Protocol of the Session on June 13, 2013

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ein Punkt, der uns auch noch sehr wichtig ist, ist die mangelnde Transparenz. Wir haben im Ausschuss gelernt, dass es für Herrn Neumann recht egal ist, ob ein Pizzabote in der Stadt überfallen wird oder ob ein Schiff brennt. Er bekommt eine EMail, und dann passiert erst einmal nichts.

(Arno Münster SPD: So stellt es sich Klein Fritzchen vor! – Dr. Martin Schäfer SPD: Un- fug!)

Das ist das, was wir in den Ausschussberatungen gehabt haben, Herr Schäfer.

(Dr. Martin Schäfer SPD: Wo waren Sie denn? Waren Sie da?)

Ich war im Ausschuss im Gegensatz zu Ihnen.

(Dr. Martin Schäfer SPD: Im Gegensatz zu Ihnen habe ich zugehört!)

Dann haben wir eine Situation, dass im Hafen ein Schiff mit Gefahrgut brennt und die Feuerwehr dies meldet und als Zweites Herr Heise als Leiter der Wasserschutzpolizei sagt, Gefahrgut könnten auch Feuerzeuge sein. Und wenn Gefahrgut Feuerzeuge sind, dann ist die Aussage der Feuerwehr, da

brenne ein Schiff mit Gefahrgut, politisch gleich null. Wenn Sie die Öffentlichkeit der Stadt informieren wollen, dann müssen Sie das anders tun, als die Feuerwehr es gemacht hat. Sie müssen handeln, und ich erwarte von einem Innensenator, dass er dann auch einmal an die Presse geht und offensiv kommuniziert statt 28 Tage lang abzutauchen, nichts zu sagen und immer nur die Feuerwehr vorzuschieben. Das ist eindeutig zu wenig, und ich möchte, dass sich das in Zukunft ändert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Es ist auch ganz einfach: Bei jedem Atomkraftwerk gibt es regelhaft eine Störfallverordnung, wo Störfälle in bestimmte Register eingetragen werden, und unabhängig vom Senator können Sie das bei Bränden und Unfällen mit Gefahrgut im Hafen auch machen.

(Glocke)

Verzeihen Sie die Unterbrechung. – Der parlamentarische Zwischenruf ist erlaubt, aber ich bitte darum, dass die Gespräche an den Wänden und auf den Stühlen unterbleiben. Hören Sie bitte dem Redner zu oder gehen Sie hinaus.

Vielen Dank, Frau Präsidentin.

Insgesamt ist das eine ganze Reihe von Vorschlägen, über die man passabel diskutieren kann, insbesondere, weil wir das in den Ausschüssen ohnehin tun. Deswegen würde Ihnen kein Zacken aus der Krone brechen, das auch zu überweisen. Dass Sie das nicht tun wollen, kann ich nur so interpretieren, dass Sie sich aus Ihrer Verantwortung stehlen und sich ihr nicht stellen wollen, und das ist eigentlich unter Ihrem Niveau. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Dr. Schaal, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Situation ist ein bisschen schwierig, weil wir dieses Thema in mehreren Ausschüssen diskutieren. Ich sitze nicht im Innenausschuss, aber vielleicht kommt nachher noch ein Beitrag von Senatsseite, um direkt aus der Sicht des Inneren darauf einzugehen, was Herr Tjarks in Richtung Innenbehörde gesagt hat.

Über Atomtransporte haben wir in der Bürgerschaft in der letzten und auch in dieser Legislaturperiode schon mehrfach diskutiert. Es lagen mehrfach Anträge vor, und ein zentraler Antrag der Links-Fraktion wird im Umweltausschuss behandelt. Die aufgeworfenen Fragen sind zweifellos wichtig, aber

was LINKE und GRÜNE jetzt beantragen, ist zum Teil nichts weiter als eine Neuauflage bereits vorliegender Anträge und sogar von bereits umgesetzten Beschlüssen der Bürgerschaft. Neuen Wein in alten Schläuchen brauchen wir nicht; darum lehnen wir die Anträge ab und überweisen sie nicht.

(Beifall bei der SPD – Jens Kerstan GRÜNE: Was wird denn davon schon gemacht?)

DIE LINKE fordert, die Öffentlichkeit laufend über Atomtransporte zu informieren. Es gibt diese Informationen durch die Senatsantworten zu den zahlreichen Anfragen der LINKEN. Allein in dieser Wahlperiode sind zehn Anfragen gestellt worden, die Öffentlichkeit und auch wir im Parlament sind also über Atomtransporte reichlich informiert. Danke für diese Arbeit.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Bitte, bitte, gern geschehen!)

