Protocol of the Session on January 24, 2013

Die Beschwerden der Eltern und Kinder wiederholen sich. Da hilft es auch nicht, wenn Herr Lein sagt, man sei ein ganzes Stück vorangekommen und dass es gar nicht stimmen würde, dass nur aufgewärmt werde. Ich habe heute das "Hamburger Abendblatt" aufmerksam gelesen und es mit den Antworten aus der Großen Anfrage verglichen. Wer sich die Tabellen gut anschaut, sieht, dass hauptsächlich erhitzt und aufgewärmt wird. Frisch gekocht wird genau 62-mal.

Das würden wir gern ändern, deswegen auch unsere Anträge von Februar und – als Recycling mit einem anderen Schwerpunkt – November letzten Jahres. Doch der Senat mauert ganz fürchterlich und sagt, Produktionsküchen kämen ihm nicht in die Tüte. Ich bin sehr interessiert daran, Herr Lein, dass sich diese Richtung anscheinend ein bisschen ändert, denn Sie haben vorhin gesagt, man könne das schon andenken – das hat sich vor einem Jahr noch ganz anders angehört –, wenn es regionale Bezüge gäbe. Und auch die Antwort auf Frage 14 lässt hoffen, dass wir eventuell doch noch mehr Produktionsküchen bekommen.

Ich möchte noch einmal auf die Puzzleteile aus den zehn Schriftlichen Kleinen Anfragen und der Großen Anfrage zurückkommen. Was sich tatsächlich darstellt, ist, dass Zieltermine, wie sie zum Beispiel in Drucksache 20/3092 angegeben wurden, überhaupt nicht eingehalten werden. Die LessingStadtteilschule, um nur ein Beispiel herauszugreifen, hat für ihre 1100 Schülerinnen und Schüler keinen Raum zum Essen. 1100 Schülerinnen und Schüler haben nach wie vor keinen Essensraum; Zieltermin war der 31. Juli 2012.

(Lars Holster SPD: Drei Standorte!)

Dann, lieber Herr Holster, scheinen die Daten aber nicht korrekt zu sein. Ich habe sehr genau auf sie geschaut; ich konnte es ja kaum glauben.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Robert Heinemann CDU)

Was ich auch sehr interessant fand: Herr Heinemann hat in der Großen Anfrage nach den Kosten für die Produktionsküchen gefragt. Darauf hat es keine Antwort gegeben,

(Robert Heinemann CDU: Aber Herr Lein weiß sie angeblich!)

dabei haben wir gerade vier neue Produktionsküchen bekommen, in der Erich Kästner Schule, der Schule Denksteinweg, der Schule Holstenhof und so weiter. Ich sage Ihnen gleich, ich habe heute eine Schriftliche Kleine Anfrage eingereicht, um nachzuhaken, wie es denn nun mit den Kosten für

(Gerhard Lein)

die Produktionsküchen aussieht. Dem würde ich wirklich gern auf den Grund gehen.

Warum sind Produktionsküchen so wichtig? Wir haben mit Expertinnen und Experten gesprochen. Wenn wir das schon nicht im Fachausschuss besprechen können, dann suchen wir uns unsere Expertinnen und Experten selbst. Und tatsächlich sagen alle einhellig, dass Produktionsküchen in regionalen Verbünden vernünftige Lösungen seien. Das sind die klugen Lösungen. Ab einer gewissen Essenszahl lohnt es sich, dann wird es auch rentabel. Die ganzen Vorzüge von Produktionsküchen sind ohnehin schon öfters genannt worden, die brauche ich hier nicht zu wiederholen. Produktionsküchen sind machbar. Ich brauche nämlich nicht mehr an jedem Standort eine Aufwärmküche, sondern nur eine Produktionsküche in einem regionalen Verbund, und schon habe ich die Kosten wieder drin.

Uns geht es nicht darum, Kinder sattzumachen, uns geht es nicht um Verpflegung, sondern wir wollen Schulgastronomie. Das ist der Unterschied zwischen der SPD-Linie und der Linie der GRÜNEN und offensichtlich auch der CDU. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Vielen Dank, Frau Dr. von Berg. – Das Wort hat Frau von Treuenfels.

Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Senator Rabe, dies hier – das darf ich eben einmal kurz zeigen – ist eine der letzten Jubelmeldungen aus Ihrer Behörde in Sachen Ganztagsbeschulung. Vor genau acht Wochen, Mitte November, verkündeten Sie wieder den großen Schwung in Sachen Ganztagsausbau und entdeckten beeindruckende Signale. Auf Seite 2 verlassen Sie plötzlich den üblichen Jubelmodus, und zwar so deutlich, dass nicht nur der geübte Leser Ihrer etwas schönfärberischen Verlautbarungen hellhörig wird. Dort steht, dass der zügige Ausbau von Schulküchen und Schulkantinen für das Mittagessen eine große Herausforderung bleibe. Nicht einmal die Hälfte der Schulkantinen in Grundschulen sei fertig, geben Sie zu. Bis zu diesem Sommer sollen 45 weitere stehen. Vorerst müssen in diesen Fällen Provisorien genutzt oder nach Zustimmung der Schulkonferenz sogar in Klassenzimmern gegessen werden.

Was Sie dort halbversteckt und mit dem Verweis auf Schulkonferenzen zugeben, ist jetzt durch die Große Anfrage der CDU deutlich geworden. In circa 17 Prozent aller Hamburger Schulen findet das Mittagessen im Klassenzimmer statt. Dort und überdies in Aulen und Pausenhallen schlingen die

Schüler nicht selten ihr Essen in mehreren Schichten herunter, denn sie haben oft nur zwanzig Minuten Zeit. Das hat nichts mit pädagogischen Konzepten zu tun und ist das Gegenteil einer attraktiven Schule als Lern- und Lebensort.

(Beifall bei der FDP, vereinzelt bei der CDU und bei Dr. Stefanie von Berg GRÜNE)

Bald zwei Jahre nach Ihrer Amtsübernahme und Monate nach der vollmundigen Ankündigung zum Schulausbau wissen wir nun, dass die Kinder in 89 Schulen in drei oder mehr Schichten essen, davon in 23 Schulen in vier oder fünf Schichten. Das ist nicht mehr nur eine Herausforderung, das ist vielmehr das Ergebnis einer verfehlten Planung.

(Beifall bei der FDP und bei Robert Heine- mann CDU)

Herr Senator, Sie bejubeln regelmäßig die Anmeldezahlen für die Ganztagsangebote, die alle Erwartungen übersteigen. Aber Sie schaffen es, wenn überhaupt, nur im Schneckentempo, die nötigen Rahmenbedingungen für ein gelingendes Ganztagsangebot zu schaffen, obwohl die wesentlich höhere Akzeptanz der Ganztagsangebote deutlich absehbar war. Viele Eltern haben schließlich keine andere Wahl mehr, denn die Horte schließen jetzt oder in naher Zukunft.

Vor diesem Hintergrund wird es dringend Zeit – und damit möchte ich schließen, denn der Rest wurde schon von meinen Vorrednern gesagt und dem schließe ich mich an –, dass Sie, Herr Senator Rabe, sich mehr Zeit für die Bewältigung der Herausforderung Schulkantinenbau nehmen und weniger Zeit für die Formulierung irgendwelcher Jubelmeldungen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Vielen Dank, Frau von Treuenfels. – Das Wort hat Frau Heyenn.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Essen und Trinken hält Leib und Seele zusammen. Gutes Essen ist also genauso wichtig wie Mathematik und Englisch.

(Beifall bei der LINKEN)

Beim Übergang von der Halbtagsschule zur Ganztagsschule ist das vergessen worden. Das ist eine schulische Aufgabe, und die Entwicklung der Schulkantinen hat überhaupt nicht mitgehalten. Es ist einfach vergessen worden, dass man in Ganztagsschulen auch Schulkantinen braucht. Das ist nicht erst ein Problem von heute, von gestern oder vom letzten Jahr, sondern das Ganze fing schon vor zehn Jahren an, als Senator Lange Hals über Kopf die Ganztagsschule für die G8-Gymnasien eingeführt hat. Da gab es überhaupt keine Schul

(Dr. Stefanie von Berg)

kantinen, und die sogenannten Milchmütter haben die größte Not gelindert.

