Die Verfahrenskritik von CDU und GRÜNEN ist auch deshalb so bemerkenswert, weil wir den direkten Vergleich haben. Wie war das beim Nachtrag 4? Vom Bürgermeister gab es, wenn ich das richtig sehe, nicht eine einzige direkte Information. Beim Nachtrag 5 hat der Bürgermeister die Fraktionsvorsitzenden und Obleute zum Gespräch eingeladen. Alle Fragen konnten gestellt werden. Es gab das Angebot, dass der Bürgermeister in die Fraktionen geht, und darauf kam keine Reaktion. Hier gab es eine direkte Information, und damals gab es keine.
Nehmen wir die Expertenanhörung. Wir haben in die Drucksachen von damals geschaut, und es gab null Sachverständigenanhörungen. Diesmal gab es drei, und es gab erstmals ein Gutachtenverfahren mit vier externen Gutachten, die lesenswert und beachtenswert sind. Vielen Dank an den Kollegen Hackbusch für den Vorschlag, er hat der parlamentarischen Beratung gut getan.
Noch besser wäre es aber gewesen, wir hätten die Gutachter nicht nur beauftragt, sondern uns auch deren Votum angeschlossen, aber hier verweigern Sie sich.
Bei der Aktenvorlage gab es aus Ihrer Sicht viel zu meckern. 171 Akten hat der Senat vorgelegt. Er hat vorher immer gesagt: Wenn die Verträge da sind, dann werden die Akten auf den Tisch gelegt, 171 an der Zahl.
Natürlich müssen wir uns an die Datenschutzordnung halten, keine Frage, aber die Akten sind vorgelegt worden. Das Entscheidende ist, dass sie zur Beratung in den Ausschüssen vorlagen. Beim Nachtrag 4 haben wir die Akten nach der Beschlussfassung der Bürgerschaft bekommen. So viel zum Vergleich, wie es damals war und wie es heute ist.
Ich will gar nicht davon sprechen, dass wir die Verträge damals nur unter Aufsicht und nach einer Vertraulichkeitserklärung einsehen durften.
Heute wurden sie ins Netz gestellt, und zwar an dem Tag, als sie unterzeichnet worden sind. Das zum Thema Transparenz. So viel Transparenz war bei der Elbphilharmonie bisher nie, und auch das sollten Sie sich ins Stammbuch schreiben lassen.
Uns ist klar, dass wir bei den Fehlern, die es in der Vergangenheit gegeben hat, nur mit Transparenz neue Akzeptanz gewinnen werden.
Die Frage der Kostentransparenz ist dabei entscheidend. In dieser Drucksache ist erstmals hergeleitet worden, wann wer für welche Kostensteigerungen die Verantwortung getragen hat und was die Schlussrechnung ist, die wir den Bürgerinnen und Bürgern beziehungsweise den Steuerzahlern am Schluss präsentieren.
Zwei Zahlen will ich herausgreifen, weil sie sicher in der weiteren Debatte eine besondere Rolle spielen werden. Das eine sind die 195 Millionen Euro Nachschlag. Diese sind im Ausschuss sauber hergeleitet worden und mit Gegenleistungen hinterlegt.
(Heiterkeit bei der CDU und den GRÜNEN – Zurufe von der CDU und den GRÜNEN – Andreas C. Wankum CDU: In welchem Aus- schuss waren Sie denn?)
Gucken Sie im Protokoll nach, wir können die Seitenzahl gern noch einmal nachliefern. Sie waren dabei und haben offenbar nicht zugehört.
Es ist klar, dass es eine so einmalige Haftungsübernahme nicht zum Nulltarif gibt. Etwas anderes zu behaupten ist naiv, und eigentlich sollten Sie sich das eine Lehre sein lassen.
Für uns war der entscheidende Punkt, wer das Risiko trägt. Uns war klar, dass von jetzt an HOCHTIEF das Risiko trägt, und zwar für die Vergangenheit und die Zukunft, und nicht mehr der Steuerzahler. Das ist der entscheidende Unterschied, und der sollte uns auch etwas wert sein.
Zu den angeblich 244 Millionen Euro Gegenforderungen an HOCHTIEF, auf die wir jetzt ach so leichtfertig verzichten: Hier waren weder die möglichen Gegenforderungen eingepreist noch die Frage, ob man in einem Kündigungsverfahren in voller Weise obsiegen kann und, und, und. Wer weiß, wann wir je einen Cent davon gesehen hätten. Mit diesem Szenario, in Eigenregie zu bauen, sodass man vielleicht irgendwann 2020, 2025 einen Cent sieht oder auch keinen,
weil es einen Vergleich gibt und die Anwälte etwas bekommen und die Stadt nichts, das wäre auf Sand gebaut. So geht es nicht.
