit der ASD-Abteilungen erheblich. In etlichen Abteilungen ist die Grenze einer noch ausreichend zuverlässigen Kinderschutzarbeit bereits deutlich unterschritten."
Das heißt, wir hatten schon vor zwei Jahren eine klare Feststellung, dass die Arbeitsfähigkeit der Jugendämter in Hamburg gefährdet ist, und es ist nichts veranlasst worden, was diese Situation in einer Art und Weise verändert hätte, dass man von einer Verbesserung für die dortigen Mitarbeiter sprechen kann; das ist schon bedenklich.
Aber das ändert nichts daran, dass Ihre Forderungen identisch sind mit dem Antrag, den wir zuletzt am 7. Mai, glaube ich, beraten haben. Deswegen will ich auch die Argumente nicht noch einmal austauschen.
Er ist jetzt ein bisschen anders, aber es ändert nichts daran.
Was Sie fordern, ist jetzt im Werden, das ist schon angesprochen worden. Es sollen zunächst 26 bis 27 Stellen bereitgestellt werden. Das ist auch richtig so, aber ansonsten ändert die bloße Wiederholung Ihrer Forderungen doch nichts an der Sachlage.
Eines muss man immerhin konstatieren, Sie sprechen jetzt in Ihrem Antrag von Kinderschutz. Sowohl Kindeswohl als auch Kinderschutz sind in Ihrem letzten Antrag überhaupt nicht aufgetaucht. Wir hatten das damals als CDU moniert. Das haben Sie entsprechend nachgeholt und damit auch dem Antrag vielleicht eine etwas bessere Richtung gegeben, als sich nur allein auf die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter zu fokussieren.
Wir werden uns im PUA weiterhin ausführlich mit den Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter beschäftigen. Ich hoffe, dass wir dort auch weitere Einblicke bekommen, weil sie wichtig sind für unsere Aufklärung, denn eines ist klar: Gute Arbeitsbedingungen sind zwingende Voraussetzungen für eine gute Sozialarbeit, die in den Jugendämtern geleistet wird. Aber wir wollen keine Schnellschüsse zwischendurch, bevor wir mit der Aufklärung am Ende sind.
Machen wir erst eine gründliche Analyse und ziehen dann die richtigen Schlussfolgerungen; für etwas anderes sind wir nicht zu haben.
Klar ist auch, dass diese Aufstockung ein erster Schritt ist, aber mehr auch nicht. Es müssen weitere Maßnahmen folgen, und zwar, um den bestmöglichen Schutz der Kinder zu gewährleisten und natürlich auch im Sinne der Mitarbeiter, um ihre Bedingungen zu verbessern.
Eines habe ich schon damals thematisiert: Es gibt Probleme jenseits von Fragen der Personalausstattung, die wir immer wieder erkennen. Diese thematisieren Sie in Ihren Anträgen systematisch nicht. Ich halte das für eine schwere Nachlässigkeit, denn diesen Fragen dürfen wir nicht ausweichen. Wir werden den Kinderschutz in Hamburg nämlich nicht verbessern, wenn wir uns allein auf mehr Stellen fokussieren, wir brauchen auch andere Haltungen. Wir müssen in Zukunft zusehen, dass das Wohl der Kinder und ihr Schutz mehr in den Mittelpunkt gerückt werden. Daran ändern allein mehr Personal und mehr Stellen nichts.
Das werden Sie sehen.
Wir haben dem Antrag vor zwei Monaten nicht zugestimmt. Sie werden Verständnis dafür haben, dass wir das heute auch nicht tun.
Nun komme ich zum Zusatzantrag der SPD. Der Antrag, lieber Kollege Schmidt, ist eine Farce.
Sie beschreiben in Ihrem Text Maßnahmen, was Sie in den letzten Jahren alles getan haben, und klopfen sich auf die Schulter. Fakt ist, für den Kinderschutz selbst, für die enge Arbeit des ASD, wo es um Kinderschutz geht, ist keine einzige Stelle in Ihrer Regierungszeit geschaffen worden.
Das, was geschaffen wurde, waren Stellen in der sozialräumlichen Arbeit, und nicht einmal diese Mittel sind auf Ihrem Mist gewachsen, sondern auch dieses Programm ist unter der Vorgängerregierung, nämlich unter der CDU-Regierung, geschaffen worden.
Sie legen tatsächlich dar, was der Senat in seinem Arbeitsprogramm verkündet. Es gibt keine eigene Akzentuierung der SPD-Fraktion und keinen eigenen Schwerpunkt. Ich finde das dürftig und dem Thema nicht angemessen.
Dass man dann fordert, das, was der Senat medial verkündet hat und das, was Sie jetzt noch einmal
wiederholt haben, dem Familienausschuss zu präsentieren, ist eine bare Selbstverständlichkeit, das gießt man doch nicht in einen Antrag. Ich finde das Vorgehen an der Stelle wirklich peinlich.
