Protocol of the Session on March 27, 2013

Krebsregister sind Instrumente der Aufklärung, sie sind keinesfalls nur Stellen zum Sammeln, zum Archivieren oder gar zum Verstecken von Daten. Objektivierbare Informationen zum Krebsgeschehen sind medizinisch unverzichtbar, damit wir die therapeutischen Möglichkeiten auch kontinuierlich verbessern.

Wir werden bei diesen klinischen Krebsregistern den Behandelnden auch sehr schnell Rückmeldungen geben, und das wird auch Auswirkungen auf den klinisch-onkologischen Alltag haben. Wissenschaftliche Fragestellungen können hier verfolgt werden. Wir können angesichts des sehr differenzierten Erkrankungsgeschehens und einer immer individuelleren Chemotherapie zum Beispiel auch sehr schnell feststellen, welche Strategien denn wirklich erfolgreich sind, welche Patienten davon profitieren und welche vielleicht nicht. Damit haben wir eine Grundlage für Versorgungsforschung und auch für gesundheitspolitische Entscheidungen.

Selbstverständlich werden die Daten bundesweit einheitlich erhoben, und sie werden auch zusammengeführt, damit eine bundesweite Auswertung dieser Daten und ihre Nutzbarmachung möglich sind.

Die Etablierung eines klinischen Krebsregisters wird wirklich ein Quantensprung für die Qualität der Versorgung bei dieser schwerwiegenden Erkrankung sein.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben von Hamburger Seite aus starken Einfluss auf die Ausgestaltung des Bundesgesetzes genommen. Wir haben dafür gesorgt, dass die Länder insgesamt mehr Mitsprachemöglichkeiten bekommen, und wir haben in zähen Verhandlungen die Finanzierung für die Länder verbessert. Da

(Kersten Artus)

dieser neue Typ eines klinischen Registers vor allem der Qualitätssicherung dient, ist es auch richtig, dass die Mittel überwiegend von der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung gestellt werden. 90 Prozent der Mittel zahlt die GKV, und die privaten Krankenversicherungen sind zwar nicht verpflichtet, haben aber ihre Finanzierungsbereitschaft inzwischen zugesagt.

Auch die Meldevergütungen für die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und die Kliniken werden von den Krankenkassen bezahlt. Und die Deutsche Krebshilfe hat sich bereit erklärt, einen wirklich sehr maßgeblichen Beitrag zu den notwendigen Investitionskosten in den Ländern zu leisten.

So bleiben zum Schluss 10 Prozent der Kosten für die Länder. Das war nicht von Anfang an so vorgesehen, und das ist auch ein Verhandlungserfolg der Länder in diesem Prozess. Ich bin froh, dass wir die Mittel, 500 000 Euro pro Jahr, im Haushalt eingestellt haben, und sie werden auskömmlich sein für das klinische Krebsregister.

Deshalb haben wir auch dem Gesetz im Bundesrat zugestimmt, weil die Bedingungen gestimmt haben, die vorher mit uns verhandelt worden sind. Das ist doch vielleicht einmal ein Muster für andere Gesetze im Gesundheitsbereich, damit die dann auch erfolgreich den Bundesrat passieren.

(Beifall bei der SPD)

Selbstverständlich werden wir jetzt zügig ein notwendiges Landesgesetz erarbeiten. Ein ganz wichtiger Aspekt ist dabei der Datenschutz, aber auch der Punkt, dass die notwendige, kontinuierliche Erfassung von Einzelinformationen nach Möglichkeit nur mit einem geringen Zusatzaufwand für die Ärztinnen und Ärzte verbunden sein muss. Wir müssen uns wirklich auf das Wesentliche beschränken, damit Ärztinnen und Ärzte nicht durch unnötige Dokumentationen belastet werden.

Ich glaube, wir werden einen wichtigen Schritt hin zu einer solchen landesrechtlichen Lösung schon in der nächsten Woche machen. Da werde ich zusammen mit allen Beteiligten, also der Ärztekammer, der Krebsgesellschaft, der Krankenhausgesellschaft, der Kassenärztlichen Vereinigung und den Landesverbänden der Krankenkassen und Ersatzkassen eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen, in der wir uns auf wichtige Eckpunkte verständigen. Damit gehen wir einen großen Schritt voran.

