Protocol of the Session on February 13, 2013

Herr Hesse, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Pochnicht, als Sie den Antrag der SPD-Fraktion eingereicht haben, habe ich mich gefragt, ob das jetzt der Auftakt für eine neue Radverkehrspolitik ist. Wenn ich mir allerdings die Senatsbank ansehe, hoffe ich, dass sich der Bürgermeister Radwege oder Ähnliches auf seinem iPad anschaut. Herr Krupp ist da, aber der zuständige Fachsenator fehlt und der zuständige Staatsrat auch. Beim Senat scheint Radverkehrspolitik zumindest noch nicht so angekommen zu sein, wie es bisher bei den Vorgängersenaten war.

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN, der LIN- KEN und der FDP – Olaf Ohlsen CDU: Da ist dir übel geworden!)

Und auch Sie, lieber Kollege Pochnicht, meinen es sicherlich gut mit all dem, was Sie vorgetragen haben, das will ich Ihnen gar nicht absprechen. Sie saßen auch im letzten Radverkehrsforum mit uns Kollegen zusammen, aber Sie haben dort doch schon festgestellt, woran es hapert in unserer Stadt. Es hapert doch nicht an Ideen, beispielsweise irgendwelche Fahrradabstellanlagen zu erweitern, es hapert an Personal. Die Behörde hat uns eindeutig und glasklar gesagt, sie hätte keine Leute, um die Radverkehrsstrategie umzusetzen. Das waren die Aussagen der Fachbehörde. Aber Sie sagen jetzt, Sie hätten ganz tolle, neue Ideen, die Sie übrigens in der Radverkehrskonzeption so auch schon finden.

(Zuruf von Dr. Till Steffen GRÜNE)

Es ist schön, dass der Verkehrssenator auch gekommen ist, das gibt noch ein bisschen Hoffnung.

Sie stellen sich hin, Herr Pochnicht, und fordern etwas, das man theoretisch auch in der Radverkehrskonzeption nachlesen kann. Da braucht man gar nicht den nationalen Radverkehrsplan 2020 zu bemühen, den die Bundesregierung aufgestellt hat. Insofern ist dieser Antrag ein Armutszeugnis, wenn das Ihre Radverkehrspolitik in dieser Legislaturperiode darstellen soll.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU – Dirk Kienscherf SPD: Miesmacher!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich diesen Antrag genau ansieht, dann findet man tatsächlich sehr, sehr spannende Sätze, die ihn eigentlich entlarven – ich zitiere –:

"Langfristig ist ein Bike-and-ride-Entwicklungskonzept für die gesamte Stadt anzustreben."

Lieber Herr Pochnicht, was ist denn bei Ihnen langfristig? In welche Richtung soll es denn da gehen? In zwei, drei, vier oder fünf Jahren? Sie haben den Kollegen Steffen angesprochen und nahezu angeklagt, dass er versucht hat, mit seinem Zusatzantrag feste Quoren und auch einmal etwas Greifbares zu formulieren. Sie jedoch formulieren, ein gesamtstädtisches Bike-and-ride-Entwicklungskonzept solle entwickelt werden. Es gibt keine Aussage, was darin stehen soll und bis wann es geschehen soll.

Sie fordern in Punkt 2 zu prüfen, es ist also ein Prüfauftrag, wie eine Umsetzung ähnlich wie bei Park and ride aus einer Hand erfolgen kann. Bis wann das geschehen soll und wie es aussehen soll, fehlt, es ist substanzlos, was Sie vorgelegt haben. Es ist vielleicht gut gemeint, führt uns aber in der Sache keinen Schritt weiter.

(Beifall bei der CDU)

Dieser Antrag zeigt einmal wieder, dass es gut ist, dass es ein Radverkehrsforum gibt. Lieber Kollege Steffen, wir werden auch Ihrem Antrag nicht zustimmen können. Ich hatte nämlich den Eindruck, dass er ein bisschen aus der Hüfte geschossen ist. Man hat anscheinend Substanz hineinbringen wollen und wollte ein paar Quoren festlegen, in welche Richtung man sich das vorstellen könnte. Ich glaube, dass das Thema viel zu ernst ist, als dass man mit diesen beiden Anträgen versucht, es zu besetzen. Wir müssen uns mit diesem Thema intensiv im Radverkehrsforum beschäftigen.

