Protocol of the Session on August 15, 2013

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Ich möchte etwas zu der Argumentation sagen, die mir häufiger begegnet und die Herr Heintze auch gebracht hat. Gegenwärtige Rekordsteuereinnahmen seien schon ein Argument dafür, dass wir keine Steuerreform brauchen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das reicht aber noch nicht! – Dietrich Wersich CDU: Keine Steu- ererhöhungen!)

Welche Ursache haben die jetzigen Steuereinnahmen? Sie haben sehr viel damit zu tun, dass unsere Konjunktur, gerade im Vergleich zu anderen europäischen Ländern, recht gut läuft. Ein Haushaltspolitiker wie Herr Heintze weiß selbstverständlich auch, dass in guten konjunkturellen Zeiten der Haushalt eigentlich Überschüsse erzielen sollte. Wenn der Bund, das gilt im Übrigen auch für Hamburg, trotz guter Konjunktur die Schulden weiter erhöhen muss,

(Finn-Ole Ritter FDP: Die werden zurückge- zahlt!)

(Jan Quast)

dann weist das auf strukturelle Probleme hin. Bei strukturellen Problemen per se zu behaupten, wir bräuchten bei den Steuereinnahmen keine Reform, ist kein sehr kenntnisreicher Vorschlag. Ich sage das vor dem Hintergrund der heutigen Medienberichte über den Bundeszuschuss zur Rentenversicherung. Bleiben wir einmal beim Bundeshaushalt; es soll hier schließlich auch um bundesweite Diskussionen gehen. Der Zuschuss aus dem Haushalt des Bundes zur Rentenversicherung steigt bis 2017 auf die Rekordhöhe von 90 Milliarden Euro an. Das ist mit Abstand der größte Posten, und es ist eine strukturell wirkende Ausgabe. Dann haben wir eine Kanzlerin, die – eine inhaltlich nicht unwichtige Forderung – die Aufstockung der Mütterrenten bei vor 1992 geborenen Kindern verspricht. Und diese Kanzlerin liefert für diese strukturell erhöhenden Ausgaben keine Gegenfinanzierung.

(Dietrich Wersich CDU: Das ist nötig! Wohl- standswachstum! Sie haben es nicht ver- standen, wie Geld verdient wird!)

Dieselbe Partei erklärt uns hier, dass wir Rekordsteuereinnahmen hätten und man deswegen auch Vorschläge machen dürfe, die nicht gegenfinanziert seien. Das zeigt, dass Sie bei der Haushaltspolitik zutiefst unglaubwürdig sind, unseriös und in der Sache wirklich Nachholbedarf haben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Glocke)

Erster Vizepräsident Frank Schira (unterbre- chend): Frau Hajduk, gestatten Sie eine Zwischenfrage von Herrn Wersich?

Ja, klar.

Liebe Frau Kollegin Hajduk, die Stadt Hamburg hat von 2009 bis 2012 die Einnahmen um mehr als 1,5 Milliarden Euro durch Wirtschaftswachstum gesteigert. Meine Frage an Sie wäre: Wodurch sind diese Einnahmesteigerungen entstanden? Durch Steuererhöhungen?

Ich habe doch gerade versucht darauf hinzuweisen, dass die Wirtschaftskraft natürlich einen großen Einfluss auf die steuerliche Einnahmeseite hat.

(Dietrich Wersich CDU: Dann darf man die doch nicht kaputt machen!)

Das Leugnen von strukturellen Haushaltsproblemen bei guter konjunktureller Situation, wie es bei Ihnen stattfindet, zeigt, dass Sie es nicht ernst meinen mit der strukturellen Haushaltskonsolidierung.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Dietrich Wersich CDU: Sie machen doch die gute Konjunktur kaputt! Sie werden weniger Umsatzsteuer einnehmen, weil Sie die Wirt- schaft kaputt machen!)

