Protocol of the Session on January 23, 2013

Und warum? Wir haben es eben von Frau Rugbarth gehört. Die SPD wünscht sich das schon seit 2003. Der Bürgermeister hat zudem dieses Großprojekt im Wahlprogramm und in der Regierungserklärung angekündigt. Bei der Umsetzung hat man dann gemerkt, dass es ein bisschen schwierig wird. Das Ganze verzögert sich also. Sie planen inzwischen schon fast zwei Jahre. Die Wirtschaftsbehörde beschäftigt sich mit fast nichts anderem mehr, und die eigentliche Wirtschaftsförderung in unserer Stadt bewegt sich seitdem gar nicht mehr. Innovation ist inzwischen zwar Beiname der Wirtschaftsbehörde, aber mit Inhalten ist bisher gar nichts gefüllt worden.

(Beifall bei der CDU)

Die Institutionen der bestehenden Förderlandschaft, vor allem die Männer und Frauen, die dort Verantwortung tragen, werden verunsichert und beschädigt. Das, meine Damen und Herren, ist genau das Gegenteil von ordentlichem Regieren. Er

innern wir uns einmal gemeinsam an die Regierungserklärung unseres Ersten Bürgermeisters aus dem März 2001. Der Senat, sagte er damals, würde sich verpflichten, gute Argumente für seine Sache vorzubringen, und er würde auch zuhören, wenn bessere Argumente in der Debatte vorgebracht würden. Davon, Herr Scholz, merken wir in dieser Sache in diesem Parlament leider gar nichts. Warum, Herr Scholz, Herr Tschentscher, Frau Blankau und vor allem Sie, Herr Horch, hören Sie nicht einfach einmal auf die Argumente all derer, die von dem Thema etwas verstehen, anstatt deren Argumente zu ignorieren und einfach durchzuregieren? Nun also soll die Drucksache, für die man anderthalb Jahre gebraucht hat, mal eben bis Ende März in den Ausschüssen und in der Bürgerschaft beraten werden, natürlich mit Expertenanhörung. Das machen wir alles in der Zeit, wir kennen das schon von der Hapag-Lloyd-Entscheidung – schnell, schnell und möglicherweise mit fatalen Folgen für unsere Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Begründet wird das Vorhaben mit der Bedeutung für die Wirtschaftsförderung der Stadt – ich zitiere –:

"Die […] Bestandsanalyse zeigt die Notwendigkeit, die städtischen Maßnahmen in der Wirtschafts- und Innovationsförderung weiter zu verbessern, effizient zu organisieren, das Förderinstrumentarium zu erweitern, […]."

All diese Fragen sollen dann nicht einmal im Wirtschaftsausschuss beraten werden? Meine Damen und Herren, das ist wirklich ein Treppenwitz.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Thomas- Sönke Kluth FDP und Dr. Anjes Tjarks GRÜ- NE – Zuruf von Andrea Rugbarth SPD)

Nein, Frau Rugbarth, jetzt nicht. Sie können gleich noch einmal reden.

Lassen Sie mich zu dem Argument, in den anderen 15 Bundesländern würde man es genauso machen, was Sie eben zum wiederholten Mal vorgebracht haben, etwas sagen. Worum geht es denn eigentlich? Dass wir es genauso machen wie die anderen oder das Richtige für unsere Stadt tun?

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Thomas- Sönke Kluth FDP)

Lassen Sie mich noch einen kleinen Aspekt hinzufügen. Uli Wachholtz als Präsident des ivh hat beim Neujahrsempfang Anfang dieses Monats gesagt, für die norddeutsche Zusammenarbeit sei 2012 ein verlorenes Jahr gewesen. Leider hat er recht damit, und Sie erwägen im Prozess zur Gründung dieser Bank nicht einmal ernsthaft, ob Sie mit dem Land Schleswig-Holstein gemeinsame Sache machen wollen. Was Sie bringen, ist einfach zu wenig für unsere Stadt.

(Andrea Rugbarth)

(Beifall bei der CDU)

Ich weiß, ehrlich gesagt, nicht, ob das ein Ausdruck von Ignoranz oder Überheblichkeit ist oder einfach nur mangelnder politischer Weitblick. Ich zitiere noch einmal den Bürgermeister, weil er viele gute Zitate in seiner Regierungserklärung hat:

"Vielleicht wird der eine oder andere morgen bemängeln, dass unseren Plänen der Glamour fehle,"

das kann man manchmal denken –

"dass wir keine großen Überraschungen bieten und keine neuen Leuchttürme bauen. Wer das feststellt, der hat richtig zugehört und falsch gewertet. Denn es geht jetzt nicht darum, neue Projektnebelkerzen zu werfen."

Das haben die Hamburgerinnen und Hamburger nämlich satt, das haben Sie damals ergänzt, und genauso ist es. Wir brauchen keine neuen Projektnebelkerzen in dieser Stadt.

