Lassen Sie mich nunmehr zum aktuell vorliegenden Einzelplan kommen. Wie der Senat kürzlich bei der Versammlung der Polizei im CCH zutreffend feststellte, leidet der Bereich Innen seit 15 Jahren an einer latenten Unterfinanzierung, oder aus unserer Sicht auch an einer latenten Auf
gabenüberfrachtung. Für diese Entwicklung waren wir Freie Demokraten für zweieinhalb Jahre, aber immerhin, auch in geringem Umfang mitverantwortlich; dazu stehen wir. Diese Entwicklung und vor allem deren katastrophale Auswirkung auf den Personalkörper von Polizei und Feuerwehr sind aber leider nicht auf die Schnelle zu korrigieren, insbesondere nicht angesichts der bevorstehenden Schuldenbremse zugunsten künftiger Generationen. Daher gilt es für uns zunächst, die betreffenden Bereiche von Einsparungen freizuhalten und Mittelverstärkung gegenzufinanzieren. Wir haben uns entschlossen, den Personaletat der Polizei zu verstärken, um in den nächsten beiden Jahren mehr Beförderungen zu ermöglichen. Das Gerichtsurteil zum Laufbahnverlaufsmodell darf kein Grund sein, für zwei Jahre zunächst gar keine Mittel für Beförderungen einzuplanen, wie es Senat und SPD vorhaben.
Dass der Betrag dem wirklichen Bedarf nur ansatzweise entspricht, ist uns bewusst, aber wir wollen zumindest ein Zeichen gegenüber unserer Polizei setzen im Rahmen dessen, was wir im Paket der von uns eingebrachten Haushaltsanträge gegenfinanzieren können.
Den Einsatz des oppositionellen Füllhorns überlassen wir gern den Kollegen von der CDU, auch wenn sie ein bemerkenswertes Selbstverständnis offenbaren, wenn sie mit ihrem Antrag das Budgetrecht in dieser Hinsicht von der Bürgerschaft qua Beschluss an den Senat übertragen wollen. Zu der Linie, die Sie in Sachen Klage gegen den Volksentscheid zum Netzrückbau vertreten, passt das irgendwie nicht. Den SPD-Antrag zum Thema ProMod müssen wir im ersten Punkt aber unbedingt ablehnen. Sie fordern schon in der Überschrift eine Stärkung der Reviere, begrüßen dann aber ein Konzept, das die Reviere mit zusätzlichen Aufgaben in Anspruch nimmt, ohne dass die entsprechenden Ressourcen folgen. Das halten wir für widersprüchlich.
Natürlich stimmen wir Ihrem Berichtsantrag zur Umsetzung von ProMod zu. Vielleicht lässt sich noch etwas korrigieren, wenn der Senat die Auswirkung seines Sparmodells auf die Einsatzfähigkeit der Polizei offenlegen muss.
Kommen wir nun zum brisanten Bereich Feuerwehr. Den praktizierten Corpsgeist der Feuerwehrkollegen nach Jahren des Dienstes auch angesichts andauernder Erkrankung oder dauerhafter Dienstunfähigkeit nicht zurückzulassen, ist ein Wert an sich. Leider können wir uns angesichts der über einen langen Zeitraum völlig fehlentwickelten Personalstruktur diesen Geist nicht mehr leisten,
wenn wir die Einsatzfähigkeit der Feuerwehr erhalten wollen. Eine versteckte Absenkung der Standards für kritische Brände, wie von der SPD in der Begründung ihres Antrags befürwortet, lehnen wir ab.
Wenn es um Leib und Leben der Hamburger geht, darf man eklatanten Defiziten bei den Einsatzzeiten nicht dadurch begegnen, dass man insgesamt erträgliche Durchschnitte errechnet. Wer von einem kritischen Brand bedroht ist, dem nützt es wenig, wenn die Feuerwehr ihn im statistischen Durchschnitt rechtzeitig erreicht. Angesichts begrenzter Mittel und des latenten Ausgabenproblems der öffentlichen Haushalte muss sich aber aus liberaler Sicht auch der Innenbereich immer der Aufgabenkritik stellen. In vielen Bereichen des vorbeugenden Brand- und Gefahrenschutzes gibt es auf dem freien Markt entsprechende private Dienstleister und vereidigte Sachverständige, die entsprechende Aufgaben vermutlich kompetent und verantwortlich wahrnehmen können.
Im Bereich des Baurechts ist eine entsprechende Aufgabenkritik in jüngerer Zeit mit großem Erfolg durch die Freie und Hansestadt bereits geleistet worden. Durch eine Verringerung der Aufgabenlast in diesem Bereich ließen sich so knappe Ressourcen für andere Aufgabenbereiche der Feuerwehr freisetzen und die sehr niedrige Kostendeckungsquote im Bereich des Gefahrenschutzes möglicherweise erhöhen.
Ein Wort zum NPD-Verbot. Grundsätzlich sind wir natürlich Gegner der NPD, wir stehen allerdings auf dem gleichen Standpunkt, den auch unsere Bundestagsfraktion vertritt, dass ein Verbotsverfahren hohe Risiken birgt und der Nutzen eher gering sein könnte.
Frau Möller, Sie haben das Sicherheitskonzept der DFL angesprochen. Sie haben das nicht ganz richtig zitiert. Die beiden Hamburger Clubs haben sich zwar gegen eine Verabschiedung an dem Tag ausgesprochen, aber nicht gegen das Konzept als solches. Das darf ich an dieser Stelle richtigstellen.
Es ging einfach darum, wann es sinnvoll ist, darüber abzustimmen und ob man nicht vorher noch im Dialog versucht, die Fangruppen mitzunehmen.
Als Fazit lässt sich festhalten, dass wir an einem Einzelplan wie dem der Innenbehörde allzu deutlich sehen können, was dauerhafte Fehlsteuerungen in großen Personalkörpern anzurichten vermögen und welche Belastungen das wiederum langfristig für den Gesamthaushalt selbst nach sich zieht. Kurzsichtige Personalpolitik ist ein Haushaltsloch von morgen. – Vielen Dank.
Meine Damen und Herren, Frau Präsidentin! Im vergangenen Jahr fand die Debatte über den Haushalt der Innenbehörde unter dem Eindruck der Aufhellung der schrecklichen von Neonazis verübten Mordserie statt, der auch in Hamburg ein Mensch zum Opfer gefallen war. Seither ist, das will ich konzedieren, ein bisschen etwas passiert. Zum Beispiel hat die Innenbehörde Nazis die waffenrechtliche Erlaubnis entzogen. Sie hat im vergangenen Jahr den Verfolgungsdruck auf Neonazis erhöht. Sie hat wenigstens die V-Leute aus der Hamburger NPDFührung abgeschaltet, und sie hat die Entscheidung der Landesinnenminister, das NPD-Verbotsverfahren einzuleiten, mit vorangetrieben.
Das unterstützen wir im Prinzip, wenngleich wir nicht blind vertrauen wollen und uns natürlich sehr gern mit dem Material auseinandersetzen, denn wenn dieses Verfahren schief geht, dann ist wirklich viel kaputt. Wir sagen auch, dass repressive Maßnahmen und ein Verbot der NPD, das noch längst nicht ausgesprochen ist, wenn es erfolgt, allein nicht ausreichen werden. Das braune Gedankengut verschwindet damit nicht automatisch aus den Köpfen. Dazu gehört mehr. Dazu gehört, Rassismus, Antisemitismus, Islamophobie und alle Spielarten gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit aktiv zu bekämpfen und zurückzudrängen.
