Frau Sudmann, ich muss noch auf etwas zurückkommen. Fänden Sie es nicht fair, von den 120 Leuten minus sechs Personen alle, die in Eigentum wohnen, auch abzuziehen?
Sehr gern. Ich frage auch sehr gern nach, aber ich wollte Sie nicht kompromittieren. Wer von Ihnen in Eigentum lebt, der hebe bitte die Hand hoch. Das waren aber nur vier Meldungen.
Ich finde die Frage deswegen spannend, weil ich ganz unsicher bin, ob wir eigentlich selbst alle genügend Gefühl dafür haben, wie es Mietern und Mieterinnen geht. Wer nämlich in Eigentum lebt – Herr Wersich hat gerade so wunderbar formuliert, dass Eigentum ein guter Schutz gegen Mieterhöhung sei –, der hat nicht das Problem mit Mieterhöhungen. Und viele haben sich in Betongold geflüchtet, weil sie sich sagen, dass sie dann Schutz vor Mieterhöhungen haben.
Aber ein Großteil der Hamburger Bevölkerung hat diese Fluchtmöglichkeit nicht, weil er gar nicht das Geld dafür hat. Deswegen müssen wir dafür sorgen, dass die Menschen keine unerträglichen Mieterhöhungen bekommen.
In 36 Jahren ist der Mietenspiegel ein einziges Mal gesunken. Als er 2011 veröffentlicht wurde, hat es innerhalb von zwei Jahren 5,8 Prozent Mieterhöhungen gegeben. 5,8 Prozent ist viel. Die Lebenshaltungskosten sind aber nur um 3,7 Prozent gestiegen. Also können Sie feststellen, dass es ein Missverhältnis gibt. Ist es eigentlich vertretbar, dass der Mietenspiegel alle zwei Jahre so erheblich steigt? Ich würde gern einmal unverdächtige
Weil es für Sie doch immer ganz nett ist, oder nicht? Gut, also zu Protokoll: Die CDU findet die Haspa nicht unverdächtig.
Im Mai 2013 ist in der Haspa-Studie festgestellt worden, dass 46 Prozent der Hamburger Haushalte mindestens die Hälfte ihres Einkommens für die Miete ausgeben. Das ist enorm viel.
Die Bertelsmann-Studie – wahrscheinlich für Sie noch unverdächtiger –, im Juli 2013 veröffentlicht, hat festgestellt, dass Hamburg für Familien zu teuer sei. Nur jede neunte Wohnung ist für normal verdienende Familien überhaupt bezahlbar. Ist das vertretbar? Die Links-Fraktion sagt, das ist nicht vertretbar und auch nicht hinnehmbar.
Deswegen ist auch nicht hinnehmbar, dass der Mietenspiegel, wie er jetzt organisiert ist, weiterhin so bleibt. Sie haben es alle nachlesen können in der Drucksache, die wir vom Senat offiziell bekommen haben zum Thema Kappungsgrenze. Dort steht, dass 40 Prozent der Mieten, die einfließen, Neuvermietungen sind. 40 Prozent Neuvermietungen, und die SPD, um sie einmal aus ihrer Pressemitteilung zu zitieren, sagt, dass es horrende Neuvermietungspreise gäbe. Und diese horrenden Neuvermietungspreise prägen maßgeblich den Mietenspiegel.
Wir hatten laut Senat allein von 2009 bis 2011 eine Steigerung von 11 Prozent bei den Neuvermietungen. Darum frage ich Sie, warum Sie nicht bereit sind, mit uns zusammen dafür zu kämpfen, dass der Mietenspiegel die Realität in Hamburg widerspiegelt, und zwar alle Mieten. Der Mietenspiegel nimmt nur die Neuvermietungen auf und nur die Mieten, die sich verändert haben. Ich glaube kaum, dass es Mietveränderungen in Hamburg in großem Umfang gibt, die keine Erhöhung darstellen. Aber alle Bestandsmieten – also zum Beispiel unsere sechs Leute hier –, deren Miete sich nicht verändert hat, alle günstigen Sozialwohnungsmieten fließen nicht in den Mietenspiegel ein, und deswegen steigt der Mietenspiegel immer weiter. Wir sagen, das muss geändert werden und wünschen uns, dass Sie mitmachen.
Dadurch kann der Anstieg etwas gebremst werden. Es wäre ein erster Schritt gegen den Mietenwahnsinn.
