Protocol of the Session on August 28, 2013

Wir haben in den letzten fünf Jahren 170 erfolgreiche Rekommunalisierungen gehabt.

(André Trepoll CDU: Das haben wir doch al- les schon gehört!)

Hunderte von Stadtwerken mussten sich Ausschreibungen stellen, und es hat keinen einzigen Fall gegeben, bei dem die Kommune entschieden hat, sie wolle diese Konzession haben, und das öffentliche Unternehmen hätte dann diese Ausschreibung verloren.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist gerade falsch, was du sagst!)

Es gibt keinen solchen Fall, und wenn Sie das Gegenteil behaupten,

(Zuruf von Matthias Albrecht SPD)

dann wollen Sie einfach nur darauf vorbereiten, dass Sie nicht bereit sind, den Willen der Bürgerinnen und Bürger zu respektieren, und wollen die Ausschreibung absichtlich verlieren.

(Olaf Ohlsen CDU: Das ist doch Quatsch!)

Aber Sie reden von Achtung vor den Wählerinnen und Wählern. Ich dachte zwar, dass es heute keine weltbewegende Debatte sein würde, die wir führen, aber letztendlich können wir der LINKEN sehr dankbar sein, denn die Argumente, die von Ihnen gefallen sind, lassen nur einen Schluss zu: In Wirklichkeit wollen Sie sich selbst an einen erfolgreichen Volksentscheid nicht halten. Das wäre ein Schaden für die Demokratie.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Vielen Dank, Herr Kerstan. – Herr Abgeordneter Albrecht, auch als Zuhörer sollten Sie sich an den parlamentarischen Sprachgebrauch halten. – Herr Dr. Kluth, bitte.

Herr Präsident, liebe Kollegen und Kolleginnen! Frau Heyenn, die Mär von der verbraucherfreundlichen Preispolitik öffentlicher Unternehmen ist kaum mehr zu ertragen. Frau Heyenn, darum bin ich Ihnen auch ausgesprochen dankbar dafür, dass Sie selbst das Beispiel der Stadtwerke München genannt haben. Sie sollten sich vielleicht einmal bei Ihren Kollegen und Kolleginnen in München informieren, dann können Sie nämlich lernen, wie es mit einem Staatsunternehmen mit marktbeherrschender Stellung in den Bereichen Strom, Gas und Fernwärme ist. Es ist nämlich preistreibend. Und das, Frau Heyenn, ist dann wohl Ihre Vorstellung von Gemeinwohlorientierung.

(Beifall bei der FDP, der SPD und der CDU)

Aber Sie sehen an den Stadtwerken München, wie ernst es SPD und GRÜNE tatsächlich mit der Energiewende meinen. Das sollte man an dieser Stelle auch einmal erwähnen. Der Kollege Kreuzmann hat nämlich völlig recht: Die Stadtwerke München halten 25 Prozent am Atomkraftwerk Isar 2. Also der Wille zum Ausstieg aus der Atomkraft ist wohl dann immer nicht so groß, wenn man daraus noch satte Gewinne ziehen kann.

(Beifall bei der FDP und der CDU)

Zurück zu HAMBURG ENERGIE. Dieser Antrag der LINKEN – und da widerspreche ich Ihnen ausdrücklich, Herr Kerstan – ist an falschen Behauptungen und Verdrehungen der Tatsachen in Bezug auf HAMBURG ENERGIE eigentlich kaum mehr zu überbieten. Und, Frau Heyenn, was darüber hinaus überhaupt nicht geht, ist, die Katastrophen von Tschernobyl und Fukushima und damit auch die Opfer dieser Katastrophen für die Begründung dieses schlechten, weil falschen und auch rechtlich falschen Antrags zu instrumentalisieren. Das ist schäbig.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der SPD)

