Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lassen Sie mich mit einem Zitat frei nach Schiller anfangen.
(Norbert Hackbusch DIE LINKE: Nein! – Christiane Schneider DIE LINKE: Frei, dann ist es kein Zitat!)
"Spät kommt Ihr, doch Ihr kommt! Der weite Weg, Senator Scheele, entschuldigt nicht euer Säumen." Sie sind mit dieser Strategie zu spät dran und einzigartig ist sie auch nicht. Ähnliches machten Baden-Württemberg 2011, die Bundesregierung 2011, Brandenburg 2012 und Bayern im Frühjahr 2013. Wo sehen Sie hier Ihr Alleinstellungsmerkmal? Vieles kommt zu spät. Es kommt das Auszubildendenwohnheim zu spät. Sie haben es eben angesprochen, aber ich glaube, Sie haben ein Wort vergessen. Im Ausschuss ist darüber berichtet worden, und es wurde der Anschein erweckt, dass man etwas erreicht hat, aber man ist deutlich weiter zurück als der Anschein erweckt wurde. Was ist die Tatsache? Wir reden seit zwei Jahren in der Bürgerschaft und im Wirtschaftsausschuss über das Auszubildendenwohnheim. Was passiert? Nichts passiert. Die Behörde fährt eine Ausschreibung, die sie selbst gemacht hat, an die Wand. Das vorgelegte Konzept wird abgelehnt und wir sind wieder auf null. Jetzt soll eine Umfrage gemacht werden dazu, wie viele Plätze denn überhaupt gebraucht werden. Es wird davon ausgegangen, dass niedersächsische und Bremer Lehrlinge überhaupt keinen Platz in Hamburg brauchen. Dabei wird aber nicht berücksichtigt, welche Strecken die zurücklegen müssen und, und, und. Alles wird auf die lange Bank geschoben. Das zieht sich leider wie ein roter Faden hindurch.
In der Ausarbeitung der Arbeitsagentur "Fachkräfteengpässe in Deutschland" vom Dezember 2012 war bereits zu lesen:
"Aktuell zeigt sich kein flächendeckender Fachkräftemangel in Deutschland. Es gibt jedoch Engpässe in einzelnen technischen Berufsfeldern, vorrangig in den westlichen Bundesländern, sowie bundesweit in Gesundheits- und Pflegeberufen."
Das ist nichts Neues, das ist Realität. Damit redet man nicht den Standort schlecht, im Gegenteil. Der Standort ist attraktiv. Es sind viele Stellen offen, es sind auch viele Lehrstellen offen. In Bayern und Baden-Württemberg gibt es zu viele Lehrlinge und zu wenige Lehrstellen. In Hamburg gibt es offene Lehrstellen, die nicht besetzt werden können. Ein Auszubildendenwohnheim würde jetzt helfen und nicht erst in zwei Jahren, wenn die Gruppe dann irgendwann einmal getagt hat.
Auch die von Ihnen gelobte Jugendberufsagentur ist eben nicht eine Erfindung der SPD, sondern sie beruht auf einem Antrag der CDU
vom 30. März 2011 aus Drucksache 20/106, nachzulesen in der Parlamentsbibliothek. Damals war es die SPD, die diesen Antrag abgelehnt und das Ganze verschleppt hat. Wir könnten heute schon viel weiter sein. Die Jugendberufsagentur könnte
Bürgermeister Olaf Scholz hat neulich, wie er sagte, die "europäische Avantgarde" in Hamburg begrüßt, nämlich spanische Lehrlinge im Hotel- und Gaststättenbereich. Wenn man einmal hinter die Kulissen schaut, dann zeigt sich, dass dies auf der Initiative "MobiPro-EU" der Bundesregierung beruht. Es ist wichtig, hier Gas zu geben. Es reicht nicht, sich in Ausschüssen wieder einmal totzureden und schließlich zwei Jahre zu brauchen. Der Fachkräfteengpass ist in Hamburg angekommen. Es muss jetzt flott vorangehen und nicht in der Langsamkeit, die wir bisher an den Tag gelegt haben. – Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte kurz, Herr Senator, zu Ihrem Vorzeigeprojekt Jugendberufsagentur etwas sagen, wenn Sie mir zuhören. Sie wissen, dass einige Bezirke nicht damit einverstanden sind, dass das Personal für diese Stellen aus den Bezirksämtern beziehungsweise dem Jugendamt weggenommen wird. Sie sind ohnehin überlastet und wissen nicht, wie sie nun die Jugendsozialarbeit vor Ort gestalten können. Hier müssen Sie dringend korrigieren, bevor Sie das großklotzig als ein tolles Projekt der SPD ankündigen.
