Protocol of the Session on August 14, 2013

Frauen zieht es überproportional in unsere Metropole,

(Katja Suding FDP: Und das ganz ohne Quote!)

und zwar in der berechtigten Hoffnung, dass hier besser unter einen Hut zu bringen ist, was sonst schwer zu vereinbaren ist:

(Katja Suding FDP: Deshalb sind Sie hier!)

Beruf, Karriere, Partnerschaft, Kinder und Lebensperspektiven jenseits von Rollenstereotypen. Diesen Frauen sind wir verpflichtet, und diesen Verpflichtungen werden wir auch nachkommen.

(Beifall bei der SPD)

Frau Suding, diese jungen Frauen erwarten – und bekommen hier auch – Rahmenbedingungen, die ihnen genau das ermöglichen: ein selbstbestimmtes Leben und Teilhabe auf allen Ebenen quer durch unsere Gesellschaft. Das Thema Kinderbetreuung wurde heute auch schon angesprochen, zum Beispiel das Betreuungsgeld, das natürlich in diesen Kontext gehört, aber das lasse ich jetzt einmal aus.

Der Senat hat beschlossen, den Verfassungsauftrag zur Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Frauen und Männern ernst zu nehmen, und er hat mit dem "Gleichstellungspolitischen Rahmenprogramm" die Richtung vorgegeben. Selbstbestimmung und gerechte Teilhabe sind die Leitgedanken. Die für das zweite Quartal 2013 avisierte Maßnahme 121 – darüber reden wir heute, es handelt sich dabei um den Gesetzentwurf zur Besetzung von Gremien – hat bereits ihre positiven Schatten vorausgeworfen, wie wir bei einigen Ausschussberatungen zum Rahmenprogramm zu hören bekamen. Schon im Vorfeld wurde nämlich der Anteil der Frauen in einigen Gremien und an einigen Schaltstellen der Macht in unserer Stadt entscheidend erhöht, auch wenn wir natürlich noch weit von einer paritätischen Besetzung entfernt sind. Aber Schritt für Schritt nähern wir uns diesem Ziel der tatsächlichen Gleichstellung, und wir bleiben da als SPD-Fraktion zumindest hartnäckig dabei.

(Beifall bei der SPD)

Wir können es uns unseres Erachtens nämlich nicht länger leisten, auf Frauen in entscheidenden Positionen zu verzichten. Wir wollen gleiche Chancen für Frauen und Männer auf Einflussnahme, Mitentscheidung und Gestaltungsmacht. Das Gesetz ist ein Baustein auf dem Weg dahin. Wir überweisen es daher gern an die Ausschüsse und freuen uns auf die lebhaften Diskussionen mit Ihnen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Frau Wolff, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich fange einmal mit dem Wesentlichen an. Die CDU-Bürgerschaftsfraktion lehnt die vorgelegte Senatsdrucksache ab, weil wir der Überzeugung sind, dass diese Form des hier praktizierten Gender-Managements ordnungspolitisch schlicht und einfach falsch ist. Frau Dobusch, Sie haben das Ziel benannt, und da sind wir uns einig. Alles, was Sie gesagt haben, kann ich absolut unterstützen. Wie wir dahinkommen, darüber sind wir uns sehr uneinig, aber wir können trotzdem gerne über alles reden. Deswegen finden wir es auch gut, dass diese Drucksache überwiesen wird. Der Überweisung stimmen wir gerne zu.

Frau Schiedeks Drucksache verweist gleich im ersten Absatz auf Artikel 3 des Grundgesetzes und erklärt, dass sich der Senat mit diesem Gesetzentwurf auf einer Mission im Sinne der Gleichberechtigung befinde. Auch ich möchte gleich auf den Artikel 3 des Grundgesetzes hinweisen und darf zitieren:

"Niemand darf wegen seines Geschlechtes […] benachteiligt oder bevorzugt werden."

