Protocol of the Session on December 12, 2012

Ihre Forderungen tun Migrantinnen und Migranten nicht gut, sie sind integrationshindernd. Integrationshindernde Faktoren sind auch Rassismus, Diskriminierung und Vorurteile gegenüber Menschen mit Migrationshintergrund. Als Fortschritt können wir verzeichnen, dass die SPD in ihrem Eckpunktepapier diese Faktoren aufgegriffen hat und berücksichtigen möchte. Sie möchte im März 2013 das Konzept vorlegen; wir sind schon gespannt. Es reicht jedoch nicht, nur zu sagen, wir möchten Rassismus bekämpfen und das dann ins Handlungskonzept zu schreiben, man muss auch Maßnahmen ergreifen.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb haben wir einen Antrag eingereicht, mit dem wir ein Antidiskriminierungsbüro fordern. Das wird zwar im Einzelplan 2 behandelt, aber von Diskriminierung sind auch Menschen mit Migrationshintergrund betroffen. Gründe für Diskriminierung können natürlich auch die sexuelle Identität, das Geschlecht, das Alter und vieles mehr sein. Deshalb möchten wir, dass dieses Antidiskriminierungsbüro mit 150 000 Euro pro Jahr ausgestattet wird.

(Olaf Ohlsen CDU: Mindestens! Minde- stens!)

Die 20 000 Euro, die jetzt basis & woge bekommen, sind wirklich lächerlich. Mit 20 000 Euro kann man die Rassismusbekämpfung nicht ordentlich vorantreiben. Deshalb sagen wir sehr deutlich: Auch Ihr Eckpunktepapier war eher darauf hingerichtet,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Hingerichtet war das mit Sicherheit nicht!)

die Integration zum Nulltarif durchzubringen, aber das wird nicht klappen. Integration ist nicht zum Nulltarif zu haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich sagte bereits, dass wir mit gutem Gewissen den Antrag von Herrn Haufler ablehnen. Ich glaube allerdings nicht, dass alle in der CDU der gleichen Auffassung sind wie er.

(Olaf Ohlsen CDU: Was?)

Sie, meine Damen und Herren, können aber mit einem guten Gewissen unseren Antrag zur Obdachlosigkeit annehmen. Wir haben schon im vergangenen Winter ein Grundversorgungskonzept gefordert und nichts ist passiert. Was haben wir? Ein Gesamtkonzept zur Wohnungslosenhilfe. Es ist weniger ein Konzept als eine Auflistung kleinerer Projekte, die kaum etwas an der sich immer stärker zuspitzenden Situation der Wohnungs- und Obdachlosigkeit ändern werden.

(Zuruf aus dem Plenum)

Sie können Clearinghäuser haben, aber wenn Sie keine Wohnungen haben, was nützen Ihnen dann die Clearinghäuser?

(Beifall bei der LINKEN und bei Phyliss De- mirel und Christa Goetsch, beide GRÜNE)

Außerdem werden in diesem Gesamtkonzept die Arbeitsmigrantinnen und -migranten aus Osteuropa und vermehrt auch aus Südeuropa nicht miteingeschlossen. Es ist klar, das haben Sie auch gesagt, dass dies krisengeschüttelte Länder sind. Die Menschen sind auf der Suche nach Arbeit. Herr Scheele meint, das Winternotprogramm sei kein Zuwanderungsprogramm, aber was Sie dazu auch sagen, Herr Scheele, Sie müssen mit der Zuwanderung umgehen können. Wir finden es natürlich richtig, dass Sie sich nun Hilfe holen möchten. Die Situation muss natürlich auf Bundesebene und auch auf EU-Ebene behandelt werden. Aber man kann nicht sagen, dass dies ein temporäres Problem sei und die Menschen irgendwann wieder weg wären, so als ob ein Wunder geschehen würde. Sie müssen natürlich handeln und damit umgehen.

(Beifall bei der LINKEN – Olaf Ohlsen CDU: Erzähle weiter!)

Bei der Expertenanhörung haben die Expertinnen und Experten, vor allem der Experte aus München, deutlich gesagt: Wenn Sie die Obdachlosigkeit langfristig bekämpfen möchten, dann brauchen Sie einen ernstzunehmenden Umbau des Systems. Aber um überhaupt beim System zu beginnen, müssten Sie ein Konzept haben, Sie müssten die Situation analysieren.