Nun zu dem, was tatsächlich passiert ist, und der Arbeitssituation der Jugendamtsmitarbeiter in den ASDs in Hamburg. Fakt ist, dass in dieser Hinsicht nichts passiert ist, bis es den öffentlichen Aufschrei im PUA in der Sitzung am 7. Juni gegeben hat. Wir können nichts erkennen, was wirklich die Arbeitsfähigkeit der Jugendämter verbessert hätte und was auch geeignet gewesen wäre, die Güte des Kinderschutzes in Hamburg zu verbessern. Und diese Frage, was eigentlich in diesen Jahren unternommen wurde, wird auch weiterhin eine zentrale Rolle im PUA spielen.
Ich habe zum Personalbemessungssystem abgefragt – das wurde auch angesprochen –, was eigentlich passiert sei. Ich habe es schon erwähnt: Während der Regierungszeit der CDU hat es fast 100 neue Stellen gegeben, in Ihrer Zeit keine. Dann ist das Personalbemessungssystem angekündigt worden, und noch im August 2012, als wir im Sonderausschuss nach dem Tod von Chantal gesprochen haben, hat Senator Scheele öffentlich gesagt, das Personalbemessungssystem werde bis Ende 2013 eingeführt werden. Das war die Aussage damals, und in dem Glauben sind wir immer gelassen worden.
Was ist dann passiert? Dann ist ein Jahr lang gar nichts passiert. Am 7. August 2013, also genau ein Jahr später – das war die erste Maßnahme – hat es eine offizielle Projekteinsetzungsverfügung gegeben. Es ist also ein Jahr lang nichts passiert, und dann hat man ein Projekt beschlossen. Und wann hat diese Projektgruppe zum ersten Mal getagt?
Am 18. März 2014. Das war acht Monate später und drei Monate, nachdem Yagmur gestorben war. Man muss sich da wirklich die Frage stellen, welche Rolle der Kinderschutz in dieser Behörde unter der Führung von Senator Scheele gespielt hat. Das ist eine ganz wichtige Frage, der wir uns widmen müssen. Aber sich auf die Schulter zu klopfen und zu sagen, man würde das einführen, ist schon ein wenig vermessen. Das ist auch der tatsächlichen Entwicklung, wie ich sie eben geschildert habe, absolut unangemessen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Es geht um eine Entwicklung, die jedem präsent ist, der sich regelmäßig in der Hamburger Innenstadt aufhält. Die Zahl der Bettler, die gewerbsmäßig organisiert sind und überwiegend aus Osteuropa stammen, hat in den vergangenen Monaten wieder stark zugenommen und prägt das alltägliche Bild in unserer City. Ob man die Mönckebergstraße oder die Spitalerstraße entlanggeht oder sich zwischen Gänsemarkt und Rathaus bewegt – regelmäßig werden die Hamburgerinnen und Hamburger sowie auch die Gäste unserer Stadt zum Teil aggressiv von den Mitgliedern dieser gewerbsmäßig organisierten Bettlerbanden angebettelt, und sie fühlen sich auch belästigt. Das geht bis dahin, dass Menschen, die an den Ständen in der Innenstadt zu Mittag essen oder sich an den Treppen zum Jungfernstieg niederlassen, regelmäßig belästigt werden und sich deshalb auch beschweren. Das Betteln geschieht auf eine Art und Weise, die die Grenze des Üblichen und auch des Akzeptablen längst überschritten hat. Das ist eine Entwicklung, der endlich Einhalt geboten werden muss.
Es ist von mehreren Medien beobachtet und auch beschrieben worden, dass Hintermänner dahinter
stecken, die mit dem Vorsatz hierherkommen, in der Hansestadt in möglichst kurzer Zeit möglichst viel Geld zu verdienen. Da sagen wir ganz klar: Organisierte Bettelei widerspricht der Menschenwürde, denn hier werden arme Menschen durch diese Hintermänner gezielt ausgenutzt.
Man kann feststellen, dass diese Menschen vielfach gezielt körperliche Missbildungen zur Schau stellen, indem sie ihre Gliedmaßen frei machen und sich auch mit Gehhilfen bewegen. Es ist auch mehrfach festgestellt worden, dass teilweise Gehhilfen verwendet werden, obwohl keine Behinderungen vorliegen. Diese werden dann tatsächlich erst benutzt, wenn die Menschen von ihren Hintermännern an den Zielort gebracht werden, und sie werden gezielt eingesetzt, um mit dieser Mitleidsmasche die Betteleinkünfte zu verbessern. Bei allem Verständnis für die Armut der Menschen ist auch hier die Grenze des Akzeptablen weit überschritten, denn hier werden die Gutmütigkeit der Menschen und auch die Bereitschaft, zu spenden und eine milde Gabe zu geben, schamlos ausgenutzt; auch das sollte nicht tatenlos hingenommen werden.
Deswegen sagen wir, dass diese Form der gewerbsmäßig organisierten Bettelei endlich unterbunden werden muss, vor allen Dingen auch, damit die Hilfs- und Spendenbereitschaft der Menschen für die wirklich bedürftigen Obdachlosen und Bettler nicht leidet, denn es ist ein großes Ärgernis und birgt, wie gesagt, die Gefahr, dass in Zukunft dann denjenigen nicht geholfen wird, die es wirklich brauchen.
