Protocol of the Session on October 24, 2012

oben setzen kann. Deswegen haben wir uns unter anderem ein Konzept für Spezialbewertungsprüfer erdacht und werden das jetzt evaluieren, nämlich nicht im eigentlichen Sinne mit Finanzbeamten, sondern mit Betriebswirtschaftlern eine Spezialunternehmensbewertung zu machen, um dann den Rest der Betriebsprüfung von dieser Spezialaufgabe zu entlasten. Ich sage das nur, weil wir an dieser Stelle nicht gern unehrgeizig wirken wollen, denn wir überlegen uns, wie wir durch IT-Unterstützung, zum Beispiel durch die bundesweit bevorstehende Einführung der E-Bilanz, die Prüfungsverfahren beschleunigen und vereinfachen können, weil das letztlich im Interesse aller ist, denn eine schnelle und frühe Betriebsprüfung, Herr Bläsing, gibt Rechtssicherheit auch für die Unternehmerinnen und Unternehmer.

(Robert Bläsing FDP: Das habe ich ja eben selber angemahnt!)

Es gibt sehr viele unterschiedliche Stellschrauben, über die wir nachdenken sollten, es gibt aber ein Problem. Wir haben versucht, diese ganzen Schriftlichen Kleinen Anfragen, die in ihrer schnellen Aufeinanderfolge schon den Charakter Großer Anfragen hatten – Frau Heyenn, Sie lachen –, so gut wie möglich aufzubereiten. Wenn man Personalbedarfsprüfungen macht, kann man natürlich immer wieder in einzelnen Bereichen die Leute woanders hin versetzen, aber das muss man sich sehr genau ansehen. Der gesamte Zustrom ist hier die entscheidende Stellgröße für die Ausbildung, die erhöht worden ist. Den Rest sollten wir dann wirklich sehr detailliert mit unserer Steuerabteilungsleiterin, Frau Nottelmann, im Ausschuss besprechen. Das ist nämlich ein hoch fachliches und engagiert betriebenes System aus Sicht der Finanzämter.

Ich kann es mir zwar nicht vorstellen, aber wenn der Senat einmal auf eine Schriftliche Kleine Anfrage geantwortet haben sollte, wir würden uns nicht mehr an dem Ankauf von Steuerdaten-CDs beteiligen, dann muss das ein Missverständnis sein. Wir haben immer gesagt, dass wir uns daran beteiligen. Das Steuerabkommen mit der Schweiz ist ein anderes Thema, das läuft parallel. Es steht auch im Steuerabkommen an keiner Stelle, dass man sich, wenn der Steuerverwaltung irgendwo in Deutschland aktiv Daten angeboten werden, in Zukunft nicht mehr daran beteiligen dürfte. Es ist auch vor Gerichten immer wieder versucht worden, uns dieses zu verbieten, aber es ist immer gescheitert. Ich fände es auch einen Schildbürgerstreich, wenn das Bundesjustizministerium jetzt plötzlich Gesetze machen würde, die der Steuerfahndung ihren eigenen Job verbieten würde. Insofern ist das ein Missverständnis, das ich hiermit gern ausräumen will.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN und der LINKEN)

(Robert Bläsing)

Vielen Dank, Herr Senator Tschentscher. – Das Wort hat Herr Hackbusch.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich freue mich sehr über den Verlauf der Diskussion. Ich freue mich sehr darüber, dass wir das jetzt noch einmal genauer diskutiert haben. Wir haben in diesem Bereich als LINKE monatelang genervt, das wissen viele, wir haben immer wieder nachgebohrt.

(Jan Quast SPD: Seit Monaten!)

Ich stelle jetzt zu meiner Zufriedenheit fest, dass es nun an einigen Punkten akzeptiert wird. Dass Herr Bläsing als Letzter die Meinung der schwarz-grünen Regierung aufrechterhält, ist auch eine schöne Geschichte, aber die will ich jetzt gar nicht genauer behandeln.

(Zurufe von den GRÜNEN: Schwarz-Gelb!)

Schwarz-Gelb, Entschuldigung, aber Schwarz-Grün auch. Er hat aus Schwarz-Grün zitiert, aber das werden wir dann noch gesondert betrachten.

Ich möchte zwei kleine Aspekte ansprechen, die mir wichtig sind. Als Erstes ist für uns alle wichtig, sich noch einmal klarzumachen, was es mit den Schweizer CDs eigentlich auf sich hat.