Ich glaube auch, dass das Park-and-ride-Konzept, das wir bisher haben, dringendst überarbeitet werden muss. Gerüchteweise hört man immer, dass irgendwann zum Thema P+R etwas vom Senat komme. Vielleicht war es schon so eine Art Anschub, Bike and ride dort mit aufzunehmen. Aber das, was wir heute diskutieren werden und was Sie vorgelegt haben, reicht bei Weitem nicht. Nehmen Sie sich Beispiele an anderen Städten wie Kiel, die sich bei Radverkehrsabstellanlagen sehr positiv darstellen.

(Karin Timmermann SPD: Deswegen haben Sie das 10 Jahre verschleppt!)

Sie wurden auch gerade bei einem Fahrrad-Klimatest entsprechend benotet. Die Stadt hat gesagt, sie wolle Public Private Partnership, und wer vor seinem Geschäft eine Abstellanlage aufbauen wol

(Lars Pochnicht)

le, für den kümmere sich die Stadt um die Genehmigung und all das, was städtisches Interesse sei. Derjenige, der diese Anlage aufstellen wolle, müsse nur den Fahrradständer bezahlen. Damit erhält man mehr Fahrradabstellanlagen, aber mit Ihrem Antrag definitiv nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Herr Dr. Steffen, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist nicht so einfach mit der Förderung des Radverkehrs. Es ist ein Prozess, den wir in dieser Wahlperiode durchmachen und es gibt einen großen Konsens. Auf die Frage nach der Schaffung von Velorouten hat uns der Senat gesagt, die ganzen Straßen umzubauen wäre sehr schwierig, das ginge nicht, man könne das so schnell nicht machen, vielleicht eine pro Jahr, und dann wäre man schon in zehn Jahren damit fertig. Wir haben dann alle vorgeschlagen, dann doch anlässlich der Sanierung von Straßen etwas zu tun. Wenn die SPD jetzt den Plan habe, in Windeseile alle Straßen aufzureißen und wieder neu zu sanieren, dann könnte man doch bei der Gelegenheit etwas für den Radverkehr tun. Nun ist die Behörde sehr kreativ geworden im Finden von Begründungen, warum das nicht gehe und man nicht bei der Gelegenheit des Asphaltierens vernünftige Fahrradstreifen schaffen könne. Momentan wird der größte Ehrgeiz darauf verwendet, noch genauer zu begründen, warum das nicht geht.

Jetzt hat die SPD-Fraktion gedacht, sie könne es noch ein bisschen einfacher machen, denn bei diesen ganzen Fahrradstreifen und Ähnlichem müsse man doch wirklich viel überlegen und argumentieren. Jetzt will sie das Einfachste machen, nämlich Abstellanlagen für den Radverkehr. Deswegen will ich auch gar nicht so harsch sein, wie Herr Hesse es formuliert hat. Auf diesem behutsamen Weg in Richtung Förderung des Radverkehrs möchte ich die SPD-Fraktion ausdrücklich unterstützen. Wir stimmen Ihrem Antrag zu.

Man konnte in der Tat sehr langsam zählen, bis man diesen Antrag auf die Welt kommen sah. Günter Elste rennt seit einem Jahr mit der These herum, dass derjenige, der ein großes Interesse daran habe, dass vernünftige Abstellanlagen für Fahrräder existieren, auch mit der Betreuung dieser Abstellanlagen betraut werden sollte. Und genau das schimmert jetzt durch, dass nun die Hochbahn diese Aufgabe bekommen soll. Also haben Sie doch nach einem Jahr hingehört, was Ihnen Ihr Parteifreund Günter Elste in den Block diktiert hat. Es ist eine wunderbare Idee, die Hochbahn soll das meinetwegen gern machen an den Schnellbahnhaltestellen. Insoweit haben Sie das noch ge

rade rechtzeitig, bevor der Senat es selbst macht, in einen parlamentarischen Antrag gegossen.