Ich begrüße es sehr, dass ich Rückenwind aus der Bürgerschaft für dieses Vorhaben bekomme und dass es auch im inhaltlichen Sinne eine große Übereinstimmung gibt. Ich kann Ihnen sagen, Herr Stemmann, dass die Punkte, die Sie in fachlicher Hinsicht aufgelistet haben, selbstverständlich von uns verfolgt werden, vielleicht mit Ausnahme der Zusage, dass ich mich nicht durch das Krebsregister verpflichten kann, alle Arbeitsplätze im Ge

sundheitswesen in Hamburg zu sichern. Aber das, was Sie an fachlichen Anforderungen formuliert haben, ist das, was auch wir verfolgen, und das ist selbstverständlich.

Ich möchte gern mit dem klinischen Krebsregister erreichen, dass onkologische Patientinnen und Patienten in Hamburg die bestmögliche Versorgung bekommen. Mit datengestützten Erkenntnissen sind wir da auf einem guten Weg, und deshalb bedanke ich mich für die Unterstützung.

(Beifall bei der SPD – Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel übernimmt den Vorsitz.)

Herr Dr. Schinnenburg hat das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Zunächst ein Wort zu Ihnen, Frau Senatorin. Ich habe mit sehr großer Freude gehört, dass Sie die Dokumentation gering halten wollen. Wenn das tatsächlich so ist, dann haben Sie den großen Beifall der FDP-Fraktion. Aber wir werden natürlich schauen, ob es wirklich so sein wird.

Ich hatte mich aber vor allem zu Wort gemeldet, um zu Frau Artus etwas zu sagen. Frau Artus, es kommt mir nun wirklich schon wie eine Epidemie vor. Jedes Mal, wenn Sie reden, machen Sie üble Ausfälle gegenüber privaten Gesundheitsanbietern. Das können wir uns so nicht auf Dauer anhören. Es ist eine unglaubliche Art und Weise, wie Sie über die reden.

(Beifall bei der FDP – Zuruf von Kersten Ar- tus DIE LINKE)

Tausende von privaten Gesundheitsanbietern in Hamburg leisten hervorragende Arbeit, nur Sie belieben es, das zu diskreditieren. Darüber sollten Sie einmal nachdenken, so geht es nicht. Das ist der eine Punkt.

(Beifall bei der FDP und bei Birgit Stöver CDU)

Der zweite Punkt ist, dass Sie einfach etwas Falsches erzählt haben. Sie haben gesagt, es würde ein Zwang ausgeübt, an diesen Krebsvorsorgeuntersuchungen einschließlich Screening und Ähnlichem teilzunehmen. Frau Artus, lesen Sie bitte einmal genau nach, worum es hier geht. Lesen Sie die Drucksache 17/1221 des Deutschen Bundestags, 17. Wahlperiode, Seite 9. Dort wird beschrieben, wie Paragraf 62 SGB V geändert wird. In Paragraf 62 Absatz 1 Satz 3 Nummer 2 geht es genau um die von Ihnen beschriebenen Krebsvorsorgeuntersuchungen, und genau dieser Punkt wird gestrichen. Also gerade das, was Sie kritisiert haben, wird durch dieses Gesetz geändert. Das ist der erste Punkt, worüber Sie nachdenken sollten und worüber Sie sich genauer informieren sollten.

(Senatorin Cornelia Prüfer-Storcks)

Der zweite Punkt ist, dass es nicht um eine Pflicht geht, sondern schlicht und einfach um eine Belohnung. Bei Paragraf 62 SGB V geht es um eine finanzielle Belohnung derjenigen, die sich an Vorsorgeuntersuchungen beteiligen. Damit ist keine Pflicht verbunden, sondern ein Vorteil. Das ist die berühmte Belastungsgrenze, Sie kennen sie vielleicht, Frau Artus. 2 Prozent ist die maximale Selbstbeteiligung im Gesundheitswesen. Wer sich an Vorsorgeuntersuchungen beteiligt, für den wird die Grenze auf 1 Prozent gesenkt, aus meiner Sicht eine sehr sinnvolle Maßnahme. Es ist kein Zwang, sondern ein Anreiz zu gesundheitsbewusstem Verhalten. Und was Sie kritisiert haben, ist da gar nicht enthalten. Frau Artus, informieren Sie sich wenigstens erst einmal, bevor Sie reden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Christoph Ahl- haus und Dietrich Wersich, beide CDU)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksachen 20/7076 und 20/7393 an den Gesundheitsausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dem Überweisungsbegehren nicht stattgegeben.

Dann lasse ich jeweils in der Sache abstimmen. Zunächst zum Antrag der CDU-Fraktion aus der Drucksache 20/7393.

Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist der Antrag einstimmig angenommen.

Zunächst zum Antrag der SPD-Fraktion aus Drucksache 20/7076. Die Fraktion DIE LINKE möchte die Ziffer 1 des Antrags separat abstimmen lassen.

Wer möchte nun zunächst die Ziffer 1 des SPD-Antrags annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist die Ziffer 1 angenommen.

Wer schließt sich sodann den Ziffern 2 und 3 an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind auch die Ziffern 2 und 3 angenommen.

Ich rufe nun den Punkt 67 auf, das ist die Drucksache 20/7188, Antrag der CDU-Fraktion: Vollendung der Ortsumgehung Rissen, das ist die B 431, hier: Anmeldung für den neuen Bundesverkehrswegeplan 2015.

[Antrag der CDU-Fraktion: Vollendung der Ortsumgehung Rissen (B 431); hier: Anmeldung für den neuen Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2015 – Drs 20/7188 –]

Diese Drucksache möchten die Fraktionen der CDU und der GRÜNEN an den Verkehrsausschuss überweisen. Wer wünscht das Wort? – Herr Roock, bitte.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Unter Politik versteht die SPD in Hamburg seit eh und je ihre hilflosen Versuche, Brände zu löschen, die sie selbst gelegt hat. Oder sie ruft "Feuer, Feuer" und rennt dann schnell weg, weil ihr das Wasser zum Löschen fehlt. Das ist derzeit im Hamburger Westen zu besichtigen.

Anstatt die 1,5 Kilometer lange Brünschentrasse zwischen Rissen und Wedel schnellstens zu Ende zu bauen, wollte sie der Bürgermeister in aller Stille aus dem Verkehrswegeplan streichen lassen, und das angesichts einer für die Menschen im Westen nie dagewesenen Bedrohung.

(Beifall bei der CDU)

Bis zu 50 000 Pkws und Lkws werden mit Fertigstellung des Business Parks und weiterer Industrieansiedlungen in Wedel die ohnehin schon maximal belasteten Straßen und Wohnviertel in Rissen und Blankenese überfluten, Tag und Nacht, samstags wie sonntags. Und das weiß der Bürgermeister. Er weiß auch, dass Tausende Menschen ihres Grundrechts auf Ruhe und Schutz der Gesundheit und ihres Eigentums beraubt werden, Menschen, die hier Steuern zahlen und Eigentum erhalten, anstatt ebenfalls nach Wedel zu ziehen und Lärm und Dreck dem Hamburger Westen zu hinterlassen. Was ist denn Politik für den Bürgermeister? Ist es nicht die erste Pflicht des Politikers, an erster Stelle den Menschen zu sehen und nicht das Auto? Ist nicht auch politisch falsch, was moralisch nicht richtig ist?

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wow, Herr Roock! und Beifall)

Hat der Bürgermeister aus dem Stopp der Elbvertiefung durch das Verwaltungsgericht und aus der Millionenstrafe, die die Hamburger Steuerzahler als Folge der katastrophalen Verkehrspolitik früherer SPD-Senate nun für die Nichteinhaltung der EU-Richtlinie zur Luftqualität aufbringen müssen, nichts gelernt?

(Beifall bei der CDU)

Sollte es ihm tatsächlich entgangen sein, dass die Weltgesundheitsorganisation Dieselabgase bereits 2012 offiziell als krebserregend eingestuft und Stickoxide der Gefahrengruppe I zugeordnet hat? Die Mehrheit der Pendler und alle Lkw, mein lieber Herr Quast, nutzen diese 25 Kilometer langen Pendlerstraßen. Zwischen Rissen und Blankenese führen sie durch Wohngebiete und durch hochsensibles Wasserschutzgebiet, durch Naturschutzund Landschaftsschutzgebiete. Auch das ist dem Bürgermeister nicht fremd, genauso wenig wie die

(Dr. Wieland Schinnenburg)

Überschreitung der vorgeschriebenen Luftwerte, die auch durch unkontrolliertes Rasertum hervorgerufen werden

(Arno Münster SPD: Sie haben doch Tempo 60 in Altona eingeführt mit den GRÜNEN und kein anderer!)

und durch die Hinterlassenschaften des Schwerlastverkehrs, den er wider besseres Wissen durch Blankenese und Rissen leitet.

Arno, du kannst dich gleich noch einmal melden, wenn du etwas zu sagen hast.