Protocol of the Session on May 29, 2013

(Beifall bei der SPD)

Zweitens: Mehr Leistung braucht natürlich Rückenwind. Das bedeutet für uns, dass die Schülerinnen und Schüler mehr Lernzeit brauchen. Das ist eindeutig ein Hinweis auf die Prädestinierung der Stadtteilschule, sie zur Ganztagsschule auszubauen. In den vergangenen 25 Jahren haben wir durchschnittlich eine Schule pro Jahr aus dem Haupt-, Real- und Gesamtschulbereich zu einer Ganztagsschule gemacht.

(Dietrich Wersich CDU: Machen Sie 50 Jah- re oder 100; dann wird die Statistik noch besser!)

Herr Wersich, hören Sie doch kurz zu; das kann auch Ihnen nichts schaden.

Wir haben das geändert. Seit wir an der Regierung sind, machen wir jedes Jahr sieben – das ist das

(Dora Heyenn)

Siebenfache – Stadtteilschulen zu Ganztagsschulen.

(Dietrich Wersich CDU: Das ist doch eine Veräppelung der Leute!)

In diesem Sommer sind 22 zusätzliche Stadtteilschulen Ganztagsschule geworden. Das ist unsere zweite Antwort auf die Herausforderung Stadtteilschule.

(Beifall bei der SPD)

Drittens: Sie erklären, dass die Inklusion die Stadtteilschulen belastet. Ich will einmal daran erinnern, dass wir das gemeinsam beschlossen haben und damals CDU und GAL an der Regierung waren. Wir haben diesen Beschluss unterstützt, aber umsetzen können hätten Sie ihn schon lange. Tun Sie deswegen heute nicht immer so, als seien Sie damals gar nicht dabei gewesen.

(Dietrich Wersich CDU: Das ist nicht nur hei- ße Luft, das ist nur laue! – Gegenruf von Dirk Kienscherf SPD: Können Sie mal den Pöbler da beruhigen!)

Sie, Herr Wersich, und Sie, Frau Prien, mögen das nicht hören, aber wahr ist es trotzdem. Schauen Sie in die Bürgerschaftsprotokolle.

(Dietrich Wersich CDU: Aber Sie müssen es doch heute machen! Sie können doch nicht immer über die Vergangenheit klagen!)

Ich sage heute und hoffe, dass ich damit nicht der Einzige in diesem Hause bin …

(Glocke)

Ich bitte das Haus, Herrn Senator Rabe ausreden zu lassen oder sich ansonsten zu Zwischenfragen zu melden.

Ich stehe nach wie vor dazu, dass dieser Beschluss richtig war, denn wenn die Stadtteilschule jungen Menschen neue Chancen geben soll, dann sicherlich auch den Schülerinnen und Schülern, die bisher an den Förder- und Sonderschulen wenig Chancen hatten. Natürlich ist das eine schwierige Aufgabe, aber wir sollten auch nicht jeder Horrormeldung glauben. Seit dem Jahr 2008 haben die Förderschulen in jedem Jahrgang 200 Schüler verloren. Diese 200 Schüler sind jetzt an den Grundschulen beziehungsweise in jedem Jahrgang an den Stadtteilschulen. Das ist eine Aufgabe, das will ich nicht leugnen, aber sie verteilen sich auf 300 Parallelklassen mit 6000 Schülerinnen und Schülern der Stadtteilschule. Und wer angesichts solcher Zahlen den Eindruck erweckt, eine Stadtteilschule sei jetzt eine bessere Sonderschule geworden, der redet wider besseres Wissen eine Schulform absichtlich schlecht. Das stimmt nun weiß Gott nicht.

(Beifall bei der SPD – Dora Heyenn DIE LIN- KE: Das hat kein Mensch gesagt!)

Um diese 200 Schülerinnen und Schüler pro Jahrgang ordentlich zu beschulen, lassen wir die Stadtteilschule nicht allein. Ich will gar nicht viel über Konzepte sagen, dafür langt die Zeit nicht. Ich rede jetzt über Lehrer.

(Dietrich Wersich CDU: Wann kommen wir mal zu den Inhalten?)