(Beifall bei der CDU)

Halten Sie deshalb ein, Herr Bürgermeister, stoppen Sie dieses Vorhaben, lassen Sie sich an Ihren eigenen Worten messen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Nun hat Herr Dr. Tjarks das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte mich an dieser Stelle zuerst einmal beim Senat bedanken. Ich möchte mich dafür bedanken, dass er uns nach zwei Jahren endlich einmal eine Drucksache zu dem heißdiskutierten Thema vorgelegt hat. Ich möchte mich auch dafür bedanken, weil das nämlich die Debatte ungemein erleichtert. Wir saßen bei der Expertenanhörung ohne Drucksache und dachten nach der Hälfte der Expertenanhörung, jetzt bräuchten wir eigentlich eine Drucksache, sonst müssen wir gar nicht weiterreden. Deswegen wäre es gut, wenn wir im Nachgang noch eine Expertenanhörung machen könnten; zum Zeitplan kommen wir gleich. Ich möchte mich aber auch bedanken, weil ich glaube, dass es vielleicht im Gegensatz zu einigen anderen Rednern durchaus auch einige positive Aspekte gibt. Wenn man meint, dass man damit mehr Bundes- und EU-Fördermittel nach Hamburg holt, dann haben wir nichts dagegen, dass mehr Geld in diese Stadt fließt. Wir hätten aber auch nichts dagegen gehabt, wenn ein wenig mehr Schnelligkeit an den Tag gelegt worden wäre.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Auch wir glauben, dass eine Neuordnung der Wirtschaftsförderung sinnvoll ist. Sie ist sogar eine Bedingung für eine weitere positive Begleitung dieses

Projekts unsererseits. Hamburg unterhält, wenn ich richtig informiert bin – Herr Kluth, korrigieren Sie mich –, 43 Wirtschaftsförderungsprogramme. In der Evaluation – es gibt eine, ich kann aber verstehen, wenn Sie sie nicht so nennen wollen, insofern sind wir hier vielleicht auf einem Nenner – befinden sich davon dann nur noch 17. Wenn man so etwas wie einen One-Stop-Shop machen möchte, dann frage ich mich, wo eigentlich die anderen 26 Programme bleiben. Wenn das nicht am Ende zum 26-Stop-Shop werden sollte, dann ist es entweder nicht zu Ende gedacht oder handwerklich schlecht gemacht.

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel übernimmt den Vorsitz.)

Wir haben auf dieser Seite auf jeden Fall eine Menge Nachfragen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir finden es im Grundsatz richtig, dass man nicht nur Zuschussfinanzierungen, sondern auch Darlehensfinanzierungen anstrebt. Wenn dann aber ausgeführt wird, das würde sich mittelfristig auch haushaltsentlastend auswirken, dann würden wir uns freuen – ich weiß nicht, welcher der Senatoren gleich redet –, wenn an dieser Stelle einmal gesagt wird, was das eigentlich konkret in Zahlen bedeutet, damit man so etwas auch einmal ein bisschen genauer planen kann.

Nun zur Innovationsstiftung. Die lange Debatte war richtig; wir hatten das im Wirtschaftsausschuss besprochen. Wir finden es gut, dass sich der Senat nicht an sein Ursprungskonzept gehalten hat, sondern seine Ideen zur Innovationsstiftung weiterentwickelt hat. Er will jetzt eine Innovationsagentur aufbauen. Das kann gut sein. Wir werden sehen, ob die Innovationsagentur in dieser neuen Konstruktion wirklich die Schlagkraft entwickelt, die sie bisher hat. Die muss sie behalten, wenn die Innovationsbehörde ihren Namen zu Recht tragen möchte.

Meine Damen und Herren! Wir haben aber auch ein paar Punkte, die wir deutlich kritischer sehen. Zum einen wird in der Drucksache ausgeführt, die IFB werde zur Förderung des Umwelt- und Klimaschutzes gebraucht – dies sei ein Schwerpunkt der Senatspolitik. Das ist schon ein gewisser Euphemismus, wenn man erst die Projekte um die Hälfte kürzt und dann sagt, das sei ein Schwerpunkt der Senatspolitik. Bei diesem SPD-Senat hilft da im Umweltbereich auch keine Investitions- und Förderbank weiter.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir finden es richtig, dass es für die Investitionsund Förderbank ein Gewinnausschüttungsverbot gibt, aber ich möchte an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die Probleme, die wir in diesem Bereich insbesondere bei Banken hatten, vor allen

(Karin Prien)

