Protocol of the Session on October 24, 2012

Einen Satz noch kurz zu dem Thema, wo ich die Menschen herbekomme, wenn ich sie suche und brauche. Sie schreiben, dass wir jetzt in der Ausbildung aufbauen müssten. Da finde ich eine Bewegung im Senat kontraproduktiv, diese müssen wir diskutieren und wir haben sie an anderer Stelle auch schon kritisiert. Ich glaube nicht, dass man gut ausgebildeten Menschen in der Steuerverwaltung mit einer noch nie dagewesenen Abfindungshöhe jetzt auch noch den Anreiz geben sollte, die Verwaltung zu verlassen und in die Privatwirtschaft zu wechseln, nur, damit man den Abbau der 250 Stellen hinbekommt.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und bei Tim Golke DIE LINKE)

Wenn die Steuerverwaltung hier nicht ausgenommen wird, dann erweisen wir uns einen Bärendienst, denn wir bezahlen für die Ausbildung von Menschen, die wir hinterher dafür bezahlen, dass sie bitte die Stadtverwaltung wieder verlassen, nur weil sich der Senat einer Aufgabenkritik bei seinen städtischen Mitarbeitern nicht stellen möchte. Das ist totaler Unsinn, und da sind wir sofort bei Ihnen: Das gilt es zu verhindern.

(Beifall bei der CDU, den GRÜNEN und ver- einzelt bei der LINKEN)

Eine letzte Anmerkung: Ich glaube nach wie vor, dass das Steuerabkommen mit der Schweiz, das

(Dr. Mathias Petersen)

im Moment im Bundesrat liegt, ein guter Weg ist, sodass wir nicht ständig darüber diskutieren müssen, an welcher CD wir uns wie beteiligen.

(Dr. Martin Schäfer SPD: Wir beteiligen uns!)

Ich habe gehört, und das finde ich durchaus sehr positiv, dass es aus Richtung Rheinland-Pfalz Bewegung in dem Thema gibt. Das kann ich persönlich nur begrüßen, weil es uns in der Tat darum geht, diese Steuern einzusammeln, und da halte ich solch ein Abkommen an sich für einen guten Weg. Aber wir diskutieren das in Gänze im Ausschuss und freuen uns darauf.

(Beifall bei der CDU)

Vielen Dank, Herr Heintze. – Das Wort hat Frau Hajduk.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Zur Versachlichung der Debatte, wie der Kollege Heintze es eingefordert hat, haben wir eine Menge Zahlen mit dieser Großen Anfrage auf dem Tisch, und diese Zahlen werfen an einigen Stellen Fragen auf und sind aus unserer Sicht nicht zufriedenstellend. Allerdings zweifle ich auch, ob es der richtige Weg ist, neue Personalbemessungsvorgänge einzufordern oder ob wir nicht schlicht überlegen sollten, wie wir in vertretbarem Ausmaß dafür Sorge tragen können, dass der Personalbestand bei der Betriebsprüfung und der Steuerfahndung nicht nur stabil bleibt, sondern schrittweise langsam ansteigt.

Da komme ich zu einem Punkt, bei dem ich dem Kollegen Haushaltsausschussvorsitzenden Dr. Petersen noch etwas für unsere Ausschussberatungen mit auf den Weg geben will. Es ist objektiv richtig, dass man sich diese Fachleute nicht von heute auf morgen schnitzen kann. Unter der Vorgängerregierung ist, weil das hier im Hause bereits öfter diskutiert wurde, damals schon die Entscheidung vorbereitet worden – und diese ist dann auch vom SPD-Senat nachvollzogen worden –, den Personalbestand perspektivisch um sechs Personen auszuweiten, weil entsprechende Ausbildungsstellen für Anwärterinnen und Anwärter bedarfsgerecht eingestellt wurden. Die unbeantwortete Frage ist, warum eigentlich seitdem nicht ein nächster Schritt geplant worden ist. Die Antworten in dieser Anfrage sind natürlich nicht befriedigend, wenn zum Beispiel am Ende mit Blick und Argumentation für die uns bekannte Haushaltskonsolidierung gesagt wird, davon sei die Steuerverwaltung nicht vollständig ausgenommen und auch im weiteren Zusammenhang könne man zukünftig wegen der Folgen der Personalreduzierung und weiteren Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung nicht ausschließen, dass davon der Steuervollzug betroffen sein könnte. Natürlich könnte man das ausschließen, wenn man das will. Hier ist die Linie des Se