Aber wir als Bürgerschaft sollten mehr sagen. Wenn schon die Bürgerschaft die allerletzte Möglichkeit nutzt, einen ohnehin im Prozess befindlichen Vorgang parlamentarisch zu begleiten, dann sollten wir als Bürgerschaft auch etwas sagen zu der Richtung. Deswegen haben wir den Antrag geschrieben. Wir haben eine Reihe von Punkten zusammengetragen, die uns schon länger unter den Nägeln brennen, was das Thema Abstellanlagen für Fahrräder betrifft. Wir meinen, dass Pedelecs, also elektrounterstützte Fahrräder, sehr große Potenziale in Hamburg haben. Hamburg ist keine ganz kleine Stadt, es gibt teilweise sehr weite Strecken, die die Menschen überwinden müssen. Es gibt auch in Hamburg Ecken, in denen man nicht nach fünf Minuten Fußweg eine U-Bahn oder S-Bahn erreicht hat, sondern wo die Distanzen zu einer leistungsfähigen Bahnanbindung etwas größer sind. Da ist es natürlich für die Menschen interessant, gerade für diejenigen, die nicht mehr so fit sind, nicht nur mit dem Fahrrad zu fahren, sondern eben mit einem Pedelec, das ihnen eine gewisse Unterstützung beim Radfahren gibt. Die entscheidende Hürde ist die Frage, wie man dieses etwas teurere Gefährt dann auch sicher abstellen kann. Deswegen müssen wir darauf reagieren mit entsprechend dafür ausgerüsteten Abstellanlagen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das zweite Thema ist die Frage, was die Unterbringung von Fahrrädern kostet. So etwas muss nicht immer kostenlos sein. Wir finden es allerdings merkwürdig, wenn an der gleichen Schnellbahnhaltestelle einerseits Park and ride für Autos kostenlos angeboten wird und Bike and ride für die Fahrräder etwas kosten soll. So ist es gegenwärtig in Bergedorf. Das muss in sinnvoller Weise aufeinander abgestimmt werden. Es kann nicht sein, dass wir das wesentlich teurere Parkhaus für die Autos kostenlos anbieten und die wesentlich günstigere Unterbringung von Fahrrädern kostenpflichtig machen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Hier muss der Senat dafür sorgen, dass dieses Bike-and-ride- und das Park-and-ride-Konzept auch unter Gerechtigkeitsgesichtspunkten zusammenpassen.

Ein letzter Punkt, den Herr Pochnicht richtig angesprochen hat. Es war eine nicht ganz leichte Geburt, dass der Bezirk sich dazu entschlossen hat, die Fahrradstation an der Universität, Dammtor/ Rotherbaum, zunächst einmal vorläufig zu sichern. Handeln musste der Bezirk, weil der Senat diese Fahrradstation eingehen lassen wollte. Er hat die Arbeitsmarktmittel herausgezogen und sich keine Gedanken darüber gemacht, wie diese Station weiter existieren könnte. Sie ist tatsächlich das erste

(Klaus-Peter Hesse)

Beispiel für eine solche Fahrradstation in Hamburg, quasi das Vorbild für das, was jetzt in Bergedorf geschaffen wurde. Diese Station wäre eingegangen, wenn der Bezirk nicht eingegriffen hätte. Der Senat hat sich erst einmal gar nicht um diese Angelegenheit gekümmert. Wir hatten das Thema auch in der Bürgerschaft, aber es wurde nicht aufgegriffen. Jetzt ist der Bezirk in die Bresche gesprungen, aber er hat keine Mittel, um das dauerhaft zu finanzieren. Dieses Zeitfenster, das jetzt entstanden ist durch die Intervention des Bezirks, sollte nun genutzt werden. Die Bürgerschaft sollte dem Senat ganz klar sagen, dass sie erwartet, dass diese sinnvolle Einrichtung auf Dauer erhalten bleibt. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Schinnenburg, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Dr. Steffen, Sie wissen doch: Politiker soll man nicht an ihren Worten messen, sondern an ihren Taten. Und was für einzelne Politiker gilt, gilt auch für Parteien insgesamt.