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel übernimmt den Vorsitz. – Dietrich Wersich CDU: Musik ist das nicht!)

Ich will das jetzt nicht im Zusammenhang mit der Anfrage und all den Fragen diskutieren, das können wir einmal extra machen. Aber man muss deutlich sagen, dass es illegales Geld ist, das, in Deutschland erarbeitet, an der Steuerverwaltung vorbei illegal angehäuft worden ist und dann in die Schweiz transformiert wurde. Es sind unvorstellbare Summen, die dort in der Illegalität gehandelt worden sind, es sind riesige Summen, die uns bei den Einnahmen sehr fehlen, wie wir es jeden Tag in dieser Stadt spüren. Dementsprechend ist es eine wichtige Aufgabe für uns, dafür zu sorgen, dass es diese Möglichkeiten nicht mehr gibt.

(Beifall bei der LINKEN)

Es geht jetzt nicht um alte Zahlen. Wir haben mit Freude gesehen, dass die Ausbildung zunimmt. Aber, Herr Tschentscher, Sie selbst haben in Ihrem Entwurf für den Haushalt vorgesehen, dass die Stellen insgesamt in der Steuerverwaltung nicht wachsen. Wir haben das im Rechnungsprüfungsausschuss übrigens genau und ordentlich diskutiert und haben festgestellt, dass nach den Personalbemessungsgrundlagen 200 Betriebsprüfer und Steuerfahnder fehlen. Es gibt sie zwar gegenwärtig, aber sie werden im Innendienst eingesetzt. Sie fehlen in dieser Stadt, das wurde auch

gemeinsam mit dem Rechnungshof festgestellt. Diese 200 Personen brauchen wir dringend, um unter anderem in der Lage zu sein, mehr als direkte Betriebsprüfungen zu machen. Ein Aspekt sind die Umsatzsteuerhinterziehungen, die in dieser Stadt riesig groß sind. Sie hängen nicht mit großen Betrieben zusammen, sondern mit großen Betrügereien. Diese müssen aufgedeckt werden; Herr Tschentscher hat das selbst als ein wichtiges Moment genannt. Und es ist eine wichtige Aufgabe, die wir zu erfüllen haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Dementsprechend ist im Haushaltsplan-Entwurf die Situation falsch dargestellt. Man hat zwar die Ausbildung ausgeweitet, aber die Anzahl der Stellen wurde nicht erhöht. Aber nur, wenn dort zusätzliche Stellen ausgewiesen werden, werden wir auch die Menschen dafür bekommen. Momentan führt nämlich die erhöhte Zahl der Ausbildungen zu nichts anderem, als dass die Abgänge aufgrund des Alters, aufgrund besonderer Belastungen, auch psychischer Belastungen, wie mir dargestellt wurde, nur kompensiert werden können. Das kann aber nicht in unserem Interesse sein. Ich wäre froh, wenn wir dort einen Schritt weiterkommen würden.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich komme zu den 100 Millionen Euro. Das ist keine Sache, bei der wir gesagt haben, wir seien keine Zauberhutpartei, sondern wir haben gesagt, wenn 200 zusätzliche Betriebsprüfer da wären, seien nach konservativer Schätzung Einnahmen von 100 Millionen Euro realistisch. Man denkt, es könnten dort 1 Million Euro insgesamt herauskommen, und zwar durch verschiedene Momente, auch dadurch, dass man mehr Steuerehrlichkeit erreicht und man mehr Einnahmen erzielt. Das können wir lange diskutieren, da wir natürlich auch den abnehmenden Grenzwert kennen und dementsprechend nicht 1 Million Euro dafür einsetzen, sondern einen geringeren Betrag. Dann sind diese 100 Millionen Euro durchaus eine Summe, die in dem Augenblick, in dem wir die 200 zusätzlichen Betriebsprüfer haben, realistisch angesetzt werden kann.

Ich freue mich sehr, dass DIE LINKE hier einen Erfolg zu verzeichnen hat und dass wir die Diskussion im Haushaltsausschuss weiterführen. – Danke.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/4884 an den Haushaltsausschuss zu? – Gegenprobe. –Enthaltungen? – Damit ist das einstimmig so geschehen.

Ich rufe dann den Punkt 12 auf, das ist die Drucksache 20/5143, Große Anfrage der CDU-Fraktion: Differenzierung in der Stadtteilschule.

