Protocol of the Session on August 28, 2013

dann hört man daraus schon, dass das nicht geht. Wenn der Volksentscheid sagt, dass die Netze zu 100 Prozent in die öffentliche Hand müssen, dann können Sie das VEB, Konsum oder sonst wie nennen, aber dann muss es gemacht werden, daran kommen Sie nicht vorbei.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN – Dietrich Wersich CDU: Aber es darf doch nicht den Bundesgesetzen widersprechen! – Zuruf von Dr. Andreas Dressel SPD)

Herr Dressel, ich gehe davon aus, dass sich alle Akteure in dieser Frage an Recht und Gesetz halten. Das gilt auch für die Initiative, und es war ihr gutes Recht, den Volksentscheid parallel zur Bundestagswahl zu terminieren. Das ist okay, genauso wie es von der Verfassung erlaubt war, dass dieser SPD-Senat oder die SPD-Mehrheit in der Bürgerschaft durchgesetzt haben, dass es vor dem Volksentscheid die neuen Verträge gibt. Ob das politisch in Ordnung war und mit dem hohen Anspruch, dass man vor dem Wählerwillen Achtung hat, übereinstimmt, ist eine andere Bewertung.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN – Dietrich Wersich CDU: Ja, aber das Parlament muss doch arbeiten!)

Eben haben Sie noch einmal die Bedingungen für die Netzkonzessionen hervorgehoben. Sowohl vom "Hamburger Abendblatt" als auch von der "Bild"-Zeitung und dem Bürgermeister ist gesagt worden, dass die Netzkonzessionen derart sind, dass ein Hamburger Unternehmen – Klammer auf, Klammer zu –, ob es HAMBURG ENERGIE ist oder ein anderes, was gegründet werden müsste, keine Chance hätte.

(Dr. Andreas Dressel SPD: HAMBURG ENERGIE darf sich gar nicht bewerben!)

Nun sage ich Ihnen, was die vier Kriterien für die Netzvergabe sind. Das erste Kriterium ist die Versorgungspflicht. Ich gebe zu, dass E.ON und Vattenfall das können, keine Frage. Das zweite Kriterium ist die Verbraucherfreundlichkeit, und da habe ich schon erhebliche Zweifel. Ich weiß, dass es

viele Prozesse gegen E.ON gab; sie mussten Gelder wegen der Intransparenz von Rechnungen zurückzahlen. Hier haben die beiden Konzerne keine guten Karten. Das dritte Kriterium ist die langfristige Preisstabilität. Ich habe Ihnen neulich schon vorgelesen, dass der CDU-Bundesumweltminister gesagt hat, dass die Preise zu hoch seien.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Gott sei Dank sitzen Sie nicht bei der Konzessionsbehör- de!)

Auch daher sehe ich keine großen Chancen für Vattenfall und E.ON. Der vierte Punkt ist die Umweltfreundlichkeit. Und dass Unternehmen, die Braun- und Steinkohlekraftwerke nutzen und gegen den Atomausstieg klagen, besonders umweltfreundlich sind, werden auch Sie mir nicht erzählen können.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Ich bin froh, dass durch die Debatte deutlich wurde, dass der 22. September schon ziemlich nah ist und man schnell handeln muss, egal, wie der Volksentscheid ausgeht. Darauf vertraue ich, und wir werden aus der Opposition heraus klare Forderungen stellen, wie der erfolgreiche Volksentscheid nach dem 22. September umzusetzen wäre, ohne dass man das Ding mit irgendwelchen Tricks gegen die Wand fährt.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Vielen Dank, Frau Heyenn. – Das Wort hat Herr Kerstan.

(Finn-Ole Ritter FDP: Jetzt erst mal eine Entschuldigung für den Ausraster! Und jetzt keine Ausfälle!)

– Wenn Sie nicht wollen, dass ich spreche, dann dürfen Sie mich nicht direkt ansprechen und mich etwas fragen. Ich bin diverse Male angesprochen worden.

