Protocol of the Session on October 24, 2012

(Beifall bei Antje Möller GRÜNE)

Noch nicht klatschen.

Peinlich ist er nicht für die CDU, sondern er ist peinlich für eine Partei wie die SPD, die die Rechte der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen immer wie eine Fahne vor sich her trägt und auch noch Gewerkschaftsvertreter in der Runde sitzen hat.

(Arno Münster SPD: Was soll das denn! Das darf doch wohl nicht wahr sein!)

Der Antrag ist peinlich, Herr Münster, er ist eine Bankrotterklärung, die tariflich vereinbarten Lohnsteigerungen in der sozialen Arbeit nicht zu übernehmen.

(Beifall bei den GRÜNEN, der CDU und bei Norbert Hackbusch DIE LINKE)

Es ist entweder bewusst gespielte Naivität, oder der Bürgermeister und sein Senat brechen in der Tat das Wort. Davon würde ich eher ausgehen, denn Sie haben versprochen, die Qualität in den Kitas nicht abzusenken, auch wenn Sie kostenlose Kitas finanzieren wollen. Aber Fakt ist, dass genau das Gegenteil passiert. Die Sozialbehörde will die Kita-Träger zu einem strukturellen Konsolidierungsbeitrag verpflichten. Sie soll – das hat Herr de Vries richtig ausgeführt – auf einen Teil ihrer vertraglich vereinbarten Entgeltsteigerung für Personal- und Sachmittel verzichten. Und in diesem Jahr will die Sozialbehörde damit 5 Millionen Euro einsparen.

(Dietrich Wersich CDU: Hört, hört!)

Hört, hört, es ist schon erstaunlich.

Mit diesem Kurs nimmt die SPD Verschlechterungen bei der Qualität billigend in Kauf. Die Kitas werden wahrscheinlich nicht diese Summe beim Personal erbringen. Das wollen sie natürlich nicht und es wäre auch schwierig. Aber irgendwo muss das Geld doch herkommen. Da werden Abstriche gemacht bei den Sachmitteln, nicht nur beim Mittagessen, wie die CDU meint, sondern auch bei Ausflügen, Projekten oder Anschaffungen und eventuell auch beim Mittagessen.

Das ist eine Politik, die die Kinder und Familien direkt trifft. Es ist auch kein Wunder, dass der LEA, der Landeselternausschuss, inzwischen deutlich vom Senat abgerückt ist. Ihre tolle Vereinbarung bekommt nämlich so langsam massive Risse und Brüche, und das erkennt auch der LEA.

Ich möchte ganz deutlich festhalten, dass gemeinsam festgestellte Steigerungsraten, die vertraglich

vereinbart sind, kein Luxus sind, sondern dazu dienen, tarifliche Lohnsteigerungen und allgemeine Preissteigerungen – zum Beispiel Lebensmitteloder Energiekosten, das sagte Herr de Vries – aufzufangen. Und wer das nicht übernimmt, gibt eine Bankrotterklärung gegenüber den Rechten von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern und vor allen Dingen gegenüber der Qualität in den Kitas, die abgesenkt wird, ab. Das geht meiner Ansicht nach so nicht.

Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass das nicht nur im Kindertagesbereich der Fall ist. Wir reden hier zwar nur über die Kitas, aber dieser Senat, Sozialsenator Scheele, weigert sich auch, die Tarifsteigerungen und die Refinanzierungen im Jugendhilfebereich zu übernehmen. Das heißt, wir werden dasselbe Problem mit den Steigerungsraten in der Jugendhilfe haben, wenn die nicht übernommen werden. Herr de Vries, hier hätte ich Ihren Antrag gern noch ergänzt, aber das können wir später noch machen. Auch die Jugendhilfeträger stehen vor der Frage, ob sie Personal entlassen, was nicht geht, oder ob sie ihre Qualität absenken. Das bedeutet auch Einschnitte im Jugendhilfebereich.

Das Getue der SPD, das immer wieder herausgekehrt wird, dass ihr die Jugendhilfe wichtig sei und die Qualität in der Kita heilig, wird für mich zusehends unerträglich, wenn wir Vorgänge wie diese einmal etwas näher durchleuchten.