[Große Anfrage der CDU-Fraktion: Differenzierung in der Stadtteilschule – Drs 20/5143 –]

Diese Drucksache möchte die CDU-Fraktion an den Schulausschuss überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Herr Heinemann, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Antwort des Senats auf unsere Große Anfrage hat ein gravierendes Problem aufgezeigt und leider auch einen ziemlichen Skandal. Das Problem ist, dass sich offenbar in der Schulbehörde keiner mehr wirklich um die Stadtteilschulen kümmert. Frau Rüssmann hat zwar noch die Fachaufsicht über die Stadtteilschulen, aber eher so nebenbei. Eigentlich ist sie zuständig für Wandsbek und für die Privatschulen. Dafür hat sie eigene Referate, um die Entwicklung und Weiterentwicklung der Stadtteilschulen zu betreiben. Das ist nun wahrlich keine kleine Aufgabe, Herr Holster weiß das, darum darf sie sich ganz allein kümmern. Auch wenn ich dem Senator gute Besserung wünsche, habe ich doch den Eindruck, dass seine Abwesenheit heute Abend ein bisschen damit zu tun hat, dass die Weiterentwicklung der Stadtteilschulen bei ihm nicht ganz so viel Priorität hat, und das ist wirklich schade. Es hat nämlich Folgen, die auch aus der Großen Anfrage hervorgehen. Obwohl es erstmals zu diesem Schuljahr eine Fachleistungsdifferenzierung in der Stadtteilschule gibt,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das ist sehr gut so!)

ergab die auch politisch sehr spannende Frage, ob man Kurse auf unterschiedlichen Niveaus in der Stadtteilschule habe und wo es sie gibt, dass sich offenbar in der Schulbehörde niemand dafür interessiert hat, ob man solche Kurse eingeführt hat oder nicht. Und erst, als wir unsere Große Anfrage gestellt haben – das hat der Senat auch ganz offen zugegeben –, hat man in den Schulen nachgefragt, was sie eigentlich so machen in diesem Schuljahr, und das ist etwas spät gewesen. Mehr als das, was man durch die Schulabfrage herausgefunden hat, kann man mir selbst nach 28 Tagen nicht mitteilen, und das ist erstaunlich wenig.

Der eigentliche Skandal aber ist – und da wird es wirklich interessant, denn wir haben einen KMK-Präsidenten hier als Senator –, dass es in 36 Stadtteilschulen offenbar keinerlei Fachleistungsdifferenzierung gibt. Das heißt, es gibt nirgendwo Kurse auf unterschiedlichen Niveaus, die

in den verschiedenen Fächern angeboten werden. Nun kann man über die Frage, ob man eine äußere Differenzierung gut findet oder nicht, verschiedener Meinung sein. Aber auch zu schwarz-grünen Zeiten hatten wir im Juni 2010 in der Verordnung zur Einführung der Primarschule, der Stadtteilschulen und der Gymnasien festgelegt, dass in den Stadtteilschulen in Englisch und Mathematik im Wege der äußeren Differenzierung in Fachleistungskursen oder klasseninternen Leistungsgruppen unterrichtet wird. Das war noch 2010, also selbst mit einer Frau Goetsch gemeinsam. Dies steht auch genauso in dem Formular für die Eltern, das mir der Senat in der Antwort auf meine Große Anfrage mitgeschickt hat. Also könnte man der Meinung sein, das sei in allen Stadtteilschulen der Fall, ist es aber offenbar nicht.

Der Senat bezieht sich nun auf die neue Ausbildungsund Prüfungsordnung, die zum 1. August 2011 in Kraft trat – Klammer auf: dann müsste es eigentlich ein neues Formular geben, gibt es aber offenbar nicht –, und darin findet man von äußerer Differenzierung in Englisch und Mathematik plötzlich nichts mehr. Es gibt stattdessen die freie Entscheidung der Lehrerkonferenz darüber, ob es Unterricht auf unterschiedlichen Anspruchsniveaus gibt oder nicht.

Ich habe mir die Deputationsunterlagen aus dem letzten Sommer besorgt. Da gibt es viele Seiten Erläuterungen zu der neuen Ausbildungs- und Prüfungsordnung für die Kammern, für den Landesschulbeirat und für die Deputation. Aber einen Hinweis darauf, dass man hier irgendetwas ändern würde, dass man die Differenzierung bei Mathematik und Englisch abschaffen würde, gibt es nicht.

