Protocol of the Session on October 25, 2012

(Dr. Monika Schaal)

(Beifall bei der CDU und bei Jens Kerstan GRÜNE)

Wir als CDU möchten nicht zusehen, wie die norddeutsche Zusammenarbeit den Bach runtergeht, im Gegenteil, wir brauchen eine Partnerschaft auf Augenhöhe, und Hamburg braucht Freunde.

(Dr. Martin Schäfer SPD: Bayern!)

Hamburg braucht Freunde unter seinen Nachbarn, und da hilft keine Überheblichkeit.

(Beifall bei der CDU)

Wir alle würden uns etwas vormachen, wenn wir glauben, dass Hamburg alleine stark sein kann. Unser Wohlstand, unsere Arbeitsplätze und das Wohlergehen unserer Stadt hängen davon ab, wie es der Region geht. Deswegen darf Hamburgs Stärke nie Überheblichkeit werden. Ich glaube, diese Lektion muss die derzeitige Regierung in Hamburg noch lernen.

(Beifall bei der CDU und bei Dr. Till Steffen GRÜNE)

Die gute Nachbarschaft im Norden ist einer der Grundpfeiler der Hamburger Politik, es ist quasi Staatsräson, denn es sichert Wohlstand und Arbeitsplätze. Ein Bürgermeister, der das nicht versteht, kann kein guter Hamburger Bürgermeister sein.

(Beifall bei der CDU)

Deswegen hat es auch mehr als nur Irritation ausgelöst, dass damals die norddeutsche Kooperation in der Regierungserklärung völlig fehlte und auch im Arbeitsprogramm nur am Rande zu finden ist. Offensichtlich war sich der Senat bei Aufnahme seiner Arbeit noch nicht der Bedeutung der norddeutschen Zusammenarbeit bewusst. Aber man kann dazulernen, und ich habe die Hoffnung, dass der Senat das tut. Deswegen möchten wir mit unserem Vorschlag, den wir Ihnen heute vorstellen, einen Beitrag dazu leisten, dass sich das Verhältnis zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein nachhaltig bessert und wir ein neues Kapitel der Zusammenarbeit aufschlagen und etwas schaffen, das über die Parteigrenzen hinweg den Menschen in Norddeutschland hilft. Deswegen schlagen wir vor, das seit 1991 bestehende Regierungsabkommen zu einem Grundlagenstaatsvertrag zwischen den beiden Ländern weiterzuentwickeln. Viele fragen sich erst einmal, was so ein Grundlagenstaatsvertrag eigentlich ist. Ich glaube, es gibt drei wesentliche Felder, auf denen uns ein solcher Vertrag voranbringen würde.

Eines dieser Felder ist die Koordinierung der Politik, die Koordinierung der Regierungen. Wir wollen wegkommen von der freiwilligen Kooperation und hin zu einer verbindlichen Zusammenarbeit. Das betrifft Information und Konsultation und kann darin bestehen, dass man gemeinsame Arbeits- und

Planungsgruppen einsetzt. Es kann bedeuten, dass man beispielsweise noch mehr als bisher auch das Abstimmungsverfahren im Bundesrat aufeinander abstimmt, sich gegenseitig unterstützt und nicht nur darauf schaut, wie man eine Bundesregierung unterstützt oder blockiert, sondern wie man die Interessen der Menschen in den Heimatländern wahrnimmt.

(Beifall bei der CDU)

Es kann bedeuten, dass wir die Landesplanungen aufeinander einstellen. Es kann bedeuten, dass wir zukünftig eine länderübergreifende Schulstandortplanung machen – ein großes Thema, das entlang der Landesgrenzen im Alltag vieler Familien aufgrund der zahlreichen Unterschiedlichkeiten eine riesige, belastende Rolle spielt.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU)

Wir können gemeinsam Wirtschafts- und Technologieförderung betreiben. Wir können eine gemeinsame Clusterpolitik machen. Wir können unsere Krankenhausplanungen aufeinander abstimmen, und wir können und müssen natürlich auch beim Thema Verkehr politisch noch enger kooperieren. Das alles sind Beispiele dafür, wie wir die Koordination der Politik in so einem Staatsvertrag stärker verankern können.