(Vereinzelter Beifall bei den GRÜNEN und bei Karin Prien CDU)

Meine Damen und Herren! Laufende Verträge sind rechtsverbindlich und müssen von allen Vertragspartnern eingehalten werden. Aber erstaunlicherweise gilt dieser Grundsatz angeblich nicht für die SPD-Fraktion und auch nicht für den Senat. Ich wundere mich, Frau Thimm, woher Sie nun die Weisheit nehmen zu sagen, alles sei gut und die Schiedsstelle werde es schon richten. Sie verletzen einseitig den Kita-Landesrahmenvertrag.

Dieser Bruch ist auch nicht mit der Schuldenbremse zu rechtfertigen. Ein Schiedsgericht hätte man gar nicht benötigt, wenn Sie mit Ihrer Fraktion und Ihrem Senator gesagt hätten, das sei Ihr Landesrahmenvertrag, den hätten Sie ausgehandelt und an den würden Sie sich selbstverständlich halten. Jetzt können Sie doch nicht einfach sagen, dass alles ganz prima sei und Sie sich an alles halten würden und die Schiedsstelle es schon richten werde. Diese Argumentation ist so dünn, dass sie eigentlich gar nicht mehr existiert.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Wer behauptet, ordentlich zu regieren – und das macht die SPD ständig –, der muss auch den Anspruch an sich selbst stellen, Prioritäten zu setzen – das wird von der SPD immer wieder gesagt –

und andere Bereiche nachrangig behandeln. Aber genau deswegen ist es ein Armutszeugnis, denn die Kita ist schließlich von der SPD als Schwerpunkt ihrer Arbeit erklärt worden. Es ist ein Armutszeugnis, wenn man sich bei seinem eigenen Schwerpunkt durch die Hintertür wieder Einsparpotenziale sucht. Herr Schmidt, so ist das aber im Kita-Bereich.

Da das Schiedsstellenverfahren noch läuft, haben Sie immer noch Zeit, Ihren Kurs zu korrigieren. Ich möchte Sie an dieser Stelle auffordern, das zu tun und nicht zu warten, bis die Schiedsstelle entscheidet. Wir fordern Sie auf, den Landesrahmenvertrag, wie es sich gehört, ohne Wenn und Aber einzuhalten und vor allen Dingen Ihre Wahlversprechen weder mit Einbußen bei der Kita-Qualität noch mit Kürzungen bei der Jugendhilfe zu finanzieren. Auch das ist eigentlich eine Selbstverständlichkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei Christoph de Vries CDU)

Herr Ritter, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Thimm – vielleicht nehme ich Sie da ein bisschen in Schutz oder entschuldige Sie –, Sie sind 1:1 dem Bürgermeister gefolgt, indem Sie nichts zum Thema sagen und viel drumherum reden.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt doch gar nicht! Sie hat alles beantwortet! – Ge- genruf von Dietrich Wersich CDU: Nichts zur Gegenwart, nur zur Vergangenheit!)

Nein, Herr Dressel, ich erkläre es doch gleich, warten Sie doch einmal ab.

Wir fangen ganz von vorn an, bei den Wahlgeschenken. Die SPD und der Senat lassen sich seit Monaten feiern, sie hätten das kostenlose Mittagessen geschaffen und die fünfstündige Betreuung sei bald kostenfrei. Darüber haben sich im ersten Moment natürlich alle Eltern gefreut, doch sie haben sich anscheinend zu früh gefreut, denn jetzt wird klar, wer die Zeche zahlt. Das ist die Qualität in den Kitas und das sind die Kinder unserer Stadt.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Um die teuren Wahlgeschenke, wie wir vorhin gehört haben, zu finanzieren, soll der Landesrahmenvertrag zwischen Stadt und Kita-Trägern nachverhandelt werden. Wenn Frau Thimm sagt, es gäbe eine Vertragskommission, die dafür vorgesehen sei, dann hat sie durchaus recht. Aber sie hätte gar nicht angerufen werden müssen, wenn diese ganzen Wahlgeschenke überhaupt nicht zustande gekommen wären. Dann hätten wir nämlich alles so

(Christiane Blömeke)

lassen können, wie es ist. Dass das nicht zulasten der Qualität der Kindertagesbetreuung geht, glauben doch mittlerweile kein Bürger und keine Bürgerin mehr.

