Protocol of the Session on February 13, 2013

(Beifall bei der SPD – Katja Suding FDP: Nein, bei uns nicht!)

Na ja, wir können uns nicht über jede Partei freuen.

Dem Engagement des Ersten Bürgermeisters verdanken wir auch, dass die Länder durch den Bund von eventuellen Sanktionen freigestellt werden, wenn es in der Summe nicht gelingt, die verschärfte und bereits ab 2014 wirkende europäische Schuldenbremse des Fiskalpakts einzuhalten.

Im öffentlichen Blickfeld aber stehen vor allem die Bund-Länder-Finanzbeziehungen, nachdem Bayern und Hessen kurz vor der Einbringung einer Verfassungsklage gegen den noch bis 2019 geltenden Länderfinanzausgleich stehen. Diese Klage ist kontraproduktiv, weil sie die Glaubwürdigkeit und Dignität politischer Vereinbarungen von Ländern untergräbt.

(Beifall bei der SPD – Vizepräsidentin Kers- ten Artus übernimmt den Vorsitz.)

Die heutigen Regelungen zum Länderfinanzausgleich gelten noch bis 2019 und wurden damals auch mit den Stimmen von Bayern und Hessen beschlossen. Vor allem aber halte ich es für fragwürdig, dass Gerichte richten sollen, was politisch auszuhandeln ist, zumal am Ende dann doch die politische Vereinbarung – ein oder mehrere Gesetze – stehen muss. Die Klage streut also eher Sand ins Getriebe, als sich mit der Problematik angemessen auseinanderzusetzen.

(Beifall bei der SPD)

Schließlich haben die Ministerpräsidenten längst den Zeitplan verabredet und die Themen formuliert, anhand derer die Neuregelung diskutiert werden soll. Bayern und Hessen bringen auch keine neuen Ideen ein, sondern treten vor allem mit Sprüchen in Erscheinung, was die Vermutung nährt, dass die Klage letztlich dem Wahlkampf in den beiden Ländern geschuldet ist. Das ist bei diesem Thema nicht gut,

(Beifall bei der SPD)

gerade dann nicht, wenn wir doch alle gemeinsam zu Modifizierungen kommen wollen und auch über die eine oder andere Veränderung diskutieren wollen. Beim Länderfinanzausgleich handelt es sich nur um eine von vier Stufen eines komplexen Verfahrens zur Steuerverteilung unter den Ländern. Mit einem Umverteilungseffekt von 7 bis 8 Milliarden Euro ist diese Stufe zudem die mit dem geringsten Volumen. Grundlage des Länderfinanzausgleichs ist Artikel 107 Absatz 2 Grundgesetz, der bestimmt, dass durch das Gesetz sicherzustellen ist, dass die unterschiedliche Finanzkraft der Länder angemessen ausgeglichen wird. Das heißt, die Starken helfen den Schwachen oder einfach nur Solidarität unter den Bundesländern. Von dieser Solidarität hat sich Bayern, das jahrzehntelang davon profitiert hat und dessen moderne Industrie mit den Mitteln aus der alten Industrie an Rhein und Ruhr und auch aus den Häfen in Hamburg und Bremen finanziert worden ist, nun erst einmal verabschiedet.

Auch die Argumente, die vorgebracht werden, sind nicht immer sauber, wenn zum Beispiel behauptet wird, dass zusätzliche Steuereinnahmen zu einem hohen Anteil von den Nehmerländern abgenommen werden. Die jüngsten Veröffentlichungen des Bundesministeriums für Finanzen belegen nämlich, dass Bayern beispielsweise 2012 Steuermehreinnahmen von 3 Milliarden Euro gegenüber 2011 verbuchen kann, wovon ganze 250 Millionen Euro – auch viel Geld, aber eben unter 10 Prozent – tatsächlich in den Länderfinanzausgleich einfließen.

