Protocol of the Session on November 7, 2012

Für derartige Planungen, Herr Hesse, braucht man ein übergreifendes Verkehrsmodell; dafür haben sich auch die Experten in unserer gemeinsamen Anhörung im Umweltund Verkehrsausschuss ausgesprochen. Geld dafür ist schon eingestellt.

Meine Damen und Herren! Die Gutachter schlagen eine Reihe konkreter Maßnahmen vor, die teilweise schon erarbeitet und auch umgesetzt werden, wie zum Beispiel das betriebliche Mobilitätsmanagement. Es wurde schon im Rahmen der Umweltpartnerschaft entwickelt und ist Bestandteil der Luftgütepartnerschaft beziehungsweise des Luftreinhalteplans. Es ist allerdings noch ausbaufähig, das gebe ich gern zu.

Wir haben heute schon viel über die intelligente Mobilität gehört und über die Servicepoints der Hochbahn, die entwickelt werden sollen. Der Ausbau und die Qualitätsverbesserung des ÖPNV sind im Gange. Der schnellere Ausbau der Barrierefreiheit, der bald beendete Bau der U4 und der Bau der S4, Bike & Ride sowie die Förderung des Zufußgehens und des Radverkehrs – all diese Maß

(Dr. Till Steffen)

nahmen sind im Gange. Dass die Straßen saniert werden und die Busse aufwendig beschleunigt werden, merkt im Moment jeder. Auch das trägt zur Lärmminderung bei.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Ich weiß gar nicht, warum Sie lachen.

Es ist gleichzeitig ein Beitrag zur Luftreinhaltung.

In Arbeit ist auch ein Park-and-Ride-Konzept, um Maßnahmen an der Hand zu haben, die Besucher und Pendler zum Umsteigen zu bewegen.

Die Verlegung der Wilhelmsburger Reichsstraße und die Überdeckelung der A 7 sind weitere Projekte für den nachhaltigen Lärmschutz, die auch vorbereitet werden und in Arbeit sind.

Weitere Maßnahmen zur Verkehrsverlagerung und Entlastung werden zusammen mit den Bezirken entwickelt, beispielsweise ein Pilotprojekt in Bergedorf oder die Erarbeitung eines Lkw-Führungskonzepts. Dies ist auch in der Großen Anfrage der GRÜNEN enthalten. Dessen Auswirkungen müssen in einem Verkehrsmodell allerdings erst abgeprüft werden – das haben wir auch im Ausschuss erfahren –, um hinterher keine bösen Überraschungen zu erleben wie zum Beispiel bei der Einführung der Lkw-Maut.

Das vorgelegte Gutachten dämpft allerdings auch die Erwartungen, dass man in einer Metropole mit 1,8 Millionen Einwohnern Lärmprobleme planerisch auf einen Schlag erfassen und schnelle Lösungen präsentieren könnte. Lärmminderung ist eine Daueraufgabe und der müssen wir uns stellen.

(Beifall bei der SPD)

Die Strategie gegen den Lärm ist durch die EU-Umgebungslärmrichtlinie vorgegeben. In den ersten Schritten seit 2008 ging es allein um die Erfassung und Kartierung der Lärmprobleme in unserer Stadt, und ab 2010 wurden die Bürgerinnen und Bürger einbezogen und befragt und konnten Vorschläge zur Lärmminderung machen. Diese Vorschläge sind aufgenommen und werden weiter in die Arbeit einfließen.

Jetzt ist der Lärmaktionsplan 2012/2013 an der Reihe. Er wird 2013 der EU-Kommission vorgelegt, das Gutachten ist dafür die Grundlage. Wir sind also gut in der Zeit, was die EU-Richtlinie betrifft. Aber mit dem Programm für die lauten Straßen ist der Lärmschutz nicht erledigt, das sagen auch die Gutachter. Dieses Programm ist erst ein erster Schritt.

Meine Damen und Herren! Das Gutachten zielt aber nicht nur auf die Lärmminderung ab, sondern es schlägt auch den Schutz von bereits ruhigen Gebieten in unserer Stadt vor. Immerhin findet der Gutachter 52 ruhige Gebiete in der Stadt, darunter die Naherholungs- und Naturschutzgebiete.

