Protocol of the Session on November 28, 2012

(Beifall bei der LINKEN)

Dazu gehört, dass die verschiedenen benachteiligten Gruppen, auch Flüchtlinge, auf dem Wohnungsmarkt unterstützt werden. Bremen hat zum Beispiel im August beschlossen und im September umgesetzt, dass die Stadt Mietkautionen und Genossenschaftsanteile von geduldeten Flüchtlingen übernimmt. Daran kann sich Hamburg ein Beispiel nehmen.

(Beifall bei der LINKEN)

Punkt 1 und 2 unseres Antrags haben sich beim heutigen Stand erledigt. Aber die Debatte über eine nachhaltige Lösung der Unterbringungskrise ist notwendig. Deshalb fordern wir Sie auf, unseren Antrag und den Zusatzantrag der GRÜNEN an die Ausschüsse zu überweisen, damit sie dort gründlich erörtert werden können.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Lohmann, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Frau Schneider,

Sie haben das eben sehr flüchtlingslastig geschildert. Das ist aus Ihrer Sicht auch richtig, aber Ihr Antrag beinhaltet auch die gesamte Wohnungslosigkeit und Unterbringungsdiskussion in Hamburg. Und deswegen fange ich einfach mit der Wohnungslosigkeit an.

Wir haben in diesem Herbst zum ersten Mal die Situation, dass schon in den ersten beiden Tagen die 160 Plätze im Winternotprogramm in der Spaldingstraße komplett belegt waren. Auch die weiteren 70 Plätze, die wir vorletzte Woche zusätzlich in der Spaldingstraße eröffnet haben, wurden noch am selben Tag belegt.

An dieser Stelle möchte ich Herrn Karrenbauer von Hinz&Kunzt, der als Experte in dieser Stadt gilt, aus der Sendung "Schalthoff Live" der letzten Woche zitieren:

"Die Situation ist so katastrophal wie noch nie zuvor. […] Wir hatten bisher immer die Situation, das Winternotprogramm kam […] und erst, als es so richtig kalt wurde, im Januar/Februar, [wurden die Plätze voll belegt].

Soweit dieses Zitat.

Ich finde es richtig, dass wir in Hamburg ein Winternotprogramm haben, und dass jeder, der es braucht, einen Erfrierungsschutz bekommt.

(Beifall bei der SPD und bei Katharina Wolff CDU)

Die größte Gruppe der Menschen in der Spaldingstraße sind Menschen aus Bulgarien und Rumänien, Menschen, die wohl mit falschen Versprechungen nach Hamburg gelockt worden sind und fast überwiegend Arbeitsmigranten sind. Ein Mittel, um gegen diese prekären Arbeitsverhältnisse vorzugehen – und das geht auch an die FDP –, wäre, dass endlich flächendeckend ein Mindestlohn, wie wir ihn fordern, von 8,50 Euro eingeführt wird.

(Beifall bei der SPD – Robert Bläsing FDP: Durch Wiederholen wird es auch nicht bes- ser!)

Dann könnte man die Firmen, die dieses nicht zahlen, wesentlich einfacher bestrafen, und keiner müsste mehr in dieser Stadt für 2 oder 3 Euro die Stunde arbeiten.

Aber dieses Problem kann Hamburg nicht allein lösen, hier ist die EU gefragt. Sprechen Sie mit Ihren Europa-Abgeordneten, denn eine Lösung könnte die Arbeitnehmerfreizügigkeit für diese beiden Länder sein. Wir als SPD reden jedenfalls regelmäßig mit unseren Europa-Abgeordneten.

Ich komme zum Antrag der GRÜNEN. Dort fordern Sie, wir sollten mit den Menschen reden. Es ist richtig, dass das Münzviertel durch das Winternotprogramm in der Spaldingstraße zusätzlich hoch belastet wird. Aber wir reden mit den Anwohnern.

(Christiane Schneider)

Ich war gerade vor 14 Tagen auf einer Podiumsdiskussion im Herz As, wo ich mich sehr intensiv mit den Anwohnern im Münzviertel auseinandergesetzt habe. Wir reden mit dem Quartiersbeirat, und wir reden auch in allen anderen Stadteilen mit den Bewohnern und den Bezirken und beziehen rechtzeitig alle Menschen in den Stadtteilen in die geplanten Maßnahmen mit ein.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben in Hamburg über 500 Plätze in Containern, in der Spaldingstraße und im Pik As als Erfrierungsschutz zur Verfügung gestellt. Wir haben jetzt schon über 700 000 Euro allein für das Winternotprogramm veranschlagt. Und sollte es notwendig sein, werden weitere Plätze da sein, damit keiner in Hamburg in diesem Winter draußen übernachten muss.