Informationen vorab zu geben, halten wir für kontraproduktiv. Dass das nicht mehr Sicherheit schafft, muss man hier wohl nicht weiter erläutern. Auch die Forderung nach verstärkten Kontrollen hatten wir hier schon. Die Bürgerschaft hat den Senat bereits 2010 einstimmig ersucht, verstärkte Kontrollen der Transporte von radioaktiven Stoffen durchzuführen und zu prüfen, inwieweit Verbesserungen von Gefahrgutkontrollkonzepten insgesamt möglich sind.

(Jens Kerstan GRÜNE: Der Senat war ja sehr erfolgreich, das hat man ja gesehen!)

Der Senat hat kurz vor Toresschluss, Herr Kerstan, am 18. Januar 2011 mit einer ausführlichen Drucksache geantwortet und mitgeteilt, dass Gefahrgutkontrollen hinsichtlich radioaktiver Stoffe intensiviert werden. Wir haben jetzt vom Senat erfahren, dass die Wasserschutzpolizei inzwischen eine Kontrollquote von mehr als 90 Prozent erreicht. Mängel am Zustand des eigentlichen Gefahrgutes und seiner Verpackung wurden nicht ein einziges Mal festgestellt; auch das ist beruhigend. Die atomrechtliche Prüfung von Genehmigungen und 48-Stunden-Meldungen durch die BSU beträgt 100 Prozent. Noch mehr Vor-Ort-Kontrollen würden auch nur Überprüfungen von Papieren sein. Dafür ist das Personal nicht da, und das wäre auch unverhältnismäßig, weil es einfach nichts bringt.

DIE LINKE fordert den Senat im vorliegenden Antrag auf zu prüfen, welche Möglichkeiten bestehen, Atomtransporte durch die Stadt zu untersagen oder planungsrechtlich und wegerechtlich auszuschließen. Auch das hatten wir hier schon einmal diskutiert.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Aber das hat der Senat nicht beschlossen!)

Das Planungsrecht regelt die Nutzung von Grundstücken und kommt für die Regelung von Trans

(Dr. Anjes Tjarks)

porten nicht infrage. Das Wegerecht kann auf einzelnen Strecken Verkehrsarten oder Verkehrszwecke untersagen oder beschränken, aber nicht den Transport bestimmter Güter. Man könnte zwar straßenverkehrlich die Durchfahrt mit Gefahrgütern untersagen, aber dazu muss eine konkrete Gefahr benannt werden, die von einem bestimmten Gefahrguttransport ausgeht. Dies ist aber kaum möglich und schon gar nicht, wenn entsprechende Transportvorschriften hinsichtlich der Mengenbegrenzung und der Verpackung eingehalten werden. Zu sagen, "Das ist aber gefährlich" – drei Ausrufezeichen –, reicht eben nicht. Als vor drei Jahren ein defekter Laster entdeckt wurde, aus dem Flusssäure hinten herausträufelte, wurde der im Übrigen auch gleich von der Straße geholt, und das ist auch beruhigend. Das ist übrigens nicht bei uns passiert, sondern in Bremen, wenn ich mich richtig erinnere. Im Übrigen gilt innerhalb Europas die Freizügigkeit von Waren und Dienstleistungen, an der man wohl kaum vorbeikommt; auch das haben wir hier schon erörtert.

Von grüner Seite werden jetzt zusätzlich zu der Forderung nach verstärkten Kontrollen eine Reihe von Fragen zum Brand der Atlantic Cartier beziehungsweise zum Katastrophenschutz allgemein gestellt, die, soweit ich weiß, inzwischen sehr ausführlich – fünf Stunden lang, habe ich gerade gehört – im Innenausschuss erörtert wurden. Das war am 31. Mai, es ist also noch gar nicht so lange her. Der Bericht über diese Selbstbefassung ist unterwegs und wird uns alle bald erreichen. Ein Ersuchen zu diesem Zeitpunkt halten wir darum nicht für erforderlich. Warten wir doch erst einmal ab, was in dem Bericht steht, und dann kann weitergearbeitet werden.

Meine Damen und Herren! In den Anträgen wird gleichermaßen von LINKEN und GRÜNEN nochmals die Forderung nach einer Teilentwidmung des Hafens gestellt beziehungsweise von den GRÜNEN ein Verbot des Umschlags von Kernbrennstoffen gefordert. Dazu hatten wir vor einem Jahr im Umweltausschuss bereits eine Expertenanhörung auf der Grundlage eines Antrags der LINKEN, Drucksache 20/383. Bremen hatte kurz vorher ein entsprechendes Gesetz für seinen Hafen vorgelegt, und dieses Gesetz ist umstritten. In unserer Anhörung hatten wir erfahren, dass die Bremer CDU vor dem Bremer Staatsgericht Klage gegen das Verbot, Kernbrennstoffe über Bremer Häfen umzuschlagen, erheben werde. Vor einem Monat wurde die Klage erörtert, und das Gericht wird wohl nächsten Montag entscheiden, soweit zu hören ist.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Oder auch nicht! – Jens Kerstan GRÜNE: Es scheint nicht zuständig zu sein!)

