Dennoch wage ich die These, dass auch in anderen Stadtteilen oder Städten die Verletztenquote unter 100 000 Kneipen-, Bar- und Discobesuchern ähnlich oder gar höher ist. Diese Zahl folglich als Kernbegründung einer signifikanten Einschränkung von Grundrechten heranzuziehen, erscheint uns Liberalen eben nicht mehr angemessen und verhältnismäßig.
Vielmehr, Herr Münster, vermuten wir dahinter pure Symbolpolitik nach dem Motto: Schaut her, wir tun etwas. Gleichzeitig werden Polizei und BOD mit Buchhaltungsarbeit für die Statistik beschäftigt. Der Antrag der SPD-Fraktion fordert dies nun zu allem Überfluss auch weiterhin. Wo bleibt hier die Aufgabenkritik? Zusätzlich benötigtes Personal zur Überwachung des Glasflaschenverbots fehlt an Wochenenden gegebenenfalls sogar in anderen Stadtteilen. Die polizeiliche Kriminalstatistik der vergangenen Jahre weist für den Stadtteil St. Pauli zudem ganz andere Probleme aus. Während nämlich die Zahl der Gewalttatdelikte relativ konstant bleibt, schnellt die Anzahl der Diebstähle, vor allem der Taschendiebstähle, um gut 2000 Fälle in die Höhe. BOD und Polizei sollten daher eher verstärkt auf Diebstahlsdelikte achten und gegebenenfalls auch kontrollieren.
Ob die Wirksamkeit des Gesetzes statistisch signifikant ist, wurde nicht wirklich evaluiert. Gibt es statistische Ausreißer, andere Gründe für den Rückgang, beispielsweise die kalte Witterung, sodass weniger Aufenthalt im Freien stattfindet, oder das rechtzeitige Entsorgen von Tatmitteln? Darauf verweist auch der Zusatzantrag der Kolleginnen und Kollegen der GRÜNEN. Haushaltspolitisch ist dieses Gesetz ebenfalls bestenfalls eine Nullnummer. Verwarnund Bußgeldeinnahmen werden von Sonderfahrten der Stadtreinigung zum Leeren der Glascontainer und erhöhtem Zeit- und Personalbedarf des BOD beziehungsweise der Polizei verbraucht. Zwar gibt es weniger Glasscherben direkt auf dem Kiez, wie sich Herr Münster gefreut hat, dafür hat aber auch die Plastikindustrie eine Riesenfreude.
Das Glasflaschenverbot reiht sich nun in eine Reihe anderer Beispiele für zunehmende staatliche Verbots- und Volkserziehungskultur in Hamburg ein. Darunter fällt zum Beispiel das Alkoholverbot im HVV, das Kontaktanbahnungsverbot in St. Georg, wenn es nach der CDU ginge, dann hätten wir
weitere lokale Alkoholverbote auf öffentlichen Plätzen, der Einsatz minderjähriger Spitzel beziehungsweise Testkäufer und Testspieler, der Irrsinn der Wahl zwischen Rauchverbot und Speisebewirtungsverbot in Kneipen, die maximale Geräteanzahl von Spielhallen sowie deren baulicher Mindestabstand. Das Land gerät in den Würgegriff von rot-grünen, manchmal auch schwarzen Koalitionen der Volkserzieher und Tugendfurien.
Früher kam der Obrigkeitsstaat mit Gummiknüppel und Pickelhaube, heute kommt er im Leinenjackett auf Birkenstocksandalen und mit einer Vollkaskoversicherungsmentalität. Es geht Maß und Mitte verloren, wenn keine liberale Kraft bremst. Deshalb gilt auch in Sachen Glasflaschenverbot für uns: Es herrscht nach wie vor erheblicher Klärungsbedarf, ob man dieses Flaschengesetz wirklich noch braucht. Aus diesem Grund stimmen wir Liberale einer Überweisung der beiden Anträge zu und freuen uns auf die Diskussion im Innenausschuss.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir sehen diesen Klärungsbedarf auch. Wir haben seinerzeit gegen das Glasflaschenverbot gestimmt. Wir haben damals durchaus das Problem gesehen, das Glasflaschen darstellen, wenn sie, meistens spontan, als Waffen zum Einsatz kommen. Das Verletzungsrisiko ist auf jeden Fall sehr groß und vor allem das Risiko, dass es zu schweren Verletzungen kommt, die gar nicht beabsichtigt waren, sondern im Affekt entstehen.