Mit einem Staatsvertrag können wir aber auch etwas für die Menschen in ihrem Alltag tun, nämlich wenn die Verwaltungen besser zusammenarbeiten, wenn es um die Umsetzung und die Verfahrensweisen geht, dass nicht jenseits der Landesgrenze in Norderstedt mit Dingen anders umgegangen wird als bei uns. Das heißt, auch im Austausch der Verwaltungen, im Verwaltungsvollzug und in der Zusammenarbeit kann ein solcher Staatsvertrag für die Menschen segensreich sein.

Und dann gibt es schließlich den dritten Bereich, die Zusammenarbeit der Legislative, der Parlamente, der Gerichte und des Rechnungshofs. Das alles sind Themen, die über ein Regierungsabkommen gar nicht zu bewegen sind, weil das Regierungsabkommen sich ausschließlich auf die Zusammenarbeit der beiden Landesregierungen beschränkt. Aber auch hier können wir weiterkommen. Wir können eine andere Art der Zusammenarbeit oder Abstimmung zwischen den Gerichten vereinbaren. Wir können auch über einen gemeinsamen Rechnungshof nachdenken. Ich glaube, wir tun den Menschen auch einen Gefallen, wenn wir als Parlament einen engeren Austausch suchen.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das ist ja eine neue Erkenntnis!)

Wenn wir zum Beispiel EU-Recht umsetzen müssen oder Zuständigkeitsanordnungen zu treffen haben, warum soll das in Schleswig-Holstein anders sein als in Hamburg?

Deshalb glaube ich, dass es an der Zeit ist, diesen nächsten Schritt zu gehen, dass nicht mehr nur die Regierungen kooperieren, sondern wir im Rahmen eines Grundlagenstaatsvertrags auch eine verbindliche Zusammenarbeit der Volksvertretung beider Länder organisieren.

(Beifall bei der CDU)

Ich glaube, dass es sich lohnt, sich da auf den Weg zu machen. Das wird nicht einfach sein, das wird anstrengend sein, aber ich glaube, dass es sich lohnt, auch wenn ein solcher Grundlagenstaatsvertrag nicht über Nacht kommen wird. Wir verbinden mit ihm die Hoffnung, die Handlungsspielräume für Regierung und Verwaltung zu erweitern, damit wir eben nicht bei jeder Zusammenarbeit, bei jeder Fusion von Einrichtungen einen separaten Staatsvertrag aushandeln müssen, in dem immer wieder neu dieselben Fragen wie beispielsweise Personalüberleitung und Beamtenrecht definiert werden müssen. Wir können hier einen Baukasten schaffen, mit dem zukünftig je nach politischem Erfordernis die Fragen zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein geklärt werden. Wir können parlamentarisch in den Volksvertretungen zusammenwirken. Ich habe Ihnen schon damals gesagt, Herr Dressel, das muss nicht bedeuten, dass wir einen Riesenausschuss schaffen mit einer Stärke von über 20 Mitgliedern, sondern es kann bedeuten, dass unsere Experten, unsere Fachausschüsse zusammenkommen. Denn wenn es um Verkehr geht, sollten sich die Verkehrspolitiker treffen, und wenn es um die Bildung geht, die Schulpolitiker. Wir brauchen keinen kopflastigen Ausschuss, der über das Große spricht, aber in den einzelnen Themen nicht drinsteckt. Deswegen präferiert unsere Fraktion die Zusammenarbeit beider Parlamente auf der fachlichen Ebene, und deshalb sind wir skeptisch, ob ein Ausschuss der großen Köpfe uns wirklich weiterbringt.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren! Wir haben allen Grund, neben der Zusammenarbeit mit Schleswig-Holstein auch im Verhältnis zu Niedersachsen weiterzukommen. Wir haben hier die Kooperation bei den Themen Verkehr und Energie; das ist gut. Aber es wäre auch gut, wenn Hamburg den Jade-WeserPort neu bewerten würde und wenn wir uns bewusst machen würden, dass wir durch die Häfen im Norden im globalen Wettbewerb stärker werden und uns nicht selber im Klein-Klein Konkurrenz machen sollten. Wir sollten auch ernsthaft über den Vorschlag von Ministerpräsident David McAllister nachdenken, die Wissenschafts- und Hochschulkooperation im Norden zu verstärken. Denn auch hier haben wir gemeinsame norddeutsche Interessen und sollten – gerade im Wettbewerb mit dem Süden unserer Republik – dafür sorgen, dass der Norden ein starker Wissenschafts- und Hochschulstandort wird.

