Protocol of the Session on January 24, 2013

(Beifall bei der FDP und bei Christoph Ahl- haus CDU)

Der Senat schröpft die Wochenmarktbesucher, um Haushaltslöcher an anderer Stelle zu stopfen. Mit dem gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip hat das nichts mehr zu tun. Das schadet der Attraktivität der Wochenmärkte. Zuerst werden weniger Händler kommen und dann werden die Kunden ausbleiben.

(Beifall bei der FDP)

Eine Erhöhung der Wochenmarktgebühren wäre dann vielleicht noch hinnehmbar, wenn sich auch die Infrastruktur auf den Wochenmärkten für Händler und Kunden verbessern würde. Die Realität zeigt aber das Gegenteil. Die Infrastruktur auf vielen Wochenmärkten ist erbärmlich und sie hat sich in den vergangenen Jahren nicht verbessert.

(Dr. Monika Schaal SPD: Dafür sind die Wo- chenmärkte aber sehr beliebt!)

Das, Frau Schaal, sagt auch der Senat, zum Beispiel in der Antwort auf Frage 15 unserer Großen Anfrage – Zitat –:

"Wie bewertet der Senat die Möglichkeiten zur Einhaltung hygienischer Mindeststandards auf den einzelnen Wochenmärkten vor dem Hintergrund des derzeitigen Stands der technischen Infrastruktur?"

(Birgit Stöver)

Antwort des Senats – Zitat –:

"Auf einigen Wochenmärkten wird Warmwasser bereitgestellt."

(Katja Suding FDP: Beeindruckend!)

Toll, das ist super, auf dem absoluten Stand der Technik. Frage 13 aus unserer Großen Anfrage – ich zitiere –:

"Welche Sanierungs-, Modernisierungs- und Erweiterungsmaßnahmen wurden in den vergangenen fünf Jahren an der technischen Infrastruktur [also an Strom, Wasser, Sanitäranlagen] vorgenommen?"

Antwort des Senats – Zitat –:

"In den vergangenen fünf Jahren wurden einzelne Marktflächen sowie einzelne Marktbetriebsgebäude (inklusive Toiletten) saniert."

Meine Damen und Herren! Es wurden einzelne Marktflächen und Marktgebäude in den vergangenen fünf Jahren bei fast 100 öffentlichen und privaten Wochenmärkten in der ganzen Stadt saniert. Das ist eine Witznummer.

(Beifall bei der FDP)

Die Wochenmärkte – ich präzisiere: auch die Wochenmärkte – und ihre Besucher sind bei diesem Senat in schlechten Händen. Anstatt in eine vernünftige technische und sanitäre Infrastruktur zu investieren, verpulverte der Senat im vergangenen Jahr zu allem Überfluss aus den Wochenmarktgebühren auch noch 400 000 Euro für eine Imagekampagne auf HVV-Bussen mit einem für das Gewerbe mehr als zweifelhaften Nutzwert. Nicht nur die Wochenmärkte und ihre Besucher, sondern auch die Bürgerschaft und ihre Abgeordneten sind in Sachen Wochenmärkte bei diesem Senat in schlechten Händen. Warum? Ich zitiere die Anfrage der Kollegin Rugbarth vom 16. März 2010 an den Senat, Drucksache 19/5620:

"Wann ist mit einer neuen Zulassungs- und Benutzerordnung zu rechnen?

Antwort des Senats:

"Der Entwurf […] wird derzeit abgestimmt. Das Inkraftsetzen ist für das Jahr 2010 vorgesehen."

Ein Jahr später fragt Kollege Tjarks in der Schriftlichen Kleinen Anfrage vom 18. April 2011, Drucksache 20/232:

"Wurde die angekündigte Zulassungs- und Benutzungsordnung für Wochenmärkte mittlerweile erlassen?"

Antwort des Senats:

"Mit dem Erlass der neuen Zulassungs- und Benutzungsordnung wird etwa Mitte 2011 gerechnet."

Große Anfrage der FDP-Fraktion vom 25. Oktober 2012, also zweieinhalb Jahre nach der ersten Anfrage der Kollegin Rugbarth, Drucksache 20/5642:

"Wie weit ist der Senat bei der […] bereits mehrfach angekündigten neuen Zulassungsund Gebührenordnung?"