Dagegen wird aber mit dieser Drucksache verstoßen, weil nämlich genau die Benachteiligung und Bevorzugung von Menschen aufgrund ihres Geschlechts das systematische Ziel hinter diesem Gesetzentwurf ist. Es geht der Senatorin in dieser Drucksache sogar ausschließlich darum, in bestimmten Situationen Menschen wegen ihres Geschlechts zu benachteiligen oder zu bevorzugen. Das und nichts anderes ist nämlich der wesentliche und gewollte Effekt jeder Quote. Wo eine Quote gilt, bekommen sie einen Posten eben nur, wenn ihr Geschlecht gerade den geschlechterarithmetischen Anforderungen entspricht, und Bewerber, die ein in dem Sinne falsches Geschlecht haben, werden dann außen vor gelassen. Wenn das Geschlecht gerade nicht passt, werden sie nämlich einfach nicht besetzt, und der Posten wird mit jemandem besetzt, dessen Geschlecht passt. Noch einmal: Die Bevorzugung oder Benachteiligung aufgrund des Geschlechts ist der logische Effekt einer jeden Quote, so auch dieser. Damit schafft die Quote nicht mehr Gleichberechtigung, sondern verringert sie sogar.

(Dr. Till Steffen GRÜNE: Quatsch, das ist al- les widerlegt!)

Nicht mehr Eignung und Leistungen bestimmen die Auswahl von Bewerbern für einen Posten, sondern die biologische Tatsache der Geschlechterzugehörigkeit.

(Beifall bei der CDU)

Das halten wir für falsch, und deshalb lehnt die CDU diese Quotierung ab, auch wenn hier Widerspruch kommt. Das kann ich verstehen und darüber können wir im Ausschuss reden.

Eigentlich sollte man denken, dass Eignung und Leistung die entscheidenden Faktoren sind, wenn es um die Vergabe von Posten geht. Durch die Quote wird jedoch diese Nebenbedingung eingeführt und löst dann die Kernforderung nach Eignung und Leistung einer Person ab. Da macht es im Übrigen auch keinen Unterschied, ob wir über eine Frauenquote, eine Männerquote oder eine Geschlechterquote reden. Die Geschlechterquote macht das Ganze nicht besser, weil irgendwie gerechter, sondern man verschärft den dahinterstehenden Effekt der Abkehr von Qualifikation und Leistung als Entscheidungskriterium nur noch, weil sie sogar gleich in beide Richtungen diskriminiert.

(Dr. Till Steffen GRÜNE: Das stimmt nicht!)

Auf die Frage in einer meiner Schriftlichen Kleinen Anfragen zu dem Thema, wie der Senat denn damit umzugehen gedenke, dass die Qualität der Bewerber plötzlich als Besetzungskriterium in den Hintergrund gedrängt wird, antwortete dieser, dass es aus seiner Sicht – jetzt Achtung – für jeden Posten von jedem Geschlecht genügend geeignete Bewerber gäbe.

(Dr. Anjes Tjarks GRÜNE: Das können Sie sich nicht vorstellen, nicht?)

Das stellt nun alles auf den Kopf, was ich bisher gehört habe, denn wir reden die ganze Zeit von Fachkräftemangel und dass wir Stellen auch mit viel mehr Frauen besetzen müssten. Wenn es also genügend qualifizierte Bewerber und vor allem Bewerberinnen für diese Posten gibt, liebe Frau Schiedek, warum brauchen Sie dann eine Quote und besetzen nicht einfach 40 Prozent der Posten mit diesen qualifizierten Bewerberinnen?

(Dr. Till Steffen GRÜNE: Das wissen Sie doch!)

Dafür hat der Senat aber nicht nur – jetzt in Form von Frau Schiedek – ein Lächeln, sondern auch eine etwas merkwürdige Antwort parat. Ziel der Quote sei es nicht, Frauen in Führungspositionen zu bringen, weil sie ihr Frausein dafür besonders qualifiziere, sondern qualifizierte Menschen in Führungspositionen zu bringen, obwohl sie als Frauen strukturelle Benachteiligungen erfahren. Ich würde gerne von diesem Senat und von der SPD wissen, worin die strukturelle Benachteiligung von Frauen bei der derzeitigen Besetzung von Gremien im Einflussbereich der Freien und Hansestadt Hamburg liegt.