(Dr. Till Steffen GRÜNE: Und die Umweltbe- hörde!)

Welche Konsequenzen aber die Ausweisung solcher ruhigen Gebiete hat, das müsste man im Einzelfall diskutieren.

Jetzt werden die Vorschläge in den Behörden abgestimmt. Wir haben ein Gutachten, das momentan in den Behörden abgestimmt wird. Dann beschließt der Senat und danach sind wir als Bürgerschaft gefragt.

(Jens Kerstan GRÜNE: Alle zehn Jahre äl- ter!)

Das weiß ich nicht, altern Sie so schnell?

Wenn klar ist, was und wann es umgesetzt wird, dann reden wir auch über Geld für einzelne Maßnahmen.

Auf der Basis unserer Expertenanhörung zu den Anträgen und der Großen Anfrage der GRÜNEN und auch der FDP werden wir dann im Ausschuss weiter diskutieren. Es ist Ihnen offensichtlich gar nicht ernst damit, Sie lachen nur. Wir werden am 22. November, wie bereits beschlossen, den Senat im Vorwege über die Lärmaktionsplanung weiter befragen können, ebenso zu dem Gutachten, zu den Anträgen und der Großen Anfrage aus dem Parlament. Das passt gut zusammen. Ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Das Wort bekommt Frau Stöver.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Der Kollege Steffen hat seine Kritik am Lärmschutzprogramm des Senats sehr moderat vorgetragen, und Frau Dr. Schaal hat den Plan in den buntesten Farben als ausreichend und umfassend gelobt. Bemerkenswert finde ich dabei den Unterschied in der Wahrnehmung. Fakt ist, und das ist auch durch die Presse gegangen, dass der Senat die Erwartungen der Bürgerinnen und Bürger in puncto Lärmminderungsmaßnahmen bitter enttäuscht. Der Lärmaktionsplan 2013, den der Senat vorgestellt hat, enthält nur wenige Maßnahmen pro Bezirk, und ob es die richtigen sind, ist mehr als fraglich. Er beinhaltet eher alte Planungen, die immer noch nicht umgesetzt wurden, und Maßnahmen, die völlig daneben sind.

(Beifall bei der CDU)

Bei den Maßnahmen, die völlig daneben sind, hat Herr Dr. Steffen meine Beispiele fast vollständig vorweggenommen. Die Bremer Straße in Harburg wurde definitiv komplett vergessen, einfach als nicht existent für ein Lärmminderungsprogramm dargestellt, und die Kieler Straße in der Form ver

(Dr. Monika Schaal)

kehrszuberuhigen, nenne ich einen Schildbürgerstreich.

(Beifall bei der CDU)

Weiter ist der Lärmaktionsplan 2013 ein Entwurf.

(Dr. Monika Schaal SPD: Ein Gutachten, Frau Stöver!)

Dort steht "Entwurf", entschuldigen Sie.

Dieser Entwurf bedeutet das, was Sie gesagt haben: Jetzt prüft die Behörde wieder, und zwar die Machbarkeit und Finanzierbarkeit. Selbst wenn die erste Hürde genommen werden würde, scheitert die Lärmminderung für die Hamburger Bürgerinnen und Bürgern an der zweiten Hürde, denn im Gegensatz zu dem, was Frau Dr. Schaal gesagt hat, sind im Haushalt 2013/2014 keine ausreichenden Mittel eingestellt worden.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Im Klartext heißt das, dass völlig unklar ist, ob und wann Lärmminderungsmaßnahmen für die Hamburger Bürger kommen werden. Das Markenzeichen des Senats ist Stillstand, und wir haben wieder, das ist schon gesagt worden, kein Handlungskonzept und keinen Zeitplan für die Umsetzung von Lärmminderungsmaßnahmen.

