Protocol of the Session on October 25, 2012

Auch zu unserer Forderung im Bereich Übertragung von Treuhandeigentum aus Sanierungsgebieten, vornehmlich an nicht primär gewinnorientierte öffentliche Gesellschaften, Stiftungen, Mietergenossenschaften und so weiter, ist wenig pas

siert. Das Thema Karolinenviertel haben wir hier auch ausgiebig diskutiert, wenn auch mit unterschiedlichen Positionen.

Dann haben wir – einstimmig, wie ich mich erinnere – beschlossen, geeignete Grundstücke in den betroffenen Gebieten verfügbar zu machen durch verstärkten Wohnungsneubau und auch Gewerbebau. Das ist allerdings ein Bereich, in dem der neue Senat tatsächlich erhebliche Anstrengungen unternommen und auch einiges gemacht hat. Es fehlt aber nach wie vor der Komplex der Gewerbebauten. Das war ein Bereich, den wir damals auch schon als sehr problematisch erkannt haben. Wir wollten Kleingewerbetreibende verstärkt fördern und ihnen ein Angebot machen, aber ich sehe bis heute nicht, dass dieses entsprechend umgesetzt wird.

Die übrigen Punkte kennen Sie auch – Frau Sudmann hat sich unseren Antrag sicherlich angeschaut, auch wenn sie in der letzten Legislaturperiode noch nicht dabei war, die anderen Kollegen wissen es, da sie alle zugestimmt haben –: Die Gründung von Mietergenossenschaften und Baugemeinschaften in den Stadtteilen besonders zu fördern, da ist leider wenig passiert. Beim Thema öffentliche Informationsveranstaltungen in Zusammenarbeit mit Bezirksämtern und Mietervereinen ist auch wenig passiert, wobei die SPD den zuletzt groß von ihr verkündeten Beschluss, was man zum Wohnungsbau in Hamburg machen wolle, auch noch einmal aufgenommen und versucht hat, ihn ein bisschen abzufeiern. Aber es zählt das Ergebnis, das allerdings in dem Fall auch mau ist. Dann haben wir natürlich auch entsprechende Gesetzesinitiativen als notwendig erachtet.

Zu all diesen Themen ließe sich noch viel sagen, insbesondere zum Wohnungsbau, den Sie, Herr Kollege, völlig zu Recht angesprochen haben. Auch dazu haben wir in den letzten Bürgerschaftssitzungen zahlreiche Diskussionen geführt. Ich habe gerade interessanterweise gelesen, dass Ihre Initiative einer Mietenbegrenzung von 20 Prozent über den üblichen Mieten über das Wohnraumschutzgesetz auf den Weg gebracht werden soll,

(Vizepräsidentin Kersten Artus übernimmt den Vorsitz.)

wenn auch erst nächstes Frühjahr. Ich weiß nicht, warum das bei Ihrem Senat immer alles so lange dauert. Maklercourtage dauert lange, Umsetzung der Initiative Wohnraumschutzgesetz dauert lange, da gibt es andere Beispiele, zur Abwechslung sei hier einmal das Land Berlin genannt. Wenn Sie sich anschauen, welche interessanten Konzepte es da in der Konstellation rot-schwarz gibt, dann ist Berlin wesentlich mutiger. Und Berlin gibt auch wesentlich mehr Aufgaben und Verantwortung an die öffentlichen Unternehmen ab. Den ganzen Komplex, beispielsweise verstärkt Immobilien durch öf

(Uwe Lohmann)

fentliche Unternehmen zu kaufen, finde ich in Hamburg bisher nicht umgesetzt.

Um noch einmal auf die 20-Prozent-Initiative zurückzukommen: Die Berliner haben festgestellt,

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE)

natürlich spielt das bei dem Thema Gentrifizierung alles eine Rolle –, dass durchschnittlich 20 Prozent Mietaufschlag bei Neuvermietung genau das ist, was der Markt hergibt und was auch umgesetzt wird. Das heißt, es ist zu befürchten, dass Ihre Initiative, die ohnehin viel zu spät kommt, im Grunde eine Nullnummer wird, weil sie nichts anderes als das Marktübliche fordert.