Ich darf Sie daran erinnern, dass Ihre Partei bis Ende 2010 nicht nur am Senat beteiligt war, sondern auch noch die zuständige Senatorin stellte. Frau Kollegin Suding und ich haben einmal nachgefragt, was denn zu Ihrer Zeit für Bike-and-ridePlätze ausgegeben wurde; Sie können es in Drucksache 19/2070 nachlesen. Es waren im Jahr 2010 genau 100 000 Euro. Donnerwetter, das ist richtig viel,

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

wenn man dann noch weiß, wie viel ein Bike-andride-Platz kostet. Es waren immerhin 80 Plätze, die Sie geschaffen haben, mehr als einen pro Woche. Ich sehe jetzt noch die Schweißperlen auf der Stirn der GRÜNEN.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Nein, da waren die doch noch gar nicht im Senat!)

Viele Worte für Fahrräder, aber wenig Handlung, wenn Sie an der Macht sind. Das ist kein gutes Zeugnis, Herr Dr. Steffen.

(Beifall bei der FDP)

Nun aber zum Antrag. Herr Hesse, seien Sie nicht ganz so streng. Ich finde es ganz gut, dass die SPD jetzt das Thema Fahrrad und Bike and ride für sich entdeckt hat. Die FDP begrüßt das, aber die Einzelheiten sind schon ein bisschen schwierig. Kollege Duwe und ich hatten hierzu schon vor langer Zeit eine Schriftliche Kleine Anfrage gestellt, Drucksache 20/3038. Da kam heraus, dass die meisten Bike-and-ride-Anlagen völlig überlastet sind. Der Senat meinte sogar mitteilen zu müssen

das mag sogar richtig sein –, dass in den meisten Fällen der überlasteten Bike-and-ride-Plätze nicht einmal eine Erweiterung möglich sei. Kurz gesagt: Sie haben sich da einiges vorgenommen. Dennoch finden wir es gut, dass Sie etwas machen wollen.

Der nächste Punkt wurde auch schon erwähnt. Der Senat erwägt – immerhin ist es noch eine Erwägung, es besteht also noch Hoffnung –, für Parkand-ride-Anlagen, also für die Autoversion, künftig Geld zu nehmen. Das hatten wir schon diskutiert, es ist aus unserer Sicht völlig kontraproduktiv. Genauso kontraproduktiv wäre es natürlich auch, wenn Bike-and-ride-Plätze Geld kosten würden. Wenn man Autofahrer dazu bringen will, auf den öffentlichen Personennahverkehr umzusteigen, dann müssen solche Plätze kostenlos sein.

(Beifall bei der FDP)

Sie ziehen selbst immer den Vergleich zu Parkand-ride-Anlagen, und es lässt nichts Gutes vermuten, wenn man bedenkt, was Sie dort machen wollen. Sie wollen vier Park-and-ride-Anlagen schließen, in Barmbek, Berliner Tor, Dehnhaide und Hasselbrook. Diese Stationen sind nicht etwa nicht ausgelastet, sie sind an der Grenze ihrer Kapazität, also vom Bürger sehr gut angenommen, und die wollen Sie schließen. Das ist kein gutes Omen für Ihr Bike-and-ride-Konzept.

Ein weiterer Punkt. Sie wollen – und dieser Punkt unterscheidet uns deutlich von Ihnen – offensichtlich die Bezirke ausschalten. Zentral aus einer Hand klingt zwar ganz gut, aber es gilt doch der Grundsatz: Vor Ort kann man viel besser Politik machen. Ich glaube, dass die Bezirke besser entscheiden können, manchmal sogar die Regionalausschüsse, wo eine Bike-and-ride-Anlage hinkommen soll, wer sie betreiben soll und wie es genau funktionieren soll. Eine Ausschaltung der Bezirke gerade in diesem Bereich, sowohl bei P+R als auch bei B+R, lehnt die FDP rundheraus ab.

(Beifall bei der FDP)

Zur Antragslage. Wir werden dem ersten Punkt zustimmen. Herr Hesse und andere haben zu Recht ausgeführt, dass es ziemlich dünn ist, was Sie da schreiben, aber besser ein bisschen als gar nichts. Also werden wir Punkt 1 zustimmen.

Punkt 2, das wird Sie nicht überraschen, werden wir ablehnen, weil darin die Ausschaltung der Bezirke enthalten ist. Deshalb beantragen wir übrigens auch eine ziffernweise Abstimmung.