Protocol of the Session on January 24, 2013

Vielen Dank, Frau Präsidentin. Entschuldigen Sie bitte, aber ich komme direkt von meinem Sohn, der krank war. Ich habe es nicht ansatzweise geschafft, mir irgendetwas Vernünftiges anzuziehen.

(Beifall bei der LINKEN und bei Jens Ker- stan GRÜNE – Jan Quast SPD: Ich finde das nicht schlimm! – Heiterkeit bei den Frak- tionen)

Ich war gestern Abend nicht hier, ich war auf dem Absolventenempfang der Universität Hamburg für die erstexaminierten Juristen. Es ist zwar bei mir schon etwas länger her, dass ich selbst Absolvent war, aber den Empfang gibt es nur einmal im Jahr.

(Beifall bei Annkathrin Kammeyer und Frank Schmitt, beide SPD)

Danke schön.

Dort hat die ehemalige Generalbundesanwältin, die mir ansonsten politisch nicht besonders nahestehen dürfte, Monika Harms, einige Dinge gesagt, die ich gern wiederholen möchte und in diesem Zusammenhang zu bedenken geben möchte, und zwar, dass die Akzeptanz für einen Rechtsstaat immer auch damit zu tun hat, dass diese Akzeptanz draußen bei der Bevölkerung existiert und Gesetze angenommen werden, Gesetze befolgt werden können und so akzeptiert werden, sodass sie umgesetzt werden können. Akzeptanz brauchen wir an der Stelle, um hier vernünftig arbeiten zu können, und Akzeptanz geriert man dadurch, indem man Menschen an Politik beteiligt. Deswegen sind wir als Links-Fraktion für die Absenkung des Wahlalters auf 16 Jahre.

(Beifall bei der LINKEN)

Es wurden schon sehr viele Zahlen genannt. Ich möchte Herrn Trepoll gern eine Frage stellen. Nennen Sie mir ein Solarium, das bei Wahlen als Wahllokal hergerichtet wird, und ich werde den Wahlleiter bitten, dass dieses zukünftig nicht mehr passiert.

(Beifall bei Heike Sudmann DIE LINKE)

Ansonsten gibt es ein paar Unterschiede. Ich würde vielen Erwachsenen mit 30 oder 40 Jahren die Fähigkeit absprechen, vernünftig und sicher über ihr gesundheitliches Befinden entscheiden zu kön

nen. Ich bin beispielsweise mal mehr, mal weniger ein starker Raucher. Es ist mit Sicherheit nicht vernünftig, das zu tun, aber ich tue es trotzdem. Aber ich gehe auch wählen, und da versuche ich, vernünftiger zu handeln.

Ein wichtiger Punkt ist tatsächlich, dass es seit dem Jahr 1921 ein Gesetz gibt, das bei Kindern ab 12 Jahren den Eltern etwas nicht mehr erlaubt und ab 14 Jahren den Eltern etwas gar nicht mehr erlaubt,

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Was haben Sie heute geraucht?)

und das ist das Gesetz über die Religionsmündigkeit. Ab 14 Jahren kann hier völlig frei entschieden werden, und schon ab 12 Jahren können die Eltern die Religion des Kindes nicht mehr ohne sein Einverständnis ändern; das gilt seit 1921.

Da ist es dann folgerichtig, irgendwann auch dazu zu kommen, Jugendliche zu beteiligen. Die Zahl 16 mag, das sei Ihnen zugestanden, ein bisschen willkürlich wirken, aber es ist nun einmal so, dass Hamburg auch nicht der Erfinder der Idee ist, sondern dass andere Bundesländer vorangegangen sind und wir uns an dieser Stelle anschließen, und das ist richtig so.

Für die LINKEN und für die Links-Fraktion ist das nur ein erster Schritt. Wir sind generell für das aktive und passive Wahlrecht für alle Menschen, die ihren Lebensmittelpunkt in Hamburg oder in der Bundesrepublik haben, egal, ob sie den deutschen Pass haben oder nicht. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Trepoll, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich finde es immer ein bisschen schade, wenn so gar nicht auf die Argumente eingegangen wird.

(Zuruf von Jens Kerstan GRÜNE)

Herr Golke, es geht doch darum, dass wir offensichtlich unterschiedliche Anforderungen an Jugendliche stellen, auch als Gesetzgeber. Das ist doch das entscheidende Argument, das ich vorgebracht habe. Wie können wir ihnen auf der einen Seite etwas verbieten und sagen, zu diesem oder jenem seien sie nicht in der Lage, aber auf der anderen Seite sagen wir, dass sie wählen können. Das passt für mich einfach nicht zusammen.

Ich möchte noch etwas zu Frau Duden sagen. Sie haben immer nur von BV-Wahlen gesprochen. Ich hoffe, dass Sie das richtig gelesen haben, ich vermute es einmal.

(Barbara Duden SPD: Ja, das habe ich rich- tig gelesen!)

Gut, dann erspare ich mir das.

Zur FDP muss ich auch noch ein Wort sagen. Ich finde es erstaunlich, dass wir zum wiederholten Male – gestern war es schon so, heute ist es wieder so – ein unterschiedliches Abstimmungsverhalten im Ausschuss haben, vorher schon und jetzt auch hier. Vielleicht ist da ein bisschen mehr Abstimmung notwendig.

(Sören Schumacher SPD: Das passiert der CDU auch manchmal!)