Wir treten für einen kooperativen Föderalismus ein. Das schließt eine Fortentwicklung des Länderfinanzausgleichs nicht aus. 2020, 30 Jahre nach der Einheit, stellen sich viele Fragen anders als 2001, als die heute angewandten Regelungen beschlossen wurden. Wir wollen eine nachhaltige Fortentwicklung der Finanzbeziehung zwischen Bund und Ländern, die die stadtstaatlichen Besonderheiten weiter adäquat abbildet, denn auch diese werden infrage gestellt. Dabei wollen wir den Handlungsspielraum der Länder und damit das Budgetrecht der Parlamente stärken. Dieses umfasst nicht nur den Länderfinanzausgleich im engeren Sinne, sondern die Bund-Länder-Finanzbeziehungen insgesamt. Hamburgs Interessen sind auf Bundesebene durch den Ersten Bürgermeister hervorragend vertreten, gleichwohl ist die Forderung der Landtags

präsidentinnen und –präsidenten berechtigt, auch die Landesparlamente gleichberechtigt in die Verhandlungen einzubeziehen,

(Katja Suding FDP: Was denn nun?)

wenn es um die finanziellen Gestaltungsspielräume der Länder und damit auch der Länderparlamente geht.

(Beifall bei der SPD)

Wir halten es für angemessen und erforderlich, dass der Haushaltsausschuss sich regelmäßig mit dem Sachstand befasst und wir dort möglicherweise auch in tiefere Diskussionen einsteigen. Wir selbst haben in der zweiten Jahreshälfte Gelegenheit, unser Budgetrecht neu auszutarieren, wenn wir im Rahmen des neuen Haushaltswesens nach SNH mit einer modernen Landeshaushaltsordnung auch hier weitere Schritte gehen werden. Ich freue mich schon auf die Diskussionen mit Ihnen zu beiden Themen.

(Beifall bei der SPD)

Herr Kreuzmann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Quast, das war ein rhetorischer Fehlversuch, bestimmte Aspekte dieser Bund-Länder-Vereinbarung gezielt auszublenden. Sie haben mit Ihren Argumenten in eine bestimmte Richtung gelenkt, die nach meinem Kenntnisstand nicht unbedingt der Sachlage entsprechen. Die Reaktion Bayerns und Hessens, auf die Sie hier mehrfach versucht haben, parlamentarisch einzuprügeln, ist eine Entscheidung, die einer Anregung aus Karlsruhe gefolgt ist, dass die Länder sich doch bitte einmal kritischer mit dieser Sache auseinandersetzen sollen. Das ist zumindest ein Teilaspekt, den Sie hier ausblenden, der aber ein wichtiger Sach- und Tatbestand ist, weshalb Bayern und Hessen diesen Schritt unter anderem gegangen sind. Und es sind nicht nur Bayern und Hessen, inzwischen ist im November auch Sachsen ganz kritisch mit den möglichen neuen Vereinbarungen umgegangen und hat sich – auch sachlich begründet und aus wissenschaftlicher und finanzpolitischer Sicht durchaus berechtigt – aus diesen avisierten Zielen erst einmal zurückgezogen.

Sie haben im Weiteren das Anliegen, das Parlament und seine Haushaltsautonomie zu stärken, völlig zu Recht unterstützt, und das unterstützen wir auch. Wir sind sehr dafür, dass das Budgetrecht der Parlamente nicht angetastet wird, sondern in Zukunft stärkere Berücksichtigung findet. Das muss sich aber letztendlich dann auch in einem Stimmrecht der Länder abbilden, was zurzeit noch nicht vereinbart worden ist. Das Engagement des Bürgermeisters als Vermittler haben Sie her

vorgehoben, das können wir auch begrüßen, denn Hamburg kennt beide Seiten des Länderfinanzausgleichs, einerseits als Geberland und dank der SPD-Regierung nun auch als Nehmerland.

Aber Ihre künstliche Aufregung über die Verfassungsklage von Bayern und Hessen ist, wie ich schon sagte, nicht unbedingt vollständig nachvollziehbar, denn im Bericht des Haushaltsausschusses kritisieren Sie, dass durch Entscheidungen im Bund und im EU-Parlament wegen der Schuldenbremse oder des Fiskalpaktes die Gestaltungsspielräume und damit die Budgethoheit der Landesparlamente eingeschränkt werden. Wenn aber Berlin als Stadtstaat beschließt, zum Beispiel ein Begrüßungsgeld für hineinziehende, sich anmeldende Studenten zu zahlen, dann müssen wir uns immer vor Augen halten, dass Bayern dafür unter anderem die Zahlungen übernimmt, und dann kann an dieser Stelle schon nicht mehr unbedingt von einer Budgethoheit des Bayerischen Landtags gesprochen werden.

(Zuruf von Matthias Albrecht SPD)

Herr Albrecht, Sie sollten vielleicht im Haushaltsausschuss dann auch einmal Ihre Wortbeiträge zur Äußerung bringen und nicht als parlamentarische Zwischenrufe, die bei mir leider Gottes nicht angekommen sind.