Nach mehr als dreieinhalb Jahren Glasflaschenverbot können wir jedenfalls konzedieren, dass der Rückgang der gefährlichen Körperverletzungsdelikte, bei denen Glasflaschen zum Einsatz kommen, evident ist. Die Zahl dieser Delikte ist von 2008, also dem Vorjahr des Verbots, bis 2012 um ein Drittel zurückgegangen, und zwar kontinuierlich. Das finde ich, auch wenn die Gesamtzahl klein ist, trotzdem viel.
Wir haben damals auch ein anderes Problem gesehen, nämlich das Eskalationspotenzial, wenn die Polizei Jugendlichen die Flasche wegnimmt und den Alkohol ausschüttet. Es kommt dann zu Menschenansammlungen, zu Aufruhr und so weiter. Diese Befürchtung scheint sich nicht bewahrheitet zu haben. Damit ist ein weiteres Argument, das uns damals bewogen hatte, gegen das Glasfla
schenverbot zu stimmen, zumindest derzeit entkräftet. Nach den Reden von Herrn Münster und Herrn Warnholz wachsen allerdings meine Zweifel, ob sie wirklich entkräftet sind.
Wir schließen uns dem Anliegen des Zusatzantrags der GRÜNEN an. Aber es geht uns nicht nur darum, wie groß der polizeiliche Aufwand für die Durchsetzung des Glasflaschenverbots ist, sondern wir möchten in diesem Zusammenhang – da kann ich ausnahmsweise einmal bei Herrn Ritter anknüpfen – vor allem wissen, wie intensiv die Grundrechtseingriffe sind, wie viele Menschen zum Beispiel verdachtsunabhängig durchsucht werden. Wir möchten wissen, ob der Großteil der Bußgelder verhängt wird, weil die Leute schon die Flasche in der Hand haben, also die Polizei ihnen auf der Straße begegnet, oder wie oft es vorkommt, dass jemand ein Bußgeld zahlen muss, obwohl er eine Flasche im Rucksack hat, die er gar nicht spontan als Waffe benutzen kann.
Diese Fragen möchten wir gern an den Ausschuss überweisen und ausführlich diskutieren, um die verschiedenen Argumente abzuwägen. Wir sind da offen, aber nach den Reden von Herrn Münster und Herrn Warnholz sind meine Zweifel wieder gewachsen.
Trotz der Zweifel sehe ich keine weiteren Wortmeldungen mehr, sodass wir unverzüglich zur Abstimmung kommen können.
Wer einer Überweisung der Drucksachen 20/7423 und 20/7571 an den Innenausschuss zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen? – Die Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das Überweisungsbegehren ist angenommen.
Wir kommen zum Punkt 41 der Tagesordnung, Drucksache 20/7398, Antrag der CDU-Fraktion: Ausbau Central Terminal Steinwerder – Planung jetzt!
[Antrag der CDU-Fraktion: Ausbau Central Terminal Steinwerder (CTS) – Planung jetzt! – Drs 20/7398 –]
Die Fraktionen der SPD und der FDP möchten diese Drucksache an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Ohlsen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zu Beginn meiner Rede zwei, drei Bemerkungen. Arno Münster und ich waren zwei Tage in Kiel zur Maritimen Konferenz. Die fro
he Botschaft für die deutschen Reeder ist, dass die Pool-Besteuerung wohl vom Tisch ist, wie die Kanzlerin uns mitgeteilt hat. Und zweitens ist der Nord-Ostsee-Kanal hier in guten Händen. Wir müssen aber unsere Haushälter, lieber Herr Tjarks, dort, wo sie tätig sind, nämlich in Berlin, motivieren, dieses zu begleiten.
Mich stört im Moment, dass bei diesem wichtigen Thema unser Wirtschaftssenator nicht anwesend ist. Ich hoffe und gehe einmal davon aus, dass er wichtige Termine hat, denn es geht wirklich um zentrale Themen in diesem Bereich. Ich halte die Anwesenheitspflicht eines zuständigen Senators für opportun und zweckmäßig.