Es gibt also eine Menge Defizite aufseiten des neuen Senats, dem Problem Gentrifizierung wirksam zu begegnen und es zu lösen. Ich fürchte, der Senat konzentriert sich alleine auf den Wohnungsneubau. Das ist zwar ein sehr wichtiger Punkt, ein Punkt, an dem wir den Senat auch unterstützen und ihm Erfolge wünschen, aber das alleine wird nicht reichen. Unser Standpunkt ist daher nach wie vor: Unser Antrag aus der letzten Legislaturperiode, den wir hier einstimmig beschlossen haben, sollte umgesetzt werden. Nur dann haben wir die Chance, der Gentrifizierung auch tatsächlich wirksam entgegentreten zu können. Bisher vermisse ich dort die notwendigen Schritte des Senats. – Vielen Dank, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Herr Duge, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Nachdem wir von Frau Sudmann so schön erklärt bekommen haben, was Gentrifizierung und Segregation ist, und die anderen Beiträge eher in die Breite gegangen sind, möchte ich ein Spezifikum herausgreifen, die Sozialen Erhaltungsverordnungen, weil sie wesentlicher Bestandteil der Großen Anfrage waren. Es sind einige Punkte aufgeführt, die es wert sind, noch einmal kurz auf sie einzugehen, bevor das in den Ausschuss geht.

Probleme mit Gentrifizierung haben wir hauptsächlich in innenstadtnahen Stadtgebieten mit Altbaubestand, nicht nur, aber vorwiegend. Eine ins Negative umschlagende Gentrifizierung ist in ihrem frühen Stadium relativ schwer festzustellen. Wir haben ein Indikatorenproblem, das nur schwer in den Griff zu bekommen ist und wo es sehr aufwendig ist, frühzeitig festzustellen, dass Prozesse im Gang sind, die zu einer Gentrifizierung führen werden. Das Problem ist die langfristige Erhebung, die durchgeführt werden muss. Und bevor wir damit fertig sind, ist der Prozess schon so weit im Gange, dass man kaum in der Lage ist, die schon entstandenen Schäden wieder rückgängig zu ma

chen. Auch die SPD hat das erkannt, was ich sehr positiv finde. In ihrer Drucksache 20/2175 finden wir den Hinweis – ich zitiere –:

"Die Verfahrensdauer bis zum Erlass der Verordnung von zwei bis drei Jahren muss jedoch"

und das möchte ich unterstreichen –

"deutlich beschleunigt werden."

So heißt es dann auch im Petitum:

"Der Senat wird ersucht, […] die Verfahren zur Einrichtung von Sozialen Erhaltungsverordnungen gegebenenfalls unter Einführung eines stadtteilbezogenen Sozialmonitorings zu beschleunigen […]."

So weit, so gut und richtig. Aber dann geht mir doch der Hut hoch, wenn ich in einer Beschlussempfehlung aus dem Bezirk Altona, die ich heute auf den Tisch bekam, im Petitum der Verwaltung lese – es geht um Ottensen –:

"Der Planungsausschuss wird gebeten, der Bezirksversammlung Folgendes zu empfehlen: Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg wird gemäß § 27 (1) Satz 1 BezVG aufgefordert, den Aufstellungsbeschluss einer Sozialen Erhaltungsverordnung für ein Gebiet im Stadtteil Osterkirchenviertel vom 25. Januar 2011 aufzuheben."

Begründung:

"Aufgrund der schon weit vorangeschrittenen Entwicklung in diesem Stadtteil und unter Berücksichtigung der nur sehr begrenzten personellen Ressourcen besteht die Notwendigkeit einer Prioritätensetzung."

Mit anderen Worten: Zu spät, es lohnt sich nicht mehr, und das Personal dafür ist auch nicht da. Das ist kein Einzelfall.

(Arno Münster SPD: Aber das stimmt doch nicht! Das soll doch Sanierungsgebiet wer- den!)