Über ein wirkliches Unding an dieser Stelle ist auch geschrieben worden. Im letzten Winternotprogramm haben diese Menschen auf Steuerzahlerkosten städtische Unterkünfte genutzt, die für andere Zwecke vorgesehen sind, aber damit nicht genug. Die Stadt hat für die Unterkunft Weddestraße in Horn sogar noch einen täglichen Shuttleservice organisiert, mit dem diese gewerbsmäßig organisierten Bettler in die Innenstadt gefahren wurden, um dort ihrem Erwerb nachzugehen. Auch das ist ein Unding und muss schleunigst beendet werden.
Das ist eine Tatsache. Ich habe eine Schriftliche Kleine Anfrage dazu gestellt, sie ist beantwortet worden und dem ist auch nicht widersprochen worden, Herr Münster. Ich gebe Ihnen diese Anfrage gerne mit.
Fakt ist, dass die Machenschaften dieser Bettlerbanden auf jeden Fall nicht noch mit Steuergeldern durch den Staat unterstützt werden dürfen, Herr Münster. Da sind wir uns, glaube ich, einig.
Die Lösung ist nicht ganz einfach. Polizeilich kommt man dem nicht nach, aber es gibt eine Handhabe, die das Hamburgische Wegegesetz bietet. Demnach handelt es sich bei gewerbsmäßiger Bettelei um eine gebührenpflichtige Sondernutzung im Sinne des Paragrafen 19 des Hamburgischen Wegegesetzes. Das heißt, dass eine solche Sondernutzung der Erlaubnis bedarf. Und wenn diese Genehmigung nicht erteilt wird, kann man das Betteln untersagen. Die Personen bekommen dann eine entsprechende Verfügung. Herr Münster, das haben nicht wir uns ausgedacht, sondern das geht zurück auf eine Initiative des früheren Bezirksamtsleiters Markus Schreiber Mitte 2007.
Er wird Ihnen bekannt sein – ich glaube, er wird vielleicht auch diesem Hause bald wieder angehören –, und er hat diese Maßnahmen 2007 eingeleitet, auch mit Zustimmung des damaligen Fraktionsvorsitzenden Neumann, der ebenfalls aus der SPD in Hamburg-Mitte kommt. Es ist also eine bewährte Maßnahme, die auf Ihrem Mist gewachsen ist, aber durchaus sehr effektiv war. Ich will kurz die Zahlen nennen: 2001 gab es einen Platzverweis für diese gewerbsmäßigen Bettler, 2008 27, 2009 35 und dann war das Problem innerhalb relativ kurzer Zeit wieder beendet. Leider ist das ein Zustand, den wir heute nicht mehr haben. Die Kontrollen haben nachgelassen, die gewerbsmäßigen Bettler sind zurückgekehrt, und das muss sich wieder ändern.
Was wir dafür brauchen, ist natürlich eine vernünftige Personalausstattung. Früher hat das der BOD gemacht, jetzt macht es das sogenannte Ordnungswidrigkeitenmanagement im Bezirksamt Hamburg-Mitte, das zuständig, aber unterausgestattet ist. Ende 2013 waren noch vier bis zwölf Außendienstmitarbeiter je Schicht in Hamburg-Mitte zuständig, und heute gibt es in dieser Abteilung insgesamt nur noch 13 Vollkräfte einschließlich des Hundekontrolldienstes. Deswegen muss der Senat dafür Sorge tragen, dass die Bezirksverwaltung personell ausreichend ausgestattet ist, damit sie ihren Aufgaben ordentlich nachgehen kann; dann kann dieses Problem behoben werden. Wir hatten das Problem, und es gibt eine vernünftige Lösung dafür. Sie stammte damals von der SPD, und es gibt eigentlich keinen Grund, warum man heute nicht wieder so verfahren sollte. – Danke.
Es ist sehr viel gesagt worden, das man nicht unkommentiert stehen lassen kann. Zunächst einmal stelle ich fest, Herr Kollege Fock, was Sie heute vertreten haben, ist eine hundertprozentige Kehrtwende der SPD im Umgang mit diesem Problem im Vergleich zu dem, was Sie selbst praktiziert haben.
Wenn Sie heute diese Maßnahmen kritisieren, dann ist das Ihr gutes Recht, aber die Wirksamkeit infrage zu stellen, obwohl das mit Ihrer Stimme damals in der Bezirksversammlung Markus Schreiber durchgeführt hat, ist unredlich und dieser Sache auch nicht angemessen; Herr Fock, das will ich Ihnen ganz offen sagen.
Hinsichtlich der Frage der Wirksamkeit ist es natürlich nicht Aufgabe des Parlaments, im Einzelnen nachzuweisen, dass es sich um gewerbsmäßige Bettelei handelt, das ist Aufgabe der Sicherheitsbehörden, des Ordnungsamts. Diesen Nachweis hat aber das Bezirksamt Hamburg-Mitte damals erbracht. Es gab die Platzverweise, und, Frau Möller, es ist auch nicht richtig, dass die Menschen einfach woanders waren. Das ist doch der Unterschied, denn es geht nicht nur um arme Menschen, es geht um Bettlerbanden. Weil diese Menschen jeden Tag abkassiert werden – 30 bis 40 Euro werden ihnen täglich abgenommen –, ha
ben sie noch nicht einmal einen Nutzen von dieser Bettelei. Aufgrund der Platzverweise haben diese Hintermänner ihre Aktivitäten beendet und sich aus Hamburg zurückgezogen. Das ist ein Unterschied, und das heißt, die Maßnahme ist durchaus wirksam, das hat die Vergangenheit gezeigt.
