Protocol of the Session on September 26, 2012

Dazu können Sie hier gern noch einmal etwas sagen.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Dirk Kienscherf SPD)

Nun aber zu dem, was dieser Senat jetzt macht. Um das Vorkaufsrecht auszuüben, da haben Sie recht, muss nachgewiesen werden, dass ECE in diesem Fall nicht bereit ist, das, was die Stadt will, umzusetzen. Dazu muss die Stadt aber sehr klar und konkret sagen, was sie möchte. Sie haben aufgrund meiner Schriftlichen Kleinen Anfrage gerade erst den Letter of Intent – es tut mir leid, aber das Ding heißt neuerdings so –, also die Absichtserklärung, veröffentlicht, in der ECE sich äußert. Ich will einmal ein paar Zitate daraus vorlesen. Zum Beispiel sagt ECE:

"Wir sind bereit, an einer freiwilligen Bodenordnung […] konstruktiv mitzuwirken. Die genauen Einzelheiten […] sind vertraglich zu vereinbaren."

Das ist also eine Nullnummer, weil noch nichts Konkretes feststeht. Weiter sagt ECE:

"Wir erkennen die Zielsetzung der Freien und Hansestadt Hamburg an, [in der Mitte Altona den Drittelmix zu machen]."

Wir erkennen an, da steht nicht: Wir werden es machen.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

Und jetzt, Herr Hamann, kommt der beste Satz:

(Jörg Hamann CDU: Nee, lassen Sie mal!)

"Für die Umsetzung des öffentlich geförderten Wohnungsbaus in der Mitte Altona setzen wir voraus, dass Angebote geeigneter Unternehmen oder Baugemeinschaften mit der notwendigen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit vorliegen, die im Segment des öffentlich geförderten Wohnungsbaus innerhalb der förderungsfähigen Grenzen […] liegen."

Was soll das denn, ECE setzt voraus? Und wer entscheidet, ob das der Fall ist? Da hat der Senat sich echt über den Tisch ziehen lassen, und dann ist es kein Wunder, dass Sie nicht mehr ablehnen können und das Vorkaufsrecht nicht ausüben.

Für mich sieht es so aus: Der Senat hat alles weggegeben, das Vorkaufsrecht ist weg.

(Dirk Kienscherf SPD: Das stimmt doch gar nicht!)

Wenn das ein Signal für die späteren Abwendungsvereinbarungen sein sollte, dann tut mir dieser Senat wirklich leid.

(Beifall bei der LINKEN – Dirk Kienscherf SPD: Sie haben es einfach nicht begriffen, Frau Sudmann!)

Ich habe es sehr gut begriffen, lieber Herr Kienscherf, und wir können auch gerne weiter darüber diskutieren. Sie nutzen nicht aus, was der Senat und die SPD-Fraktion machen könnten. Ich weiß nicht, warum Sie das nicht tun; ich würde mir viel mehr Mut von Ihnen wünschen für eine Stadtentwicklung, die diese Stadt braucht.

Mein Fazit lässt sich relativ leicht zusammenfassen: In Ihrem Masterplan wird ganz vieles auf später verschoben; Sie sagen selber, dass das Sinn und Zweck des Masterplans sei. Ich habe nachgefragt, wie man eigentlich sagen könne, dass Wohnungen entlang des Viadukts entstehen sollen, wo es doch ursprünglich hieß, dass das wegen des Lärms nicht ginge. Als Antwort habe ich bekommen, dass der Masterplan keine konkreten Aussagen zu den Nutzungen treffe.

(Zuruf von Hans-Detlef Roock CDU)

Das hat der Senat gesagt, Herr Roock. Warum regen Sie sich auf, ich habe den Senat zitiert.

(Hans-Detlef Roock CDU: Das legen doch die Bebauungspläne fest!)

Aber, lieber Herr Roock, wenn die Nutzungen erst später im B-Plan festgelegt werden – ich kann Ihnen als Stadtplanerin sagen, dass es genau so ist –, dann frage ich mich, wie der Senat jetzt sagen kann, dass im ersten Bauabschnitt 1600 Wohnungen entstehen werden. Es ist ein Widerspruch in sich: Mal ist der Masterplan verbindlich für die

Abwendungsvereinbarung, mal gibt der Masterplan nichts her.

Ich kann für die Links-Fraktion nur sagen: So nicht. Wir fordern Sie auf, die Chance zu nutzen. Den Masterplan in diesem Zustand sollten Sie in die Tonne treten.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt hat Frau Senatorin Blankau das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Ich hatte mich schon so gefreut, dass wir heute optimistisch, weil sehr geschlossen, den Masterplan "Mitte Altona" beschließen. Das, was Sie eben gemacht haben, Frau Sudmann, habe ich nicht erwartet, denn wir hatten im Ausschuss doch schon etwas länger darüber diskutiert. Die ECE hat das Grundstück von der Holsten-Brauerei gekauft, und in diesem Zusammenhang entstand ein erstes Vorkaufsrecht, so würde ich das einmal vereinfacht darstellen. Dieses erste Vorkaufsrecht haben wir nicht gezogen, nachdem ECE den Letter of Intent unterschrieben hat. Eine Abwendungsvereinbarung gibt es überhaupt noch nicht, die verhandeln wir, und wenn dort das, was im Letter of Intent angekündigt ist, nicht vertraglich vereinbart wird, besteht die Möglichkeit, ein zweites Vorkaufsrecht wahrzunehmen. Im Ausschuss habe ich bereits erklärt, dass wir, wenn diese Gespräche nicht zu dem Ergebnis führen, das wir gern haben wollen, erneut diskutieren und darüber befinden müssen, ob wir dieses Vorkaufsrecht ziehen.