Angesichts dieser Situation ist es richtig, dass es zum ersten Mal in dieser Stadt ein Gesamtkonzept für Wohnungslosenhilfe gibt. Dieses Gesamtkonzept haben wir als SPD-Fraktion als Antrag eingebracht, und es ist Ihnen in der letzten Woche zugeleitet worden. Diesen Antrag werden wir selbstverständlich an die zuständigen Ausschüsse überweisen, in denen wir es genau diskutieren können.

Wir werden dieses Gesamtkonzept nach und nach in dieser Stadt umsetzen, und ich bin sicher, dass in den nächsten Jahren eine deutliche Verbesserung der Situation eintreten wird.

(Beifall bei der SPD)

Auf der anderen Seite haben wir sehr stark steigende Flüchtlingszahlen. In den letzten zwei Monaten sind fast doppelt so viele Flüchtlinge zu uns gekommen wie noch in der Mitte dieses Jahres. Noch vor gut zehn Jahren verfügte diese Stadt über mehr als 20 000 Plätze für Zuwanderer, heute gibt es davon noch 8350. Es war ein großer Fehler in der Vergangenheit, diese Plätze so radikal abzubauen. Am Montag dieser Woche informierte uns Staatsrat Pörksen – und fast alle Fraktionen waren anwesend – über die weiteren Planungen beim Ausbau der Platzzahlen. Es gibt Gespräche auf allen Ebenen und direkt mit den Bezirken. Mitarbeiter der BASFI sind eingesetzt, um sich jedes mögliche Grundstück und jedes mögliche Gebäude, das für eine Unterbringung geeignet ist, anzuschauen und die schnelle Realisierbarkeit zu überprüfen. Es ist egal, ob es sich um ein größeres oder ein kleineres Gebäude handelt. Bis zum 31. März 2013 soll die Platzzahl um 1150 Plätze auf 9500 Plätze steigen. Daran wird mit Hochdruck gearbeitet, und das ist ein Riesenkraftakt in dieser Stadt. Dafür bitten wir um die Mithilfe aller Fraktionen, damit wir das umsetzen können.

(Beifall bei der SPD und bei Katharina Fege- bank GRÜNE)

Aber eines ist auch uns klar, und es hat uns genauso betroffen gemacht wie Sie, Frau Schneider: Eine Unterbringung in Zelten darf nur eine sehr kurzzeitige Lösung sein. Deshalb ist Schluss damit bis zum Ende dieser Woche, und das ist auch richtig so.

(Beifall bei der SPD und bei Katharina Fege- bank GRÜNE)

Aber eines werden wir nicht machen. Wir werden keine Wohnungen oder Häuser für die öffentliche Unterbringung verwenden. Sollten Wohnungen oder Häuser für Menschen aus der öffentlichen Unterbringung zur Verfügung stehen, werden diese Menschen einen Mietvertrag bekommen. Vorrangig haben Familien so die Chance, aus der öffentlichen Unterbringung herauszukommen.

(Beifall bei der SPD – Christiane Schneider DIE LINKE: Ja, genau!)

Dann sind wir uns doch schön einig.

Dass wir auf allen Ebenen handeln, zeigt auch die Vorstellung des neuen Wohnraumsicherungsgesetzes. Dieses Gesetz werden wir konsequent umsetzen und das zeigt, dass wir alle Möglichkeiten ausschöpfen, die zur Verbesserung der angespannten Lage beitragen können, und das ist gutes Handeln.

(Beifall bei der SPD)

Aber das Wichtigste zur Entspannung der Situation ist unser Wohnungsbauprogramm. Im Jahr 2010 – das ist nicht einmal zwei Jahre her – wurde keine einzige öffentlich geförderte Wohnung mehr in dieser Stadt gebaut; wir starteten sozusagen bei null Wohnungen im öffentlich geförderten Bereich. Bisher sind im Jahr 2012 von den weit über 6000 genehmigten Wohnungen weit über 2000 Genehmigungen für öffentlich geförderte Wohnungen erteilt worden. Das ist erfolgreiche Wohnungsbaupolitik, meine Damen und Herren. Das wird in Zukunft die Situation in unserer Stadt deutlich verbessern.

(Beifall bei der SPD)

Wir handeln, und deshalb werden wir den Antrag der LINKEN und auch den Zusatzantrag der GRÜNEN ablehnen. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD)

Frau Wolff, Sie haben das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Unterbringung einer zunehmenden Zahl Obdachloser und Wohnungsloser, insbesondere die steigende Anzahl von Obdachdachlosen aus Osteuropa, stellt die Stadt in der Tat – hier können wir alle auf Herrn

(Uwe Lohmann)

Karrenbauer hören – vor eine neue, große Herausforderung.

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg übernimmt den Vorsitz.)