Herr Kienscherf, ich habe nicht verstanden, was Sie sagten, ich vermute einmal, dass Sie sagten, wir könnten das in Hamburg gar nicht entscheiden.
Sie sind sonst nämlich auch immer dabei, sich zu rühmen – das haben Sie gerade heute wieder gemacht –, wie viele Bundesratsinitiativen Sie ergriffen haben. Sie sind natürlich auch nicht müde zu sagen, dass die bösen Schwarz-Gelben nicht zustimmen. Aber wenn wir das einen Monat vor der Wahl beschließen, dann werden der neugewählte Bundestag und der Bundesrat, von dem Sie glauben, die Mehrheit zu haben und wo Sie endlich Ihre Mietenpolitik umsetzen könnten, dafür sorgen, dass auch der Mietenspiegel verändert wird. Sie können es machen, wenn Sie wollen. Aber ich sagte vorhin schon, dass Sie in Ihren Worten sehr groß sind.
Die Sozialwohnungen stehen im BGB, und eine Bundesratsinitiative, die das BGB verändert, wird genau das machen, und darüber reden wir. Aber dann sind Sie auf einmal so klein mit Hut und sagen, das gehe nicht, das sei der Bundesrat. Das verstehe ich nicht. Sie wollen es noch nicht einmal mit uns diskutieren, das ist wirklich ein Armutszeugnis. Wenn Sie etwas für die Mieter und Mieterinnen in dieser Stadt tun wollen, dann unterstützen Sie unseren Antrag.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Heute werde ich ausnahmsweise einmal zum Thema Mietenspiegel sprechen, und ich möchte wiederholen, was Frau Sudmann gerade sagte. Wir haben vor gut zwei Jahren die gleiche Debatte mit den gleichen Argumenten geführt. Wir können es heute aber gern noch einmal tun, denn es ist ein wichtiges Thema. Zum Thema Mieterschutz haben wir heute schon sehr viele Argumente ausgetauscht, aber auch dazu kann ich gern noch etwas sagen. Es wird einige Redundanzen geben, aber das müssen Sie jetzt einfach aushalten.
Frau Sudmann sagte schon, dass der Mietenspiegel erstmalig in den Siebzigerjahren aufgestellt wurde, und zwar auf Wunsch und Druck der Mietervereine; das bitte ich, an dieser Stelle nicht zu vergessen. Er wird nach wie vor von einer Arbeitsgruppe entwickelt, zu der unter anderem die Grundeigentümer, die Wohnungswirtschaft und natürlich auch die Mietervereine gehören. Die Fortschreibung des Mietenspiegels geschieht mittels einer Stichprobe. Frau Sudmann, ich habe die Zahl 1976, nicht 1977, aber das ist auch egal.
Er wird jedenfalls seit diesem Jahr fortgeschrieben und ist seitdem auch im Arbeitskreis Mietenspiegel nie infrage gestellt worden. Es stimmt, laut Mietenspiegel steigen die Mieten. Man muss aber sehen, dass bis auf dieses eine Jahr, das Frau Sudmann erwähnte, 1999, als es eine negative Mietpreisentwicklung gab und die Mieten nicht gestiegen sind, die Mieten gestiegen sind, wobei sie teilweise, wenn man sich den Verbraucherpreisindex anschaut, darunter geblieben sind oder ähnlich hoch angestiegen sind.
Trotz alledem ist der Mietenspiegel in seiner jetzigen Form bei Mietern, Vermietern und auch bei Gerichten akzeptiert. Diese ganzen bekannten Faktoren zähle ich deswegen noch einmal auf, weil man sich sicherlich sehr gut überlegen sollte, ob man diese Akzeptanz und auch gerade dieses konsensorientierte Verfahren, das im Arbeitskreis Mietenspiegel erfolgt, aufs Spiel setzt.
Es ist ebenfalls eine Tatsache, dass der Mietenspiegel nach wie vor für die Mieterinnen und Mieter hilfreicher ist als das, was ihnen früher passiert ist. Das Gesetz hält nämlich noch einige Alternativen bereit, um auch ortsübliche Vergleichsmieten zu haben, das wissen Sie.
Genau, aber trotz alledem muss man das noch einmal darlegen, wenn man sich darüber unterhält, ob man den Mietenspiegel und seine ihm zugrunde liegenden Faktoren ändern möchte, denn ohne den Mietenspiegel, das ist sicherlich Konsens, hat der Vermieter ganz andere Möglichkeiten, die Mieten zu erhöhen.