Sie ist scheinbar auch gerichtsfest, denn nach meiner Kenntnis hat es nicht ein einziges Gerichtsurteil gegeben, das dieses Vorgehen infrage gestellt oder verboten hätte. An dieser Stelle, Herr Fock, muss man also ehrlich und redlich sein. Ich finde, das hätte Ihnen ganz gut zu Gesicht gestanden.
Wichtig ist mir eine zweite Klarstellung, weil da ein Vorwurf mitschwingt. Natürlich sind Bettler Bestandteil unserer Gesellschaft, und sie gehören zu unserer Stadt und zu ihrem Alltagsbild. Sie haben genauso ein Recht, sich im öffentlichen Raum aufzuhalten. Deswegen kann Verdrängung auch keine Lösung sein und darf auch nicht stattfinden. Es geht aber hier um eine ganz spezielle Gruppe. Herr Fock, Sie wohnen ja mit Markus Schreiber in Finkenwerder zusammen.
Wenn Sie sich schon meine Anfragen durchlesen, dann hätten Sie doch wenigstens Ihren alten Parteifreund befragen können, dann wären Sie heute etwas faktensicherer gewesen. Das hätte Ihnen auch ganz gut zu Gesicht gestanden.
Ich komme noch einmal zum Transport, weil da auch mit einer Unterstellung gearbeitet wurde. Es geht doch nicht darum, diesen Menschen Hilfe zu verweigern. Selbstverständlich sollen sie die Unterkünfte nutzen können und nicht frieren, wie Sie das gesagt haben. Es geht darum, die Menschen nicht tagtäglich noch von der Unterkunft auf Kosten der Steuerzahler mit dem Bus in die Stadt zu kutschieren, um dieses Gebaren der Hintermänner auch noch zu unterstützen. Das darf nun wirklich nicht sein, Herr Fock.
Wenn gesagt wird, arme Menschen hätten ein Recht auf Unterstützung, dann ist das sicherlich richtig. Und wenn es dort engagierte Leute von "Hinz&Kunzt" gibt, die sich dem Problem annehmen, ist das ohne Zweifel gut und richtig, das ist keine Frage. Aber es gibt auch ein Recht von Menschen, sich im öffentlichen Raum unbehelligt aufzuhalten. Wenn die Frage gestellt wird, wo denn unser Nachweis sei, dann kann ich Ihnen nur sagen, gehen Sie doch einmal durch die Innenstadt, ich mache das tagtäglich. Sie essen beispielsweise eine Currywurst am Stand, und dann kommen diese Menschen. Es ist nicht so, dass sie Sie nur nach Geld fragen. Wenn Sie das ablehnen, wer
den Sie beschimpft und das in einer hartnäckigen Art und Weise, die nicht mehr akzeptabel ist. Ich denke, darüber sind wir uns einig, dass dann die Grenze überschritten ist. Zumindest in der Vergangenheit waren wir uns darüber einig.
Ich will das kurz zum Abschluss bringen.
Das Problem ist da, aber ich habe keinen Lösungsvorschlag gehört, wie Sie damit umgehen wollen. Die SPD hofft darauf, dass "Hinz&Kunzt" etwas macht. Andere sagen, das Problem existiere nicht. Die FDP sagt, es gäbe ein Problem, aber das Wegegesetz sei kein Mittel, obwohl man es damit schon einmal gemacht hat. Das ist, ehrlich gesagt, keine Lösung und auch für eine Debatte etwas dürftig.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Leonhard hat es gesagt, ab dem 1. August wird die fünfstündige Grundbetreuung inklusive Mittagessen in Hamburger Kitas beitragsfrei sein. Ohne Frage ist das populär, denn sonst hätten Sie das Thema nicht zur Debatte angemeldet. Und ohne Zweifel ist das auch für davon profitierende Eltern zunächst einmal eine gute Nachricht, über die sie persönlich sich verständlicherweise erst einmal freuen werden.
Deswegen sind wir grundsätzlich auch dafür, dass es Entlastung für Eltern gibt. Aber dafür müssen bestimmte Voraussetzungen und Bedingungen erfüllt sein, denn die Beitragsfreistellung kann man guten Gewissens erst dann vornehmen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Dazu gehören sehr gute Betreuungsbedingungen für unsere Kinder in den Kitas und Betreuungsschlüssel im Krippenbereich, die es ermöglichen, Kinder mit Entwicklungsproblemen und Defiziten intensiv zu fördern, und zwar von dem dafür erforderlichen Personal. Eine andere Voraussetzung ist, dass es eine früh ansetzende Sprachförderung gibt, die allen Kindern, die darauf angewiesen sind, Förderung zuteil werden lässt, damit sie mit gleichen Bildungschancen an den Start gehen. Hier müssen wir leider feststellen, dass wir von dieser pädagogisch und gesellschaftspolitisch wünschenswerten Situation in Hamburg noch meilenweit entfernt sind.