(Matthias Albrecht SPD: Immer weiter fröh- lich!)

Sie arbeiten daran, das hoffe ich.

Ich erinnere mich einige Jahre zurück an eine ziemlich ungute Stimmungslage, als in Hamburg eine erneute Olympiabewerbung diskutiert wurde und auch Berlin diese Absicht verkündete. Gleichzeitig berieten wir damals in der Hamburgischen Bürgerschaft über einen Nachtragshaushalt in Höhe von 295 Millionen Euro, die wir zusätzlich in den Länderfinanzausgleich einzahlen mussten. Ich wurde damals mehrfach von Bürgern auf der Straße mit der Frage angesprochen, ob wir damit unter anderem die Olympiabewerbung für Berlin mitfinanzieren wollten. Das ist die Stimme auf der Straße, und wir müssen uns dafür rechtfertigen und Argumente finden, wie wir dem Bürger solche Maßnahmen erläutern.

(Beifall bei der CDU)

Ich gebe zu, und Herr Quast hat das auch angesprochen, dass die Länder natürlich untereinander solidarisch sein müssen und wir für gleiche Lebensbedingungen sorgen müssen. Aber es erschließt sich mir nicht unbedingt, dass ein Begrüßungsgeld, eine Olympiabewerbung oder ein kostenloses Mittagessen in der Kita etwas mit gleichen Lebensbedingungen zu tun haben muss. Das sind prinzipielle Extras, die man machen kann, wenn man sie sich leisten kann. Erfolg darf – das müssen wir bei allen Diskussionen immer berücksichti

(Jan Quast)

gen – nicht bestraft werden. Wenn man bedenkt, dass die Verhandlungen für den zurzeit geltenden Länderfinanzausgleich sechs Jahre angedauert haben, dann kann man schon verstehen, dass die Zeit nun langsam drängt und Fortschritte in den Verhandlungen erzielt werden müssen, zum Beispiel das Stimmrecht, unmittelbare Länderbeteiligung und nicht nur Rederecht.

Meine Fraktion jedenfalls kann Verständnis für die Schritte Bayerns und Hessens aufbringen, und darum werden wir Ihrem Punkt 2 des Antrags nicht zustimmen. Auch der Punkt 3 findet nicht unsere Zustimmung, bei Deutschland-Bonds führen wir inzwischen die gleiche Diskussion wie bei EuroBonds. Das unterschiedliche Zinsniveau bei den Anleihen ist prinzipiell ein Indikator für die Leistungsfähigkeit und das Rating der Landeshaushalte. Risikozuschläge gibt es doch nur dort, wo die Hausaufgaben nicht gemacht werden. Würde dies vereinheitlicht werden, so wie es in der Planung ist, womöglich mit einer ersten Emission zum Sommer 2013, dann hätten die Schwachen keinen Anreiz mehr, besser zu werden, und die Starken würden bestraft. Dieses System ist prinzipiell leistungsfeindlich, und es darf in Zukunft nach unserem Dafürhalten keine finanzielle Hängematte mehr geben und keinen Selbstbedienungsladen, dessen Rabatte die Geberländer zahlen. Den anderen Punkten Ihres Antrags werden wir zustimmen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Hajduk, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Das Thema Bund-Länder-Finanzbeziehung wird nach der Bundestagswahl richtig Fahrt aufnehmen, weil auch hier in der Debatte schon deutlich geworden ist, dass wir eine Föderalismuskommission III brauchen. Per definitionem – vielleicht nicht rechtlich, aber von dem, was vereinbart wurde – ist auch das jetzige Regime der Bund-Länder-Finanzbeziehung ein Übergangsregime. Es ist vereinbart worden, dass der Solidarpakt 2019 ausläuft. Wir haben mit der Regelung zur Schuldenbremse auch neue Rahmenbedingungen für die Finanzsituation und das Management der Schulden in den Ländern, sodass es ein guter Zeitpunkt ist, mit genügend Zeit dann dieses sehr komplexe Thema zu beraten.