Der Hamburger Mietenspiegel ist ein qualifizierter Mietenspiegel und gibt tatsächlich die Entwicklung der Mieten auf dem Wohnungsmarkt wieder. Das heißt, es fließen, wie im Bürgerlichen Gesetzbuch vorgesehen, nur die Mieten ein, die frei vereinbart werden können. Und das trifft auf öffentlich geförderte Wohnungen, die einer Mietpreisbindung unterliegen, eben nicht zu.
Der Mietenspiegel ist ein Instrument zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete, auch das ist unstreitig. Sinn und Zweck ist es, dem Vermieter einen angemessenen und marktorientierten Ertrag zu garantieren. Deswegen gibt es Mieterhöhungen, die auch im angemessenen Rahmen zugelassen sind für den Vermieter. Damit hat der Gesetzgeber – das muss man an dieser Stelle sicherlich auch sagen – einen Ausgleich geschaffen zu den damals vorgesehenen Änderungskündigungen, die bei Mieterhöhungen ausgesprochen werden konnten. Das lässt der Mietenspiegel nicht mehr zu. Der Mietenspiegel trägt nicht zu den erheblichen Mietpreissteigerungen bei, sondern die Ergebnisse des Mietenspiegels sind die Folge und nicht die Ursa
che der kritischen Lage am Wohnungsmarkt. Ich finde, das muss man an dieser Stelle auch einmal sagen.
Es gibt verschiedene Faktoren, die die Mietpreisentwicklung dämpfen. In den Mietenspiegel werden ausgelaufene Sozialwohnungen mit einbezogen, soweit sie eine Mietpreisänderung erfahren haben. Durch die Ausweisung von pauschalierten Wohnlagen werden Auswüchse in besonders nachgefragten Lagen im Mietenspiegel auch begrenzt.
Mietpreisdämpfend, um das an dieser Stelle auch zu sagen und vielleicht die Debatte von vorhin in kurzen Zügen zu wiederholen, wirken sich natürlich auch die durchschnittlichen Mieten der SAGAGWG-Wohnungen aus. Die lagen im Jahr 2012 bei durchschnittlich 5,82 Euro. Sonst wäre die Steigerung des letzten Mietenspiegels, die 5,8 Prozent betrug, sicherlich noch höher ausgefallen.
Mietpreisdämpfend wirkt sich natürlich auch – das hat Herr Kienscherf heute schon sehr schön gesagt – die zum 1. September in Kraft tretende Deckelung der Bestandsmieten auf 15 Prozent in drei Jahren aus. Aber der wichtigste Punkt – auch das ist heute schon mehrfach gesagt worden, aber man sagt doch immer, tue Gutes und rede darüber, deswegen wiederhole ich es gern noch einmal – ist der Wohnungsbau. Und beim Wohnungsbau haben wir im Vertrag für Hamburg sicherlich den richtigen Weg beschritten. Wie wir heute schon gehört haben, liegen wir im Jahr 2012 bei circa 8700 Baugenehmigungen. Auch SAGA GWG haben mit 762 Bauvorhaben und mit der Ankündigung, je 1000 Wohnungen in den Folgejahren zu bauen, dazu beigetragen, dass es eine weitere Entzerrung durch vermehrte Neubauten gibt.
Auch die Bundesratsinitiativen, die wir zu Paragraf 5 Wirtschaftsstrafgesetz angestoßen haben zum Wohnungsvermittlungsgesetz, sind heute alle schon erwähnt und von uns eingebracht worden. Aber so ist das, wenn man zwei Debatten zum Mieterschutz führt. Wir hatten auch den Bereich Deckelung von Mietpreisen bei Neuvermietungen zu unserem Thema gemacht. Leider sind entsprechende Anträge von uns abgelehnt worden. Man muss aber schauen, was die Neuwahl auf Bundesebene bringt.
Frau Sudmann, Sie sagten in Ihrer Presseerklärung, dass wir uns beweihräuchern würden. Ich denke, wir beweihräuchern uns nicht, sondern wir tun tatsächlich etwas. Für Sie ist das sicher nicht genug, das werden Sie gleich noch einmal sagen, aber der SPD-Senat hat eine Menge getan, wir werden noch eine Menge tun und unternehmen tatsächlich etwas, um die Mieter zu schützen.