Protocol of the Session on January 24, 2013

(Dirk Kienscherf SPD: Dann müssen die Stückchen kleiner sein!)

Nun haben wir ein neues System, Herr Senator. Niemand von uns wusste – Sie wussten es nicht, wir wussten es nicht –, wie viele Eltern GBS in Anspruch nehmen würden. Das werfe ich Ihnen nicht vor. Wir hatten damals mit 40 Prozent kalkuliert, und die Pilotschulen zeigten, dass das nicht ausreicht. Sie haben dann auf 50 Prozent nachgebessert. Wir haben Ihnen schon vor einem Jahr gesagt, dass die Ergebnisse aus der Auswertung der Pilotschulen – es war eine unserer Konsequenzen, dass wir gesagt haben, wir machen Pilotschulen – gezeigt haben, dass man auch mit 50 Prozent nicht auskommen wird. Das haben wir Ihnen vor einem Jahr gesagt, und Sie haben gesagt, dass das alles überhaupt nicht stimme. Und Sie haben vor einem Jahr versprochen, dass es maximal drei Schichten geben werde.

Ich verlange von Ihnen heute nur, dass Sie zugeben, dass Sie Ihr Versprechen von vor einem Jahr nicht halten konnten, und dass Sie alles dafür tun und die Ausbaupläne entsprechend anpassen, damit Sie dieses Versprechen von maximal drei Schichten halten können. Das betrifft zum Beispiel die Schule Ernst-Henning-Straße. Auch dort sind die Zahlen der Schüler, die essen möchten, gestiegen, und mittlerweile sind die Zahlen so hoch, dass die Kapazitäten nicht mehr ausreichen, und darauf müssen Sie reagieren.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Es wundert mich auch, dass Herr Lein weiß, was eine Produktionsküche kostet, der Senat es aber nicht weiß. Vielleicht können Sie uns die Zahlen liefern, dann können wir darüber diskutieren. Ich weiß nur, dass es eine Studie gibt, die Folgendes zeigt: Wenn man die Abschreibungskosten mit einrechnet – und diese muss man in den täglichen Betrieb einrechnen –, dann liegt man bei ab 200 Essen – und diese Zahl erreichen wir an vielen Schulen – am Ende günstiger, wenn man frisch kocht. Wenn Sie andere Zahlen haben, dann legen Sie diese gern vor. Ich habe nur die HAW-Studie, die das wissenschaftlich untersucht hat.

Auf die Frage, was Sie tun, damit wir vor Ort eine andere Essensatmosphäre haben, sind Sie gar nicht eingegangen. Ich kann mir gut vorstellen, dass es nicht ruhig ist, wenn eine Horde von Viert-, Fünft- und Sechstklässlern zum Essen kommt. Wir haben uns darüber gemeinsam im Schulausschuss unterhalten. Natürlich ist das laut, und die Schüler beklagen sich darüber. Das ist keine gute Essensatmosphäre und daran kann man etwas ändern. Nun sagt Herr Lein, dass es keine Vorgabe dafür gebe, wann Lehrer das begleiten, und auch nicht dafür, dass Kinder gemeinsam im Klassenverband zum Essen gehen. Genau das ist das Problem. Warum reagieren Sie nicht? Warum machen Sie

(Dr. Stefanie von Berg)

nicht eine entsprechende Vorgabe? Warum machen Sie keine Vorgabe, dass das Essen spätestens um 13.30 Uhr oder 14 Uhr eingenommen sein muss? Es liegt doch in Ihrer Hand, genau diese Vorgaben zu machen, und zwar nach den Erfahrungen, die wir heute haben. Wir sind jetzt schlauer als vor zwei Jahren, und es liegt in Ihrer Verantwortung, darauf entsprechend zu reagieren.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Vielen Dank, Herr Heinemann.

Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/5835 an den Schulausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist mehrheitlich abgelehnt worden.

Damit stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Großen Anfrage aus der Drucksache 20/5835 Kenntnis genommen hat.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 51 auf, Drucksache 20/6457, Bericht des Verfassungs- und Bezirksausschusses: Aktives Wahlalter auf 16 Jahre herabsetzen.

