und tragen Sie den Streit in der EU darüber nicht auf dem Rücken der Flüchtlinge aus. Es geht jedenfalls überhaupt nicht, dass Ihnen nichts anderes einfällt, als die Flüchtlinge nach Italien zurückzuschicken, und dann auch noch mit der Begründung, dass sie dort eine Arbeitserlaubnis hätten. Das empfinde ich – entschuldigen Sie die Wortwahl – als zynisch. Als ob Sie, Herr Scheele, noch nie von der Situation in Italien und von der Situation der Flüchtlinge in Italien gehört hätten. Gerade hat bordermonitoring.eu einen Bericht veröffentlicht. Die Erstaufnahmeeinrichtungen sind total überfüllt und bieten nur für kurze Zeit Unterkunft, danach sind die meisten Flüchtlinge obdachlos. Sie hausen in Parks, alten Kasernen, stillgelegten Bahnhöfen, Baracken. Aus der Obdachlosigkeit heraus ist es unmöglich, Arbeit zu finden. Anerkannte Flüchtlinge und andere Schutzberechtigte haben in Italien keinerlei Zugang zu sozialen Sicherungssystemen. Sie leiden unter massiver Armut, mangelndem Zugang zum Gesundheitswesen, behördlichen Schikanen, rassistisch motivierten Überfällen und totaler Perspektivlosigkeit. Mit der Verschärfung der Krise wird die Situation für die Flüchtlinge immer unhaltbarer. In eine solche Situation darf man niemanden zurückjagen.
Hier versagt nicht nur Italien, hier versagt die EU. Deshalb fordern wir Sie auf, sich auf Bundes- und europäischer Ebene für die Fortentwicklung des bestehenden Flüchtlingsschutzes einzusetzen, um insbesondere für die Bürgerkriegs- und Kriegsflüchtlinge einen wirksamen Schutz und eine angemessene Rechtsstellung zu schaffen.
Wir appellieren an den Senat, sich hier und jetzt für eine Kontingentlösung einzusetzen, von der die hier gestrandeten afrikanischen Flüchtlinge aus Libyen profitieren, die in den letzten beiden Jahren so viel Furchtbares erlitten haben. Führen Sie bis zu einer solchen Lösung die Flüchtlinge nicht nach Italien zurück. Stellen Sie eine Unterkunft bereit, und wenn es keine andere rechtliche Möglichkeit gibt, dann richten Sie einen Sonderfonds ein, damit die Flüchtlinge wenigstens ihre Grundbedürfnisse befriedigen können. Das ist Hamburg ihnen schuldig.
Sehr geehrter Herr Präsident, sehr geehrte Damen und Herren! Den Ton, den Sie, liebe Kollegin von der Fraktion DIE LINKE, mit dem Titel dieser Anmeldung angeschlagen haben, ist nicht angemessen für das Thema.
Sie unterstellen dem Senat Untätigkeit und sogar unterlassene Hilfeleistung. Das geht zu weit und das ist in der Sache und auch im Ton nicht angemessen.
Ich wünsche mir eine Versachlichung der Debatte. Das ist angesichts der Not der afrikanischen Flüchtlinge nicht leicht, aber den Flüchtlingen helfen keine emotionsgeladenen Versprechungen. Ich sage ganz deutlich: Hamburg will humanitäre Hilfe leisten und Hamburg wird dies auch tun. Es hat Gespräche mit den Flüchtlingen gegeben, wie zuletzt gestern Mittag geschehen. Wir ducken uns also nicht weg, Frau Möller.
Ich möchte auch noch einmal darauf hinweisen, dass die Stadt und die Zivilgesellschaft im Rahmen des Winternotprogramms Erhebliches geleistet hat. Dort sind die betroffenen Flüchtlinge bis Mitte April untergekommen und haben Beratungen über ihre Möglichkeiten in Hamburg erhalten. Das war das größte Winternotprogramm, das die Stadt jemals aufgelegt hat.
