Protocol of the Session on May 29, 2013

(Dora Heyenn DIE LINKE: Es geht nicht um Wahlkampf!)

Ich finde Ihren Antrag streckenweise in der Begründung schon sehr, sehr ärgerlich. Warum finde ich ihn ärgerlich? Sie vermengen den Anlass und den Inhalt der UN-Resolution aus dem Jahre 2010 mit der Situation von Menschen in Hamburg, denen die Wasserversorgung abgestellt wurde, weil sie – aus welchen Gründen auch immer – ihre Rechnungen nicht bezahlt haben. Diese Beschlussfassung der UN, die Menschen in Ländern ohne Wasserversorgung, ohne Infrastruktur und ohne ausreichende sanitäre Versorgung in Schwellenstaaten, in Entwicklungsländern oder in Afrika und Asien betrifft, mit unserem Thema zu vermengen, halte ich für einen ziemlichen Zynismus.

(Beifall bei der FDP)

Dass die Versorgung mit Trinkwasser und sanitären Anlagen in Deutschland allgemein und in Hamburg im Besonderen höchsten Standards gerecht wird, darüber sind wir uns, glaube ich, einig. Das Bild, das Sie vom Wassermangel in Hamburg zeichnen, ist von daher blanker Zynismus ange

sichts dieses von mir eben dargestellten Sachverhalts.

Darüber hinaus haben Sie in weiteren Punkten einfach unsauber gearbeitet, da der Antrag auf Ergebnissen einer Schriftlichen Kleinen Anfrage fußt, die uns kaum einen nennenswerten Hintergrund über das vermeintliche Problem liefert. Ich nenne Ihnen dafür zwei Beispiele.

Erstens: Die SKA 20/4820 beschäftigt sich eigentlich mit dem Thema Strom, Gas und Fernwärme. Die Wasserversorgung wird am Rande gestreift. Wir erfahren zwar, bei wie vielen Personen und Haushalten pro Jahr die Wasserversorgung eingestellt wird, jedoch erfahren wir zum Beispiel nichts über die Dauer, ob es sich im Schnitt um einige Stunden, einen Tag oder länger handelt.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das ist ja ganz entscheidend! Das ist ganz wichtig!)

Wir wissen nicht, was vorausgegangen ist, bis es zur Sperrung kam.

Zweitens: Es wird uns vorenthalten, dass es auch schon heute gängige Praxis von HAMBURG WASSER ist, etwa bei Haushalten mit kleinen Kindern oder bei pflegebedürftigen älteren, kranken Personen, die auf fließendes Wasser angewiesen sind, auf Absperrungen zu verzichten. Dass zwischen dem Beginn des Zahlungsverzugs und der Absperrung der Wasserversorgung im Regelfall Monate liegen, in denen Zeit ist, beispielsweise mit dem Sozialamt, dem Fachamt für Wohnungsnotfälle oder der Bundesagentur Regelungen zu finden, auch dieser Sachverhalt wird in Ihrem Antrag verschwiegen.

Wenn es hier darum ginge, das Beratungs- und Informationsangebot für solche Fälle zu verbessern, dann könnten wir dem sogar zustimmen, aber Sie wollen den Eindruck erwecken, dass es willkürliche Absperrungen aus heiterem Himmel gäbe, und das ist nicht die Praxis.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das hat keiner gesagt!)

Und wer das Gegenteil behauptet, der polemisiert wider besseres Wissen.

(Beifall bei der FDP)

Drittens und letztens: DIE LINKE lässt einen zentralen Punkt unbeantwortet. Wenn säumige Zahler von der Begleichung ihrer Rechnung freigestellt werden, dann stellt sich die Frage, wer die Kosten dann tragen soll. Es ist nicht Aufgabe eines Unternehmens, den sozialen Ausgleich herbeizuführen, sondern dafür haben wir das Sozialamt und die anderen Behörden, die ich genannt habe.

Meine Damen und Herren! Der vorliegende Antrag soll im Wahljahr 2013 vielleicht die Wähler der LINKEN begeistern, in der Substanz aber bleibt er wässrig.

(Katharina Fegebank)

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das muss bei Wasser auch so sein!)

Es wird Sie daher nicht überraschen, dass die FDP-Fraktion sowohl den Antrag als auch die Überweisung ablehnt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Özdemir, Sie haben das Wort.

Es ist eine sehr spannende und schöne Debatte. Es hat mich auch sehr gefreut, dass die Fraktionen, außer der FDP-Fraktion, so positiv debattiert und reagiert haben. Deshalb freue ich mich auch darauf, im Sozialausschuss noch einmal darüber zu sprechen.

Wir wissen, dass die Wasserabsperrungen nicht vom Himmel fallen. Wir wissen auch, dass die Menschen die Möglichkeit haben, nach einem Darlehen zu fragen. Aber uns wurde auch gesagt, dass Menschen, denen das Wasser abgesperrt wurde, nach einem Darlehen gefragt haben und dieses nicht bekommen haben. Uns ist auch klar, dass die Menschen dafür verantwortlich sind nachzufragen. Aber Sie wissen genau, dass es Armut in dieser Stadt gibt, dass es auch viele Rentnerinnen und Rentner gibt, die in Armut leben und die sich nicht trauen, sondern sich noch schämen, zum Amt zu gehen und zuzugeben, dass sie sich das nicht leisten können, weil sie einkommensschwach sind. Das muss auch berücksichtigt werden. Man muss auch berücksichtigen, dass es viele Menschen gibt, die krank sind und nicht die Möglichkeit haben, sich selbst darum zu kümmern.