Viele Flüchtlinge mussten sich in den vergangenen Tagen und Wochen mit der Unterkunft in Zeltlagern zufriedengeben. Das kann – und hier sind wir uns, glaube ich, alle einig – nicht die Lösung sein. Herr Senator Scheele, der heute leider fehlt, hat bei der Pressekonferenz am Dienstag aber immerhin darauf hingewiesen, dass zusätzlich 1000 Plätze als Maßnahme in der öffentlichen Unterbringung bereitgestellt werden. Dies, Herr Scheele – das kann man ihm ausrichten, Herr Lohmann, Sie nehmen das bestimmt mit – begrüßen wir auf jeden Fall. Wir bitten Sie aber natürlich um eine schnelle Umsetzung. Hier ist in erster Linie zwar der Senat in der Pflicht zu handeln, alle anderen Fraktionen sollten ihn dabei aber in jedem Fall unterstützen. Von daher, Herr Lohmann, auch wenn Sie gerade nicht zuhören, haben Sie bei dem Kraftakt, von dem Sie gesprochen haben, unsere Unterstützung.

(Beifall bei der CDU)

Wichtig ist es aus Sicht der CDU aber, einen engen Dialog mit den Anwohnern und den Bezirken zu führen, um schnell mögliche Lösungen zu finden. Sie müssen in den Prozess einbezogen werden, wenn dieses Vorhaben tatsächlich gelingen und das Problem auf Dauer gelöst werden soll und nicht jeden Winter aufs Neue, wie es leider bisher häufig der Fall war. Der Winter kommt nicht überraschend, wir brauchen eine langfristige Lösung, und hier komme ich wiederum zu den Anträgen der LINKEN und der GRÜNEN. Der Antrag der LINKEN verknüpft verschiedene Elemente; deswegen muss man ihn etwas differenziert betrachten. Da ist zum einen die Situation der Flüchtlinge in der Erstunterbringung. Keine Frage, die Unterbringung in Zelten kann keine Dauerlösung sein, da sind wir uns alle einig. Herr Senator Scheele hat bereits versprochen, dass diese Situation bis Dezember 2012 gelöst sein soll; der November hat jetzt noch zwei Tage, von daher dürfen wir gespannt sein. Die beheizbaren Zelte für die Zentrale Erstaufnahme in der Sportallee sollen ab Dezember nur noch im Notfall belegt werden, so der Tenor am Dienstag.

Punkt 3 im Petitum ist allerdings aus unserer Sicht etwas fragwürdig. Die geforderte Verpflichtung der SAGA GWG geht zu weit. Gespräche über Lösungen und eine Einbindung der SAGA GWG in Wohnungsprojekte für Wohnungslose sind allerdings zu unterstützen, ein Dialog ist mit Sicherheit effektiver und gewinnbringender, als Druck auszuüben.

Zu Punkt 4 des Petitums: Wir haben bereits ein Winternotprogramm – das wissen wir alle –, das in jedem Jahr erneut auf den Prüfstand kommt. Na

türlich muss der Senat alle möglichen Anstrengungen unternehmen, um eine ausreichende Zahl von Plätzen für Obdachlose zur Verfügung zu stellen. Es darf sich auf keinen Fall wiederholen, dass, wie in diesem Jahr, nur zwei Wochen nach Beginn des Winternotprogramms bereits alle Plätze belegt sind. Das war – vielleicht nicht vergangenes Jahr, aber vor einiger Zeit – etwas absehbarer. Zu dieser Situation hätte es nicht unbedingt kommen müssen, wenn man das früher in die Planung einbezogen hätte. Allerdings halten wir es für ein bisschen fragwürdig, dass sowohl die LINKE als auch die GRÜNEN in ihrem jeweiligen Antrag die Situation der Wanderarbeiter aus Osteuropa – dieser Terminus stammt von Ihnen, nicht von mir – mit der Not von Flüchtlingen vor politischer Verfolgung und Krieg gleichsetzen. Es muss an dieser Stelle die Frage erlaubt sein, ob es wirklich im Sinne eines Winternotprogramms gegen Obdachlosigkeit sein kann, dass Menschen, die zum Geld verdienen in unsere Stadt kommen, Angebote für Obdachlose zum Teil offenkundig als Möglichkeit nutzen, eine kostenlose Unterkunft zu finden. Ich bin mir absolut darüber im Klaren, dass dies ein sehr heikles Thema ist, das auf jeden Fall einer differenzierten Behandlung bedarf, aber wenn sich alle Fraktionen einig sind, dass wir über osteuropäische Wanderarbeiter reden und dass es sie gibt, dann sollte zukünftig auch überprüft werden, ob alle Hilfesuchenden wirklich Hilfe benötigen.

Hilfe benötigen.