Protocol of the Session on September 13, 2012

(Beifall bei der SPD)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, stelle ich fest, dass die Bürgerschaft Kenntnis genommen hat.

Ich rufe nun den Punkt 17 auf, das ist die Drucksache 20/4788, Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 11. November 2011, "Hamburg 2020: Bürgerorientierte Dienstleistungen in den bezirklichen Kundenzentren auch in haushalterisch schwierigen Zeiten gewährleisten!"

[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 11. November 2011 "Hamburg 2020: Bürgerorientierte Dienstleistungen in den bezirklichen Kundenzentren auch in

haushalterisch schwierigen Zeiten gewährleisten!" (Drucksache 20/2159) – Drs 20/4788 –]

Wer wünscht das Wort? – Herr Gladiator, Sie haben es.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Kollegen! Lange Wartezeiten für die Bürger, hohe Arbeitsbelastung für die Mitarbeiter und drohende Schließungen, das sind die Rahmenbedingungen, unter denen die Kundenzentren seit dem vergangenen Jahr arbeiten müssen. Nachdem die Wartezeiten im Sommer 2011 ein Rekordhoch erreicht hatten, hat der Senat nun einen Zwischenbericht vorgelegt, in dem er einzelne Maßnahmen zur Verkürzung der Wartezeiten darstellt. Dass es gelungen ist, die Wartezeiten seit dem letzten Jahr zu reduzieren, ist aber auch ein Verdienst der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die sich schnell in die neuen Aufgaben und Prozesse eingearbeitet haben und so die Bearbeitungszeiten reduzieren konnten.

(Beifall bei der CDU, vereinzelt bei der SPD und den GRÜNEN und bei Tim Golke DIE LINKE)

Ihnen gebührt daher unser Dank dafür, dass sie sich so schnell und engagiert in die Prozesse eingearbeitet haben, und das unter diesen schwierigen Rahmenbedingungen. In der vorliegenden Senatsmitteilung finden sich richtige Ansätze, insbesondere zum Ausbau der Online-Angebote und zur Verbesserung der internen Arbeitsabläufe. Ob dabei allerdings die Zentralisierung weiterer Arbeitsund Aufgabenbereiche zielführend ist, wagen wir stark zu bezweifeln. Insgesamt aber gehen die Maßnahmen in die richtige Richtung und finden daher auch unsere Unterstützung.

All das ist aber nur ein Tropfen auf den heißen Stein, denn während der Senat hier mit einzelnen Maßnahmen versucht, die Kundenfreundlichkeit der Verwaltung zu erhalten, gefährdet er gleichzeitig mit seiner Haushaltspolitik die Zukunft der bürgernahen Verwaltung in Hamburg.

(Beifall bei der CDU)

Als Folge der SPD-Finanzpolitik drohen künftig Serviceverschlechterungen und auch die Schließung von Kundenzentren in den Bezirken. Das, liebe Kollegen der SPD, ist kein Horrorszenario, das Ihnen die Opposition hier heute an die Wand malt, sondern das ist eine reale Gefahr, vor der die sieben Bezirksamtsleiter in der Projekteinsetzungsverfügung warnen, und darum sollten Sie diese Warnung auch sehr ernst nehmen.

(Beifall bei der CDU)

Genau aus diesem Grund ist es wichtig, dass wir die heute vorliegende Drucksache nicht isoliert betrachten, sondern sie in den Kontext der Gesamt

(Senator Frank Horch)

politik des Senats stellen, denn nur so lässt sich die Situation der Kundenzentren seriös bewerten. Hierzu haben die Bezirksamtsleiter in den vergangenen Wochen sehr deutliche Hinweise gegeben, indem sie aufgezeigt haben, vor welchen Problemen die Bezirke mittlerweile stehen: Personalabbau, Standardabsenkung, Abbau von Sprechzeiten und der Rückzug aus der Fläche, um nur einige Konsequenzen der aktuellen Senatspolitik zu nennen. All das steht in krassem Widerspruch zu dieser Senatsdrucksache, die uns glauben lassen soll, es sei doch irgendwie alles in Ordnung.

Liebe Kollegen der SPD, Sie können nicht länger verbergen, dass dieser Senat die bürgernahen Dienstleistungen in den Stadtteilen massiv zusammenkürzt. Und Sie können auch nicht länger verbergen, dass diese Schwächung der Bezirke politisch gewollt und eben nicht Folge der Schuldenbremse ist, denn diesem Senat sind Projekte wie das verkorkste Busbeschleunigungsprogramm und der Netzrückkauf wichtiger als die Zukunft der Bezirke. Sie setzen schlicht die Prioritäten falsch, und das ist die bittere Wahrheit der SPD-Politik unter Bürgermeister Olaf Scholz.

(Beifall bei der CDU)

Die Wahrheit ist, dass Sie neue Belastungen für die Bezirke beschlossen haben und künftig erforderliche Mehrbedarfe nicht mehr finanzieren werden. So werden den Bezirken in den nächsten Jahren bis zu 45 Millionen Euro fehlen, und bei dieser Summe muss man sich einmal vorstellen, was Sie da mit Ihrer Politik anrichten. Damit geht es den Bezirken heute schlechter denn je und das, obwohl der Gesamthaushalt, anders als in Zeiten der Wirtschaftskrise, heute wieder nahezu ausgeglichen ist.