Deshalb sagen wir als CDU, dass die 75 Millionen Euro, die diese Beitragsbefreiung den Steuerzahler strukturell kostet, für mehr Betreuungsqualität,
für mehr Förderung der Kinder in Hamburg besser aufgehoben wären.
Wir Christdemokraten meinen, dass satt und sauber allein nicht ausreicht. Gerade in Hamburg gibt es eine Vielzahl von Kindern – auch bedingt durch den hohen Migrationsanteil, aber nicht nur deshalb –, die erhebliche Sprach- und Entwicklungsdefizite haben. Wir lesen das immer wieder. Deswegen brauchen wir in Hamburg zwingend bessere Betreuungsrelationen für eine intensivere Betreuung und für eine bessere frühkindliche Sprachförderung. Dass diese Qualität, und zwar bundesweit, in den Kitas noch unzureichend ist, belegt die Studie "Nationale Untersuchung zur Bildung, Betreuung und Erziehung in der frühen Kindheit" von 2012. Dort kommen die Forscher zu dem Ergebnis, dass die Qualität nur in 3 Prozent der Krippen für gut befunden wird, in 85 Prozent hingegen für mittelmäßig und in 12 Prozent für schlecht. Das Fazit dieser Studie: Es fehlt für einen gelungenen Kitabetrieb an Räumen und vor allen Dingen an genügend Personal. Das gilt, wie gesagt, bundesweit. In Hamburg haben wir dazu noch eine sehr spezielle Situation, denn wir haben in Krippen den schlechtesten Betreuungsschlüssel aller westdeutschen Länder. Auf einen Erzieher kommen rechnerisch 5,2 Kinder. Es ist doch ein Unding, Herr Scheele, dass sich daran in absehbarer Zeit nichts ändern soll. Im Familienausschuss haben die Senatsvertreter klipp und klar gesagt, dass es in dieser Legislaturperiode keine Qualitätsverbesserung mehr geben wird, und es gibt noch nicht einmal den Hauch einer Ankündigung, dass sich in der nächsten Legislaturperiode etwas daran ändern soll. Das können wir nicht akzeptieren.
Das denken wir uns nicht aus. Die Wissenschaftler raten zu einem Betreuungsschlüssel in Relation 1:3, also ein Erzieher für drei Kinder. Selbst der LEA in Hamburg, mit dem Sie Vereinbarungen getroffen haben, fordert einen Betreuungsschlüssel von 1:4. Interessant ist, dass selbst dem LEA inzwischen dämmert, dass diese Beitragsfreistellung nicht ohne Konsequenzen für die Betreuungsqualität bleiben wird. Deshalb sind auch von dieser Seite inzwischen kritische Untertöne nicht zu überhören.
Was bedeutet diese personelle Unterausstattung? Wir haben einen Krankenstand bei den Erziehern von 10 Prozent, enorm hoch. Das zeigt, dass die Erzieherinnen und Erzieher, diese engagierten Mitarbeiter, unter den vorgefundenen Arbeitsbedingungen leiden. Sie sagen, dass ihnen für das, was sie tun wollen, Zeit fehlt und dass ihnen die Möglichkeit für eine altersgerechte Betreuung und für individuelle Förderung fehlt. Ehrlich gesagt, jede Erzieherin, mit der ich gesprochen habe – nicht nur
in meiner Kita, sondern auch in anderen –, schüttelte den Kopf über die Beitragsbefreiung, weil sie genau weiß, was das für sie, für ihre Arbeit und für ihre Möglichkeiten in den nächsten Jahren bedeutet. An der Stelle muss ich feststellen, dass das Motto der SPD leider immer das gleiche ist: Hauptsache billig. Für erforderliche Qualitätsverbesserung ist dann kein Cent mehr übrig. Wir kennen das schon aus der Hochschulpolitik, meine Damen und Herren.
Das führt dazu, dass wir heute diesen Änderungen nicht zustimmen werden. Wir werden uns enthalten, weil unsere tiefe Sorge und Befürchtung ist, dass es in Hamburg auf viele Jahre hinaus durch diese Beitragsentlastung keinen Spielraum mehr für eine verbesserte Betreuung geben wird,
da überhaupt keine Luft mehr im Haushalt ist, um an dieser Stelle noch irgendetwas zu tun. Das darf nicht sein, Herr Kienscherf.