Seit Pfingsten ist der Senat damit befasst, humanitäre Hilfe für die afrikanischen Flüchtlinge aus Libyen zu ermöglichen. Es geht dabei in erster Linie darum, Unterbringungsmöglichkeiten zu finden. Aber diese Suche ist sehr schwierig. Seit Monaten sucht die Sozialbehörde gemeinsam mit den Bezirken händeringend nach Flächen, die wir für die öffentlich-rechtliche Unterbringung nutzen können. Alle, die diese Debatte im Sozialausschuss verfolgen, wissen, wie schwierig es ist, in dieser Sache weiterzukommen. Ich appelliere an dieser Stelle noch einmal an alle. Wir brauchen eine gesamtstädtische Solidarität mit den Menschen, die in unsere Stadt kommen und hier Zuflucht suchen. Es ist wohl an der Zeit für ein zivilgesellschaftliches Bündnis, und da appelliere ich an alle im Haus, an die Kolleginnen und Kollegen, an die Presse und auch an die Öffentlichkeit.
Im Fall der afrikanischen Flüchtlinge muss ich aber davor warnen, diesen Menschen große Hoffnung zu machen.
Niemand, auch Sie nicht, Frau Schneider, kann sich hinstellen und ihnen eine Lebens- und Arbeitsperspektive in Hamburg versprechen. Das ist rechtlich nicht möglich, und das ist auch unredlich.
Die Stadt Hamburg als Land und Kommune kann bestehende Gesetze nicht aufheben, das wissen Sie, und auch laute Zwischenrufe machen es nicht möglich. Es geht also um humanitäre Hilfe. Der Senat sucht, wie schon gesagt, gemeinsam mit den Kirchen intensiv nach einer Möglichkeit der Unterbringung. Die afrikanischen Flüchtlinge haben bereits jetzt Zugang zu den Tagesaufenthaltsstätten, sie haben Zugang zu ärztlicher Versorgung, und auch die Beratungsstellen stehen ihnen offen. Es gibt also Hilfsangebote, und das verschweigen Sie.
Eine dauerhafte Bleibeperspektive können wir ihnen aber nicht bieten, so ehrlich müssen wir sein. Der politische Kampf für eine bessere europäische Flüchtlingspolitik kann nicht auf kommunaler Ebene geführt werden, sondern der wird im Bund geführt.
Ich muss an dieser Stelle aber auch deutlich sagen, dass ich das Vorgehen der italienischen Behörden sehr schwierig finde. Pässe ausstellen und Geld in die Hand drücken, das kann nicht die Lösung sein. Hier muss die Bundesregierung mit der italienischen Regierung ins Gespräch kommen, und dabei muss auch die dramatische Situation der Flüchtlinge in den Lagern in Italien ein Thema sein.
Bei diesem Thema ist noch auf vielen Ebenen etwas zu tun. Für Hamburg habe ich die Herausforderung bei der Unterbringung geschildert. Wir haben in unserem vorgelegten Integrationskonzept die Situation der Flüchtlinge mit aufgerufen, Hamburg ist also tätig, auch im Fall der afrikanischen Flüchtlinge. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich mit einer Bitte an alle Fraktionen beginnen. Die Medienberichte der letzten Tage haben viele Emotionen geweckt und zum Teil auch zu Vorwürfen zu Beginn dieser Debatte geführt. Wir sind es uns selbst als Parlament, aber auch als Stadt schuldig, dass wir das, was wir hier gemeinsam debattieren, ernsthaft debattieren. Deshalb sollten wir im Ton und in der Argumentation vielleicht etwas angemessener sein.
Bei allem Verständnis dafür, dass sich Menschen momentan in einer besonderen, schwerbelasteten Situation befinden, ärgert es mich manchmal, wenn ich den Eindruck bekomme, dass der eine oder andere dieser Gruppe von Menschen, der wir die Pflicht haben zu helfen, bewusst versucht, Hilfe angedeihen zu lassen, die eigentlich keine Hilfe ist. Wir brauchen eine Diskussion über Maßnahmen, die wir jetzt ergreifen können, wir brauchen aber keine Grundsatzdiskussion oder gar den Missbrauch dieser Gruppe für andere politische Ziele.