(Beifall bei Lars Holster SPD)

Das ist eine ganz eigene hamburgische Geschichte, an der die FDP einen großen Anteil hat.

Die CDU macht in ihrer Anfrage deutlich, dass es schlecht um die Schulverpflegung steht. Wir wissen, dass es auch anders geht, und zwar aus Skandinavien. Dort weiß man, dass man ein gesundes Essverhalten nicht durch Wissensvermittlung wie beim Vokabellernen oder in der Mathematik erreichen kann, sondern nur dann, wenn die Schüler es selbst machen. Deshalb werden dort Kochfähigkeiten erworben und entwickelt. Dr. Michael Polster, Vorsitzender des Deutschen Netzwerks Schulverpflegung, hat einen Besuch in Schweden gemacht und darüber auf einer Tagung berichtet. Er hat festgestellt, dass das Herz jeder Schule in Schweden das Schulrestaurant ist und dass jede Schule einen Schulgarten hat. In Schweden bekommen seit 1956 alle Schülerinnen und Schüler von der ersten bis zur sechsten Klasse ein kostenloses Mittagessen. Und an diesem Weg kommen wir nicht vorbei. In Finnland gibt es seit 1943 per Gesetz eine unentgeltliche Schulverpflegung.

(Beifall bei der LINKEN – Dr. Kurt Duwe FDP: Zwei Millionen Einwohner! – Dietrich Wersich CDU: Fast wie in der DDR!)

Das haben wir in der Bürgerschaft und in drei Haushaltsanträgen immer wieder gefordert. Dann kommt natürlich wieder die Frage, wie das bezahlt werden soll, schon jetzt sei alles viel zu teuer. Wir haben jedes Mal geantwortet, dass ein kostenloses Mittagessen besser ist als diese sinnlose Schulinspektion. Außerdem sollte man das Geld für Privatschulen auf Bundesebenenniveau kürzen. Dann könnte man das Essen finanzieren. Das bleibt unser Ziel.

(Beifall bei der LINKEN)

Bei der Großen Anfrage der CDU habe ich mich gefragt, mit welchem Ziel die CDU diese gestellt hat, abgesehen davon, dass sie deutlich machen will, wo die Missstände liegen. Ich habe jetzt herausgehört, dass Sie möglichst schnell an allen Ganztagsschulen Produktionsküchen errichten möchten; wenn nicht, dann müssen Sie mir das noch einmal sagen. Was mich bei dieser Großen Anfrage stutzig gemacht hat, sind zwei andere Dinge. Es gibt dort eine Tabelle, in der angegeben ist, welcher Anbieter in einer Schule war, dass es gegebenenfalls jetzt einen neuen Anbieter gibt und warum dieser Anbieter gewechselt wurde. Das Komische ist, dass ein Anbieter an drei Schulen rausgeflogen ist, weil das Essen vitaminreicher sein sollte, und dass er an drei anderen Schulen dann der neue Anbieter wurde. Ich sehe hier kein Konzept und wäre sehr dankbar, wenn es so etwas wie

einen TÜV gäbe, damit es nicht davon abhängt, welche Schule höhere oder niedrigere Erwartungen an das Essen hat. Das fiel mir auf und ist bei vier oder fünf Anbietern der Fall; sie fliegen an einigen Schulen raus und an anderen kommen sie als der große Retter wieder herein. Das halte ich für ein großes Problem.