Es ist klar, dass wir eine schmerzliche Entscheidung treffen, und es gibt keinen Anlass zum Jubel und zur Freude. Den gibt es erst dann, wenn die Elbphilharmonie tatsächlich fertiggestellt ist. Mit der Transparenz, mit der wir begonnen haben, muss es im Bauprozess und auf dem steinigen Weg, der noch vor uns liegt, weitergehen. Wir haben in unserem Begleitantrag aufgenommen, dass die halbjährliche Berichterstattung fortgesetzt wird, damit das, was wir an Transparenz gegenüber Parlament und Öffentlichkeit begonnen haben, fortgesetzt wird. Das ist das Versprechen, das wir der Stadt geben.
Zu unseren begleitenden Forderungen gehört auch, dass jetzt ein richtiger Zeitpunkt ist, wieder auf Spender, Unterstützer und Förderer dieses Projekts zuzugehen. Wenn es losgeht auf der Baustelle und wenn es bei dem Projekt ein bisschen Licht am Ende des Tunnels gibt, dann gibt es gute Argumente für weiteres privates Engagement, das sich insbesondere auf den Betrieb der Elbphilharmonie positiv auswirken muss. Zu diesem Punkt haben wir den Zusatzantrag mitformuliert. Für uns Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten ist es bei der großen Summe, die wir bereitstellen müssen, ein Gebot der Gerechtigkeit, jetzt darüber nachzudenken, wie auch wieder privates Engagement in das Projekt Elbphilharmonie fließen kann.
Wir bekräftigen in unserem Antrag auch unser Wahlversprechen, dass Bau und Betrieb der Elbphilharmonie die gewachsene Kulturförderung in unserer Stadt nicht beeinträchtigen dürfen und werden. Um es klar zu sagen: Kein Haus der Jugend und keine soziale Einrichtung muss schließen, weil es heute grünes Licht für die Elbphilharmonie gibt. Unser Finanzsenator hat klug Vorsorge getroffen, dass dieser Nachtrag jetzt finanziert werden kann. Diese Zusagen gelten und dieser Spielraum besteht. Wir werden das so machen können ohne Kollateralschäden in der Stadt.
Wir wollen, dass die Hinweise der Gutachter, die für den Planungsprozess wertvoll sind, in die weitere Erörterung mit den Projektbeteiligten einfließen können. Zumindest in dem Punkt kann es vielleicht sogar eine interfraktionelle Zustimmung geben, weil sich das auch ein bisschen mit den Anträgen deckt, die von Ihrer Seite gekommen sind.
Zum Schluss möchte ich noch einmal einen Gutachter zu Wort kommen lassen. Herr Hackbusch, Sie ahnen es, es ist der Gutachter, der von Ihnen vorgeschlagen wurde. In deutlichen Worten hat Professor Diederichs im Ausschuss einen Appell an Herrn Kerstan gerichtet,
"Aber, Herr Kerstan, es bringt nichts, wenn man darüber jetzt nachgrübelt, weil es geht jetzt darum, die Entscheidung zu fällen, es zu tun, und da läuft die Zeit und da tickt die Uhr. Und ich denke mal … Aus unserer Sicht können wir wirklich nur dringend empfehlen: Der [Nachtrag] 5 ist nach bestem Wissen und Gewissen gut […]"
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Olaf Scholz hat die Elbphilharmonie schon im Wahlkampf zum Maßstab seines ordentlichen Regierens erklärt. Er versprach den Hamburgerinnen und Hamburgern, die Elbphilharmonie zügig und kostenstabil fertigzubauen, und auch dafür wurde er gewählt. Gut zwei Jahre später ist genau das Gegenteil des Versprochenen eingetreten. Die Elbphilharmonie wird in seiner Amtsperiode nicht mehr fertig, und der Bürgermeister ist bereit, zusätzlich 200 Millionen Euro dafür zu bezahlen.
Meine Damen und Herren! Zu keinem Zeitpunkt zuvor ist das Bauprojekt so aus dem Ruder gelaufen wie unter der Verantwortung des Bürgermeisters Olaf Scholz.
(Lachen bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN – Beifall bei der CDU – Karin Tim- mermann SPD: Ohne rot zu werden! – Glocke)
Nun versucht die SPD, von der eigenen Verantwortung der vergangenen zwei Jahre abzulenken und alle Schuld den Vorgängerregierungen zuzuschieben.
Das ist nicht nur unredlich, sondern es ist angesichts Ihrer Haltung, die Sie selbst damals zum Nachtrag 4 im Jahr 2009 eingenommen haben, und angesichts des Schauspiels der vergangenen zwei Jahre grotesk.
Ich will Sie noch einmal daran erinnern, was Dr. Peter Tschentscher am 4. März 2009 in der Bürgerschaft gesagt hat.