Nur noch kurz zu den Anträgen. Der Antrag der GRÜNEN ähnelt unserem Antrag aus dem vergangenen Jahr. Es sind auch kleine, aber kurzfristige Maßnahmen, die ergriffen werden müssen. Beim Antrag der FDP-Fraktion geht es um die Trinkerräume; den werden wir ablehnen. Wir lehnen nicht grundsätzlich Trinkerräume ab, aber der Ansatz Ihres Antrags ist falsch. Es kann nicht sein, dass Sie meinen, die Trinkerszene bestünde nur aus Obdachlosen. Deshalb werden wir diesen Antrag ablehnen.

Zusammenfassend sind wir natürlich dafür, dass Sie jetzt die Notbremse ziehen, noch ist dazu Zeit.

Ansonsten werden Sie 2019/2020, wenn Sie zurückschauen, vielleicht einen Trümmerhaufen sehen und feststellen, dass Sie es nicht richtig gemacht haben. Bei Kindern liegt die Armutsquote schon heute bei 21,3 Prozent. Fangen Sie jetzt an, sozial gerecht und zukunftsorientiert zu regieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt hat Herr Haufler das Wort.

(Zurufe von der SPD: Oh, oh! – Jens-Peter Schwieger SPD: Jetzt kommt der Zuwande- rer aus dem Osten!)

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir haben dieses Jahr einen Haushaltsantrag vorgelegt, der viel Integration für wenig Geld bewirken kann. In diesem Antrag finden Sie – das haben Sie bemerkt – genau die gleichen Forderungen wie im vergangenen Jahr. Der Grund ist ein einfacher. Wir mussten feststellen, dass die Fortschritte des Senats auf dem Feld der Integrationspolitik in den vergangenen zwölf Monaten leider sehr bescheiden waren.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Besser als Ihre Rückschritte!)

Deshalb wollen wir die Lektion noch einmal mit Ihnen wiederholen, und wenn wir das hinter uns haben, dann werden Sie auch in das nächste Schuljahr versetzt.

(Beifall bei der CDU)

Sie, Frau Bekeris, haben deutlich gemacht, dass dies wirklich notwendig ist. Sie haben am Anfang Ihrer Rede die Felder der Sozialpolitik aufgezählt. Sie haben gesagt, nicht nur die offene Kinderarbeit gehöre dazu,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Kinderarbeit! Ich glaub's ja nicht!)

sondern auch Programme für Menschen mit Behinderung, obdachlose Menschen oder Zuwanderer. Ich möchte für meine Fraktion klar und deutlich feststellen, dass für uns Integrationspolitik nicht Sozialpolitik ist, für uns sind Zuwanderer nicht in einer Reihe mit Menschen mit Behinderung oder Obdachlosen zu sehen. Wir wollen alle Zuwanderer mitnehmen und sie nicht als Sozialfall abstempeln, wie Sie es tun.

(Beifall bei der CDU – Kazim Abaci SPD: Nicht Sozialpolitik, das hat keiner gesagt!)

Weiterhin, Frau Bekeris, haben Sie sehr pauschal und ohne auf Einzelheiten einzugehen die erfolgreiche CDU-Integrationspolitik der vergangenen Jahre verunglimpft. Sie haben gesagt, diese Politik sei defizitär oder Ähnliches gewesen. Dann bringen Sie doch den Mut auf, all diese Dinge, die Sie für so schlimm halten, rückgängig zu machen.

(Cansu Özdemir)

Bringen Sie doch den Mut auf, die erfolgreiche Sprachstandserhebung für Viereinhalbjährige rückgängig zu machen, bringen Sie den Mut auf, das erfolgreiche Hamburg Welcome Center rückgängig zu machen, und bringen Sie den Mut auf, die zentrale Anlaufstelle für die Anerkennung ausländischer Diplome rückgängig zu machen, was Sie übrigens beinahe gemacht hätten. Wenn Sie all das nicht tun, dann verunglimpfen Sie aber nicht unsere Politik als defizitär.

(Beifall bei der CDU)

Ich habe die Ideen, die wir in unserem Antrag aufgeschrieben haben, in diesem Jahr auf vielen Veranstaltungen gegenüber Hunderten von Zuwanderern aus den verschiedensten Ländern mit den verschiedensten Erfahrungshintergründen vorgetragen.

(Olaf Ohlsen CDU: Und alle waren begeis- tert!)

Ob jung oder alt, ob hochgebildet oder nicht, die Menschen sagen mir, das stimmt, wir brauchen diese Projekte, wir fühlen uns in diesen Fragen nicht genügend mitgenommen, und die Verantwortung dafür trägt der Senat. Besonders gut kommt es bei den Menschen an, wenn ich unser Programm zur Beratung von Zuwanderereltern vorstelle. Wir wollen Eltern in der Volkshochschule neutral und sensibel über das Hamburger Schulsystem beraten. Wir wollen über die Talente, die Neigungen, die Fähigkeiten des einzelnen Kindes sprechen, und wir wollen über die richtige Wahl einer passenden Schule aufklären. Es zeigt wiederum ein völlig falsches Menschen- und Weltbild, wenn einige sagen, dies sei ein Programm für bildungsferne Eltern.

(Uwe Lohmann SPD: Ihr Weltbild möchten wir nicht haben!)

Bildungsfern wird wieder mit Zuwanderern gleichgesetzt; das wollen wir nicht. Auch Ingenieure, die aus einem anderen Land kommen, können nicht das Hamburger Schulsystem kennen. Woher sollen sie es denn auch kennen? Auch sie brauchen diese Beratung, und deshalb sage ich Ihnen: Gehen Sie diesen Schritt mit.

(Beifall bei der CDU)

Nicht nur die Eltern wollen es, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD, auch wir als Politiker sollten es wollen, denn es ist auch eine Antwort auf die besorgniserregende und fortschreitende Spaltung unserer Stadt, eine Spaltung in Schulen mit sehr hohem Migrantenanteil von 50, 60, bis zu 90 Prozent und Schulen mit einem Migrantenanteil nahe null. Sie haben diese Spaltung noch gar nicht zur Kenntnis genommen. Wir bieten einen Ansatz, auf diese Spaltung mit einem ersten Schritt zu reagieren.

(Juliane Timmermann SPD: Herr Haufler, es reicht!)

Ein weiterer wunder Punkt für viele Zuwanderer ist die Anerkennung ausländischer Diplome. Es ist gut, dass die CDU-geführte Bundesregierung ein Gesetz zur Diplomanerkennung eingeführt hat. Rot-Grün hat einen solchen Vorstoß nie geschafft.

(Beifall bei der CDU)

Aber Tatsache ist auch, dass jetzt die Bundesländer gefragt sind, dieses Gesetz mit Leben zu füllen und praxisnahe hochwertige Aufbaukurse anzubieten, damit die Diplomanerkennung auch zu einem Einstieg in den Arbeitsmarkt führt.

(Kazim Abaci SPD: Sagen Sie mir doch mal ein anderes Bundesland!)

Wir bieten Ihnen an, gemeinsam mit uns solche Kurse auf den Weg zu bringen, denn Tatsache ist auch, dass Sie enorme Geldsummen in die Hand nehmen, um die Einstellung älterer Langzeitarbeitsloser beim Arbeitgeber mit 75 Prozent zu subventionieren. Herr Senator, ich kann innerhalb einer Woche Dutzende älterer Langzeitarbeitslose, zumeist aus der ehemaligen Sowjetunion, direkt zu Ihnen ins Büro bringen, die eine ausländische Hochschulausbildung haben, die Arbeitserfahrung haben, die Ihnen aber sagen werden, dass sie eine Diplomanerkennung brauchen, einen guten Aufbaukurs und einen Praktikumsplatz, damit sie auf dem normalen Arbeitsmarkt Geld verdienen können, und dass sie keine subventionierte Arbeitsstelle als Hilfsarbeiter brauchen.

(Beifall bei der CDU)

Wir sagen deshalb: Leistung muss sich immer und überall lohnen, und das bedeutet eben auch, Integrationsleistung muss sich lohnen.

(Sören Schumacher SPD: Rote Karte!)