Antwort des Senats:

"Die Entwurfsfassung befindet sich derzeit in den Bezirksämtern zur Abstimmung."

Meine Damen und Herren! Das grenzt an Realsatire.

(Beifall bei der FDP und bei Dr. Anjes Tjarks GRÜNE)

Die Behörde arbeitet seit nunmehr sage und schreibe mehr als drei Jahren an einer neuen Zulassungs- und Gebührenordnung für Wochenmärkte.

Meine Damen und Herren! Aber auch das Parlament ist beim Senat in Sachen Wochenmärkte in schlechten Händen. Sie werden sich daran erinnern, dass die Bürgerschaft auf Anträge der Fraktionen von SPD und FDP am 10. Oktober 2011 ein bürgerschaftliches Ersuchen zur Zulassungs- und Benutzungsordnung auf Wochenmärkten beschlossen hat. Das Ersuchen, Drucksache 20/1809, bestand aus fünf Punkten. Senator Horch hat das Ersuchen nun mit seinem Schreiben vom 1. Oktober 2012 beantwortet. Er hat also für die Beantwortung des bürgerschaftlichen Ersuchens wiederum fast ein Jahr gebraucht. Er hat damit seinem Ruf als Senator für Ankündigungen und Verzögerungen alle Ehre gemacht.

(Wolfgang Rose SPD: Ooh!)

Allerdings beantwortet der Senat lediglich drei der fünf Punkte des bürgerschaftlichen Ersuchens. Bei den anderen beiden Punkten, nämlich dem Ersuchen wegen attraktivitätssteigernder Maßnahmen aus dem SPD-Antrag und dem Ersuchen wegen einer Gleichbehandlung privater Wochenmärkte aus dem FDP-Antrag, herrscht Fehlanzeige. Nichts, hierzu gibt es keine Antwort des Senats auf das bürgerschaftliche Ersuchen. Ich frage mich, ob sich die SPD-Fraktion das gefallen lassen will. Frau Präsidentin Veit, vielleicht ist das ein weiterer Anlass, den Senat an seine Pflichten gegenüber dem Parlament zu erinnern. Das ist ein liederlicher Umgang mit Beschlüssen der Bürgerschaft. Ordentliches Regieren sieht anders aus.

(Beifall bei der FDP und bei Christoph Ahl- haus und Dr. Walter Scheuerl, beide CDU)

Daher bleibt es dabei: Die Wochenmärkte, die Wochenmarkthändler und auch die Wochenmarktbe

sucher sind bei diesem Senat in schlechten Händen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei Christoph Ahl- haus CDU)

Frau Rugbarth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! An einer Stelle sind wir d'accord, Herr Dr. Kluth: Die Wochenmärkte haben für uns in Hamburg eine wichtige Funktion bei der Versorgung der Bevölkerung mit frischen Lebensmitteln. Wir haben eine Pflicht gegenüber den Wochenmarkthändlern, darauf zu achten, dass sie einen Rahmen für vernünftiges Arbeiten vorfinden. Dem haben wir uns gestellt, indem wir als Parlament sogar in eine Verordnung eingegriffen haben, was gar nicht unsere Aufgabe ist, und Rahmenbedingungen, sprich Tageszulassungen, eingefordert haben. Wir gehen auch d'accord, wenn es darum geht, die Attraktivität der Märkte zu erhöhen. Aber wir gehen nicht d'accord, wenn wir diese Dinge in der Bürgerschaft und im Wirtschaftsausschuss diskutieren, denn nach wie vor entscheiden die Bezirksämter darüber, wie sie mit ihren Märkten umgehen und wie hoch sie die Gebühren für den einzelnen Markt ansetzen. Die Bezirksämter werden es sich sicherlich nicht ganz einfach machen. Sie werden bestimmte Rahmenbedingungen, die Infrastruktur betreffend, ob zum Beispiel warmes Wasser vorhanden ist und dergleichen mehr, sicherlich in die Bewertung einfließen lassen, ob man einen laufenden Meter zu 3,10 Euro oder zu 5 Euro an den Händler vermietet. Was aber vonseiten der Bezirksämter noch geleistet werden muss – und das ist eben nicht Aufgabe dieses Parlaments –, ist, dass sie sich einmal zusammensetzen und darüber befinden, was sie alles in die Kosten für einen Wochenmarkt hineinrechnen. Zu der Zeit, als ich die Große Anfrage gestellt habe, Herr Dr. Kluth, war die Berechnung in den Bezirken unterschiedlich. Einige haben die bezirklich Angestellten, die die Gebühren verbucht haben, in den Kostensatz hineingerechnet, andere haben das nicht getan, einige haben die Pacht hineingerechnet, andere nicht. Es war ein heilloses Durcheinander von Bezirksamt zu Bezirksamt. Insofern muss das erst einmal auf eine gemeinsame Grundlage gestellt werden, damit wir dann feststellen können, zu welchem Kostendeckungsgrad die überhaupt arbeiten, denn es besteht hier eine sehr große Unklarheit. Ich vermute, dass sie jetzt ein bisschen weiter sind als zu den Zeiten, als ich die Anfrage gestellt habe, und nun festgestellt haben, was sie alles nicht in ihre Berechnungen einbezogen haben, man aber aus wirtschaftlichen Gründen hineinrechnen müsste. Dann muss man natürlich auch die Gebühren so erheben, dass sie einen Kostendeckungsgrad von 100 Prozent ergeben.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Dann war die Antwort des Senats falsch!)