Ich glaube, wir sind uns einig, dass gute Betreuung unbestritten einen sehr hohen Wert hat für jede Familie, aber auch für die Gesellschaft insgesamt. Deshalb hat gute Betreuung auch ihren Preis. Es gibt viele gutverdienende Eltern in dieser Stadt, die sich diese Beiträge nicht nur leisten können, sondern auch leisten wollen und bereit sind, angemessene Beiträge für eine gute Betreuung ihrer Kinder zu entrichten. Dann fragen wir: Wieso soll die Betreuung dann eigentlich kostenlos sein? Schauen wir uns die Entlastung an; es ist angesprochen worden. Die höchsten Entlastungen von 192 Euro im Monat gibt es für Menschen mit höherem Einkommen. Die geringsten Entlastungen haben die Menschen, von denen Sie immer sprechen, nämlich solche mit geringem oder gar keinem Einkommen, die den Mindestbeitrag leisten, das sind 27 Euro. Und dann begründen Sie diese ganze Beitragsfreistellung damit, dass wir künftig mehr von diesen Kindern in Hamburg betreuen wollen. Wenn ich den Senat frage, von welcher Steigerung des Betreuungsanteils er denn ausgeht, dann kann er darauf keine Antwort geben. Ich glaube, an dieser Stelle ist Ihre Begründung nicht schlüssig.
Wir können für uns sagen, dass wir die Qualität in jedem Fall im Blick behalten werden. Das wird in den nächsten Jahren ein großes Thema in Hamburg bleiben. Wir wollen, dass unsere Kinder in kleineren Gruppen mehr individuelle Förderung erhalten, und wir wollen, dass engagiertes Personal nicht nur fortgebildet, sondern auch anständig und angemessen bezahlt wird. Deswegen werden wir uns heute enthalten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Da die Zeit fortgeschritten ist und unsere Redezeit begrenzt, erspare ich mir die freundlichen Worte, die ich eigentlich am Anfang vorgesehen hatte, und komme gleich zum Punkt. Selbstverständlich sind wir für eine Überprüfung der Rahmenbedingungen in den Jugendämtern in finanzieller, organisatorischer, personeller und auch fachlicher Hinsicht. Das ist ausdrücklich Untersuchungsauftrag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Um genau das alles zu bewerkstelligen, haben wir ihn Anfang März eingesetzt. Was wir zu diesem Zeitpunkt nicht brauchen, sind voreilige Schnellschüsse ohne Fallaufklärung und ohne eine umfassende Analyse der Jugendhilfe in Hamburg. Das wollen wir Christdemokraten jedenfalls nicht mitmachen.
Das würde die Aufklärungsarbeit, die wir wirklich mit sehr viel Zeitaufwand betreiben – wir haben gestern wieder bis Mitternacht zusammengesessen und das wird auch bei den nächsten Sitzungen so sein –, konterkarieren und ihr vorgreifen. Das kann nicht unser Ziel sein.
Sie wollen auf Behördenebene einen Krisenstab einsetzen, um Ihre Themen zu bewegen, aber wir sind der Auffassung, dass jetzt nicht die Zeit für Behördenarbeitskreise ist, sondern die Stunde des Parlaments geschlagen hat, nämlich durch die Aufklärungsarbeit im PUA.
Wenn ich mir so anschaue, was Sie fordern, insbesondere im Hinblick auf die Personalausstattung, dann ist das natürlich ein wichtiges Thema, und es
ist auch schon gesagt worden, dass wir uns dem widmen. Ich hätte mir da auch seitens Senator Scheele und seiner Behörde etwas mehr Eifer gewünscht, denn es wird seit Jahren über ein Personalbedarfsbemessungssystem gesprochen. Vielleicht werden wir auch einmal erfahren, was in diesen drei Jahren passiert ist. Sei es drum, das können wir alles im PUA machen, da befragen wir alle Beteiligten. Aber das muss erst zu Ende gestellt werden. Und dann schaue ich in Ihren Antrag. Sie fordern mehr Personal. Sie schreiben nicht, wie viel Personal Sie wollen. Sie sagen, es solle nach Kriterien verteilt werden, teilen uns diese Kriterien aber nicht mit. Solche voreiligen und hilflosen Versuche ohne konkrete Vorschläge und ohne konkrete Vorgaben können wir an dieser Stelle im Vorgriff auf die Arbeit des PUA nun wirklich nicht unterstützen.
Wenn ich eines sagen darf, auch angesichts der Arbeit des PUA: Unsere Wahrnehmung ist, dass DIE LINKE die Arbeit der Jugendämter aus einem sehr einseitigen Blickwinkel betrachtet, ohne eine gewisse Bereitschaft, Fehler und strukturelle Missstände jenseits von Fragen der Personalausstattung schonungslos aufzuklären. Das ist auch gestern so gewesen. Wir haben viele Erkenntnisse zu Informationsverlusten und anderem – zu nichts wird gefragt.