nats nicht mehr im Einklang mit den Erwartungen, die Sie selber geweckt haben. Das gesamte Haus und auch die SPD wollte damals in diesem Bereich mehr tun. Die Vorgängerregierung hat angefangen, mehr zu tun, und der SPD-Senat hat jetzt abgebrochen, mehr zu tun. Insofern ist eine entsprechende Beratung im Ausschuss notwendig. Ich will auch gar nicht sagen, dass wir mal so eben sagen könnten, wie wir mit der Finanzierung neuer Stellen umgehen. Das ist eine Anforderung, Frau Heyenn, der Sie sich auch anschließen müssten. Wenn wir einen größeren Personalbedarf aufbauen wollen, dann muss man auch der Ehrlichkeit halber sehr konkret etwas zur entsprechenden Gegenfinanzierung sagen.

Aber man darf daran erinnern, dass der ehemalige haushaltspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, heute der Finanzsenator, hier wenig Ehrgeiz zeigt. Vielleicht wird er das noch tun, man soll das nicht ausschließen, vielleicht sind wir diejenigen, die ihm das gemeinsam ein bisschen abnehmen können. Wenn diese Diskussion im Ausschuss gelingt, bezogen auf die wirkliche Problematik, dann Ausbildungen zu verabreden – das Halten der entsprechenden Fachleute in der Verwaltung, dazu hat Herr Heintze gerade etwas ausgesprochen Richtiges und Kritisches gesagt, ist alles andere als ein Selbstgänger –, dann kommen wir vielleicht einen Schritt voran, ohne die Erwartung zu haben, übermorgen automatisch 100 Millionen Euro mehr in der Kasse zu haben.

Steuergerechtigkeit ist auch uns GRÜNEN ein wichtiges Anliegen, und deswegen wollen wir gern konstruktiv mitarbeiten. – Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Norbert Hackbusch und Christiane Schneider, beide DIE LINKE)

Vielen Dank, Frau Hajduk. – Das Wort hat Herr Bläsing.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, Sie haben eine Große Anfrage rund um das Thema Steuervollzug vorgelegt, und in deren Kielwasser fährt außerdem ein Antrag zur Aufstockung der Anzahl der Betriebsprüfer, der morgen auf der Tagesordnung steht. Der alarmistische Grundtenor dieser Drucksachen suggeriert, dass Hamburg ein enormes Problem mit seinen Steuereinnahmen hat.

(Wolfgang Rose SPD: Ja!)

Das ist aber mitnichten der Fall. Hamburg hat kein Einnahmeproblem, sondern wie fast alle öffentlichen Kassen ein strukturelles Ausgabenproblem.

(Beifall bei der FDP)

(Roland Heintze)

Das kann man nicht oft genug sagen. Gerade erst gestern wurden neue Steuerrekordeinnahmen vermeldet. Hamburg hat zum jetzigen Zeitpunkt fast 400 Millionen Euro Steuern mehr eingenommen als 2011. Ein regelrechter Einnahmen-Tsunami wird in die Kassen gespült. Die Grundlage dieser erfreulichen Entwicklung ist in erster Linie der Erfolg der fleißigen Menschen und florierenden Unternehmen in Hamburg. Ich bin mir sicher, dass in der weit überwiegenden Mehrzahl ehrliche Arbeitsplätze geschaffen werden und auch ehrlich Steuern gezahlt werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen von der LINKEN, angeblich konservativ geschätzte Steuereinnahmen von 100 Millionen Euro, wie von Ihnen gefordert, verbunden mit einer Einstellung von 200 Betriebsprüfern, sind reines Wunschdenken. Die circa 10 Millionen Euro, die die Stadt Jahr für Jahr für die zusätzlichen Prüfer aufbringen müsste, sind hingegen in jedem Fall sichere Mehrausgaben. Folgt man Ihrer Logik, wäre die Freie und Hansestadt mit rund 2000 zusätzlichen Steuerprüfern demnächst schuldenfrei. Das ist leider eine reine Milchmädchenrechnung. Das Konzept der Lafferkurve oder auch des abnehmenden Grenznutzens beziehungsweise –ertrages ist Ihnen anscheinend gänzlich unbekannt oder Sie ignorieren es absichtlich, genauso wie Sie in Ihrem auf der Großen Anfrage fußenden Betriebsprüferantrag die Ausführungen des schwarz-grünen Vorgängersenats, mit dem ich an der Stelle ausnahmsweise einmal einer Meinung bin, ignorieren.