Und vor allem würde ich sehr gerne wissen, warum dieser Senat und seine Behörden derzeit nach eigenem Bekunden Frauen strukturell benachteiligen und wie um alles in der Welt er das tut.

(Heiterkeit bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN – Glocke)

(unterbre- chend) : Frau Abgeordnete, lassen Sie eine Zwischenfrage zu?

Ihre Fraktion kommt gleich noch zu Wort, von daher würde ich das zurückstellen.

Warum stellt der Senat diese Diskriminierung nicht einfach ab, sondern bemüht sich um ein Instrument, dessen wesentliches Merkmal die strukturelle Benachteiligung von Menschen mit dem vermeintlich falschen Geschlecht ist? Frau Dobusch, Sie können uns vorwerfen, dass wir keine moderne Großstadtpartei seien, aber das ist ein bisschen Ansichtssache.

(Gabi Dobusch SPD: Waren Sie bei Frau von der Leyen? Das muss sehr lustig gewe- sen sein! – Heiterkeit bei der SPD)

Ich finde es deutlich fortschrittlicher von uns zu glauben, dass qualifizierte Frauen es eben von alleine auf diese Posten schaffen.

Meine Damen und Herren! Die Justizsenatorin hat hier in den gleichstellungspolitischen Blindflug geschaltet, will mit der vorgestellten Regelung die Besetzung von Gremien für die Zukunft fernsteuern und verliert dabei das Wesentliche aus den Augen: dass ein Mensch eben nicht aufgrund seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens oder seiner religiösen und politischen Anschauung benachteiligt oder bevorzugt werden darf. Menschen sollten aus unserer Sicht allein aufgrund des Charakters, ihrer Fähigkeiten und ihrer Leistungen für einen Job beurteilt werden, nicht nach ihrem Geschlecht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau von Berg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine lieben Damen und Herren! Liebe Frau Wolff,

(Katharina Wolff CDU: Liebe Frau von Berg!)

Sie sind ein Mitglied der CDU-Fraktion. Wollen Sie mir und allen hier im Hause ernsthaft weismachen, dass es in der CDU keine geeigneten und fähigen Frauen gibt, um hier Abgeordnete zu werden? Denn das sagen Sie damit.

(Katharina Wolff CDU: Dass wir keine Quote wollen!)

Sie sollten besser eine Frauenquote in Ihrer Fraktion einführen, damit Sie endlich auch mehr Frauen haben.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Finn-Ole Ritter FDP: Polemik pur!)

Es ist eben so, dass Frauen benachteiligt werden, wenn es um Posten geht. Und es ist richtig und gut, dass Frau Senatorin Schiedek und der Senat mit diesem Gesetz endlich einen Anfang machen und dem einen Riegel vorschieben. Frau Wolff, das ist nicht einmal letztes Jahrhundert, sondern das ist vorletztes Jahrhundert, wie Sie geredet haben.

(Zuruf von Katharina Wolff CDU)

Das ist fachlich falsch, empirisch hundertfach widerlegt und schadet uns und unserer Wirtschaft und Gesellschaft.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN)

Nun zum Gesetz und zum Antrag an sich. Dieser Antrag beziehungsweise dieses Gesetz hat eine ganz nette Historie, denn das Gesetz lag kurz vor dem Koalitionsbruch in der Behörde, die damals von Till Steffen geleitet wurde, und leider kam der Koalitionsbruch, bevor es eingereicht werden konnte. Wir sind sehr froh, dass das Gesetz – wir mussten ein Jahr später noch einmal mit einem Antrag im letzten Februar daran erinnern – nun nach einiger Zeit das Licht der Welt erblickt hat, und wir finden es gut, denn es ist schließlich auch unter Schwarz-Grün in grün geführter Behörde geschrieben worden.

(Dirk Kienscherf SPD: Ich weiß gar nicht, warum sich Frau Wolff so aufregt!)

Wir werden dem selbstverständlich zustimmen und geben Frau Senatorin Schiedek mit auf den Weg – denn jetzt kommt die eigentliche politische Arbeit –, dieses Gesetz nun tatsächlich auch in der Stadt umzusetzen, und dabei wünschen wir Ihnen viel Erfolg. – Danke.

(Beifall bei den GRÜNEN)