Protocol of the Session on October 24, 2012

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und der FDP)

Ich komme zum Schluss. Während Sie Millionen für Unternehmensankäufe für zusätzliche Zinsen in die Hand nehmen, schnallen Sie bei den Menschen in der Stadt den Gürtel enger, bei den Arbeitslosen, den Kindern, den Familien, den Migranten und den Kultureinrichtungen.

(Dirk Kienscherf SPD: Das müssen Sie ge- rade sagen! Das glaubt Ihnen doch keiner!)

Herr Scholz, Sie sind dabei, sich zu entzaubern. Nach dem Rausch kommt der Kater. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei den GRÜNEN)

Nun hat Herr Kerstan das Wort.

(Dietrich Wersich)

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Vor anderthalb Jahren ist Bürgermeister Olaf Scholz mit sehr viel Selbstbewusstsein in sein Amt gestartet. Jetzt hat er sich selbst und die Stadt in schwere See manövriert. Ihr Konfrontationskurs gegenüber HOCHTIEF hat zu einem Jahr Baustillstand geführt. Ihr teurer Kauf von Hapag-Lloyd-Anteilen hat das finanzielle Risiko der Stadt im Schifffahrtsbereich massiv erhöht. Der Rauswurf des Chefs der HSH Nordbank, eine der größten Schiffsfinanzierer, inmitten der größten Schifffahrtskrise löst große Besorgnis und Risiken für den Hamburger Haushalt aus.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Frag doch mal Kollegin Heinold aus Schleswig-Holstein!)

Und der völlig unnötige Streit um die Windmesse in Husum hat dazu geführt, dass Sie nicht mehr wissen, wohin mit dem Hafenschlick, mit dem Ergebnis, dass Sie bereits heute die Zufahrt zum Hamburger Hafen beschränken müssen.

Herr Bürgermeister, Ihre Entscheidungen, die Sie häufig einsam und ohne echte Beratung fällen, entpuppen sich zunehmend als Fehlentscheidungen und Risiken für die Zukunftsentwicklungen unserer Stadt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Das zeigt sich nirgendwo deutlicher als bei der Elbvertiefung. Um mit einer Legende aufzuräumen: Dieser Senat ist vor Gericht nicht an den bösen Umweltverbänden gescheitert, sondern weil Olaf Scholz sich verkalkuliert hat. Er hat ernsthaft geglaubt, dass deutsches Recht und Umweltrecht, das überall in Europa gilt, bei Hamburger Planungen für die Elbvertiefung ignoriert werden können. Er hat auf alles oder nichts gesetzt und vor Gericht verloren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Ihr großes Problem, Herr Bürgermeister, ist die Art und Weise, wie Sie Projekte der Stadt verhandeln. Denn ganz offenkundig können Sie mit Verhandlungspartnern nicht verhandeln, ohne sie so vor den Kopf zu stoßen, dass danach gar nichts mehr passiert, so wie bei HOCHTIEF oder bei der Landesregierung in Schleswig-Holstein, oder Sie meinen in einer Selbstüberschätzung, gar nicht reden zu müssen. Ich habe manchmal den Eindruck, dass Sie gar nicht wissen, wie Verhandlungen auf Augenhöhe funktionieren. Das mag für Sie auch ungewöhnlich sein, denn in Ihrer Partei sind Sie das nicht gewöhnt.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU – Gabi Dobusch SPD: Natürlich! Waren Sie dabei?)

Da geben Sie die Losung und die Marschrichtung aus, und daran darf niemand zweifeln. Egal, was passiert, da wird die Hacke zusammengeknallt. Das mag die richtige Strategie sein, um aus der

SPD einen Bürgermeister-Wahlverein zu machen, aber die richtige Strategie, um diese Stadt gut zu regieren – das zeigen diese Probleme, über die wir heute reden –, ist es eindeutig nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der CDU)

Es mag sein, dass Sie mit den Umweltverbänden geredet haben. Noch mal: Verhandlungen auf Augenhöhe bedeuten nicht, dass Sie sagen, 14,50 Meter sind gesetzt und die Umweltverbände können sich ihren Trostpreis oder ihr Trostpflaster aussuchen. Sie müssen ernsthaft zur Kenntnis nehmen, dass europäisches Umweltrecht verlangt, dass Sie auf Umweltbelange Rücksicht nehmen. Dann werden Sie von der maximalen Tiefe einmal Abstand nehmen müssen und sich in der Mitte einigen. Die gute Botschaft ist, dass eine solche Strategie dem Hafen, aber auch der Umwelt nützen kann. Das zeigen andere Konkurrenzstandorte, andere Häfen, die diese Strategie sehr viel erfolgreicher verfolgt haben als dieser Senat.

(Beifall bei den GRÜNEN – Dirk Kienscherf SPD: Das sind doch ganz andere Rahmen- bedingungen! Das wissen Sie doch ganz ge- nau!)