Und der Schulsenator hat danach alles getan, um diese Veränderung gegenüber der Öffentlichkeit zu verheimlichen – Klammer auf: ich bin mir gar nicht sicher, ob er überhaupt weiß, dass er da etwas verändert hat – und damit wir es nicht erfahren. Es gibt einen Flyer über die Stadtteilschule vom November 2011, also nach diesen Beschlüssen. Darin steht, es gäbe zudem Fachkurse auf unterschiedlichen Niveaus. Das steht auch heute noch auf der Homepage der Schulbehörde, wenn man sich dort anschaut, was eine Stadtteilschule ist.

Also fragt man sich doch, was jetzt gilt. Natürlich sind Formulare, sind das Internet oder ein Flyer der Schulbehörde nicht rechtlich bindend. Der Schulsenator kann hineinschreiben, was er möchte. Es wäre natürlich hilfreich, wenn dort stehen würde, was es wirklich gibt, aber wenn nicht, ist es auch nicht so schlimm. Aber rechtlich bindend ist aus meiner Sicht schon das Schulgesetz. Dort steht in Paragraf 15 Absatz 2 eindeutig – Frau Goetsch kennt die Diskussion –, dass die Schulen individuelles Lernen durch innere und äußere Differenzierung ermöglichen. Es steht dort "und" und

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel)

nicht "oder", und das haben wir damals als CDU ziemlich hart erkämpft.

Nun kann man lange über das Schulgesetz diskutieren, aber wir haben hier immerhin einen KMK-Präsidenten als Senator. Leider verstößt, man kann es nicht anders sagen, der aktuelle amtierende KMK-Präsident gegen eine aktuelle Vereinbarung der Kultusministerkonferenz. Dort heißt es nämlich in der "Vereinbarung über die Schularten und Bildungsgänge im Sekundarbereich I" vom September 2011 wörtlich:

"An Schularten mit mehreren Bildungsgängen [und eine solche ist die Stadtteilschule] wird der Unterricht entweder in abschlussbezogenen Klassen [also wie früher Hauptschullehrgang und Realschullehrgang] oder – in einem Teil der Fächer – leistungsdifferenziert auf mindestens zwei lehrplanbezogen definierten Anspruchsebenen in Kursen erteilt."

In Kursen, das ist also eindeutig festgelegt in der Vereinbarung der KMK. Es steht weiter dort:

"Für den leistungsdifferenzierten Unterricht gilt: Der Unterricht auf verschiedenen Anspruchsebenen beginnt in Mathematik und in der ersten Fremdsprache mit Jahrgangsstufe 7."

Das heißt, in diesem Schuljahr hätten die Stadtteilschulen, und zwar alle, nicht nur 19, und es sind diesbezüglich sogar noch viel weniger, mit Mathematik und Englisch entsprechend differenziert beginnen müssen. Es gibt nur ganz wenige Ausnahmen, die die KMK vorsieht, nämlich wenn man irgendwo in Brandenburg ist und nur noch eine Klasse zusammenbekommt, dann darf man auch anders agieren. Es gibt auch Ausnahmen für besondere pädagogische Modelle wie die Max-Brauer-Schule, aber für alle anderen gilt das, was ich gerade vorgelesen habe.

Meine Damen und Herren! Es ist egal, was man nun von äußerer Differenzierung hält. Es ist aber doch ein absolutes Unding, dass hier ein KMK-Präsident gegen die Vereinbarung der KMK verstößt.

(Beifall bei der CDU und bei Anna-Elisabeth von Treuenfels FDP)

Sie gefährden damit die Anerkennung der Hamburger Schulabschlüsse, und vor allen Dingen schwächen Sie massiv die Qualität des Unterrichts in der Stadtteilschule. All diese Krokodilstränen von gestern, die der Senator dann doch offensichtlich ganz gesund dort vergießen konnte, nämlich dass die Hamburger Schulabgänger es so viel schwerer hätten als die Schüler aus dem Umland, kann er sich sparen, wenn er an einer so wichtigen Stelle wieder einmal einen Sonderweg geht, mutwillig die Vereinbarung aller Bundesländer verlässt und da

mit die Chancen von Hamburgs Schülern verschlechtert.

(Beifall bei der CDU)