Das ist eine Ihrer Thesen, die Sie immer hervorzaubern. Die Empirie zeigt eigentlich das Gegenteil.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Dietrich Wersich CDU: Nein!)

Ich möchte jetzt fortfahren, lieber Herr Wersich, melden Sie sich zu Wort.

Ich möchte noch etwas zum Thema Auswirkungen der Steuerpläne von Rot-Grün auf die Wirtschaft sagen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Ist das schon be- schlossen: Rot-Grün?)

Herr Heintze hat immer im Indikativ, noch nicht einmal im Konjunktiv gesprochen.

Unsere Steuerpläne sind von den Medien sehr genau überprüft worden. "Die Zeit", das "Morgenmagazin" und andere haben ziemlich genau hingeschaut. Was ist eigentlich mit der These von Herrn Heintze, der sagt, die Mehrzahl der Menschen in Hamburg sei davon betroffen? Die Mehrzahl der Menschen wird durch die Steuerpläne der GRÜNEN eindeutig entlastet.

(Thilo Kleibauer CDU: Das ist doch jetzt Märchenstunde!)

Das haben Dritte überprüft und uns ins Stammbuch geschrieben. Also schauen Sie sich das Ganze genauer an. Überdies haben wir im Hinblick auf Auswirkungen auf die Wirtschaft sehr genau überlegt, wie wir Freibeträge zum Beispiel bei der Vermögensabgabe gestalten, damit die Unternehmen zum allergrößten Teil gar nicht betroffen sind, weil uns die Wirtschaftskraft und die Arbeitsplatzsicherheit sehr wichtige Anliegen sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Insofern erkläre ich mir das, was die CDU zur Steuerpolitik sagt, eher ein bisschen mit Psychologie. In gewisser Weise gilt das auch für die FDP.

(Robert Bläsing FDP: Ach so!)

Nun haben diese beiden Parteien fast vier Jahre regiert und immer gesagt, Steuerpolitik sei ein sehr wichtiges Reformthema ihrer Koalition. In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass Sie nichts von dem, was Sie sich vorgenommen haben, umsetzen konnten, weil es sich als Luftblase entpuppt hat.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Sie sind mit Ihrer Steuerpolitik in ihrer Regierungszeit an sich selbst gescheitert; das muss wehtun.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von der CDU und der FDP)

Deswegen finde ich es gut, dass die Kanzlerin jetzt eine neue Strategie für die Steuerpolitik der CDU hat. Die Kanzlerin macht es nach dem Prinzip abkupfern. Wenn die eigene Partei keine guten Steuerpläne entwickelt, dann sieht sie sich im Oppositionsgeschäft um, ob etwas Brauchbares vorhanden ist. Beim Solidaritätszuschlag orientiert sich die Kanzlerin eindeutig an den rot-grünen Vorstellungen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Wir nicht! Eindeutig!)

Der Solidaritätszuschlag muss erhalten bleiben und für Infrastrukturprojekte in der Zukunft ausgegeben werden.

(Dietrich Wersich CDU: Nur Herr Scholz hat ganz andere Pläne damit!)

Die Finanztransaktionssteuer wird mittlerweile von Herrn Schäuble vorangetrieben; die FDP leistet noch zaghaften Widerstand. Machen Sie weiter so, studieren Sie unsere Pläne und kupfern Sie ruhig ab, wenn es in dieser Weise geschieht. Ansonsten denken Sie einmal darüber nach, was Haushaltskonsolidierung heißt. – Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Frau Suding hat das Wort.

Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Die Steuereinnahmen sprudeln. Sie sprudeln im Bund, und sie sprudeln in den Ländern. Im Bund konnte mit 277 Milliarden Euro ein historischer Höchstwert für die ersten sechs Monate in 2013 verzeichnet werden. Die Summe lag 3,5 Prozent über dem Vergleichswert aus dem Jahr 2012 und damit noch 1 Prozent über dem prognostizierten Wert der Steuerschätzer. Auch die Freie und Hansestadt Hamburg braucht sich wahrlich nicht zu verstecken, im Gegenteil. Bis Ende Juni 2013 konnten mehr als 4,7 Milliarden Euro verbucht werden. Das waren 27 Millionen Euro mehr als im Vergleichszeitraum des Jahres 2012. Für das gesamte Jahr 2013 könne man, so die Steuerschätzer, mit Einnahmen von mehr als 9 Milliarden Euro für die Stadt rechnen. Als Grund für diese Entwicklung nannte ein Sprecher der Finanzbehörde gegenüber dem NDR vor einigen Wochen die aktuell gute konjunkturelle Lage. Ich zitiere weiter aus dem Bericht.

"Wenn viele Menschen arbeiten, wird eben auch besonders viel Lohn- und Einkommensteuer gezahlt."

Das ist richtig und das soll auch bitte so bleiben. Wir wollen, dass die Menschen arbeiten und damit in die Lage versetzt werden, Lohn- und Einkommensteuer zu zahlen und das möglichst viel.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Damit das so bleibt, müssen wir vor allen Dingen eines vermeiden: Steuererhöhungen und Mehrbelastung. Die würgen nämlich die Konjunktur ab, sie vernichten Arbeitsplätze und führen letztendlich zu sinkenden Steuereinnahmen. Frau Hajduk, es hilft nichts, wenn Sie diesen Zusammenhang leugnen. Ich bin der CDU-Fraktion dankbar, dass sie den vorliegenden Antrag eingebracht hat, dem wir in allen Punkten zustimmen werden. Die Hamburger haben tatsächlich ein Recht darauf zu erfahren, was auf sie zukäme, würden all die Steuererhöhungsfantasien von SPD und GRÜNEN in die Tat umgesetzt. Ich benutze bewusst den Konjunktiv, denn ich bin überhaupt nicht verzagt, Frau Hajduk.

Es geht um Mehrbelastungen auf zwei Ebenen. Es geht zum einen um die persönliche Mehrbelastung durch einen höheren Steuersatz, und es geht zum anderen um die konjunkturelle Entwicklung und die Lage auf dem Arbeitsmarkt. Davon sind deutlich mehr Menschen betroffen als von einem höheren Spitzensteuersatz. Man kann es gar nicht oft genug sagen. Auch die Ausführungen meiner Vorredner Herrn Quast und Frau Hajduk zeigen deutlich, dass Aufklärung offensichtlich nötig ist. Anders als es SPD und GRÜNE darstellen, würden durch die Erhöhung des Spitzensteuersatzes eben nicht nur die Reichen und die Superreichen belastet. Belastet würden die Leistungsträger unserer Gesellschaft, also die normalen Angestellten und Facharbeiter. Ich habe schon vor einigen Wochen in einer Aktuellen Stunde darauf hingewiesen. Der Berliner Steuerrechtsexperte Frank Hechtner hat es in der "Wirtschaftswoche" einmal vorgerechnet. Eine vierköpfige Familie mit einem gemeinsamen Bruttoeinkommen von 5151 Euro zahlt nach rot-grünen Plänen künftig mehr Steuern,

(Jens Kerstan GRÜNE: Und wie viel mehr?)

bei 5151 Euro als gemeinsames Familieneinkommen.

(Jens Kerstan GRÜNE: 50 Euro im Jahr!)

SPD und GRÜNE belasten damit nicht die starken Schultern. SPD und GRÜNE belasten damit nicht die angeblich Reichen und Superreichen. SPD und GRÜNE belasten damit die normale, durchschnittliche Familie mit zwei Einkommen. Zum Beispiel die Familie in Harburg, in der ein Lehrer und eine Verwaltungsangestellte zusammenleben und Kinder groß ziehen. Das sind die starken Schultern, die SPD und GRÜNE künftig belasten wollen.

(Beifall bei der FDP und der CDU – Wolf- gang Rose SPD: So ein Quatsch!)