Herr Kreuzmann, es wundert mich, was Sie über HAMBURG ENERGIE ausgeführt haben. SchwarzGrün hat das Unternehmen gemeinsam gegründet. Gegenüber Parteien wie FDP und CDU, die von sich behaupten, sie hätten eine gewisse Wirtschaftskompetenz, muss ich doch nicht erklären, dass ein Unternehmen, das neu gegründet wird und noch keine Kunden hat, erst einmal Ausgaben hat, Personal einstellen muss, eine Geschäftsausstattung braucht und IT anschaffen muss – all das ohne einen einzigen Kunden. Natürlich machen sie im ersten und zweiten Jahr Verluste, das dürfte einen Kaufmann nicht wundern. Insofern wurden von FDP und CDU absurde Argumente angeführt, nämlich dass es staatliche Unternehmen nicht können, weil sie in ihren beiden Gründungsjahren Ver

(Dora Heyenn)

luste gemacht hätten. Ich versuche, beim parlamentarischen Sprachgebrauch zu bleiben: Einfältiger geht’s nimmer.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Der zweite Punkt. Herr Kreuzmann, Parlamentariern wird manchmal vorgeworfen, dass sie nicht lesen, was sie beschließen. Ich würde mich an Ihrer Stelle fragen, ob das auf Sie zutrifft, denn der Wirtschaftsplan von HAMBURG ENERGIE hat in den ersten drei Jahren Verluste vorgesehen, als wir das Unternehmen gegründet haben. In allen drei Jahren waren die Verluste aber geringer, als wir das gemeinsam geplant haben. Wie können Sie dann sagen, dass wir niemals Verluste machen dürften? Sie haben damals den Beschluss nicht richtig gelesen, Herr Kreuzmann, und das fällt auf Sie zurück, aber nicht auf HAMBURG ENERGIE.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Ich kann Argumente verstehen, die besagen, dass sich der Staat aus der Wirtschaft heraushalten soll. Das sind politische Grundsatzentscheidungen. Und dass CDU und FDP zur Kommunalwirtschaft eher ein gespaltenes Verhältnis haben, ist kein Wunder. Die FDP agiert besonders schrill, denn das betrifft nun einmal ihren Markenkern. Aber aus der weltweiten Wirtschafts- und Finanzkrise nichts zu lernen und immer noch zu behaupten, die Wirtschaft könne alles besser und man müsse sie einfach nur machen lassen, diese Unbelehrbarkeit ist der eigentliche Markenkern der FDP.

(Beifall bei den GRÜNEN, der LINKEN und bei Dr. Martin Schäfer SPD)

In Richtung der Kollegen von der SPD: Was Ihre Bündnispartner beim Volksentscheid von sich geben, geht massiv gegen Stadtwerke und kommunale Betriebe.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Nee, stimmt nicht! – Finn-Ole Ritter FDP: Ich glaube, Sie leben in einer anderen Welt!)

Ich teile sie nicht, aber es gibt nun einmal die Meinung, dass sich der Staat heraushalten soll. Ihre Argumente lauten: viel Geld, viel Risiko und wer weiß, wie das ausgeht. Aber das sind eigentlich Argumente dafür, sich noch nicht einmal mit 25 Prozent zu beteiligen. Ich habe von Ihnen noch kein einziges Argument gehört, warum Ihr Modell, das hier zur Abstimmung steht, das bessere wäre. Es gibt nämlich auch kein Argument, liebe Kollegen von der SPD. Ihre Bündnispartner haben eine andere politische Ausrichtung, die ich für falsch halte, die aber in sich schlüssig ist. Was Sie hingegen vorschlagen, ist Murks, und ich hoffe, dass die Bürgerinnen und Bürger das bei der Abstimmung erkennen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Jetzt zu Ihren Beispielen, wo Kommunen die Ausschreibung um die Konzession verloren haben. In der Tat gibt es Kommunen, die sich nicht an Recht und Gesetz gehalten haben und einfach die gesetzlichen Bestimmungen nicht eingehalten haben. Diese haben verloren, aber was wollen Sie uns mit diesem Beispiel sagen? Wollen Sie sagen, dass Sie Ihrem Senat nicht zutrauen,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ich traue das Ih- rer Volksinitiative nicht zu!)

innerhalb von vier Monaten eine Bewerbung vorzulegen, ohne gegen die Gesetze zu verstoßen?