(Beifall bei der SPD)

Im Übrigen, Frau Sudmann, hatte auch Herr Kienscherf das in seiner Rede bereits angesprochen.

Wenn wir über die Situation auf dem Wohnungsmarkt reden, dann sollten wir doch froh darüber sein, dass wir heute einen Masterplan vorliegen haben, der ein eindeutiges Signal aussendet: Auf ehemaligen Bahnflächen wird ein neuer Stadtteil entstehen. Das ist das größte Stadtentwicklungsprojekt nach der HafenCity, und ich finde, darüber sollten wir uns alle freuen.

(Beifall bei der SPD und bei Jörg Hamann CDU – Jens Kerstan GRÜNE: Wir freuen uns still!)

In den verschiedenen Quartieren wird es rund 3500 Wohneinheiten, einen 8 Hektar großen Park, eine Stadtteilschule und eine gut ausgebaute soziale Infrastruktur geben. Damit schließen wir die Lücke zwischen Altona-Nord, Bahrenfeld und Ottensen und gewinnen dieses bisher unzugängliche Gebiet für die Stadt zurück. Mit dem Masterplan wird die künftige städtebauliche und landschafts

planerische Struktur des Gebiets abgesteckt. Er ist ein Grundgerüst, das jetzt ausgefüllt werden kann.

Ich möchte kurz auf einige wichtige Inhalte des Masterplans eingehen. Eine wichtige Festlegung betrifft die Entwicklung von innerstädtischem Wohnraum. Hamburg hat nicht viele Flächen in petto, auf denen wir so viel für bezahlbaren innerstädtischen Wohnraum tun können; da haben Sie recht, Frau Sudmann. Wir wollen die Chance nutzen und hier in zentraler Lage den WohnungsbauDrittelmix verwirklichen: ein Drittel sozialer Wohnungsbau, ein Drittel freifinanzierter Wohnungsbau und ein Drittel Eigentumswohnungen. Wir wollen nicht in einzelnen Quartieren ausschließlich Sozialwohnungen bauen, das hat uns in der Vergangenheit politisch nicht besonders gutgetan und es entspricht auch nicht unseren Zielen. Wir wollen sozialen Wohnungsbau überall in der Stadt ermöglichen und ihn als selbstverständlichen Teil vielfältiger, gemischter Quartiere mit guter Anbindung und guten Bildungs- und sozialen Dienstleistungseinrichtungen etablieren. Das heißt, dass wir eben nicht nur in der "Mitte Altona", sondern beispielsweise auch im Pergolen-Viertel oder im Kellerbleek gemischte Quartiere entwickeln wollen. Zu dieser Mischung unterschiedlicher Wohnformen werden auch Baugenossenschaften und Integrationsprojekte beitragen. Bis zu 20 Prozent der Flächen werden an Baugemeinschaften vergeben werden können.

Ein weiterer Punkt ist, dass der Masterplan durch seine kleinteilige Gliederung einen städtebaulichen Bezug zu den umliegenden Stadtteilen herstellt und die Höhen der Baukörper – in der Diskussion im Stadtentwicklungsausschuss auch immer wieder thematisiert – sich auf die Höhen der Umgebungsbauten beziehen. So wird sichergestellt, dass sich die "Mitte Altona" gut ins Bild der umgebenden Stadtteile integriert.

Meine Damen und Herren! Auch der Nachhaltigkeitsaspekt findet sich im Masterplan wieder. Die Umnutzung von Bahnflächen ist nachhaltige Stadtentwicklung. Behutsam entwickeln und verdichten wir den Stadtraum, um nicht wertvolle Naturflächen im Außenbereich Hamburgs nutzen zu müssen. Darüber hinaus setzt der Masterplan mit ressourcenschonender Energieversorgung und naturnaher Regenwasserbewirtschaftung deutliche ökologische Ausrufezeichen.

Das Mobilitätskonzept haben Sie schon angesprochen. Dazu hat es bereits am letzten Samstag einen Thementag gegeben, auf dem die breite Unterstützung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort für dieses neue Mobilitätskonzept deutlich wurde.

Eine oft gestellte Frage ist – das hat ja auch eben eine Rolle gespielt –, ob wir auf die Entscheidung der Deutschen Bahn über die Verlagerung des Fernbahnhofs nach Diebsteich warten müssen. Der Masterplan gibt die Antwort: nein. Er berück

(Heike Sudmann)

sichtigt – Herr Roock hat es schon gesagt –, dass der zweite Entwicklungsabschnitt später angegangen werden kann, wenn die Bahn entschieden hat. Mit dem ersten Bauabschnitt können wir jetzt beginnen.