(Jens Kerstan GRÜNE: Was? Was haben wir falsch gemacht?)

Sie weisen nämlich auf genau diesen abnehmenden Grenzbetrag hin. Ich erlaube mir, dazu aus der Drucksache 19/1849 aus dem Jahr 2008 zu zitieren. Da schreibt der damalige schwarz-grüne Senat:

"In der öffentlichen Diskussion wird häufig unterstellt, es bestünden Vollzugsdefizite in der Steuerverwaltung, weil im Bereich der Betriebsprüfung zu wenige Betriebe geprüft würden und weil die Betriebsprüfung mit zu wenig Personal ausgestattet sei. Hierbei wird immer wieder das Argument angeführt,…"

was Sie auch schon wieder gebracht haben, Frau Heyenn –,

"…die Aufstockung von zusätzlichen Betriebsprüfern würde zu einem entsprechenden Steuermehraufkommen […] führen. Diese Argumentation ist jedoch nicht zutreffend, weil die Betriebe mit dem höchsten Mehrergebnis, also die Großbetriebe, bereits heute in der Regel…"

und das hat sich auch inzwischen nicht geändert –

"… anschlussgeprüft werden."

Und weiter führt die Drucksache aus:

"Der Einsatz zusätzlicher Prüfer müsste also überwiegend im Bereich der Mittelbis Kleinstbetriebe erfolgen. Das Steueraufkommen durch die Prüfung dieser Größenklassen würde entsprechend wesentlich geringer ausfallen als die durchschnittlichen Mehrergebniszahlen pro Betrieb oder pro Prüfer suggerieren."

So der damalige Senat. Dem ist im Grunde in der Sache nichts hinzuzufügen. Und genau das, Frau Heyenn, belegt auch Ihre Große Anfrage, wenn Sie sich einmal die Antworten zu den Fragen 35 bis 39 genau ansehen.

Eine Prüfung bei einem Großbetrieb hat demnach 2011 ein durchschnittliches Mehrergebnis von 373 000 Euro gebracht, eine Prüfung bei einem Mittelständler nur noch knapp 28 000 Euro, bei einem Kleinstbetrieb im Schnitt sogar nur noch 13 500 Euro. Anstatt über zusätzliche Betriebsprüfer sollten wir deshalb eher über die rechtzeitige Ausbildung – das Thema wurde schon angesprochen – von ausreichenden Nachfolgern für die zahlreichen altersbedingten Abgänge sprechen. Darauf ist auch in der Antwort auf Frage 32 der Drucksache hingewiesen worden. Das Problem ist hier nämlich tatsächlich, dass viele gut ausgebildete Kräfte dann dem Ruf der Privatwirtschaft nicht widerstehen können. Da ist eben das, was Ihr Personalabbaukonzept an der Stelle vorsieht, genau der falsche Weg. Ihre eigene Große Anfrage, liebe Frau Heyenn, offenbart zudem, dass im Bereich Steuerprüfung und -fahndung im letzten Jahr mehr Personal eingestellt wurde und 95 Prozent aller 154 Planstellen derzeit besetzt sind.

Die Zahlen zu offenen, neu hinzugekommenen und abgearbeiteten Steuerverfahren zeigen ebenfalls, dass im Großen und Ganzen – sicherlich gibt es hier und da immer Optimierungsbedarfe – alles seinen guten Gang geht. Die Große Anfrage liefert also wirklich wenig substanziellen Grund zur Beunruhigung, und sie taugt schon gar nicht für Ihre Stimmungsmache gegen die Leistungsträger, denen wir einen wesentlichen Anteil an den Steuerrekordeinnahmen zu verdanken haben.

(Beifall bei der FDP – Dora Heyenn DIE LIN- KE: Wer sind denn die Leistungsträger?)