Zum Bereich Anerkennung von ausländischen Abschlüssen würde ich gern sagen, dass dieser Rechtsanspruch auf unserem Antrag beruht. Nichtsdestotrotz, wir haben zugestimmt und befürworten und unterstützen das auch. Wir sind in Hamburg mit der ZAA, Zentrale Anlaufstelle Anerkennung, und mit unserem Stipendienprogramm auf einem erfolgreichen Weg, aber die Finanzierung der Anpassungslehrgänge ist noch nicht geklärt worden, Herr Senator. Der Bund kann sich hier nicht einfach der Verantwortung entziehen und sagen, Hamburg müsse alles finanzieren. Wenn Sie schon so ein tolles Netzwerk gegründet haben, in dem alle auf irgendeine Weise Mitspracherecht haben und Hamburg einen großen Einfluss hat, dann müssen Sie auch auf Bundesebene dafür sorgen, dass die Finanzierung der Anpassungslehrgänge garantiert wird. – Danke schön.
Wer einer Überweisung der Drucksache 20/8154 an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist einstimmig angenommen worden.
Wir kommen zum Punkt 21, Drucksache 20/8444, dem Senatsantrag: Gesetz über die Beisetzung von Gremien im Einflussbereich der Freien und Hansestadt Hamburg mit Frauen und Männern.
[Senatsantrag: Gesetz über die Besetzung von Gremien im Einflussbereich der Freien und Hansestadt Hamburg mit Frauen und Männern (Hamburgi- sches Gremienbesetzungsgesetz – Hmb- GremBG) – Drs 20/8444 –]
Die SPD-Fraktion möchte diese Drucksache federführend an den Haushaltsausschuss sowie mitberatend an den Ausschuss für Justiz, Datenschutz und Gleichstellung überweisen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wenn ich die Lage richtig einschätze, dann müssten wir uns eigentlich parteiübergreifend und quer durch alle Fraktionen in den folgenden Punkten einigermaßen einig sein.
Erstens: Wir wollen tatsächlich eine gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an der Ausgestaltung unserer Gesellschaft.
Zweitens: Wir wollen gleiche Chancen von Frauen und Männern auf Einflussnahme, auf Mitentscheidung und auf Gestaltungsmacht. Frau Suding, ich schaue Sie jetzt etwas zweifelnd an.
Drittens: Wir wollen selbstverständlich auch, dass sich diese gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern in einem ausgewogenen Verhältnis der Geschlechter bei der Wahrnehmung von Aufgaben in Gremien und Leitungsfunktionen widerspiegelt.
Das sind unsere einvernehmlichen Ziele. Mit der Einigkeit dürfte es bei der Frage zu Ende sein, wie und wann wir das alles realisieren. Hier gibt es die eine oder andere Differenz, die die Debatte sicherlich aufzeigen wird. Aus Sicht der SPD-Fraktion je
denfalls sind wir diesen Zielen mit der Vorlage des Gesetzentwurfs über die Besetzung von Gremien im Einflussbereich der Freien und Hansestadt Hamburg mit Frauen und Männern einen entscheidenden Schritt nähergekommen. Endlich, füge ich hinzu, denn meine Fraktion hatte bereits in der vergangenen Legislaturperiode einen entsprechenden Antrag eingebracht, der damals leider mit den Stimmen von CDU und GAL abgelehnt wurde. Es war unseres Erachtens nicht mehr hinnehmbar, dass in einer aufgeschlossenen, zukunftsorientierten und international ausgerichteten Metropole wie der unseren Frauen immer noch von einigen kollegialen öffentlich-rechtlichen Beschluss- und Beratungsorganen vollständig ausgeschlossen und in diversen Gremien von erheblicher gesellschaftlicher Bedeutung nicht vertreten sind beziehungsweise waren.