(Beifall bei der FDP)

Jetzt kommt das Totschlagargument des Senats, die Geschäftsgrundlage habe sich halt durch die Schuldenbremse verändert. Herr Scheele, das ist Ihr Hauptargument. Den Vertrag mit den Kita-Trägern zu brechen, ist aber keine logische Konsequenz, sondern eine falsche Prioritätensetzung.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Wir als Bürgerschaft insgesamt fordern mehr Plätze, und zwar möglichst schnell. Dafür brauchen aber die Träger auch Rechts- und Planungssicherheit. In Hamburg, der Stadt des ehrbaren Kaufmanns, sollte das doch eine Selbstverständlichkeit sein, Herr Scheele. Verträge, und dazu gehören auch die Landesrahmenverträge, sind einzuhalten. Die Einsparvorschläge des Senators sind hanebüchen und gehen zulasten der Qualität.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Ich möchte das einmal ein bisschen plastisch darstellen. Beim Thema Essen sieht der Senator anscheinend, wenn man das richtig gehört und verstanden hat, Einsparpotenzial. Wir entlasten die Eltern, so der Slogan nach der Wahl, um 1 Euro, kostenloses Mittagessen für alle Kinder in Hamburg; auch wir haben übrigens gefordert, das nicht so umzusetzen, Herr de Vries. Dafür wird jetzt auf der anderen Seite in der Vertragskommission – und es ist die Schiedsstelle angerufen worden – darüber verhandelt und gesagt, Leute, ihr könnt doch den 1 Euro jetzt wieder sparen, und so holen Sie sich Ihr Geld für die Wahlgeschenke zurück. Das ist nicht seriös und das geht so nicht.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Das Mittagessen ist nicht nur allein ein Mittagessen, sondern es ist in vielen Kitas Teil des pädagogischen Konzepts und wichtig für alle Kinder, besonders aber für diejenigen aus sozial benachteiligten Stadtteilen. Wer schon zu Hause kein frisch gekochtes Essen kennenlernt, sollte das zumindest in der Kita.

Zweite Empfehlung des Senats: Er empfiehlt einen Personalmix, ein weiser Hinweis – sagt man das so, Herr Dressel? – des Senats, doch jüngere Arbeitnehmer zu nehmen, die seien günstiger als die älteren.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wenn es denn so ist, wie Sie sagen!)

Wir sind hier nicht im Ausschuss. Ich rede noch zu Ende, dann können wir nachher noch einmal sprechen.

Leider können sich die Kitas im Zuge des Fachkräftemangels nicht auswählen, Herr Scheele, ob sie lieber ältere oder jüngere Arbeitnehmer einstellen. Sie sind froh, wenn sie überhaupt Arbeitnehmer bekommen. Der Fachkräftemangel bei den Erzieherinnen und Erziehern in Deutschland ist vorhanden. Die Behörde betont zwar immer, dass es genug Erzieherinnen auf dem Markt gäbe, aber in jeder Kita, mit der ich in der Praxis draußen spreche, Herr Scheele, ist das Gegenteil der Fall. Ausschreibungen, Werbekampagnen, Folge: keine einzige Bewerbung. Wie sollen die Kitas bei ihrem Personal auswählen und jüngere Arbeitnehmer an sich ziehen?

Meine Damen und Herren! Die FDP steht zur Schuldenbremse. Den Landesrahmenvertrag aufzukündigen ist aber keine Notwendigkeit, die mit der Schuldenbremse zu begründen ist. Es wären ausreichend Mittel vorhanden, wenn Sie, liebe Kollegen der SPD, die richtigen Prioritäten setzen würden. Um darüber noch einmal ausführlich zu sprechen, stimmen wir einer Überweisung an den Ausschuss zu.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Herr Yildiz, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Frau Thimm, meine Vorredner haben es schon gesagt, aber ich möchte es noch einmal wiederholen: Eine Schiedskommission ruft man an, wenn man getroffene Vereinbarungen nicht einhält. Leider hält der Senat einseitig die Vereinbarungen mit den Kita-Trägern nicht ein, und deswegen ist die Schiedskommission angerufen worden.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Das stimmt nicht!)

Ich möchte auch zur CDU einiges sagen. Dass der Antrag, der hier gestellt worden ist, von der CDU kam, hat mich gewundert. Die CDU hat sich in ihrer Regierungszeit nach monatelangen Diskussionen einen Ruck gegeben, dass die Landesrahmenvereinbarung gemacht wird. Und dass Sie sich jetzt, nachdem das nicht eingehalten wird, dafür stark machen und auch stark machen für den Bereich Erziehung, das freut mich natürlich. Wir werden Ihren Antrag unterstützen und mit an den Ausschuss überweisen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wenn Sie sich die Situation unserer Erzieherinnen und Erzieher angucken, dann sind es fast zwei Drittel Teilzeitbeschäftigte. Ich habe letztens in der Kita, in die mein