Wir haben für jeden Jahrgang der Stadtteilschule 80 zusätzliche Pädagogen für diese 200 Schüler auf den Weg gebracht. Herr Wersich, ich darf auch Sie daran erinnern, dass das genau doppelt so viele sind, wie Sie sich damals ausgedacht haben. Das zeigt ebenfalls, wer sich wirklich für die Stadtteilschule einsetzt. Sie waren das nicht, wir tun das.

(Beifall bei der SPD)

Viertens: Die Stadtteilschule als neue Schulform braucht an einigen Stellen Rückenwind, aber nicht an allen. Die größten und attraktivsten Hamburger Schulen sind nämlich Stadtteilschulen, das dürfen wir nicht ausblenden, aber einige haben es schwer: schwierige Standorte, bauliche Lage, die Unübersichtlichkeit mehrerer Kollegien, schwierige Stadtteile. Diese Schulen brauchen Rückenwind. Wir haben deshalb für sieben Stadtteilschulen ein besonderes Programm zur Unterstützung auf den Weg gebracht. Dazu zählt, dass wir mit zusätzlichem Personal die Arbeit der Klassenlehrer fördern, dass wir die Elternarbeit fördern, dass wir ein Netzwerk von Unterstützern an diesen sieben Schulen aufbauen, und bestimmten Schülergruppen ermöglichen wir sogar ein zusätzliches Lernjahr. Das Programm ist nicht billig, aber ich will deutlich sagen, dass es das erste Mal ist, dass ein Senat gezielt für Schulen in schwieriger Lage ein umfangreiches Programm auf den Weg bringt, das insbesondere Stadtteilschulen Rückenwind gibt. Das zeigt ebenfalls: Wir handeln, damit die Stadtteilschule besser wird.

(Beifall bei der SPD)

Ich komme zum vorletzten Punkt. Die Berufsorientierung wird uns heute noch beschäftigen, aber man darf an dieser Stelle sagen, dass sie eine sehr wichtige Angelegenheit ist, die der Stadtteilschule eine starke Stellung geben kann. Der Philosoph Seneca sagte bereits: Nicht für die Schule, sondern für das Leben lernen wir. Er sagt es übrigens genau umgekehrt, aber ich lasse es mal weg.

Genau dieser Hinweis auf das spätere Leben ist eigentlich das Spannende. Viele Jugendliche und ihre Eltern machen sich Sorgen, was nach der Schule passieren wird. Finde ich einen Anschluss im Studium, im Beruf, wie geht es weiter? Häufig bekommen Schüler am Ende der Schulzeit ein Zeugnis und dann heißt es: Sieh zu, wie du glück

(Senator Ties Rabe)

lich wirst. Das wollen wir mit den Stadtteilschulen zusammen ändern. Wir werden eine Berufs- und Studienorientierung in den Klassen 8, 9 und 10 einführen, die dazu beiträgt, diese Schülerinnen und Schüler stark zu machen, sie zu beraten und in den Beruf zu begleiten. Mit der neuen Berufsund Studienorientierung für das Leben lernen ist das Profil der Stadtteilschule.

Damit komme ich zum letzten Punkt. Ich habe jetzt fünf Maßnahmen dargestellt. Ich bin zwei Jahre und zwei Monate im Amt und will nicht wiederholen, was alles getan wurde. Sie können es sehr leicht an den Zahlen sehen. Schauen Sie sich die Personalzuweisung für die Stadtteilschulen an. 2010 bekam eine Stadtteilschule laut Zuweisungsschlüssel für 100 Kinder 7,7 Pädagogen. Wir haben diesen Zuweisungsschlüssel mittlerweile um mehr als 15 Prozent heraufgesetzt. Das heißt, heute bekommen die Stadtteilschulen für die gleiche Schülerzahl rund 550 Pädagogen mehr. Das sind mehr als 550 Stellen zusätzlich. Zeigen Sie mir den Bereich im öffentlichen Dienst, der solch einen enormen Rückenwind bekommen hat. Das, meine Damen und Herren, ist die Summe all dieser Anstrengungen. Das ist auch unsere Antwort darauf, eine gute Schulform in Gang zu bringen, ihr Rückenwind zu geben. Wir reden nicht nur, wir handeln.

(Beifall bei der SPD)

Damit komme ich zum Schluss. Die Stadtteilschule, das sagte ich anfangs, gibt der Stadt ein Leistungsversprechen. Sie ist nicht die zweitbeste Schule, Herr Scheuerl und die CDU.