Meine Damen und Herren! Ich appelliere an die SPD: Lehnen Sie unsere Idee nicht reflexhaft ab

(Dr. Andreas Dressel SPD: Deshalb über- weisen wir sie auch!)

und bringen Sie sie auch nicht in irgendein Verfahren, um sie gesichtswahrend abzulehnen,

(Arno Münster SPD: So, wie Sie das früher gemacht haben!)

sondern machen Sie sich gemeinsam mit uns im existenziellen Interesse unserer Stadt auf den Weg zu einem solchen Grundlagenstaatsvertrag. Diese Partnerschaft muss in guter Nachbarschaft und auf Augenhöhe gestaltet werden. Sie darf nicht davon abhängen, wer wo regiert. Lassen Sie uns gemeinsam diesen Weg zum Wohle Hamburgs und Schleswig-Holsteins gehen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Duden, Sie haben jetzt das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Wersich, was das Klima betrifft, kann man doch eigentlich nur darauf hinweisen, dass es ein schleswig-holsteinischer Wirtschaftsminister war – den Namen habe ich gerade nicht im Kopf –, der seinerzeit ein Gutachten darüber in Auftrag gegeben hat, ob es verfassungsrechtliche Möglichkeiten gibt, Hamburg an der Umsetzung von Entscheidungen zu hindern, die zulasten Schleswig-Holsteins gehen.

(Vizepräsident Dr. Wieland Schinnenburg übernimmt den Vorsitz.)

Ich glaube, das ist auch keine gute Zusammenarbeit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein.

(Jörg Hamann CDU: Soll das jetzt Ihre Ant- wort sein?)

Herr Hamann, ich sage Ihnen das, was ich immer sage: Wenn Sie ein unentdecktes Rednertalent in Ihrer Fraktion sind, dann müssen Sie sich mit Ihrer Geschäftsführerin zusammensetzen und sich nicht dauernd in irgendwelchen Zwischenrufen ergehen.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Dass Sie darunter leiden, ist mir klar. Aber diese Debatte hat Ihr Fraktionsvorsitzender in aller Ernsthaftigkeit begonnen. Und es liegt an Ihnen zu entscheiden, ob wir sie ernsthaft weiterführen oder nicht.

(Beifall bei der SPD und der LINKEN)

Deshalb klingt der nächste Satz, den ich sagen möchte, nun sehr mehrdeutig: Zusammenarbeit sieht anders aus.

(Dietrich Wersich)

Aber Kooperation hat natürlich auch andere Grundlagen. Ein Grundlagenstaatsvertrag, unterzeichnet vom Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg und dem Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein, ist doch nur ein sehr abstraktes Papier. Da kann man auch fragen, Herr Wersich, warum der Kollege Carstensen, der viele Jahre Zeit gehabt hätte, auf damals noch CDU-Bürgermeister in Hamburg zuzugehen und so einen Grundlagenstaatsvertrag zu fordern

(André Trepoll CDU: Es ging gerade nicht um die politische Ausrichtung!)

oder auch auf Bürgermeister Scholz zuzugehen, dies unterlassen hat. Davon hat niemand von uns je gehört und das macht uns schon ein bisschen misstrauisch.

(Beifall bei der SPD – Zurufe von der CDU)

Dass Sie sich jetzt alle darüber so aufregen, scheint Ihr schlechtes Gewissen an dem Punkt deutlich zu machen.

Jetzt kommt der wunderbare Vorschlag, mit Hamburg alles Mögliche zusammen zu machen, einen gemeinsamen Rechnungshof, gemeinsame Gerichte, gemeinsame Hochschulen und was auch immer. Ich bin schon etwas länger dabei

(Jörg Hamann CDU: Das merkt man!)

und als Herr Hesse und ich noch Wohnungsbaupolitik gemacht haben, haben wir einmal schlankweg darüber nachgedacht, ob nicht vielleicht auch sozialer Wohnungsbau in den Randgebieten dieser Stadt, die zu Schleswig-Holstein gehören, möglich wäre. Wie erfolgreich wir in dieser Frage gewesen sind, kann man daran erkennen, wie es heute in den Randgebieten unserer Stadt aussieht und wie groß die Wohnungsnot in Hamburg ist.