Ich kann auch in den Bezirk Hamburg-Mitte schauen, nach Hamm. Auch dort sind die personellen Ressourcen nicht vorhanden. Deshalb haben wir den Vorschlag gemacht – Herr Münster, hören Sie zu, wir sind konstruktiv –,

(Arno Münster SPD: Aber Sie erzählen doch nur die Hälfte!)

nur einzelne Teile aus Hamm herauszunehmen, um wenigstens in diesen eine Erhaltungsverordnung mit dem vorhandenen, knappen Personal umsetzen zu können.

Ich kann Ihnen den nächsten Bezirk nennen. Schauen Sie nach Wandsbek, in den Stadtteil Eilbek. Auch dort scheut sich der Senat, ein Sozial

(Jörg Hamann)

monitoring anzuschieben, weil die personellen Kapazitäten nicht vorhanden sind.

(Glocke)

Herr Duge, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder eine Bemerkung des Abgeordneten Kienscherf?

Aber sicher, Herr Kienscherf.

Herr Kienscherf, Sie haben das Wort.

Lieber Herr Kollege, wann gab es einen Beschluss, dass nur Teile von Hamm einer Sozialen Erhaltungsverordnung zugeführt werden sollen, weil es zu wenig Personal gibt? Das möchte ich gerne wissen. Meines Erachtens gibt es einen solchen Beschluss nicht und man wollte im Gegenteil nur einen gewissen Bereich dieses Stadtteils schützen. Aber vielleicht können Sie das einmal erläutern.

Vielleicht wenden Sie sich einfach einmal an Ihre Kolleginnen und Kollegen aus der Bezirksversammlung Hamburg-Mitte. Dann werden Sie erfahren, dass die vorgesehenen Gebiete in Hamm eben nicht alle bearbeitet werden können, weil das Personal fehlt. Ich kann das gern noch weiter ausführen, Sie sind offenbar nicht so gut informiert.

(Beifall bei Tim Golke DIE LINKE – Arno Münster SPD: Das sind Halbwahrheiten, die Sie da erzählen!)

Man versucht, wenigstens die Bereiche, die besonders bedroht sind – das ist insbesondere das Gebiet am Hammer Park beim Elisabethgehölz –, noch aufzufangen. Das ist ein Vorschlag, den die GRÜNEN in Hamburg-Mitte eingebracht haben und der jetzt geprüft wird.

In Wandsbek haben wir dasselbe Phänomen, und es geht einem schon gegen die Hutschnur, wenn auf der einen Seite der Beschleunigung dieser Verfahren das Wort geredet wird und auf der anderen Seite das Personal in den Bezirken nicht bereitgestellt wird, sodass das Ganze daran scheitert. Es ist unredlich, so vorzugehen.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ich ahne übrigens schon, dass viele innenstadtnahe Stadtteile – Horn, Hohenfelde, Borgfelde, Dulsberg – eine lange Nase ziehen und übrig bleiben werden.

Und noch etwas: Wenn wir die Verfahrensdauer bis zum Erlass der Verordnungen beschleunigen wollen, dann ist es notwendig, regelhaft Daten zu erheben, die als Grundlage für das Sozialmonito

ring dienen können. Ich hoffe nicht, dass es stimmt, aber wenn es tatsächlich so sein sollte, dass die adressgenaue Gebäudeerhebung der BSU und des Statistikamtes aufgehoben würde, dann wäre das wirklich fatal. Dann fehlen die Grundlagen für jedes weitere Sozialmonitoring und der Aufwand, der zu betreiben ist, wird noch mehr in die Höhe getrieben. Ich hoffe, dass die SPD das, was Sie in den Mund genommen hat – ich erinnere an das Stichwort Münchener Modell –, endlich umsetzt und das vereinfacht. Der Auftrag dazu schmort in der BSU, das wird dort nicht gerade vorangetrieben. Ich hoffe, dass endlich …

(Glocke)

Herr Duge, Ihre Redezeit ist abgelaufen.