Ich möchte gern einmal mit Ihnen zusammen – in Hamburg-Nord regieren wir sogar gemeinsam, Herr Dr. Kluth, so etwas soll es geben – an unsere Bezirksversammlung herantreten und sie auffordern, sich dieser Thematik, die wahrhaftig keine parlamentarische ist, anzunehmen, denn auch die Attraktivität der einzelnen Wochenmärkte ist Sache der Bezirksämter und Sache unserer Bezirksabgeordneten. – Danke.

(Beifall bei der SPD)

Herr Ahlhaus, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines ist jetzt schon deutlich geworden: Wir alle schätzen die große Zahl und die Vielfalt der Wochenmärkte in unserer Stadt. Die Wochenmärkte sind dabei so vielfältig wie die Stadtteile selbst. Sie haben unterschiedliche Bedürfnisse, sie sind unterschiedlich gut mit Infrastruktur ausgestattet, aber es funktioniert nicht überall optimal. Ich bin der FDP-Fraktion sehr dankbar, dass sie mit ihrer Großen Anfrage dieses sehr wichtige Thema – denn es greift viele verschiedene Facetten lokaler Probleme auf – zum Thema dieses Hauses macht. Und ich kann Ihnen nicht zustimmen, Frau Kollegin Rugbarth, wenn Sie sagen, das sei kein parlamentarisches Thema, sondern das müssten die Bezirksversammlungen unter sich ausmachen. Wochenmärkte haben eine Funktion, die weit über Nahversorgung, den Handel und die Versorgung mit frischen Lebensmitteln – das war einer Ihrer ersten Sätze – hinausgeht. Wir alle wissen, dass Wochenmärkte eine Funktion sozialer Identität im Stadtteil haben, sie sind Orte der Kommunikation, und sie sind auch unter städtebaulichen Gesichtspunkten ein wichtiger Punkt.

(Beifall bei der CDU)

Dieser Senat, genauso wie die Vorgängersenate, nimmt dafür viel Geld in die Hand. Ich erinnere beispielsweise an das Projekt Lebenswerte Stadt, wo wir in bestimmte Stadtteile einen Betrag von 100 Millionen Euro investiert haben, um in unterschiedlichsten Bereichen sozialer und auch infrastruktureller Art die Stadtteile zu stärken.

Mein Fokus bei dieser Debatte ist, dass wir versuchen sollten, das Thema Wochenmärkte nicht nur dezentral zu betrachten. Damit meine ich nicht, den Bezirken irgendwo hineinzuregieren, wo wir nicht hineinregieren sollen oder wo die es auch nicht wollen, aber wir sollten doch die Problematik vieler Wochenmärkte – nicht aller, die Situation ist unterschiedlich in den Stadtteilen – auch hier zum Thema machen, denn die Märkte sind ein Thema,

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)