Meine Damen und Herren! Es gibt noch andere Bereiche, in denen der Ausschluss der Frauen nicht mehr hinnehmbar ist. Dazu einige Bemerkungen. Es gibt auch in unserer Stadt Sektoren heftiger Gegner, bisweilen auch Gegnerinnen jedweder Quotenregelung, gleich wie moderat diese ausgestaltet sein mag. Nicht alle sind derart explizit dagegen wie Herr Ackermann, der gerade wieder in einer ARD-Sendung, falls Sie das zufällig gesehen haben, freundlich lächelnd erklärte, dass Frauen, vor allen Dingen bestimmte Altersgruppen von ihnen, nicht gebraucht werden, jedenfalls nicht in den Aufsichtsräten und Vorständen in unserer Republik. In die Richtung von Menschen, die ähnliche Ansichten vertreten, könnte ich jetzt mit sozialer Verantwortung, mit ethischen Grundsätzen, mit Appellen an Gerechtigkeit und so weiter, vielleicht auch mit dem Hinweis auf die fruchtlosen Selbstverpflichtungen argumentieren, aber auf diesem Ohr herrscht bekanntlich bei dem einen oder der anderen eine zumindest partielle Taubheit. Lassen Sie mich daher andersherum argumentieren. Alle Studien, alle Expertisen der vergangenen Jahre, und zwar gleich aus welcher politischen Ecke, laufen auf eines hinaus: Wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen, zumal in Zeiten der Globalisierung und des demokratischen Wandels – das Thema Fachkräftemangel hatten wir eben schon –, dann müssen alle unsere Unternehmen, natürlich auch die der Stadt, Schluss machen mit stereotypem Denken und einer zentralistischen Kultur gemäß der Maßgabe: An der Spitze steht ein hochqualifizierter weißer Mann mittleren Alters. Wir wissen alle, dass das mit dem mittleren Alter bei Männern eine äußerst dehnbare Kategorie ist.
Wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen, dann brauchen unsere Unternehmen die Frauen, und zwar nicht in Minijobs, mit denen sie
Ohne einen umfassenden Kulturwandel, und zwar Top-down, in den Unternehmen ist dies unseres Erachtens nach nicht zu schaffen.
Wenn wir international wettbewerbsfähig bleiben wollen, dann muss Schluss sein mit dem Kreisen in den immer gleichen Kreisen, mit den Old-BoyNetworks, es muss Schluss sein mit diesem Beharrungsvermögen und dem Festklammern einiger Herren an Macht und Geldtöpfen. Alles andere ist nämlich geschäftsschädigend. Ein Blick über den Tellerrand tut vielleicht recht gut. In puncto Frauen in Führungspositionen bilden wir mittlerweile in Europa fast das traurige Schlusslicht. Es wurde in deutschen Medien darüber berichtet, dass die BBC gerade in einer hochgeachteten Filmreihe über das neue sympathische Deutschland berichtet hat. Wir kommen dort ausnahmsweise einmal gut weg, wir werden gelobt, aber als Negativum wird explizit ausgeführt, dass es für Frauen hier kaum auszuhalten sei. Warum? Komischerweise würde nämlich in diesem Land davon ausgegangen, dass selbst bestausgebildete Frauen besser zu Hause bleiben sollten. Welches Potenzial wir da brachliegen lassen, darauf hat Herr Senator Scheele eben schon hingewiesen, und auch ich finde, dass es wirklich nicht zum Aushalten ist, wie das bisher gehandhabt wurde.
Meine Damen und Herren! Die bundesweite Debatte und Auseinandersetzung um den Hamburger Vorschlag zur geschlechtergerechten Quotierung von Aufsichtsräten haben Sie hoffentlich alle noch vor Augen beziehungsweise in den Ohren. Insofern dürfte Ihnen noch gegenwärtig sein, auf welch breite Zustimmung diese Vorschläge gestoßen sind. Ich erinnere da nur zum Beispiel an die Mehrheit im Bundesrat. Dass sich im Bundestag dann die überzeugten Quotenbefürworterinnen der CDU
da schaue ich einmal in Ihre Richtung – mit einer vagen Aussicht auf Einführung einer Quote in ferner Zukunft vertrösten ließen, ist natürlich schade. Das zeigt einmal wieder, dass Sie bis zur modernen Großstadtpartei doch noch einen weiten Weg zurückzulegen haben.
Wir sind in Hamburg immer sehr stolz darauf gewesen, Tor zur Welt zu sein. Und tatsächlich steht Hamburg derzeit hoch in der Gunst junger Frauen. Vielleicht haben Sie es am Wochenende gelesen: Vor allen Dingen die 18- bis 25-jährigen jungen