Ich wollte das noch einmal deutlich machen, weil wir im Sozialausschuss oft über die Obdachlosigkeit in der Stadt sprechen und auch über das aktuelle Thema der Zwangsräumung. Wir wissen, dass viele Haushalte in Hamburg überschuldet sind und ihre Rechnungen nicht mehr bezahlen können; das ist ein großes Problem. Und Dinge wie die Gasoder Wasserrechnung, die eigentlich für die Menschen selbstverständlich sind oder sein sollten, sind dann nicht mehr gewährleistet, und das ist ein Problem in einer reichen Stadt wie Hamburg.

Frau Müller hat ganz spannende Fragen gestellt. Ich fand sie interessant und mich würden auch die Antworten interessieren. Vielleicht stellen Sie einmal eine Anfrage an den Senat, dann könnten wir mit den Antworten im Sozialausschuss weiterarbeiten.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kluth, der Beschluss der UN bezieht sich nicht nur auf die Länder in Afrika, sondern auch auf die EU-Staaten und die Menschen in der ganzen Welt. Ich sagte Ihnen vorhin, dass es in 27 EU-Staaten 2 Millionen Menschen gibt, die kei

nen Zugang zu sauberem Trinkwasser und zu sanitärer Grundversorgung haben. Deshalb würde ich Ihnen empfehlen, sich das noch einmal durchzulesen und zu versuchen, das anders zu definieren.

Ansonsten freue ich mich auf die Debatte im Ausschuss und danke auch den Fraktionen für so eine positive Debatte.

(Beifall bei der LINKEN und den GRÜNEN)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/7995, Neufassung, an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration zu? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist das mit großer Mehrheit angenommen.

Wer möchte diese Drucksache nun noch zusätzlich mitberatend an den Ausschuss Öffentliche Unternehmen überweisen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren abgelehnt.

Wer schließt sich einer Überweisung der Drucksache mitberatend an den Umweltausschuss an? – Gegenstimmen? – Enthaltungen? – Damit ist auch dieses zusätzliche Überweisungsbegehren abgelehnt.

Ich rufe nun den Punkt 26 auf, das ist die Drucksache 20/7974, Antrag der SPD-Fraktion: Erweiterten Mieterschutz erhalten – verlängerte Kündigungsschutzfrist erhalten!

[Antrag der SPD-Fraktion: Erweiterten Mieterschutz erhalten – verlängerte Kündigungsschutzfrist erhalten! – Drs 20/7974 –]

Hierzu liegt Ihnen als Drucksache 20/8157 ein Antrag der FDP-Fraktion vor.

[Antrag der FDP-Fraktion: Verlängerte Kündigungsschutzfristen zielgerichtet einsetzen – Bedarf auf Stadtteilebene prüfen – Drs 20/8157 –]

Beide Drucksachen möchte die FDP-Fraktion an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen.

Herr Kienscherf, Sie haben sofort das Wort, aber ich hätte gern, dass das Plenum etwas ruhiger wird, sodass man dann auch Ihren Redebeitrag gut auffassen kann.

(Glocke)

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

Meine Damen und Herren! Ich bitte um Aufmerksamkeit. – Herr Kienscherf, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, vielen Dank für Ihre freundliche Unterstützung. Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben in den letzten Monaten mehrfach über das Thema Wohnungspolitik und die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt in diesem Hause diskutiert, und haben gleichzeitig die Fortschritte in der Wohnungspolitik dargestellt. Für die SPD-Fraktion, aber auch für den Senat waren dabei zwei Punkte wichtig.

Zum einen müssen wir alles dafür tun, um in Hamburg mehr und neue Wohnungen zu schaffen und das von uns angestrebte Ziel, 6000 Wohnungen pro Jahr, zu realisieren. Die 8700 Baugenehmigungen im letzten Jahr zeigen, dass wir dort auf gutem Wege sind.

(Beifall bei der SPD)

Zum Zweiten sagen wir aber auch, dass neben dem Wohnungsbau dem Bereich des Mieterschutzes eine besondere Bedeutung zukommt. Wir müssen alles daransetzen, dass wir neben der Schaffung von neuem Wohnraum dafür sorgen, dass bestehender Wohnraum, insbesondere bezahlbarer Wohnraum, erhalten bleibt. An vielen Stellen in dieser Stadt gibt es nach wie vor Bestrebungen, diesen bezahlbaren Wohnraum anderweitig zu nutzen oder zu vernichten.

Das Thema Umwandlung von Mietwohnungen in Eigentumswohnungen spielt dabei eine wichtige Rolle. Wir alle wissen, dass es gerade bei angespannten Wohnungsmarktlagen und insbesondere vor dem Hintergrund der Situation auf den Aktienund Kapitalmärkten für viele Anleger verlockend ist, besonders auch für Spekulanten, Häuser zu kaufen, sie in einzelne Wohnungen aufzuteilen und sie dann gewinnbringend wieder zu verkaufen. Für den Spekulanten oder den einzelnen Eigentümer ist das ein lohnendes Geschäft. Auf der anderen Seite wissen wir, dass es für die Mieterinnen und Mieter ein schlechtes Geschäft ist. Sie stehen eigentlich auf der Verliererseite. Ihre Situation wird dadurch gefährdet, dass wir bezahlbaren Wohnraum vernichten und dass Mieterinnen und Mieter Angst davor haben, aus ihrer Wohnung und aus ihrem angestammten Quartier vertrieben zu werden.

Wir Sozialdemokraten sagen ganz deutlich, für uns – und da verhalten wir uns ähnlich wie beim Thema Wasser – ist bezahlbarer Wohnraum eben keine Ware, sondern Wohnraum ist für uns ein Stück Heimat, das wir schützen müssen, und das wollen wir auch tun.

(Beifall bei der SPD)

Da dieses Problem nicht neu ist, sondern schon ein altbekanntes, war es auch richtig, dass im Jahre 1993 der SPD-geführte Senat die bundesrechtli