Dingen die Verluste waren und nicht die Gewinne, die sie eingefahren haben, und es deswegen zwangsläufig einen Verlustausgleich durch die Stadt gab. Deshalb können wir uns an dieser Stelle nur vorstellen zuzustimmen, wenn es für diesen Ausgleich, den die Stadt im Verlustfall leistet, danach auch ein Verlustausgleichsgebot durch die Investitions- und Förderbank gibt, sodass die Stadt bei dieser Bank nicht immer nur draufzahlt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wir halten die Vergleiche mit der HSH Nordbank zwar zum Teil für schief, zum Teil aber auch für gerechtfertigt, weil wir momentan das Problem haben, dass wir auf diesen 30 Milliarden Euro Gewährträgerhaftung sitzen, wir aber die Situation haben, dass wir jetzt eine neue Bank gründen oder erweitern, die wir mit Gewährträgerhaftung und Anstaltslast ausstatten, und diese Bank ihr Geschäft in einem Bereich machen soll, in dem mit der Haspa im kleinen mittelständischen Bereich und der HSH Nordbank bei den großen Mittelständlern bereits zwei starke Banken in unserer Stadt vertreten sind. Da stellt sich nun wirklich die Frage, wofür man das Geschäftsfeld der Investitionsbank eigentlich genau braucht.

In dem Bereich ist die Begründung in dieser Drucksache doch sehr dürftig. Da wird wolkig darüber geredet, 2019 könnten durch Basel III irgendwelche Kreditrestriktionen in Kraft treten – es sieht sie zwar noch niemand, auch die Handelskammer nicht –, und ansonsten wird kaltschnäuzig darauf verwiesen, dass es darum gehe, die Marge zu erwirtschaften, um den anderen Teil, nämlich die Förderbank, querzusubventionieren. Das kann man machen, aber es ist wichtig, hier aufgrund der Erfahrungen der Stadt eine recht konservative Strategie an den Tag zu legen. Deswegen sagen wir Ja zur Förderbank, aber die Investitionsbank ist zum jetzigen Zeitpunkt für uns noch mit einem großen Fragezeichen versehen. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Dr. Kluth, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Mir ist bei dem Debattenbeitrag von Frau Rugbarth ein Punkt – aber wirklich nur ein Punkt – klar geworden, und dieser lautet, dass die SPD-Fraktion es sich bei der Begründung des Nutzens einer Investitions- und Förderbank nach unserem Eindruck wirklich sehr einfach macht.

(Beifall bei Finn-Ole Ritter FDP)

Sie sagen nämlich im Grunde, wir müssten darüber gar nicht mehr viel diskutieren, denn die Förderbank komme. Und warum kommt die Förderbank? Aus drei Gründen: erstens weil es im SPD

Wahlprogramm steht, zweitens weil es in der Regierungserklärung des Bürgermeisters steht und drittens weil es im Arbeitsprogramm des Senats steht. Mit anderen Worten: Das Ergebnis stand eigentlich schon zu Beginn der parlamentarischen Debatte fest, egal, was die Sachverständigen der Expertenanhörung gesagt haben oder was die Diskussion ergeben hat. Wir halten eine solche Vorgehensweise für falsch. Sie schadet der Innovationsund Förderpolitik in Hamburg, und das zeigt unserer Auffassung nach auch die vorliegende Drucksache.

(Vereinzelter Beifall bei der FDP)

Wer eine neue städtische Institution schaffen will, der ist zunächst in der Pflicht, den Bedarf unter Beweis zu stellen und die möglichen und absehbaren Nachteile und Risiken gegen die möglichen Vorteile abzuwägen. Aber genau diesen Nachweis und diese Abwägung ist der Senat bislang schuldig geblieben, und auch die spät und eilig nachgelieferte Potenzialanalyse ändert unserer Auffassung nach an dieser Beurteilung nichts.

Wie ist die Situation heute? Hamburg hat bereits eine sehr vielfältige und differenzierte Förder- und Beratungslandschaft, die von der Stadt, von den Kammern und auch von vielen privaten Einrichtungen getragen wird. Das ist unserer Auffassung nach auch gut so, weil diese vielfältige Struktur dem vielfältigen und differenzierten Förder- und Beratungsbedarf entspricht, denn in der Praxis ist es in der Tat ein Unterschied, ob sich ein Mensch aus einer Langzeitarbeitslosigkeit heraus mit einem kleinen Dienstleistungsunternehmen selbstständig macht oder ob ein hochinnovatives neues Produkt zur industriellen Marktreife geführt wird und dabei viele Zertifizierungsprozesse durchlaufen muss. Vielfalt ist also gut, eine Zentralisierung von Strukturen muss dies nicht sein.

Was macht der Senat in dieser Situation? Anstatt die vorhandenen Förderinstrumente zu optimieren oder die bestehenden Einrichtungen besser zu verzahnen, wird erst einmal eine neue Einrichtung geschaffen. Das mag zwar sozialdemokratischer Institutionengläubigkeit entsprechen, aber einer Verbesserung der Wirtschafts- und Innovationsförderung dient das nicht, denn wenn Sie sich in der Drucksache die konkreten Förderprogramme der vier Geschäftsbereiche anschauen, dann finden Sie da, was Förderinstrumente und –mittel betrifft, im Grunde sehr wenig Neues. Mit anderen Worten: alter Wein in einem neuen Schlauch.