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GRÜNE)

Die Expertenrunde letzte Woche Montag hat ergeben, dass Hamburg zum Schlusslicht bei der Lärmaktionsplanung in den deutschen Städten gehört. Berlin hat den Anfang bereits in den Neunzigerjahren gemacht. Dort wurde die Wichtigkeit von Lebensqualität und Gesundheit für Bürgerinnen und Bürger längst gesehen, und man hat in den Neunzigerjahren begonnen, und zwar freiwillig und ohne gesetzliche Verpflichtung, Lärmminderungsmaßnahmen zu erarbeiten und umzusetzen. In Hamburg ist bei diesem Ziel Fehlanzeige, in den Neunzigerjahren ist diesbezüglich nichts gelaufen.

(Zuruf von Dr. Monika Schaal SPD)

Frau Dr. Schaal hat richtig gesagt, dass die Umgebungslärmrichtlinie Mitte 2002 in Kraft getreten und 2006 in nationales Recht umgesetzt worden ist. Frau Dr. Schaal, ich möchte aber folgende Daten korrigieren: Die Lärmkartierung ist bereits 2007 abgeschlossen gewesen, und 2008 hat es einen Lärmaktionsplan gegeben mit anschließend eingestellten Mitteln und Maßnahmenvorschlägen. Die Bürgerbeteiligung – und das wurde im Ausschuss in der Sachverständigenanhörung deutlich gelobt – ist beispielhaft.

(Beifall bei Dr. Till Steffen GRÜNE)

Hier haben wir ein dickes Lob der Experten erhalten. Aber seit der SPD-Senat seine Arbeit aufgenommen hat, ist nichts weiter passiert. Die Maß

nahmen sind versandet und wir haben ein Umsetzungsproblem.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Auch der nächste Punkt ist schon angeklungen, die nächste Fünfjahresperiode hat bereits begonnen. 2012 sollten die Lärmkartierungen fertiggestellt sein – das hat der Senat erledigt – und 2013 soll der Lärmaktionsplan kommen. Der Entwurf liegt uns vor, aber er beinhaltet alte Planungen und Maßnahmen, die zur Umsetzung unzureichend sind. 2013, das ist das Fazit, sind wir nicht weiter als 2007. Aber wichtig ist, dass wir über die Große Anfrage der GRÜNEN noch einmal sprechen, dass wir diese an den Umweltausschuss und den Verkehrsausschuss überweisen, denn darin werden Handlungskonzepte genannt. Und wenn diese Handlungskonzepte weitergeführt werden, dann kommt Hamburg voran.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort erhält nun Herr Dr. Duwe.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Antworten des Senats auf die Große Anfrage der GRÜNEN sind zwar sehr ausführlich geraten, aber inhaltlich ist nichts zu erkennen außer einer langen Liste, was in der Vergangenheit an Bürgerbeteiligung und bezirklichen Stadtplanungssitzungen durchgeführt worden ist. Ich habe an einigen dieser Veranstaltungen teilgenommen. Damals wurden diejenigen Lärmschwerpunkte herausgearbeitet, die eigentlich alle schon kannten und die auch jetzt im neuen Entwurf des Aktionsplanes aufgeführt worden sind. Angesichts der nun bekannten Vorschläge dieses Senats war das in den letzten fünf Jahren reine Zeit- und Mittelverschwendung.

Mit dem vorgelegten Entwurf wird die Verzögerungstaktik früherer Senate eigentlich nur fortgesetzt. Nach Lärmforen und Gutachteritis wird eine Liste mit 14 Schwerpunkten vorgelegt, an denen irgendwann einmal Maßnahmen ergriffen werden sollen. Es geht noch nicht einmal darum, irgendwelche Maßnahmen wirklich in die Wege zu leiten, sondern es wird weiter definiert und herumgedoktert an den Schwerpunkten, die jeder Hamburger eigentlich kennt. Das hätten wir auch schon vor zehn Jahren haben können, aber die Wahrheit ist, dass einfach kein Geld da war. Und das, was gemacht wurde, war Aktionismus, um Zeit zu schinden und EU-Richtlinien dem Buchstaben nach zu erfüllen und nicht dem Geiste nach.