Wir hatten uns darauf verständigt, dass wir zunächst die Entscheidung abwarten, ehe wir den

Senat nach der Anhörung befragen. Das kann dann nach der Sommerpause stattfinden. Und es kann schon sein, wie Herr Kerstan sagt, dass der Staatsgerichtshof jetzt bekundet, er sei nicht zuständig. Das würde dann allerdings auch schon weitere Schlüsse zulassen. Eine erste Auswertung unserer Anhörung zeigt nämlich, dass ein Gesetz zur Sperrung des Hamburger Hafens für Atomtransporte keinen Erfolg hätte. Vier von sechs Gutachtern sind zu diesem Schluss gekommen. Hamburg ist ein Universalhafen, und das ist unter anderem im Hafenentwicklungsgesetz seit 1982 festgeschrieben. Landesrechtlich ist der Hafen mit seiner ganzen Infrastruktur der Schifffahrt einschließlich Güterumschlag gewidmet. Ob ein Umschlagverbot radioaktiver Stoffe im Hafen rechtlich zulässig ist oder nicht, ergibt sich aber nicht aus dem Umstand, dass der Hamburger Hafen ein Universalhafen ist, oder aus dem Widmungsrecht des Landes. Entscheidend ist höherrangiges Recht, wie wir in der Anhörung erfahren haben. Artikel 73 Nummer 14 Grundgesetz weist die Gesetzgebungskompetenz für die Erzeugung und Nutzung der Kernenergie zu friedlichen Zwecken allein dem Bund zu. Dabei geht es um die gesamte Nutzung einschließlich der Transporte radioaktiver Stoffe. Das Atomrecht lässt auch keine Teilentwidmung des Hafens zu.

Wie der bremische Staatsgerichtshof entscheiden wird, wissen wir nicht. Möglicherweise erklärt sich das Gericht wegen der Bundeskompetenz für nicht zuständig. Das wäre aber auch ein Indiz dafür, dass die Bremer Regelung kaum Bestand hätte.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Wie kommen Sie darauf?)

Wenn der Bund zuständig ist, Frau Heyenn, dann kann auch ein Landesgesetzgeber das Bundesrecht nicht einfach unterlaufen. So einfach ist das, das haben wir nun gelernt.

Wir haben auch gelernt, dass die Sperrung der Bremer Häfen für Atomtransporte nicht sonderlich wasserdicht ist, denn wer Atomtransporte über bremische Häfen durchführen will, kann eine Ausnahmebewilligung beantragen, und dazu zitiere ich den Vertreter des Bundesamtes für Strahlenschutz:

"[Wenn] eine Ausnahmebewilligung […] möglich ist, kann man nicht von vornherein ausschließen, dass es nicht zu einem Umschlag in Bremen kommt."

Zitatende.

Darauf mag sich dann jeder seinen eigenen Reim machen.

In der Anhörung warnten die Experten deshalb wohl nicht ohne Grund vor einer symbolischen Gesetzgebung. Vor dem Hintergrund dessen, was wir jetzt schon aus der Anhörung zum Antrag der LIN

KEN wissen, wundert mich doch sehr, dass LINKE und GRÜNE nun erneut versuchen, den Hamburger Hafen für Atomtransporte zu sperren. Recht und Gesetz stehen dagegen.

Die SPD hat schon mehrfach darauf hingewiesen, dass man das Ende der Atomenergie nicht dadurch beschleunigen kann, dass man Atomtransporte untersagt. Wir müssen die Atomkraftwerke abschalten. Acht Atomkraftwerke sind schon vom Netz, und 2021 wird das letzte vom Netz gehen. Jetzt kommt es darauf an, die Energiewende zügig mit deutlicher Effizienzsteigerung, erneuerbaren Energien und vielen neuen Techniken umzusetzen, und dabei sind wir in Hamburg auf einem guten Weg. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Ohlsen, Sie haben das Wort.

(Arno Münster SPD: Olaf, enttäusche mich nicht!)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es legitim, dass die Oppositionsparteien vor dem Hintergrund einer Situation, wie sie sich am O'Swaldkai ereignet hat, Nachfragen stellen. Das ist in Ordnung, und dabei kann man auch den Bogen weit spannen. Das sehe ich so, und die Antworten werden gegeben. Was ich absolut nicht nachvollziehen kann, ist die Panikmache, dass man hier versucht, mit den Ängsten der Menschen Politik zu machen, Herr Tjarks. Das ist mein Eindruck, und das geht so nicht.

(Beifall bei der CDU, der SPD und der FDP)