Frau Schaal, HAMBURG ENERGIE ist bis heute eben keine Erfolgsstory, sondern sie ist eine Geschichte von Missbrauch staatlicher Monopolmacht und von unlauterem Wettbewerb zulasten der Kunden von HAMBURG WASSER, zulasten der Steuerzahler und zulasten der privaten Ökostromanbieter. Herr Kerstan, dass Sie sich so aufregen, bestätigt mir nur, dass ich da wahrscheinlich gar nicht so falsch liege.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Walter Scheuerl CDU)

(Jens Kerstan)

Meine Damen und Herren! Es fing unmittelbar nach der Gründung von HAMBURG ENERGIE 2009 damit an, dass die Stadt HAMBURG ENERGIE ohne vorherige öffentliche Ausschreibung mit der Gaslieferung städtischer Einrichtungen beauftragte, übrigens gegen die Bedenken der Wirtschaftsbehörde und gegen die Bedenken der Finanzbehörde. Es war ordnungspolitisch falsch und vergaberechtlich hochproblematisch.

(Beifall bei der FDP)

Das setzte sich fort mit der rechtswidrigen Vergabe von Aufgaben bei der Strombelieferung für öffentliche Gebäude, wiederum ohne Ausschreibung und erst gestoppt durch die Vergabekammer des Hanseatischen Oberlandesgerichts. Die Feststellung des Gerichts war, dass es schlicht rechtswidrig war, und das, obwohl bei einem städtischen Unternehmen sicherlich besonders strenge Maßstäbe bei der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften bestehen sollten.

(Beifall bei der FDP)

Damit ist aber noch nicht Schluss, es ging weiter. Es gab Zinsverbilligungen durch die Gewährung von öffentlichen Bürgschaften und Garantien, wie sie privaten Ökostromanbietern nicht zur Verfügung stehen, ferner kostenfreie Überlassungen städtischer Grundstücke, Gebäude und Dachflächen, Quersubventionierungen durch HAMBURG WASSER und andere öffentliche Unternehmen, und zwar, um es noch einmal ganz deutlich zu sagen: zulasten der Kunden von HAMBURG WASSER und der Hamburger Steuerzahler.

(Beifall bei der FDP)

Und auch die Geschichte vom wirtschaftlichen Erfolg ist eine Mär. Schauen Sie nicht nur auf das bescheidene Ergebnis 2012, sondern schauen Sie sich die Vorjahre an. 2009: minus 1,75 Millionen Euro, 2010: minus 4,9 Millionen Euro und 2011: minus 2,11 Millionen Euro. Das Unternehmen wird nur durch erhebliche Gesellschafterdarlehen mit Rangrücktritt vor der Insolvenz bewahrt. Das ist die wirtschaftliche Realität dieses Unternehmens.

(Beifall bei der FDP – Jens Kerstan GRÜNE: Sie haben überhaupt keine Ahnung, wovon Sie reden!)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Kunden von HAMBURG WASSER, letztlich die Hamburger Steuerzahler, dürfen dieses Desaster dann ausbaden. Nach langen Jahren der Preisstabilität gibt es über 6 Prozent Preiserhöhungen bei den Wasserwerken, durchgesetzt durch Anschluss- und Benutzungszwang der HAMBURG-WASSER-Kunden, missbraucht für die Subventionierung und Alimentierung von HAMBURG ENERGIE. Ich wiederhole: 6 Prozent Erhöhung. Frau Heyenn, wahrscheinlich ist das Ihre Vorstellung von Gemeinwohlorientierung. Die FDP-Fraktion sieht das anders.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Schlimmer geht’s nicht! – Jens Kerstan GRÜNE: Das ist alles von A bis Z gelogen! Das ist alles widerlegt, was Sie da sagen!)

Herr Kerstan, Sie haben Gelegenheit, sich zu Wort zu melden und Ihre Auffassung der Fakten darzustellen.

Wir halten diese Fälle von verdeckter Quersubventionierung von HAMBURG WASSER durch andere städtische Einrichtungen in der Summe für eine EU-rechtlich unzulässige Beihilfe und sind gespannt auf die Stellungnahme des Landesrechnungshofs. Wir meinen, dass es darüber hinaus notwendig ist, dass auch die EU-Kommission diese Praktiken unter die Lupe nimmt.