(Dietrich Wersich CDU: Wer hat denn das gesagt?)

Sie ist nicht die Haupt- und Realschule. Sie ist die Schule, die sehr klar sagt: Streng dich an, wir fördern dich, du kannst viel mehr, als du glaubst. Die Stadtteilschule ist die Schule, die Aufstieg durch Bildung ermöglicht. Wir werden dafür sorgen, dass dieses Versprechen auch eingelöst wird. – Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Bevor ich Frau von Treuenfels das Wort erteile, muss ich Sie, Herr Senator, darauf hinweisen, dass Sie mehr als das Doppelte der den Abgeordneten zur Verfügung stehenden Redezeit in Anspruch genommen haben.

Frau von Treuenfels, Sie haben das Wort.

(Klaus-Peter Hesse CDU: Aber vom Inhalt her war's die Hälfte!)

Sehr geehrte Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! Es gibt genau drei Anmerkungen, die ich zu machen habe. Ich wundere mich in erster Linie wirk

lich über die CDU. Vor zwei Jahren mussten Sie doch feststellen, was es heißt, einer Elterninitiative kein Gehör zu schenken.

(Dietrich Wersich CDU: Das war auch nicht so!)

Es kam eine Debatte in Gang, die Sie alle überrollt hat. Heute hören wir von Frau Prien, die damals auch nicht genau wusste, wo sie eigentlich stand, dass es dieses Problem gar nicht gibt und niemand darüber reden möchte. In den Schulen, in denen meine Kinder sind, wird unter Eltern und Kindern – ob auch unter Lehrern, das weiß ich nicht – viel darüber geredet. Das totzuschweigen ist das Allerdümmste, was man machen kann. Damit vergrößert man das Problem nur, und später wird man damit nicht mehr fertig. Diese Stadt hat es gemerkt, und ich verstehe überhaupt nicht, dass Sie das nun ignorieren wollen – im Gegensatz zu den GRÜNEN, die das damals mitverantwortet haben, aber gelernt haben und genau wissen, dass man das nicht ignorieren soll. Ich erinnere daran, dass hier keine Volksentscheide entschieden werden, Herr Dressel. Was aber hier entschieden wird, ist, wie wir damit umgehen. Wenn Sie den Elternwillen nicht ernst nehmen

(Dr. Andreas Dressel SPD: Die nehmen wir sehr ernst! – Karin Timmermann SPD: Das müssen Sie uns nicht erzählen!)

oder Initiativen nicht ernst nehmen, dann fallen Sie genauso, wie die CDU gefallen ist. Das möchte ich Ihnen nicht raten. Denn wenn Senator Rabe dieses Versprechen, das er der Stadt und vor allem den Schülern und den Schulen gegeben hat, einlösen würde und könnte, dann wäre uns allen geholfen, dann bräuchten wir über diese Dinge nicht zu diskutieren, denn genau das sehen wir als Ziel für die Stadtteilschule an.

(Beifall bei der FDP – Gerhard Lein SPD: Jetzt wissen wir ja, welchen Kronzeugen Frau Kirsch hat!)

Herr Dr. Scheuerl hat nun das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrter Herr Senator Rabe! Die Überschrift dieses Themas der Aktuellen Stunde lautet eingangs "Vernachlässigte Stadtteilschulen". In dem Zusammenhang muss ich eines feststellen. Nur einer meiner Vorredner hat die Begriffe Realschul- und Hauptschulabschluss genannt. Das war Herr Senator Rabe.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Nee, auch Frau Prien!)

Frau Prien auch, doch zwei.

(Senator Ties Rabe)

Herr Senator Rabe, wir sollten öfter miteinander als übereinander sprechen. Und wichtiger, wir sollten an dieser Stelle der Geschichtsklitterung vorbeugen. Als über den Abschlussbericht der Enquete-Kommission abgestimmt wurde, in dem dann mehrheitlich, von der CDU-Fraktion insbesondere, die Einführung der Stadtteilschule empfohlen wurde, hat die SPD gegen das Votum gestimmt. Die SPD hat sich in ihrem Sondervotum zur Schulstruktur dafür ausgesprochen – Zitat –: