Protocol of the Session on December 12, 2012

Zweitens: Wir haben in Hamburg eine ausreichende Kreditversorgung.

Drittens: Die Bedeutung der Innovationsförderung als Teil der Wirtschaftsförderung wird weiter zunehmen.

Welche Lehren ziehen Sie daraus? Sie schaffen zunächst einmal eine neue Einrichtung, ohne deren Vorteile und Notwendigkeiten unter Beweis zu stellen. Sie wollen die erfolgreiche, weil unabhängige Arbeit der Innovationsstiftung in das starre Korsett der Wohnungsbaukreditanstalt zwingen, und Sie wollen 5,5 Millionen Euro für die Finanzierung und Verwaltung der Investitions- und Förderbank in die Hand nehmen, also Geld, das für direkte Maßnahmen der Wirtschaftsförderung besser verwendet wäre. Wir beantragen daher heute, die Planungen für eine Investitions- und Förderbank einzustellen und die damit frei werdenden Mittel einem besseren Zweck zuzuführen.

(Beifall bei der FDP)

Meine Damen und Herren! Wie sieht es sonst mit der Umsetzung des Arbeitsprogramms des Senats im Bereich Wirtschaft konkret aus? Fortschreibung des Masterplans Industrie – Fehlanzeige. Aktives Gewerbeflächenmanagement – Fehlanzeige. Sicherung der Finanzierung für die allgemeine Hafeninfrastruktur – Fehlanzeige. Fortschreibung der Mittelstandsvereinbarung – Fehlanzeige. Zusammenarbeit in der Metropolregion – Fehlanzeige, stattdessen das ungelöste Desaster um die Windenergiemessen und den Hafenschlick. Senkung der Bürokratiekosten für die Hamburger Unternehmen – erneut Fehlanzeige. Schlimmer noch, hier machen Sie genau das Gegenteil von Bürokratieabbau. Erst vor wenigen Wochen haben Sie mit den Stimmen der SPD-Mehrheitsfraktion eine sogenannte Kultur- und Tourismustaxe beschlossen. Dieser Begriff ist die schlimmste Sprachverwirrung überhaupt,

(Dr. Monika Schaal SPD: Das, was Sie da- vor gemacht haben, war das Schlimmste!)

eine schlimme babylonische Sprachverwirrung. Ein Gesetz Kultur- und Tourismustaxe zu nennen, das für die Kultur nichts bringt,

(Dr. Monika Schaal SPD: Bedanken Sie sich bei Herrn Rösler dafür!)

dem Tourismus schadet und dem betroffenen Gewerbe zahlreiche neue Pflichten und Haftungsrisiken zumutet, ist genau das Gegenteil von Bürokratieabbau.

(Beifall bei der FDP)

Damit wird immer klarer, dass die Mittelstandspolitik bei Ihnen schlicht in schlechten Händen ist. Sie findet nicht einmal mehr statt, noch nicht einmal mehr in Ihren Sonntagsreden. Nennen Sie außer dem Förderprogramm Meistergründungsdarlehen auch nur eine einzige konkrete Maßnahme aus dem Arbeitsprogramm des Senats, mit der Sie etwas für den Mittelstand getan haben. Es wird Ihnen nicht gelingen. Liefern sieht anders aus. Stattdessen in Hamburg und auch im Bund wieder traditionell sozialistische Töne: mehr Staat, weniger

Privat, höhere Steuern und Abgaben, mehr staatliche Bevormundung und Regulierung für Menschen und Unternehmen durch Mindestlöhne, neue Register und neue staatlich verordnete Quoten. Der Senat und die SPD-Mehrheitsfraktion erschweren damit die Arbeit von Menschen und Unternehmen, die in Hamburg erfolgreich und innovativ wirtschaften wollen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Dr. Kluth. – Das Wort hat Frau Artus.

Herr Präsident, sehr geehrte Herren und Damen! Die SPD folgt der neoliberalen Standortpolitik des ehemaligen Ersten Bürgermeisters Klaus von Dohnanyi und seinen Nachfolgern konsequent

(Hansjörg Schmidt SPD: Olle Kamellen!)

da bin ich ganz nah bei Frau Prien – und setzt in der Wirtschaftspolitik auf radikalen Wettbewerb. Dies drückt sich im vorgelegten Haushalt für das Ressort Wirtschaft ziemlich deutlich aus. So liebäugelt der SPD-Senat beispielsweise mit einer Öffentlich-Privaten Partnerschaft beim CCH. Wir haben hierüber erst vor wenigen Wochen in der Bürgerschaft gestritten.

Wir finden im Einzelplan auch jede Menge Wirtschaftsrhetorik. Wir vermissen aber die Substanz, auch vermeintlich sozialdemokratische Substanz. Wir vermissen konkrete Darstellungen, welche Auswirkungen Förderungen und Initiativen für die Menschen haben. DIE LINKE befürwortet Maßnahmen wie Qualifizierungsinitiativen, die Förderung kleiner und mittelständischer Unternehmen, Existenzgründungen und die Fortentwicklung der Metropolregion, doch werden diese zu einseitig gedacht und durchgeführt. Dies hat DIE LINKE zum Beispiel auch mehrfach anhand der Debatten um die Masterpläne Industrie und Handwerk dargelegt. Es drückt sich letztendlich darin ein Dilemma aus: Die SPD ist sich intern, fraktions- wie auch senatsseitig, in Wirtschaftsthemen oft völlig uneinig.

(Jan Quast SPD: Was reden Sie für einen Quatsch!)

Diese Unentschlossenheit führt dann dazu, dass Projekte verzögert werden. Als Beispiele führe ich nur einmal die Investitionsförderbank oder auch das Azubiwohnheim an. Da hilft auch der autoritäre Stil von Olaf Scholz nicht viel weiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu Olaf Scholz fällt mir die Medienpolitik ein. Auch das ist ein Beispiel, an dem die Widersprüchlichkeit im Senat sehr deutlich wird. Der Erste Bürgermeister holte das Amt für Medien in die Senatskanzlei und machte die Medien zur Chefsache. Er nennt sich ab und zu selbst kokett Mediensenator,

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

aber wenn wir als Abgeordnete auf Bürgerschaftsebene über Medien reden, dann tritt Herr Senator Frank Horch auf. Die Regierungszeit des Mediensenators muss leider ernüchternd bilanziert werden. Außer, dass Facebook seinen Deutschlandsitz in Hamburg angesiedelt hat, ist wirklich nichts passiert.

(Hansjörg Schmidt SPD: Also IT-Gipfel, Kon- gress des Chaos Computer Clubs!)

Die Game-Industrie klotzt nicht mehr, sondern kleckert, und die Medienwirtschaft konsolidiert sich derzeit auf Kosten ihrer Beschäftigten und rüstet sich für die anstehende Rezession. Es war ein Schock: Gruner + Jahr holzt mit der Einstellung der "Financial Times Deutschland" über 300 Arbeitsplätze weg. Am Vorabend der Aufsichtsratssitzung hat sich Finanzvorstand Achim Twardy zwar noch zum Bürgermeister begeben, um ihn darüber vorab zu informieren, aber wenn die Gruner-Managerin Julia Jäkel dann wenig später offenbart, dass dieser Besuch deswegen stattgefunden habe, um Herrn Scholz – ich zitiere – "eine Einordnung zu geben", dann fällt es mir schwer zu glauben, dass der Besuch ein respektvoller Akt gewesen ist. Aber für die Medienunternehmer soll weiterhin ein sehr hanseatisch-pfeffersäckisches Wohlfühlklima erzeugt werden. So dümpelt auch eine Entscheidung zu der Millioneninvestition der Hamburg Media School vor sich hin. Auch wenn dies in einem anderen Einzelplan angesiedelt ist, möchte ich das hier dennoch erwähnen,

(Hansjörg Schmidt SPD: Es wird trotzdem nicht richtig dadurch!)

denn allen ist klar, dass es sich hier zum einen um eine Eliteförderung handelt und zum anderen um eine Doppelstruktur zur universitären Ausbildung.

Medien sollen und müssen gefördert werden, allein schon aus kulturellen Gründen. Aber ein 100 000-Euro-Zuschuss für Gruner + Jahr für den Henri Nannen Preis und eine sinnlose Eliteschulenförderung sind nicht die geeigneten Mittel.

(Beifall bei der LINKEN)

Gestärkt werden muss vielmehr die journalistische Unabhängigkeit, die Pressefreiheit und die Medienkompetenz, und zwar nicht nur die von Kindern.