Man sollte das vielleicht vorher machen.

Zu Frau Blömeke ist zu sagen, dass unsere Expertenanhörung gerade belegt hat, dass die Bremer, als sie die Absenkung eingeführt haben, keine separate Statistik ausgewiesen haben für 16- bis 18-Jährige. Sie haben von 16 bis 24 Jahren gewertet. Deshalb bleibt alles nur Spekulation, wie die 16- bis 18-Jährigen gewählt haben.

Wenn Sie sagen, mit 16 Jahren dürfe man den Führerschein machen, ist das sicherlich richtig. Aber mit 18 Jahren bekommt man erst die Fahrerlaubnis.

(Beifall bei der CDU)

Es gibt eine Ausnahme, das weiß ich ziemlich genau, weil ich damals meine erste Rede in der Bürgerschaft dazu gehalten habe, das ist nämlich das begleitete Fahren mit 17 Jahren. Wie Sie das beim Wahlrecht machen wollen, dass die Eltern mit in die Wahlkabine kommen, diese Frage stelle ich mir wirklich.

(Beifall bei der CDU und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP)

Die Wahrheit ist doch auch, dass es kein Herzenswunsch ist und es keine Massenbewegung von 16und 17-Jährigen gibt, die wöchentlich auf dem Rathausmarkt demonstrieren, um endlich das Wahlrecht zu bekommen. Das ist doch überhaupt nicht wahr.

(Jens Kerstan GRÜNE: Bei über 18-Jähri- gen aber leider auch nicht!)

Herr Kerstan, deshalb ist meine Argumentation nicht, dass sie nicht mündig oder in der Lage sind, diese Entscheidungen zu treffen. Das kann man vielleicht auch bei einem 40-Jährigen, bei einem 60-Jährigen oder 80-Jährigen sagen. Diese Argumente benutze ich doch gar nicht. Ich benutze hingegen andere Argumente, und auf die sind Sie nicht eingegangen.

Ich habe in der Vorbereitung doch gesagt, dass wir bei Bezirksversammlungen die Möglichkeit haben, zugewählte Bürger bereits mit 16 und 17 Jahren zu benennen, und wir haben dies abgefragt. Die einzige Fraktion, die das bisher gemacht hat, war eine CDU-Fraktion in einer einzigen Bezirksversammlung, keine andere sonst.

(Tim Golke)

(Beifall bei der CDU)

Das ist doch der beste Indikator dafür, dass das nicht der Fall ist.

Es bleibt dabei: Es gibt keine schlagenden Argumente, am Status quo etwas zu ändern. Die Motive bleiben im Dunkeln, warum Sie das möchten. Ich habe dazu meine Meinung. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wahlbeteiligung oder das Politikinteresse aufgrund dieser Maßnahme bei 16- und 17-Jährigen zunimmt. Deshalb muss es beim Wahlrecht in Hamburg ab 18 Jahren bleiben.

(Beifall bei der CDU und bei Carl-Edgar Jar- chow FDP)

Herr Dr. Steffen, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Zunächst wurde schon festgestellt, dass die Tochter von Frau Gümbel auch schon im entsprechenden Alter in einem Gremium der Bezirksversammlung war. Insoweit wollen wir einmal bei der Wahrheit bleiben. Und sie ist nicht in der CDU, das wäre auch wahrheitswidrig.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD und der CDU – Heiterkeit bei allen Fraktionen)

Herr Trepoll, Sie sagten, dass Sie Führerscheininhaber seien. Da Sie nicht so sehr alt sind, werden Sie einen Kartenführerschein haben, so wie ich ihn mittlerweile auch habe. Wenn Sie ihn haben, dann schauen Sie einmal nach oben, dort steht A 1. Führerschein A 1 ist das Leichtkraftrad, ein 125er. Und den Führerschein können Sie mit 16 Jahren machen, es ist also ein richtiger Führerschein. Die Teilnahme am Straßenverkehr, ob nun mit einem 125er oder mit einem anderen Motorrad oder dem Auto, ist zunächst einmal gleich.

(Zurufe von der CDU)

Das Gefährdungspotenzial durch ein motorisiertes Fahrzeug ist natürlich da. Das trauen wir den Jugendlichen zu, und das ist natürlich der Punkt, den auch Frau Blömeke angesprochen hat.

Das Argument mit dem Strafrecht ist noch verkehrter. Wir wissen nämlich, dass im Jugendstrafrecht bei vergleichbaren Delikten durchaus härter zugelangt wird, was auch im Jugendgerichtsgesetz angelegt ist, weil es keine kurzen Haftstrafen geben soll. Wir wissen auch – das wird immer von der CDU lautstark betont –, dass die 18- bis 21-Jährigen zum großen Teil noch nach dem Jugendstrafrecht verurteilt werden. Das heißt, diese Zäsur mit 18 Jahren gibt es im Strafrecht überhaupt nicht. Ab 14 Jahren müssen die jungen Menschen gewahr sein, dass sie mit dem Strafrecht und der Justiz in

Kontakt geraten können, wenn sie entsprechende Straftaten begehen. Deswegen ist es nicht richtig, wenn Sie sagen, dass die Leute in diesem Alter nicht zu Konsequenzen für ihr Handeln herangezogen würden. Es ist sehr wohl der Fall, und deswegen ist es auch richtig, dass sie mitbestimmen dürfen.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Herr Dr. Schinnenburg, Sie haben das Wort.