Protocol of the Session on February 13, 2013

Ich persönlich werde dafür stimmen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD)

Bei der Gesamtabwägung ist mein Entschluss gereift, dass ich dafür bin. Aber ich will nicht denjenigen irgendwelche unhehren Motive unterstellen,

die dagegen sind. Ebenso wenig sollten diejenigen, die dagegen sind, nicht denjenigen unedle Motive unterstellen, die dafür sind.

(Beifall bei der FDP und bei Phyliss Demirel und Christa Goetsch, beide GRÜNE)

Herr Dr. Petersen, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte noch etwas sagen, weil dies eine Entscheidung ist, die für uns Demokraten eine wichtige ist.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Demokratin- nen!)

Und für Demokratinnen eine sehr wichtige ist.

Die Entscheidung erinnert mich daran, dass es die Deutsche Demokratische Partei war, die 1919 zusammen mit den Sozialdemokraten das Wahlrecht für Frauen eingeführt hat.

Wer sich einmal die Mühe gemacht hat, in die Protokolle der Auseinandersetzungen in der damaligen Bürgerschaft zu schauen, der wird feststellen, dass sich das eine oder andere Argument, das dort angeführt wurde, heute wiederfindet.

(Dora Heyenn DIE LINKE: Genau!)

Wenn man bedenkt, was für eine Errungenschaft es gewesen ist, Frauen das Wahlrecht zu gewähren und wie es unsere Demokratie gestärkt hat, dann möchte ich doch darauf hinweisen – Herr Scheuerl hat uns direkt angesprochen und Herr Schinnenburg hat auch darauf hingewiesen –, dass ich, Herr Scheuerl, mit aller Schärfe zurückweise, dass diejenigen, die jetzt dafür stimmen, dafür sorgen werden, dass die NPD über 1 Prozent kommt und gestärkt wird.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN- KEN und der FDP)

Diese Argumentation ist nicht nur sehr populistisch, sondern sie trifft mich auch als Parlamentarier. Sie versucht nämlich, aus dem Bauch heraus darzustellen, dass diese Entscheidung zu dieser schwierigen Situation führt. Dies unterstellt, dass die Jugendlichen, die jetzt die Chance haben, die Wahl vorzunehmen, diese Parteien und vor allen Dingen besonders die NPD wählen. Es ist unsere Aufgabe, vor allen Dingen unsere Aufgabe als Eltern, Herr Scheuerl, unsere Kinder darauf hinzuweisen, welche politischen Möglichkeiten sie haben, was sie wählen können und welche Probleme daraus entstehen. Dass Sie sich hinstellen und diesen Jugendlichen unterstellen,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Richtig!)

sie würden die NPD in die Rathäuser bringen, ist in höchstem Maße populistisch und geht überhaupt nicht.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN- KEN und der FDP)

Natürlich fällt diese Aufgabe uns allen zu und nicht nur der Schule, sondern auch uns Eltern und allen, die wir an der Gesellschaft teilnehmen.

(Nikolaus Haufler CDU: Und wer ist jetzt ge- scheitert an dieser Aufgabe?)

Ich hoffe nicht, dass Sie scheitern an dieser Aufgabe. Ich hoffe, dass Sie mit Ihren Kindern – ich weiß nicht, ob Sie Kinder haben – so umgehen, dass Sie sie politisch aufklären.

Ich kenne nicht nur meine drei Söhne, sondern ich kenne auch viele Kinder, die bei mir in der Praxis sind. Ich finde die Unterstellung, dass diese Kinder nicht in der Lage seien zu unterscheiden, was sie denn tun, wenn sie wählen, den Kindern gegenüber in höchstem Maße unfair und falsch.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN- KEN und vereinzelt bei der FDP)

Zu Herrn Schinnenburg: Schauen Sie noch einmal nach, was Ihre Vorgängerpartei, die Deutsche Demokratische Partei, 1919 und in den folgenden Jahren geleistet hat. Es war immer möglich, dass es verschiedene Meinungen gegeben hat, aber wie Herr Scheuerl sich heute hier hingestellt hat, das hat es nie gegeben. Ich hätte mir gewünscht, dass sich auch von Ihnen jemand hier hingestellt und gesagt hätte: Das geht nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

Jetzt hat Herr Wersich das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte für meine Fraktion feststellen, dass hier niemand Wählerschelte betrieben hat

(Lachen bei der SPD, den GRÜNEN, der FDP und der LINKEN und Zurufe)

hören Sie bitte einmal zu –, sondern wir haben vor der realen Gefahr gewarnt, dass Extremisten von links und rechts die Schulhöfe dieser Stadt für ihre Agitation nutzen werden.

(Beifall bei der CDU)

Wir erleben doch jetzt schon das Verteilen von rechtsradikaler Musik und rechtsradikalen Schriften. Ich sage Ihnen – und da hat Herr Scheuerl nicht unrecht –: Das ist eine Einladung an extremistische Kräfte,

(Zurufe von der SPD)

(Robert Bläsing)

auf 16- und 17-Jährige agitatorisch zuzugehen. Davor muss man warnen dürfen, wenn ein solches Gesetz zur Abstimmung steht.

(Beifall bei der CDU – Glocke)

Verzeihen Sie, Herr Wersich. Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, keine Zwischenfrage, es hat jeder die Möglichkeit, sich zu äußern.

Das muss man aushalten, wenn man eine solche Gesetzesänderung macht.

(Zuruf von Antje Möller GRÜNE)

Nein, es geht um eine reale Gefahr, und wir werden uns dieser Gefahr in der Stadt stellen müssen.

Wenn wir wissen, dass mitunter die Glaubwürdigkeit von Schule und Lehrern gegenüber außerschulischen Agitatoren nachgelassen hat, dann ist das eine reale Gefahr bei 16- und 17-Jährigen.

(Beifall bei der CDU – Karin Timmermann SPD: Das hat doch mit den jungen Leuten nichts zu tun!)

Nein, aber es hat etwas damit zu tun, dass es den Anreiz erhöhen wird, genau auf diese Wählergruppe zuzugehen, insbesondere wenn gleichzeitig die 3-Prozent-Hürde bei den Bezirksversammlungswahlen abgeschafft worden ist.

(Wolfgang Rose SPD: Dagegenhalten! Angst vor den Rechtsradikalen – das ist nicht gut!)

Bitte sorgen wir gemeinsam dafür, dass wir uns gegen diese Tendenzen wappnen.

(Zuruf von Jens Kerstan GRÜNE – Glocke)

Meine Damen und Herren! Lassen Sie doch Herrn Wersich einmal seinen Gedanken zu Ende formulieren.

Sie können nicht beklagen, dass Herr Scheuerl etwas gegen die Wähler sagt, wenn von Ihrer Seite ständig solche Äußerungen über andere Wähler in diesem Haus gemacht werden. Das ist keine Lösung dieses Konflikts. Bitte bleiben Sie bei der Sache. Lassen Sie uns den Gefahren ins Auge sehen.

Ein zweiter Punkt, der Vergleich mit dem Frauenwahlrecht. Der Vergleich hinkt nicht nur, er ist völlig unpassend. Ein 16-Jähriger wird 18 und dann kann er wählen und gewählt werden. Bei der Einführung des Frauenwahlrechts ging es darum, dass einem Menschen, egal wie alt und wie reif er war, grundsätzlich die Bereitschaft und die Fähigkeit zur Wahl abgesprochen wurde. Dieser Vergleich ist schlicht

weg unzulässig, weil er wirklich jeder Substanz entbehrt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)