[Bericht des Verfassungsund Bezirksausschusses über die Drucksache 20/474: Aktives Wahlalter auf 16 Jahre herabsetzen (Antrag der GAL-Fraktion) – Drs 20/6457 –]

Wer wünscht das Wort? – Frau Duden, bitte.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die nicht anwesenden Abgeordneten sind wohl gerade in der dritten Schicht beim aufgewärmten Essen, aber das werden wir verwinden können.

Wir befinden uns auf der Zielgeraden einer geradezu unendlichen Geschichte. Wir werden mit der heutigen Diskussion einen wesentlichen Schritt in der Frage, ob man in Hamburg mit 16 Jahren wählen kann, vorankommen. Wir haben Anhörungen im Verfassungsausschuss dazu gehabt und mit Jugendorganisationen der Parteien geredet. Alle haben gesagt, dass man das machen kann. Unsere Kollegen in Bremen haben Erfahrungen gemacht und diese wissenschaftlich ausgewertet. Alle haben gesagt, dass das Interesse bei 16-Jährigen, wählen zu können, unglaublich groß sei.

Viele, gerade die Gegner, fragen uns, ob man mit 16 überhaupt wählen kann. Unsere Antwort darauf muss doch heißen, warum man es vom 18. Ge

burtstag an kann und was für ein Automatismus sich in den Köpfen der Leute fortsetzt. Deshalb sind wir für eine aktive Teilhabe Jugendlicher ab 16 Jahren in dieser Stadt bei den Bezirksversammlungswahlen.

(Beifall bei der SPD und bei Tim Golke DIE LINKE)

Wer erlebt, wie lebhaft die Diskussionen bei "Jugend im Parlament" ablaufen, mit wie viel Kreativität Themen aufgegriffen werden und teilweise anders zu Ende gedacht werden, als wir 121 Parlamentarier uns das vorstellen können, und mit wie viel Elan und Engagement die jungen Leute dabei sind, der muss erkennen, dass derjenige, der an diesen Diskussionen teilnehmen kann, auch sehr wohl demnächst die Bezirksversammlung wählen kann.

(Beifall bei der SPD, vereinzelt bei der LIN- KEN und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Dazu ist unabdingbar wichtig, dass wir in den Schulen und an Orten, an denen sich Jugendliche aufhalten,

(Dr. Walter Scheuerl CDU: Parteiwerbung machen!)

sozusagen keine Parteiwerbung machen. Das machen die Parteien, die große, gut arbeitende Jugendorganisationen haben – das sind nicht alle in diesem Hause –, von allein. Darum brauchen wir uns keine Sorgen zu machen.

Uns geht es darum, dass wir gemeinsam sagen, dass wir eine Infokampagne brauchen,

(Vizepräsidentin Kersten Artus übernimmt den Vorsitz.)

und zwar eine, die das in den Unterricht einbaut, die aber auch daran denkt, dass sich nicht alle 16- bis 18-Jährigen in Gymnasien aufhalten. Wir sollten auch Infokampagnen zum Beispiel für Jugendliche in einer Ausbildung starten. Das ist unabdingbar wichtig.

Gestatten Sie den Schlenker zur Entscheidung des Verfassungsgerichts von letzter Woche, nämlich die Aufhebung der 3-Prozent-Klausel für die Bezirksversammlung. Das macht deutlich, dass wir nicht nur eine Infokampagne für die 16- bis 18-Jährigen brauchen, sondern dass wir eine Infokampagne für alle in dieser Stadt brauchen, damit sie wissen, wie wichtig das für uns ist.

(Beifall bei der SPD und bei Tim Golke DIE LINKE – Glocke)

Frau Kollegin, gestatten Sie eine Zwischenbemerkung des Abgeordneten Dr. Scheuerl?

(Robert Heinemann)

Ich würde mich mehr darüber freuen, wenn Sie sich hinterher melden.

(Beifall bei der SPD – Sören Schumacher SPD: Ja, richtig so!)

Weil in Zukunft die 3-Prozent-Klausel für die Bezirksversammlung nicht mehr greift und weil wir alle daran denken müssen, dass in der Mehrzahl der Bezirksversammlungen Abgeordnete der NPD sitzen würden und wir uns fragen müssen, ob wir das wollen – und wir wollen es auf keinen Fall –,

(Beifall bei der SPD)

brauchen wir eine Kampagne, die deutlich macht, wie wichtig die Beteiligung an den Bezirksversammlungswahlen und natürlich auch an den Europawahlen – diese Wahlen fallen zusammen – ist. Wir haben im Verfassungsausschuss letzte Woche darüber gesprochen und sind einvernehmlich zu der Meinung gekommen, dass wir nicht nur den Senat damit beauftragen werden. Wir Parlamentarier wissen sehr wohl auch, welche Infokampagnen wir brauchen, und wir müssen schauen, dass wir dafür Geld bereitstellen.