Ich muss zum Abschluss kommen. Bezeichnend in Ihrem Antrag ist eines: In der Einleitung und in allen neun Punkten kommen die Wörter Kindeswohl oder Kinderschutz kein einziges Mal vor. Sehen Sie sich das noch einmal an. Ich finde, das sollte Ihnen zu denken geben. Es zeigt auch, dass dieser Antrag nicht wirklich sachdienlich ist und an dieser Stelle nicht weiterhilft. Wir halten das für keinen geeigneten Vorstoß, um Kinder in Hamburg besser zu schützen. Das wollen wir im PUA machen. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Jetzt liegt der Antrag auf Einsetzung des PUA vor, über den wir schon ausführlich während der letzten Sitzung beraten und debattiert haben. Der PUA, ich will es noch einmal klar sagen, dient der umfassenden sachlichen Aufklärung der Umstände, die zum Tod des kleinen Mädchens Yagmur geführt haben. Er ist aus unserer Sicht genau das richtige Aufklärungsinstrument, um den Fehlentscheidungen der Jugendämter und
auch den Versäumnissen anderer Beteiligter, nämlich bei Staatsanwaltschaft, Familiengericht und möglicherweise auch der betreuenden Kita, umfassend und schonungslos auf den Grund zu gehen. Klar ist: Ein Mädchen wurde zurückgeführt trotz aller Warnhinweise, trotz aller Bedenken. Klar ist auch: Es wurde ein Mädchen in die Hände ihrer gewalttätigen Eltern gegeben, obwohl es schon einmal lebensbedrohlich verletzt war und obwohl es einen Antrag des zuständigen Jugendamts gab, den Eltern das Sorgerecht zu entziehen.
Unser Eindruck ist, dass die zahlreichen Fehler, die dort gemacht worden sind, nicht vornehmlich auf einem Regelungsdefizit beruhen, sondern wir haben es mit einer Verkettung von individuellen Fehlern der Mitarbeiter zu tun, man könnte auch von einem kollektiven Versagen sprechen, wenn man sich das in der Nachschau ansieht. Möglicherweise hat der Tod auch mit den personellen, finanziellen und fachlichen Rahmenbedingungen zu tun, die durch die BASFI vorgegeben werden, aber auch anderer Behörden und Ämter, die daran beteiligt waren.
Wir haben den Bericht der Jugendhilfeinspektion vorgelegt bekommen. Er ist mit Sicherheit eine gute Grundlage, um Fragen zu stellen, aber er ist keineswegs geeignet, um erschöpfende Antworten auf das Versagen der staatlichen Stellen zu geben. Und vor allen Dingen gibt er uns erst recht keine Hinweise darauf, wie wir Kinder in unserer Stadt, die von Gewalt und Misshandlung bedroht sind, künftig besser schützen können. Es leiten sich zentrale Fragen aus diesem Bericht ab, die bislang unbeantwortet sind. Ich will sie noch einmal kurz skizzieren, weil ich glaube, dass sie im Mittelpunkt der Aufklärungsarbeit im PUA stehen werden.
Die erste Frage, die sich natürlich alle stellen: Warum haben sich Jugendamtsmitarbeiter zu einer Rückführung des Kindes entschieden bei dieser Vergangenheit und bei allen Warnhinweisen, die es gab? Und warum sind angesichts der lebensgefährlichen Verletzungen, die das Kind schon erlitten hatte, Kontrollbesuche nach der Rückführung ausgeblieben? Was spielte da eine Rolle? Ist es Personalmangel, ist es Überlastung in den Jugendämtern? Das wird eine wichtige Frage sein, die uns beschäftigen wird.
Aber auch die Rolle der Staatsanwaltschaft wird zu untersuchen sein. Warum wurde die Mutter damals nicht vorgeladen und vernommen, als das Kind das erste Mal schwer verletzt wurde? Und warum ist die Staatsanwaltschaft, obwohl sie selbst die rechtsmedizinische Untersuchung angeordnet hatte und eine Stellungnahme einforderte, den Ergebnissen nicht näher nachgegangen? Warum wurde nicht gefragt, in welchem Zeitraum diese Verletzungen zugefügt worden sein konnten? Das hätte wichtige Hinweise auf die Verdächtigen gegeben, ist aber unterblieben.
Die nächste Frage, die sich uns stellt, bezieht sich auf die Rolle der Familiengerichte. Warum hat das Familiengericht an dem entscheidenden Wendepunkt, wie es im Bericht bezeichnet wird, keine eigene Bewertung des Falls vorgenommen, sondern sich auf die Aussage des Jugendamts verlassen? Stimmt diese Aussage überhaupt? Wir mussten erleben, dass es darüber im Familienausschuss keine einheitliche Auffassung gab. Es gab Widersprüchlichkeiten zwischen den Behörden, aber noch viel bemerkenswerter ist, dass der Leiter des Bezirksamts Eimsbüttel, Herr Sevecke, seiner eigenen Aussage, die er im Ausschuss getätigt hat, kurze Zeit später öffentlich widersprochen hat, indem er sagte, das Familiengericht habe eine aktive Rolle gespielt. Auch das sind Widersprüche, denen wir im PUA auf den Grund werden gehen müssen.
Zu guter Letzt noch etwas, das einen fassungslos macht: Warum hat sich eigentlich die Kita nicht eingeschaltet, wenn ein Kind wochenlang mit blauen Flecken und blutiger Nase erscheint? Auch hier wird die Frage zu stellen sein, wieweit die Kita ihrer Verantwortung nachgekommen ist.
Auf all diese Fragen, die ich gerade formuliert habe, kann eine Enquete-Kommission keine Antworten geben. Wir wollen aber Aufklärung konkret für diesen Fall, um mithilfe der Zeugenbefragungen, die wir durchführen werden, und der Erkenntnisse, die wir daraus gewinnen können, gute Lösungen für den Kinderschutz in Hamburg zu finden.