Es ist schlimm, dass Sie das nicht wissen, wenn Sie doch hier die Verantwortung tragen. Antwerpen hat auf 14 Meter vertieft und mehrere 100 Millionen Euro in die Umwelt investiert. Es hat keine Klagen gegeben, und die Hafenwirtschaft hat dort eine Zukunftsentwicklung.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Wenn Sie Ihr eigenes Argument wirklich ernst meinen, dass von dieser Elbvertiefung so viel für den Hamburger Hafen abhänge, dann wäre es schlichtweg unverantwortlich, jetzt vier Jahre lang ein Gerichtsverfahren mit völlig offenem Ausgang und ungewisser Dauer abzuwarten. Herr Bürgermeister, Sie müssen deshalb Ihren Kurs ändern und ernsthaft erkennen, dass niemandem, schon gar nicht dem Hafen, gedient ist, wenn man europäisches Umweltrecht ignoriert. Aus der anderen Situation wird ein Schuh: Es gibt die Möglichkeit, dem Hafen und der Umwelt Entwicklungsperspektiven zu geben. Sie müssen nur Ihren Politikstil ändern, und wir erwarten heute von Ihnen, dass Sie erklären, wie Sie aus der Sackgasse herauskommen wollen, in die Sie sich selbst hineinmanövriert haben. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Nun hat Frau Heyenn das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Argumente und Standpunkte von einigen Fraktionen in diesem Hause ändern sich ins Gegenteil, je nachdem, ob sie Op

position sind oder Regierung. Das irritiert mich sehr und es wird dem Ernst der Lage auch nicht gerecht.

(Beifall bei der LINKEN)

Fangen wir mit der HSH an. Wer war es denn, der 2009 den sogenannten Rettungsplan für die Bank beschlossen hat? Das waren die CDU, die GRÜNEN und die SPD. Unsere Skepsis wurde wie gewohnt in den Wind geschlagen.

(Finn-Ole Ritter FDP: Die FDP war es nicht!)

Die war ja auch nicht dabei.

Spätestens, nachdem Nonnenmacher 2009 die gesamte Bürgerschaft am Nasenring durch die Stadt gezogen hat, hätte der Senat seine Kontroll- und Mitspracherechte konsequent wahrnehmen müssen. Trotz eines Bürgerschaftsbeschlusses, dass die Bank keine Boni und sonstigen Abfindungen zahlt, solange die HSH ein Sanierungsfall ist und am Tropf von Steuergeldern hängt, forderte Nonnenmacher Millionen ein und er bekam sie. Also hat Schwarz-Grün seine Gestaltungsräume gegenüber der HSH keineswegs zum Wohle der Stadt ausgeschöpft.

(Beifall bei der LINKEN und bei Gabi Do- busch SPD)

Das tut dieser Senat auch nicht, wenn ich die Berichte in den Medien richtig verfolge. Dass Sie, Herr Senator Tschentscher, das Aufsichtsratsmandat nicht wahrnehmen und dass an Aufsichtsratssitzungen in dieser Krisensituation kein Vertreter der Stadt teilnimmt, ist wirklich ein Skandal, da muss ich der CDU ausnahmsweise einmal recht geben.

(Vereinzelter Beifall bei der CDU und bei Dr. Eva Gümbel GRÜNE)

Auch dieser Senat lässt sich von der HSH auf der Nase herumtanzen. Wie ist es eigentlich hinzunehmen, dass Herr Kopper im Alleingang einen Vorstandschef entlässt, benennt und einstellt, und niemand regt sich darüber auf? Das ist auch ein Skandal.

(Beifall bei der LINKEN)

Davon einmal abgesehen ist die Lage so ernst wie offenkundig noch nie zuvor. Wahrscheinlich werden die Bürgschaften von Hamburg und Schleswig-Holstein zu über 50 Prozent in Anspruch genommen,

(Jan Quast SPD: Nein, selbst das ist falsch!)

so jedenfalls der geschasste Paul Lerbinger. Da bleibt nicht viel Spielraum. Schleswig-Holstein ist zahlungsunfähig, das heißt, die Last hat allein Hamburg zu tragen. Dann können wir unseren laufenden halben Meter Haushaltsentwürfe und unsere kiloschweren Protokolle aus den Ausschusssitzungen alle in die Tonne treten, und dann werden

Sie, CDU, FDP, GRÜNE und SPD, neu über die Schuldenbremse nachdenken müssen.

Jetzt zur Elbphilharmonie, dort ist es das Gleiche. Alle Parteien und Fraktionen – außer der LINKEN natürlich – haben jeden Beschluss für die Elbphilharmonie mitgetragen. Kostensteigerungen und Konflikte mit Architekten und Baufirmen waren an der Tagesordnung. Bürgermeister Scholz hatte versprochen, ordentlich zu regieren, und Senatorin Kisseler hat hier in einem denkwürdigen Auftritt versprochen, dass der SPD-Senat Schluss mit den Spielchen mache, wie sie es genannt hat. Nichts davon wurde eingehalten und jetzt wird gar nicht mehr gebaut. Das wäre noch nicht mal so schlimm, aber selbst das kostet Riesensummen, jeden Monat 12,5 Millionen Euro. Es bleibt dabei: Hamburg kann sich so eine Nobeletage nicht leisten, und der Senat kann es sich nicht leisten, immer wieder vorgeführt zu werden. Auch das führt zu Politikverdrossenheit.

(Beifall bei der LINKEN)

Nun zur Elbvertiefung. Das ist wirklich der Gipfel, man kann doch jetzt nicht anfangen, die Richter zu beschimpfen, nur weil einem die Entscheidung nicht passt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das hat hier überhaupt keiner getan!)

Eine Elbvertiefung, Herr Balcke, ist eben mehr als nur eine technisch zu lösende Fahrrinnenanpassung. Da kann ich Ihnen nur zurückgeben, dass die SPD-Fraktion immer, wenn Scholz irgendetwas vorgibt, sagt: "Ich bin dafür", und dann erst fragt, worum es eigentlich geht.

(Beifall bei der LINKEN und vereinzelt bei der CDU und den GRÜNEN)

Alle Fraktionen – außer der LINKEN natürlich – haben der letzten Elbvertiefung zugestimmt.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das einzig Wah- re sind die LINKEN!)

Das müssen Sie sich anhören, das hilft nichts.