Ein großes Problem ist, dass der Bürgermeister und Hamburger Mediensenator Olaf Scholz sich bei medienpolitischen Themen im Wirtschaftsausschuss auch nicht blicken lässt, nicht einmal bei der ersten Lesung dieses Einzelplans war er dabei. Das stößt auf meine schärfste Kritik, so geht man mit der Bürgerschaft nicht um.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte mich einem weiteren Thema widmen, dem Tourismus. Hamburgs Wirtschaft wächst, und hierzu gehört auch der Tourismus. Einerseits ist

das eine gute Idee. Hamburg ist eine attraktive und gastfreundliche Stadt, und die Hamburgerinnen und Hamburger feiern gerne. Eine Frage muss aber dringend gestellt werden neben den immer sehr hochpotenten Darstellungen über Hamburgs Wirtschaftskraft und den Wachstumsfantasien. Wie viele zusätzliche Touristinnen und Touristen verträgt die Stadt eigentlich noch? Die SPD plant den Ausbau Hamburgs zur Event-City. Dies ist im Einzelplan nachzulesen. Das bedeutet noch mehr Veranstaltungen und noch mehr Rummel. Noch mehr Gäste sollen sich künftig auf dem Hafengeburtstag und bei anderen Festivitäten gegenseitig platt quetschen. Was soll das, noch mehr Touristinnen und Touristen für Hamburg einzuwerben? Es reicht doch völlig, wie viele jetzt schon nach Hamburg kommen.

(Heiterkeit bei der SPD)

Die Gelder für Hamburg Marketing sind völlig überdimensioniert geplant.

(Beifall bei der LINKEN)

DIE LINKE sagt, das Verhältnis müsse angemessen bleiben. Wir möchten alle feiern, aber wir möchten das Feiern auch genießen können. Daher beantragt DIE LINKE als ein Signal, das Defizit, das für die Jahre 2013 und 2014 mit je 340 000 Euro im Haushalt für den Hafengeburtstag eingestellt werden soll, auf maximal 100 000 Euro zu begrenzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich möchte ein weiteres Thema ansprechen, und zwar eines, das die Wirtschaftsbehörde völlig ausgeklammert hat. Der Einzelplan 7, der die Wirtschaftspolitik des SPD-Senats abbildet, vergisst komplett die Frauen. Das ist nicht allein ein Thema der Gleichstellungs- und der Sozialbehörde, denn mittlerweile haben alle erkannt, dass es fatal ist, in welchem Umfang die weiblichen Ressourcen in dieser Gesellschaft missachtet und verschwendet werden. Die Folgen dieser männlich dominierten Sichtweise von Wirtschaftspolitik haben sich in der Vergangenheit und der Gegenwart fatal ausgewirkt. Sie darf für die Zukunft nicht mehr das bestimmende Denken sein.

(Beifall bei der LINKEN – Glocke)

Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg (unter- brechend): Frau Abgeordnete, einen Moment bitte.

Meine Damen und Herren! Es redet nur Frau Artus und sonst niemand. Fahren Sie bitte fort.

– Danke schön, Herr Präsident.

So ist Frauenarbeit schlecht bewertet und bezahlt, der gläserne Deckel kappt in unglaublich hartnäckiger Weise die Entwicklung weiblicher Lebensläufe,

und der Fachkräftemangel ist zu einem großen Teil Frauenmangel in qualifizierten Berufen. Frauenarmut ist vor allem im Alter durch den gewachsenen Niedriglohnsektor programmiert und kommt als soziale Dimension in den kommenden Jahren geradezu wie ein Tsunami auf uns zu. Eine Aktuelle Stunde des Deutschen Gewerkschaftsbundes bestätigt diese Bilanz und kommt zu dem erschreckenden Ergebnis, dass der Niedriglohnsektor in der Metropolregion Hamburg besonders ausgeprägt ist. Uwe Polkaehn, der DGB-Vorsitzende des Nordens, hat gestern im "Hamburger Abendblatt" erklärt, dass der Norden der Lohnkeller der Nation sei.

Was heißt das nun für die Politik der Metropolregion, die wir auch im Wirtschaftsplan wiederfinden? Was heißt das an Hausaufgaben für Herrn Senator Horch? Die Bevölkerung, vor allem die weibliche, erwartet Lösungen und Antworten auf diese katastrophale Bilanz, und das Manifest der Wirtschaftsbehörde gibt hierauf wirklich null Antworten. DIE LINKE lehnt daher den Haushaltsplan-Entwurf mit besonderer Entschiedenheit ab.

Da leider meine Redezeit abgelaufen ist, muss ich meine Rede an dieser Stelle beenden.

(Beifall bei der LINKEN – Zurufe von der CDU: Oh!)