Es geht um eine Gruppe von Menschen, für die wir die Pflicht haben, eine kurzfristige humanitäre Lösung zu finden. Das müssen wir hinkriegen. Frau Bekeris hat – wie ich finde, durchaus zu Recht – den Ansatz formuliert, dass eine zivilgesellschaftliche Lösung gefunden werden müsse. Sie werden meine Fraktion bei der Suche nach einer solchen Lösung durchaus an Ihrer Seite finden. Wir müssen aber auch deutlich – und das ist gerade für die betroffenen Menschen wichtig – für eine ehrliche Debatte und eine ehrliche Signalsetzung einsetzen. Und das Signal kann und darf nicht sein, dass diese 300 Flüchtlinge mit dieser Ausgangslage eine Zukunft in dieser Stadt haben. Das wird es nicht sein und das darf es nicht sein; das gehört zur Ernsthaftigkeit dieser Debatte auch dazu.
Wir müssen gemeinsam überlegen, wie wir kurzfristig Lösungen finden. Wir müssen aber auch, und das ist mir sehr wichtig, Italien und anderen Mitgliedstaaten im Schengener Raum deutlich machen, dass das In-die-Hand-Drücken von Bahntickets und Geldern keine Lösung von Flüchtlingsfragen ist. Das ist nicht hinzunehmen, das kann Hamburg nicht akzeptieren.
Wir können es besonders deshalb nicht akzeptieren, weil den Menschen damit falsche Hoffnungen gemacht worden sind. Es ist schlimm, dass der Eindruck erweckt wurde, bei uns würde es weitergehen, hier könnte mit dieser Art von Schengen-Visa gearbeitet werden. Das stimmt nicht, das ist falsch. Deshalb müssen wir, so schwer es uns manchmal im Einzelfall fallen mag, auch konsequent bleiben. Aber wir müssen auch humanitäre Lösungen finden mit dem klaren Ziel, dass diese Flüchtlinge nach Italien zurück müssen. Das muss Italien klar sein, das muss den beteiligten Flüchtlingen klar sein, und das müssen wir auch jedem Hamburger deutlich sagen.
Ein letztes Wort. Ich habe eben schon auf den Beitrag von Frau Bekeris hin gesagt, dass Sie in dieser Frage die größte Oppositionsfraktion an Ihrer Seite finden werden. Ich erwarte vom Senat aber auch, dass er handelt. Tun Sie das gemeinsam mit dem Bund, denn auch der Bund hat hier eine Verpflichtung. Das ist kein Problem, das Hamburg mit eigener Außenpolitik lösen könnte, es ist ein europäisches Problem. Wenn wir jetzt gehört haben, dass wir dieses Problem auch deshalb haben, weil es kein Rückführungsabkommen mit Italien gibt, weil wir alle bisher dem vielleicht politisch naiven Glauben anhingen, Rückführungsabkommen würden im Schengen-Raum nicht gebraucht, dann haben wir zumindest da etwas gelernt und müssen nun schnellstens gemeinsam mit dem Bund Lösungen finden.
Noch einmal klar und deutlich: Die Lösung lautet, kurzfristige humanitäre Hilfe, aber dann Rückführung nach Italien.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen, Versachlichung der Debatte ist ein guter Appell. Wir sind froh, dass überhaupt eine Debatte stattfindet.
Vergegenwärtigen wir uns noch einmal, dass dem Senat seit Mitte März durch ein Schreiben des BMI bekannt ist, dass Flüchtlinge aus Italien kommen. Seit Anfang März schließt Italien seine Flüchtlingsunterkünfte, und es war klar, dass das Signal mitgegeben wurde, es gibt 500 Euro und man könne sich im restlichen Europa innerhalb des Schengener Raums bewegen. Das Signal ist angekommen, nur hat der Senat nichts getan, das ist das Problem.
Einzelne Abgeordnete haben Schriftliche Kleine Anfragen zu diesem Thema gestellt, aber der Senat hat sich tatsächlich – Frau Bekeris, ich sage es hier noch einmal – weggeduckt. Jetzt muss er wieder auftauchen, weil vor zwei Wochen endlich das öffentliche Interesse geweckt wurde und wir eine Debatte in dieser Stadt haben; da hilft das Wegducken nämlich nicht mehr.
Ein bisschen selbstgerecht fand ich Ihre Rede schon – eigentlich ziemlich selbstgerecht, um es ein bisschen schärfer zu sagen –,