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das glaube ich eher nicht. Ich traue dem Senat durchaus zu, gesetzeskonform eine Bewerbung zu starten. Aber man kann sich auch dümmer stellen, als man ist, und dann kann man auch verlieren.

(Finn-Ole Ritter FDP: Da haben Sie gute Er- fahrungen mit!)

Unsere große Sorge ist nicht, dass Sie sich nicht an Recht und Gesetz halten, sondern dass Sie bewusst eine schlechte Bewerbung abgeben, die keine Chance auf Erfolg hat.

(Karin Timmermann SPD: Unverschämtheit! – Finn-Ole Ritter FDP: Sie haben ja Verfol- gungswahn!)

Diesen Vorwurf haben Sie bisher noch nicht aus der Welt geschafft.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Sie sollen diese Gesellschaft vor dem Volksentscheid noch nicht gründen, das fordert auch der Antrag der LINKEN nicht, sondern die Frage lautet, ob es jetzt schon Überlegungen für erste Schritte gibt, die dann zügig umgesetzt werden können, und eine Arbeitsgruppe des Senats, die sich darauf vorbereitet. Wenn es sie nicht gibt, dann wäre das fahrlässig angesichts der kurzen Frist. Diese kurze Frist können Sie der Initiative vorwerfen,

(Beifall bei Dr. Walter Scheuerl CDU)

aber das ist das Gleiche. Sie durften laut den Gesetzen diesen Termin wählen und sie haben ihn gewählt. Wenn man es richtig macht, dann kann man das innerhalb der Frist auch gewinnen.

(Zurufe von der SPD und der CDU)

Das ist ein Appell an die Mehrheitsfraktion und an den Senat: Machen Sie das anständig.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wir machen al- les anständig!)

Ich hoffe, dass Sie es jetzt schon vorbereiten, und wenn Sie das nicht tun, dann sind das nur hohle Phrasen, dass Sie sich an den Volksentscheid halten. Das hat mit Respekt vor den Wählerinnen und Wählern nichts zu tun. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Her Kerstan. – Das Wort hat Frau Stöver.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Mittlerweile mutiert das Thema zu HAMBURG ENERGIE, und ich möchte noch einmal deutlich sagen, damit man Herrn Kreuzmann nicht missversteht, dass es gut ist, dass wir den kommunalen Versorger HAMBURG ENERGIE haben. Dieser ist gemeinsam in der schwarz-grünen Koalition gegründet worden. Es ist gut, dass wir einen kommunalen Versorger haben, wie es HEW und Hein Gas einmal waren, denn das war der Wunsch der Bürger. Die CDU begleitet die Geschäfte von HAMBURG ENERGIE selbstverständlich auch aus Oppositionsgründen in den parlamentarischen Gremien so, dass wir uns fragen, ob der rechtliche Rahmen eingehalten wird, und dazu gehört, wie Herr Kreuzmann sagte, auch die Verlustrechnung.

(Präsidentin Carola Veit übernimmt den Vor- sitz.)

Wir haben festgestellt, dass HAMBURG ENERGIE Gewinne macht. Trotzdem muss man die Verluste gegenrechnen, und das hat Herr Kreuzmann ausgeführt. Heute bietet HAMBURG ENERGIE Strom, Gas und Fernwärme an. Die Zielrichtung war immer, dass es ein nachhaltiges Angebot gibt. Das hat HAMBURG ENERGIE ausgeführt und bietet Strom aus erneuerbaren Energien und Biogas an. Das ist die Zielrichtung, das ist erfolgt und erfolgreich. HAMBURG ENERGIE befindet sich allerdings neben den über hundert anderen Stromanbietern im Wettbewerb. HAMBURG ENERGIE hat es recht gut gemacht und steht beim Anteil der Strom- und Gaskunden in Hamburg mittlerweile auf Platz 3.

Dann ist noch einmal darauf einzugehen, wie Plan B funktionieren könnte. Der kommunale Netzbetreiber kann allerdings nicht HAMBURG ENERGIE sein.