Meine Damen und Herren! Ob ein so großes städtebauliches Projekt wie die "Mitte Altona" gelingt, hängt maßgeblich von der Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger und den Diskussionen in den politischen Gremien ab, darüber sind wir uns eigentlich alle einig. Für beides hat es viel Zeit und Raum gegeben. Das ist eine gute Investition, denn die Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern und die Beschlüsse der Gremien auf Bezirks- und Bürgerschaftsebene haben das Projekt vorangebracht.

(Zuruf von Heike Sudmann DIE LINKE – Vi- zepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Auf Wunsch der Bürgerinnen und Bürger, Frau Sudmann, ist der Dialog seit Juni 2011 weiter intensiviert worden. Von Experten wurden Interviews und Workshops durchgeführt, und die Beteiligungs- und Informationsangebote wurden durch die Einrichtung des Koordinierungsgremiums ergänzt. Die Empfehlungen der Bürgerinnen und Bürger aus den verschiedenen Veranstaltungen flossen bei der Überarbeitung des Masterplans für den ersten Abschnitt der "Mitte Altona" ein. Sie wurden in schriftlicher Form in einem Anhang zum Masterplan dokumentiert und sind damit Teil der Senats- und der Bürgerschaftsdrucksache.

Das Parlament hat sich ebenfalls intensiv mit dem Masterplan "Mitte Altona" auseinandergesetzt. Im Stadtentwicklungsausschuss haben wir die Vertreter des Koordinierungsgremiums angehört und den Masterplan ausführlich debattiert. Dabei haben die Abgeordneten mit ihren Beschlüssen eine Reihe von Punkten im Masterplan betont wie die Sicherstellung eines großen Angebots preiswerten Wohnraums und einen höheren Anteil autoarmes Wohnen. Deshalb können wir auch konstatieren: Bürgerbeteiligung und politische Beratung brauchen Zeit, aber sie verbessern das Ergebnis und ermöglichen, dass die vielen unterschiedlichen Interessen gegeneinander abgewogen und womöglich miteinander in Einklang gebracht werden können.

(Beifall bei der SPD)

Stadtentwicklung ist eine Gemeinschaftsaufgabe, die nur unter Beachtung der demokratischen Spielregeln gelingt, und zu den Spielregeln gehört es, fair miteinander umzugehen. Das gilt auch für Investoren. Und da komme ich auf die Debatte zurück, die Sie in den Mittelpunkt Ihres Redebeitrags gestellt haben, Frau Sudmann, die Debatte um den Verzicht auf das Vorkaufsrecht einer Fläche aus dem Masterplangebiet, die die ECE im Juli von der

Holsten-Brauerei gekauft hat. Entscheidend für den Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts ist, dass sich die ECE bereiterklärt hat, die städtischen Ziele zu verwirklichen, die ich beschrieben habe. Und wenn ein Investor das verspricht, dann nehmen wir das auch ernst. Wir haben mit dem Bündnis für das Wohnen in Hamburg einen konstruktiven und vertrauensvollen Dialog mit allen Akteuren, die in dieser Stadt im Wohnungsbau Verantwortung tragen, aufgebaut. Wir können diese erfolgreiche Kooperationskultur nicht dadurch ad absurdum führen, indem wir den erklärten Willen ignorieren, sich mit uns zu einigen.

Meine Damen und Herren! Wie wird es nach dem Beschluss des Masterplans, von dem ich ausgehen kann, da sich auch einzelne Oppositionsparteien zustimmend geäußert haben, weitergehen? Jetzt erfolgt die Aufstellung des Bebauungsplans, der im kooperativen Verfahren mit dem Bezirk Altona erarbeitet wird. Begleitend finden der Freiraumwettbewerb, die Hochbauwettbewerbe und die entsprechenden Fachplanungen statt, die den Masterplan konkretisieren. Parallel dazu läuft die Bürgerbeteiligung weiter, so mit den Thementagen "Wohnen & Leben" im Oktober und "Park & öffentliche Plätze" im Januar. Wir wollen im ersten Quartal 2013 die Abwendungsvereinbarungen mit den Eigentümern abschließen und dann den Senat und die Bürgerschaft damit befassen. Parallel zum Senat und zur Bürgerschaft werden die Inhalte im Rahmen der Bürgerbeteiligung diskutiert werden.

Meine Damen und Herren! Mit dem Beschluss des Masterplans werden wir die erste Etappe erfolgreich hinter uns bringen. Wir werden die nächsten Schritte zügig angehen. Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern, dem Bezirk Altona, der Bürgerschaft und den Eigentümern und Investoren werden wir ein lebendiges, attraktives Wohnquartier im Herzen Altonas schaffen. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Ich sehe keine weiteren Wortmeldungen mehr, sodass wir zur Abstimmung kommen können. Hierzu haben mir die Abgeordneten Robert Heinemann und Dorothee Martin mitgeteilt, dass sie an der Abstimmung nicht teilnehmen werden.