Ich will noch etwas deutlich machen. Es hat letzte Woche verschiedene Beiträge in der Presse gegeben, und eine hat mich besonders gefreut. Ich habe gedacht, wir brauchen vielleicht auch Info-Kampagnen für die schreibende Zunft in dieser Stadt, damit man weiß, was Bezirksversammlungen so alles machen – ich will das zitieren –:

"Bezirksparlamente sind eine wunderbare Spielwiese für Neu- und Kleinstparteien. Da es nicht um wirklich Wichtiges geht, können sie sich ausprobieren, ohne Schaden anzurichten. Sie können in diesem Politik-Simulations-Betrieb lernen und dabei von ihren WählerInnen beobachtet und auf Praxistauglichkeit begutachtet werden."

Viele von uns, die in Bezirksversammlungen sind, wissen, dass es zurzeit die Bezirksversammlungen in dieser Stadt sind, die dafür sorgen, dass Flächen für den Wohnungsbau zur Verfügung gestellt werden.

(Beifall bei der SPD und bei Antje Möller GRÜNE und Christiane Schneider DIE LIN- KE)

Deshalb werden wir, heute in erster Lesung und am 13. Februar in zweiter Lesung, ein Gesetz auf den Weg bringen, das 16-Jährigen bis 18-Jährigen in dieser Stadt das Wählen für die Bezirksversammlungen möglich macht. Wir werden eine InfoKampagne starten, die es insgesamt ermöglicht, dass die Bezirksversammlungen in dieser Stadt keinesfalls eine Spielwiese sind. – Danke.

(Beifall bei der SPD und bei Dora Heyenn und Christiane Schneider, beide DIE LINKE)

Herr Trepoll, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Duden, die Beteiligung junger Menschen an politischen Entscheidungen ist in der Tat eine wichtige Voraussetzung und Grundlage bei der Meinungsfindung in den Parlamenten und auch in den Parteien. Nur so lässt sich auch im Sinne der Jugendlichen zukunftsorientierte Politik verwirklichen. Dennoch halten wir eine Wahlberechtigung für Heranwachsende ab 16 Jahren bei Bürgerschaftswahlen und Bezirksversammlungswahlen in Hamburg für falsch. Das Alter der Wahlentscheidung sollte nicht vom Eintritt in die allgemeine Geschäftsfähigkeit abgekoppelt werden, denn als 16- oder 17-Jähriger können sie auch die meisten Verträge nicht rechtswirksam abschließen. Die wichtigste Entscheidung, die man als Bürger politisch treffen kann, ist nun einmal die Wahlentscheidung.

(Beifall bei der CDU)

Und unsere Rechtsordnung sieht gar keine besondere Marke bei dem Alter von 16 Jahren vor. Wir haben die Strafmündigkeit mit 14 Jahren und die Volljährigkeit mit 18 Jahren. Ich weiß nicht, wo dieser Irrglaube herkommt, dass sich mit 16 Jahren auch eine Menge ändert. Rein rechtlich, in unserer Rechtsordnung, ist es kein besonderes Alter.

Sicherlich ist das Wahlalter nichts, was nicht verändert werden kann, aber nicht jede Veränderung ist sinnvoll und zeitgemäß. Die Politik hat landauf und landab in den letzten Jahren viele Gesetze erlassen, um Jugendliche besser zu schützen. So dürfen seit 2007 nur noch ab 18 Jahren und nicht mehr ab 16 Jahren Zigaretten gekauft werden. Seit 2009 gilt Gleiches für den Besuch von Solarien und Sonnenbänken. Vor Gericht ist man sogar erst mit 21 Jahren vollumfänglich straffähig. 90 Prozent der 18- bis 21-Jährigen werden nach dem Jugendstrafrecht verurteilt.

(Heike Sudmann DIE LINKE: Wählen ist kein Verbrechen!)