In diesem Sinne beteiligen wir LINKE uns auch an dem Prozess der Erarbeitung eines Landesprogramms gegen Rechtsextremismus. Wir unterstützen, dass dieser Prozess auf eine breite Basis gestellt wird, und wir unterstützen seine Umsetzung und eine angemessene Ausstattung; das haben wir gestern schon abgestimmt.
Einiges ist passiert seit einem Jahr, aber einiges Wichtige ist nicht passiert. Die Mordserie und die Umstände, unter denen Nazis über Jahre hinweg mordend durch Deutschland ziehen konnten, sind bisher nicht wirklich aufgeklärt. Das Vertrauen in
die Aufklärungsarbeit ist in der Öffentlichkeit, es ist insbesondere in den Migranten-Communities und besonders und nicht zuletzt bei den Angehörigen der Opfer extrem gering. Zu dieser Aufklärung gehört die Aufklärung des Versagens der Sicherheitsbehörden. Hier in Hamburg stehen wir fassungslos davor, dass die Sicherheitsbehörden eine öffentlich erkennbare Aufarbeitung ihres Versagens bisher nicht geleistet haben.
Auf der Pressekonferenz zum ersten Jahrestag vor wenigen Wochen sagte die Anwältin der Angehörigen des vom NSU ermordeten Süleyman Tasköprü über die seinerzeitige Ermittlungsarbeit der Hamburger Polizei – ich zitiere –:
Die Frage, warum die in Hamburg ermittelnde Polizei nicht nach rechts schaute, wurde von der Innenbehörde bis heute nicht beantwortet.
Konsequenzen aus diesem Versagen wurden nicht bekannt. Wie sollen Strukturen in den Sicherheitsbehörden, die das Wegschauen, das Ignorieren der nach rechts weisenden Spuren und Indizien begünstigt haben, verändert werden? Wie soll die Fortsetzung von Fehlern, die aus der gefährlichen Ignoranz gegenüber dem mörderischen Potenzial des Rassismus resultieren, verhindert werden? Wie soll Vertrauen hergestellt werden, wenn nicht bedingungslos aufgeklärt wird, und zwar auch das eigene Versagen?
Wir fordern, dass die Hamburger Innenbehörde endlich ihre Verantwortung dafür wahrnimmt. Im Zentrum des Versagens standen und stehen bundesweit die Ämter für Verfassungsschutz. Fast jeden Tag erfahren wir neue skandalöse Details aus den verschiedenen Ämtern und das seit mehr als einem Jahr. Heribert Prantl, Kommentator der Süddeutschen Zeitung, fasste kürzlich die unendliche Geschichte der bekanntwerdenden skandalösen Details in dem Resümee zusammen – ich zitiere –:
Seine Schlussfolgerung: Er gehört aufgelöst. Das Hamburger Landesamt steht zugegebenermaßen nicht im Zentrum des totalen Versagens der Verfassungsschutzämter, aber es ragt auch nicht aus dem Verbund der Verfassungsschutzämter heraus.
Alle Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, das hamburgische eingeschlossen, waren nicht im Stande, schwere Straftaten mit rassistischem und neonazistischem Hintergrund präventiv zu verhindern, weil sie nicht einmal die Gefahr erkannt haben. Auch das Hamburger Landesamt hat – die Verfassungsschutzberichte belegen dies – den Rechtsextremismus und Neofaschismus fahrlässig unterschätzt. An Aufklärungsarbeit leisten die zivilgesellschaftlichen Initiativen sehr viel mehr als das Landesamt mit seinen Verfassungsschutzberichten, die sich wirklich in Banalitäten ergehen.
Der Verfassungsschutz, und das ist das Grundproblem, schützt die Verfassung nicht. Er greift tief in Grundrechte ein. Dabei verfolgt er nicht Straftaten, denn dafür ist allein die Polizei zuständig, sondern er sanktioniert Haltungen, erschnüffelt Meinungen und brandmarkt Andersdenkende. Er richtet sich gegen legale, politisch jedoch unerwünschte Aktivitäten.