Wie wir aus der Presse erfahren durften, plant der Senat beziehungsweise der Wirtschaftssenator einen Kreuzfahrtterminal im Bereich des mittleren Freihafens an einer Stelle, die ich nicht für gut halte, das heißt, an einer Stelle, wo es logistisch schwierig wird, einen Kreuzfahrtterminal für 50 Millionen Euro zu errichten. Im Grunde genommen ist hier nämlich die Verkehrsanbindung sehr, sehr schlecht. Die Fahrgäste, die nach Hamburg kommen, bekommen nicht den allerbesten Eindruck, weil sie hier auf riesengroße Schrottberge der Firma Buss sehen müssen.
Insofern halte ich diese Maßnahme, die wir aus der Presse erfahren haben, für nicht gut. Ich werde nachher noch im Einzelnen darauf eingehen. Wir müssen, sehr geehrte Damen und Herren und liebe Kollegen, auch im Parlament noch einmal darüber sprechen, denn es ist unstrittig, dass wir das dritte Kreuzfahrtterminal brauchen. Zum ÜberseeZentrum werden wir nachher noch ein paar Sätze verlieren.
Es reicht nicht, als Wirtschaftssenator und Strahlemann durch den Hamburger Hafen zu gehen, in jedes Mikrofon zu beißen, die heile Welt zu verkünden und dann mit solchen Nachrichten zu kommen. Das bringt uns nicht zusammen und es reicht nicht.
Mal unter uns, er ist nämlich leider Gottes nicht hier: Der Senator wäre gut beraten, sich auch einmal um sein Haus zu kümmern, denn da ist es nicht sehr gut bestellt. Wenn es da schon Wetten gibt, ob wir den Senator wieder auf Mikrofonsuche schicken sollten, damit wir unsere Ruhe im Hause haben, dann zeigt das, dass er seine Schwerpunkte vielleicht auch einmal ins Haus legen muss.
Zum Thema Hafenentwicklungsplan haben wir in diesem Hause eine ganze Menge erzählt und beschlossen. Der Senator hat mit vollmundigen Worten verkündet, dass dieser Hafenentwicklungsplan mit sehr, sehr großer Beteiligung der Hafenwirtschaft zustande gekommen sei und deshalb auch verspätet ist. Wir haben dieses damals zähneknirschend zur Kenntnis genommen, weil wir auch davon ausgehen durften, dass bei 95 Prozent des Inhalts des Hafenentwicklungsplans die CDU ihre Handschrift hinterlassen hat.
Was wir vermissen, lieber Herr Kollege Rose, ist ein ganzheitliches Konzept zur Entwicklung des mittleren Freihafens. Das haben wir mehrmals angemahnt und bisher keine entsprechenden Auskünfte bekommen. Es hat nämlich ein Markterkundungsverfahren stattgefunden, das international zur Kenntnis genommen wurde. Es wurden Ausschreibungen getätigt, die auch Ergebnisse gebracht haben. Und danach ruhte still der See und es passierte nichts.
Es ist auch im Sinne der Opposition, hier noch einmal nachzufassen und zu fragen, was nun passiert, wie die Zeitabläufe sind und was wir eigentlich mit dem mittleren Freihafen wollen, auch vor dem Hintergrund der gesamtwirtschaftlichen Situation, wie sie sich im Moment darstellt. Die Terminalbetreiber – ich nenne einmal Westerweiterung EUROGATE, Ertüchtigung Burchardkai im laufenden Betrieb, Tollerort und auch CTA – müssen auch die Ladungsströme für die nächsten Jahre bewältigen können.
Das heißt also, wir müssen nicht mit voller Kraftanstrengung ein riesengroßes Terminal im mittleren Freihafen errichten. Wir hätten viel Zeit und möchten den Senat bitten, uns ein Konzept zu geben, an dem wir uns politisch beteiligen können. Das ist bisher nicht geschehen und das ist schade.
Der geplante Bau des dritten Kreuzfahrtterminals im mittleren Freihafen blockiert das Ganzheitliche. Es wird nach meiner politischen Auffassung in den nächsten Jahren ein ganzheitliches Konzept nicht geben können, weil ein Provisorium für 50 Millionen Euro für einige Jahre errichtet wird, das im Grunde genommen die Gesamtentwicklung im mittleren Freihafen blockiert. Ich hätte gern diesbezüglich Antworten vom Senat. Leider Gottes ist der Wirtschaftssenator heute nicht anwesend.
Arno, es bringt doch nichts, wenn der Senat nur für den Papierkorb arbeitet. Das ist doch dummes Zeug, bei aller Liebe.