Ich finde es wichtig, dass Hamburg sich nicht nur in diese genannte Zwölfergruppe hineindefiniert. Wir haben zwei Klageländer, ich finde die Klagen nicht sehr klug, und dass wir eine Verhandlungssituation brauchen, ist komplett unstrittig, aber sei es drum, Hessen und Bayern klagen. Zwei Länder haben sich bewusst entschieden, nicht mitzuklagen, nämlich Baden-Württemberg und NRW, das schon

sehr lange und sehr gerne wegen seiner Größe und anderer Dinge eine Sonderstellung einnimmt. Aber man liest dann häufig, dass es zwölf andere Bundesländer gibt, die sich irgendwie einig sind oder sich zusammentun. Und da gehört Hamburg oftmals dazu vor dem Hintergrund, dass man als Stadtstaat mit der Einwohnerwertung unter Verhandlungsdruck stehe und sich mit Verbündeten umgebe; so habe ich das immer verstanden. Ich würde mir wünschen, dass Hamburg und damit auch der Hamburger Senat und der Hamburger Bürgermeister eine Rolle einnehmen, die deutlich macht, dass wir offen für Veränderungen sind,

(Beifall bei den GRÜNEN)

weil wir anerkennen, dass es natürlich eine neue Begründung braucht, welche Länder 30 Jahre nach der Einheit einer besonderen Unterstützung bedürfen. Das kann nicht einfach fortgesetzt werden. Ich spreche das hier an, weil es einige in der Zwölfergruppe gibt, die darauf setzen, dass am besten alles so bleibt, wie es ist. Da sollte Hamburg nicht dabei sein, sondern Hamburg sollte auch für die Rechtfertigung gegenüber der Öffentlichkeit deutlich machen, dass man neue Vereinbarungen und neue Begründungen für Ausgleichszahlungen braucht.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Wir können sicherlich auch in eine komplizierte Situation kommen, weil andere die Einwohnerwertung infrage stellen werden. Dann muss man in der Sache begründen, welche besonderen Lasten Ballungsräume tragen. Mit Sicherheit werden wir eine komplizierte Diskussion um die Altschulden bekommen, Herr Quast. Der Bürgermeister und wir GRÜNEN haben anscheinend eine erst einmal ähnliche Ausgangslage, dass wir es richtig finden, auch eine Altschuldenregelung zum Verhandlungsgegenstand zu machen. Aber das wird eine heftige Diskussion, wenn man in den Ländern darüber redet, ob man wirklich für die Schulden der anderen einstehen solle und wer die Verantwortung für die Landesschulden trage. Das wird eine Diskussion, die mindestens so kunterbunt wird wie die, die wir über die europäische Solidarität zu führen haben, und auch eine ausgesprochen herausfordernde Diskussion im Hinblick auf die Rechtfertigung gegenüber der Bevölkerung, die das nachvollziehen können soll und möchte.

Das heißt auch, dass wir uns überlegen müssen, welche Effizienzgewinne wir als Länder selbst bereit sind zuzulassen. Sagen wir nur, die Länder müssten sich nur beim Bund bedienen, weil der Bund am Ende immer der ist, der einen 16er-Klub vor sich hat? Ich würde mir wünschen, dass die Hamburger Stimme offen über Sinn und Zweck einer Bundessteuerverwaltung redet und nicht per se sagt, einer Bundessteuerverwaltung verschließe man sich.

(Thomas Kreuzmann)

(Beifall bei Dr. Till Steffen GRÜNE)

Ich halte das Thema Bundessteuerverwaltung für einen möglicherweise notwendigen Schlüsselstein in diesem Verhandlungsmarathon.

Dieser Antrag der SPD ist in einigen Punkten ganz gut. Es steht ein bisschen viel Lob darin, das man auch etwas zurückhaltender hätte formulieren können,

(Jan Quast SPD: Passt aber in die Zeit!)

aber dass wir den Senat auffordern, das Parlament proaktiv über den weiteren Verhandlungsstand – ich würde vorschlagen, nach der Bundestagswahl, dann aber auch fortlaufend – zu unterrichten, ist richtig. Die Hamburgische Bürgerschaft sollte sich dann auch überlegen, wie tief sie in diese Thematik einsteigen will, weil es schon um die existenziellen Grundlagen dieser Stadt geht. Daher ist es richtig, dieses heute noch einmal zu unterstreichen. Auf diese Debatte und all das Strittige, was damit verbunden ist, wird man mit Sicherheit in diesem Hause noch zurückkommen. Ich bin sehr gespannt, ob das eher eine ruhigere oder eine heftigere Debatte wird, weil es nicht nur unterschiedliche Interessen der verschiedenen Länder gibt, sondern natürlich auch deutliche unterschiedliche parteipolitische Präferenzen. Die kommen wahrscheinlich später zum Tragen, und das ist auch gut so. – Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Suding, Sie haben das Wort.