(Beifall bei der FDP)

Frau Heyenn, in einem einzigen Punkt in Ihrem Antrag haben Sie recht, und das soll man dann auch sagen: in Sachen mangelnder Transparenz. Denn wenn schon der Plan besteht, HAMBURG ENERGIE zum Kern zukünftiger Stadtwerke zu machen, warum dann so intransparent und verschachtelt und warum nicht zum Beispiel als Eigenbetrieb der Stadt, sondern als Enkelunternehmen unterhalb erstens der HGV und zweitens von HAMBURG WASSER, mit Urenkelgesellschaften wie HAMBURG ENERGIE SOLAR, HAMBURG ENERGIE WÄRME und mit Ururenkelgesellschaften wie interstrom und Dalkia?

(Jens Kerstan GRÜNE: Das nennt sich Stadtwerke! Davon gibt es über 900! Sie ha- ben doch keine Ahnung, wovon Sie reden!)

Gegen das Unternehmen Dalkia hat das Bundeskartellamt übrigens ein Verfahren wegen zu hoher Preise eingeleitet.

All das zeigt, dass HAMBURG ENERGIE der parlamentarischen Kontrolle und der Landeshaushaltsordnung weitgehend entzogen ist. Die Aufsichts- und Kontrollgremien sind fast ausschließlich mit öffentlichen Bediensteten besetzt, und die Offenlegungsverpflichtungen nach dem Handelsgesetzbuch wurden gleich mehrfach verletzt.

Unsere politische Bewertung steht daher fest: HAMBURG ENERGIE hat keinen Nutzwert für diese Stadt. Dort wird nur Geld der Kunden von HAMBURG WASSER und der Steuerzahler verbrannt. HAMBURG ENERGIE weitere Aufgaben zu übertragen, wie das in Ihrem Antrag gefordert wird, ist daher absurd. Dieses öffentliche Unternehmen gehört schnellstmöglich abgewickelt, je eher, desto besser. Wir werden dem Antrag der LINKEN daher nicht zustimmen

(Dora Heyenn DIE LINKE: Da wären wir echt dankbar!)

und auch eine Überweisung ablehnen. – Danke.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Kluth.

Ich muss mich beim Abgeordneten Albrecht entschuldigen. Ich hatte es so verstanden, dass Sie einen nichtparlamentarischen Begriff verwendet haben. Das war aber nicht so und ein akustisches Missverständnis. Entschuldigen Sie bitte, Sie haben sich korrekt verhalten.

Der Kollege Kerstan hat das Wort tatsächlich gebraucht, und deswegen fordere ich Herrn Kerstan auf, sich künftig an den parlamentarischen Sprachgebrauch zu halten.

Nun hat Herr Dr. Dressel das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte ein paar Dinge klarstellen. Selbstverständlich haben wir uns bei dieser Fragestellung an Recht und Gesetz gehalten und werden das auch nach dem Volksentscheid tun – ganz gleich, wie dieser ausgeht.

(Beifall bei der SPD)

Zunächst ein Blick in die Verfassung. Bezüglich laufender Volksbegehren und Volksinitiativen steht dort nicht, dass Senat und Bürgerschaft nicht auch in diesen Angelegenheiten Politik machen dürfen. Das ist bei Bürgerbegehren anders. Wenn Sie das gewollt hätten, lieber Kollege Kerstan, dann hätten Sie das damals, als wir zusammen über die Verfassungsänderung verhandelt haben, sagen müssen; das haben Sie aber nicht.

(Jens Kerstan GRÜNE: Das war aber nicht das Argument!)

Doch, Sie haben gesagt, es sei unmöglich, dass wir während laufender Volksbegehren und -initiativen schon Verträge gemacht hätten. Das erlaubt uns die Verfassung aber.

Ich will deutlich sagen, dass es von der Verfassung gedeckt war,