Das Zweite, was mich sehr stutzig gemacht hat, sind die Teilnahmequoten. Das ist ein Thema, das wir im Schulausschuss schon häufig besprochen haben. Insgesamt kann ich das, was Gerhard Lein gesagt hat, bestätigen. Mein Eindruck ist, dass die Teilnahmequoten am Schulessen steigen. Besorgt bin ich allerdings darüber, dass die Teilnahmequoten von 20 bis 86 Prozent differieren. Ich frage mich natürlich, was an den Schulen, in denen nur 20 Prozent der Schülerinnen und Schüler am Essen teilnehmen, los ist. Immerhin gibt es 18 Ganztagsschulen mit unter 50 Prozent Beteiligung. Wie gesagt, insgesamt ist es besser geworden, aber dort muss man noch sehr viel tun und es muss sich eine Menge ändern.

Wir sind der Auffassung, dass man den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun kann. Man kann nicht eine Ganztagsschule eröffnen, ohne dass es eine Küche gibt. Das geht überhaupt nicht, denn dann haben wir genau diese Probleme. Es geht auch nicht, dass man über die Köpfe hinweg plant, Kalkulationen macht und baut, aber die Schülerinnen und Schüler nicht fragt und einbezieht. Das sollte man dringend tun, und dann kann man wahrscheinlich auch die Teilnahmequoten regeln. Letztendlich müssen wir Geld in die Hand nehmen und ein kostenloses Mittagessen anbieten.

(Beifall bei der LINKEN)

Vielen Dank, Frau Heyenn. – Das Wort hat Herr Senator Rabe.

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem Ausbau der Ganztagsschulen stellt sich der SPD-Senat einer gewaltigen Aufgabe. Wir erinnern uns, dass bis zum Jahr 2010 in Hamburg in rund 25 Jahren etwas mehr als 50 Grundschulen zu Ganztagsschulen entwickelt wurden. Ob rote, schwarze, schwarz-gelbe oder schwarz-grüne Regierungen – im Durchschnitt traute man sich zu, zwei Grundschulen pro Jahr zu Ganztagsschulen zu machen und das, obwohl die Probleme tatsächlich wesentlich drängender sind. Die SPD hat deshalb gesagt, dass jede Grundschule, die Ganztagsschule werden will, loslegen darf. Die Antwort ist überwältigend. 130 Schulen wollen in diesen drei Jahren – 2011, 2012 und 2013 – in den Ganztag starten, das sind rund 40 Schulen pro Jahr. Für die Kopfrechner: Das ist das 20-fache dessen, was in dieser Stadt in den vergangenen Jahren im Jahres

(Dora Heyenn)

durchschnitt geleistet worden ist. Es handelt sich um eine Größenordnung, bei der auch der Schulsenator einmal schlucken muss.

(Finn-Ole Ritter FDP: Quantität vor Qualität!)

Unsere Antwort ist eindeutig. Ganztagsschulen sind eine wichtige Aufgabe. Sie tun Kindern und Familien gut, sie sind teuer, aber sinnvoll. Deswegen haben wir das größte Aufbauprogramm für Ganztagsschulen gestartet, das es jemals in Hamburg gegeben hat. Das ist die Ausgangslage und sie ist richtig.

(Beifall bei der SPD)

Der Umbau und Ausbau von Schulen, die seit 200 Jahren in einer Halbtagstradition leben und eher als Unterrichtsanstalten denn als Lebensraum gebaut worden sind, in Richtung Ganztag ist eine gewaltige Aufgabe. Wir können nicht leugnen, dass viele unserer Schulgebäude schlechte Voraussetzungen bieten. Deswegen müssen wir damit anfangen, das ist völlig richtig.

Die Opposition bemängelt die Schulküchen. Es heißt zum Beispiel, dass sie zu klein seien und die Kinder daher im Schichtbetrieb essen müssten. Für eine Grundschule mit rund 300 Schülern ist der Kantinenbereich mit 96 Quadratmetern – also knapp 100 – bemessen. Das ist nicht üppig, aber es ist auch nicht unvernünftig, denn wir haben uns bei der Größe nicht nur daran orientiert, was wünschbar ist. Das hat mich an der Debatte eben sehr gewundert. Ich wundere mich darüber, wie schnell die CDU und die GRÜNEN vergessen.