Der vorherrschende Eindruck, den wir momentan gewinnen, ist, dass es den beteiligten Behörden in Hamburg vorrangig darum geht, die Verantwortung für den Tod des Mädchens auf jeweils andere zu schieben und die eigenen Hände in Unschuld zu waschen. Wir hören, es gäbe in der BASFI gar keine Verantwortung und auch in den Bezirksämtern gäbe es keine Notwendigkeit für Konsequenzen. Dann gibt es eine Taskforce, die zu dem Ergebnis kommt, die Mitarbeiter hätten nichts falsch gemacht und auch an der Spitze der Jugendämter müsse sich nichts ändern. Das alles zeigt uns, dass wir die Aufklärungsarbeit nicht allein den Behörden überlassen sollten. Diesen Fehler wollen wir als CDU-Fraktion nicht machen.
Zur Aufarbeitung gehört auch, dass uns alle wesentlichen Informationen vorliegen. Wir müssen aber feststellen, dass echte Aufklärung mit den Akten, die uns auf das Aktenvorlageersuchen der SPD hin vorgelegt worden sind, faktisch unmöglich ist. Es sind uns nicht sämtliche Akten der Jugendämter vorgelegt worden mit Verweis auf den Sozialdatenschutz. In der letzten Sitzung haben Sie gesagt, dass diese Akten nicht nur die Mitglieder des Familienausschusses, sondern das gesamte Parlament erhalten sollen. Aber dieser Antrag läuft doch völlig ins Leere, wenn die wesentlichen Unterlagen
nicht enthalten sind. Damit ist der Antrag, ich muss es leider sagen, eine Farce.
Genau das ist auch ein wesentlicher Grund, warum wir den PUA mit all seinen Rechten brauchen, damit wir die Vorlage aller wichtigen Unterlagen erzwingen können, um dann Wahrheit ans Licht zu bringen. Eines ist klar: Am Ende muss eine Verbesserung des Kinderschutzes in Hamburg stehen. Und klar ist auch, dass das Wohl der Kinder künftig in den Mittelpunkt jugendamtlicher Entscheidungen gerückt werden muss. In Zukunft müssen bei allen Zweifeln, die es gibt, immer die Unversehrtheit und die Sicherheit der Kinder im Mittelpunkt stehen. Das muss ausschlaggebend sein bei allen Entscheidungen, die getroffen werden.
An dieser Stelle will ich auch noch etwas zum Elternrecht sagen. Das elterliche Erziehungsrecht muss bei allen Entscheidungen der Jugendämter künftig dort seine Grenzen finden, wo Kinder fundamentalen Gefahren ausgesetzt sind. Ich glaube, das muss Ziel unserer Beratungen und Untersuchungen im Ausschuss sein.
Die SPD hat sich personell aufgestellt, wie ich heute sehen konnte, die Mitglieder sind benannt, auch wir haben das getan. Der Vorsitzende wird Herr Trepoll sein, ich werde die Rolle des Obmanns für die CDU übernehmen, und wir werden auch einen bereits bekannten Vorschlag für die Leitung des Arbeitsstabs unterbreiten. Die konstituierende Sitzung wird noch in den Ferien, am 6. März, stattfinden. Ich hoffe, dass wir uns alle personell und organisatorisch so aufstellen, dass wir zügig mit der Arbeit beginnen können und keine Auseinandersetzungen über Verfahrensfragen haben. Es muss das gemeinsame Ziel sein, Aufklärungsarbeit zu leisten; ich bin auch hoffnungsvoll nach dem, was ich eben von Herrn Schmitt gehört habe. Ich hoffe, dass wir leidenschaftlich Aufklärungsarbeit zum Wohle der Kinder leisten werden und parteipolitische Mätzchen dabei unterbleiben. Wir als CDU sind dazu jedenfalls uneingeschränkt bereit. – Danke.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Am 18. Dezember letzten Jahres starb die dreijährige Yagmur in HamburgBillstedt – ein Tod, verursacht durch massive innere Verletzungen, die ihr die eigenen Eltern zugefügt haben, einem kleinen, wehrlosen und schutzbedürftigen Mädchen, einem Mädchen, dem bereits mit wenigen Monaten vermutlich Gewalt angetan wurde und dann immer wieder, bis es zu Tode gekommen ist, einem Mädchen, das der Staat nicht zu schützen vermochte und nicht vor dem Tod bewahrte, obwohl es bereits zuvor lebensgefährlich verletzt wurde. Und was ist die Reaktion des Senats und die Reaktion der SPD auf dieses Totalversagen des Staates bei der Ausübung seines Schutz- und Wächteramtes? Wir haben es eben gehört. Die Antwort darauf ist, dass Sie die Kinderrechte ins Grundgesetz schreiben wollen und noch mehr Abgeordneten Einblick in die Akten gewähren wollen. Da muss ich Sie ganz ehrlich fragen: Ist das wirklich Ihr Ernst in dieser Situation?