Das sind nämlich die vielen erfolgreichen Unternehmerinnen und Unternehmer, Unternehmenslenkerinnen und Unternehmenslenker sowie die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter – ich hoffe, ich habe alles richtig gegendert –, die da ihren Dienst für die Gesellschaft tun.

Worüber man aus Sicht der FDP-Fraktion reden kann und sollte, ist insbesondere, wie die vorhandenen Steuerprüfungskapazitäten erhalten und ge

gebenenfalls effizienter eingesetzt werden können, beispielsweise durch den Ausbau automatisierter Verfahren, die unter die Arme greifen könnten.

Wir Liberale wollen uns deshalb in guter parlamentarischer Sitte vom Senat im Haushaltsausschuss gern Details berichten lassen. Wir stimmen der Überweisung folgerichtig zu.

(Beifall bei der FDP)

Vielen Dank, Herr Bläsing. – Das Wort hat Herr Senator Tschentscher.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Bläsing, die Steuereinnahmen sind in der Tat derzeit sehr gut. Wir haben nicht nur ein Ausgabenproblem, wir haben auch ein Einnahmeproblem, und deswegen ist das ein sehr günstiger Effekt. Und den bremsen wir auch nicht selbst aus, indem wir jetzt im Bundesrat zum Beispiel unverhofft irgendwelchen Steuersenkungsplänen der Bundesregierung zustimmen würden, wie das zuweilen üblich gewesen ist in der Vergangenheit, wo man dann plötzlich mit schillernden Namen wie Konjunktur-, Wachstums-, Beschleunigungsprogramm und Ähnlichem

(Katja Suding FDP: Hat aber funktioniert!)

nichts anderes gemacht hat, als die Kassen der Länder zu plündern. Das gibt es nicht mehr. Und deswegen ist das Thema, das die Links-Partei aufbringt, ein sehr richtiges und wichtiges Thema.

Ich darf auch sagen, dass wir eine sehr gut arbeitende Steuerverwaltung mit fast 4000 Beamten haben und eine sehr schlagkräftige Steuerfahndung. Erst vor wenigen Wochen hat unsere Steuerfahndung einen bundesweit organisierten Umsatzsteuerbetrug, der mit krimineller Energie in großem Umfang gearbeitet hat, aufgedeckt. Das war eine sehr vorzeigbare Leistung. Sie hatte im Übrigen auch ziemlich gute Mehreinnahmen zur Folge.

Das Thema ist also ernst, aber man muss sich doch immer eine Frage stellen. Wir haben in der Finanzverwaltung einen besonderen Teil der Hamburger Verwaltung mit einer Spezialausbildung, die wir in der Akademie für Finanzen vornehmen. Dies ist die entscheidende Stellgröße für die Personalausstattung in der Finanzverwaltung insgesamt. Und dort – Frau Hajduk hat darauf hingewiesen – ist in den letzten Jahren begonnen worden, die Ausbildung zu verstärken, und wir haben das fortgesetzt. Wir haben es nicht abgebrochen, sondern wir haben es fortgesetzt, und wir haben auch nicht vor, diese Ausbildungszahlen wieder zurückzufahren.

Das gibt in besonderen Bereichen Schwierigkeiten. Gerade die Betriebsprüfung ist ein Bereich, in dem man die Ausbildungskapazität nicht beliebig nach

oben setzen kann. Deswegen haben wir uns unter anderem ein Konzept für Spezialbewertungsprüfer erdacht und werden das jetzt evaluieren, nämlich nicht im eigentlichen Sinne mit Finanzbeamten, sondern mit Betriebswirtschaftlern eine Spezialunternehmensbewertung zu machen, um dann den Rest der Betriebsprüfung von dieser Spezialaufgabe zu entlasten. Ich sage das nur, weil wir an dieser Stelle nicht gern unehrgeizig wirken wollen, denn wir überlegen uns, wie wir durch IT-Unterstützung, zum Beispiel durch die bundesweit bevorstehende Einführung der E-Bilanz, die Prüfungsverfahren beschleunigen und vereinfachen können, weil das letztlich im Interesse aller ist, denn eine schnelle und frühe Betriebsprüfung, Herr Bläsing, gibt Rechtssicherheit auch für die Unternehmerinnen und Unternehmer.