Vor diesem Hintergrund erscheint dann auch die vorliegende Drucksache in einem ganz anderen Licht, denn während der Senat mit dieser Drucksache verkündet, er habe das Personalbudget um circa 2 Millionen Euro erhöht, streicht er den Bezirken im gleichen Atemzug an anderer Stelle ein Vielfaches dieser Summe wieder aus dem Budget. Allein 7,6 Millionen Euro globale Minderausgaben hat dieser Senat neu als zusätzliche Belastungen beschlossen. Zudem verweigert er den Bezirken die Finanzierung von Mehrbedarfen in Höhe von rund 9 Millionen Euro. Und als Krönung wurden dann auch noch die Verstärkungsmittel gestrichen, sodass künftig jeder über 1,5 Prozent hinausgehende Tarifabschluss zu einem weiteren Personalabbau in den Bezirken und damit auch in den Kundenzentren führen wird. Das ist die politische Realität, und sie steht in krassem Widerspruch zu der wohlfeilen Rhetorik dieses Senats.

(Beifall bei der CDU)

Liebe Kollegen der SPD, hätten Sie doch bloß auf Staatsrat Dr. Krupp gehört, der vor anderthalb Jah

ren, damals noch als Bezirksamtsleiter, mit deutlichen Worten vor weiteren Einsparungen bei den Bezirken warnte. Damals sagte er – ich zitiere –:

"Wer bei uns Bezirken kürzt, kürzt beim Bürger."

Dr. Krupp hatte damals recht, und seine Warnung gilt heute mehr denn je,

(Dietrich Wersich CDU: Hat er aber verges- sen!)

auch wenn er sie selbst wohl schon längst aus seiner Erinnerung gelöscht zu haben scheint.

(Beifall bei der CDU)

Die Verstärkung der Kundenzentren ist eine richtige Maßnahme, sie wird aber zur Farce, wenn der Senat die Bezirke durch seine Haushaltspolitik gleichzeitig zwingt, Kundenzentren zu schließen und Hunderte von Stellen in der Bezirksverwaltung abzubauen. Gegen diese falsche Politik werden wir uns mit aller Kraft stellen, denn wir werden nicht zulassen, dass dieser Senat die Bezirke Stück für Stück ausbluten lässt.

(Beifall bei der CDU)

Hamburg braucht starke und handlungsfähige Bezirke und eine engagierte Kommunalpolitik, und es ist höchste Zeit, dass dieser Senat das auch endlich kapiert und entsprechend handelt, statt nur darüber zu reden. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Frau Duden, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich war eigentlich recht milde gestimmt und dachte, gut, dann reden wir noch einmal über das bürgerschaftliche Ersuchen von vor einem Jahr und erklären, wie sich die Situation in den bezirklichen Kundendienststellen verändert hat. Aber natürlich ist die CDU der Situation erlegen und hat eine vorgezogene Haushaltsrede gehalten.

(Dietrich Wersich CDU: Nein, der Realität!)

Ich möchte jedoch dazu sagen, dass die Bezirke in der Generaldebatte, die wir im Dezember führen werden, natürlich zu wenig Platz haben, da gebe ich Ihnen recht.

(Jörg Hamann CDU: Markus Schreiber wür- de Ihnen schon sagen, was Sie falsch ma- chen!)

Herr Hamann, ich kann nichts dafür, dass Sie hier vorne so selten reden dürfen, das tut mir leid.

(Beifall bei der SPD – Jörg Hamann CDU: Das ist doch gar nicht wahr!)

(Dennis Gladiator)

Reden Sie mit Ihrem Fraktionsvorsitzenden und kommen Sie nach vorne und halten einen eigenen Beitrag, das ist viel besser.

Ich war auch etwas erstaunt darüber, dass Herr Gladiator so getan hat, als würden die Bezirke in Schutt und Asche liegen, und es nicht ein einziges Mal geschafft hat, Senator Frigge zu erwähnen, denn der war es doch, der die Bezirke, die bezirklichen Kundendienststellen und vieles andere in die Knie gezwungen hat. Deshalb wäre es viel ehrlicher gewesen, das heute einmal deutlich zu benennen.

(Beifall bei der SPD)

An Ihrer Aufregung bei diesem doch sonst gar nicht so aufregenden Thema kann ich erkennen, dass ich vielleicht recht habe, denn sonst würden Sie sich nicht so wehren. Wer am vergangenen Dienstag im Haushaltsausschuss dem Staatsrat zugehört hat, wird sehr wohl gehört haben, dass die Bezirke mehr Geld bekommen. Gleichwohl muss man davon ausgehen, dass uns die Bezirkspolitik wichtig ist. Ich kann mich daran erinnern, dass es zuzeiten von Senator Frigge Brandbriefe an die Fraktionen im Parlament gab, in denen darauf hingewiesen wurde, welche Maßnahmen alle nicht mehr durchgeführt werden können. Das haben Sie alles vergessen.

(Dietrich Wersich CDU: Sie haben ja alle Be- zirksamtsleiter ausgewechselt! Wer ist denn noch übrig?)

Wer behauptet, Prioritäten würden falsch gesetzt und der Gesamthaushalt sei ausgeglichen – das muss ich ganz ehrlich sagen, Herr Gladiator –, der hat viele Dinge in dieser Stadt nicht richtig mitbekommen.

(Beifall bei der SPD)

Aber wir werden in Zukunft vielleicht noch einmal die Chance haben, etwas weniger emotional über die Bezirke zu diskutieren. Ich möchte nur noch einmal zwei oder drei Punkte benennen, die in diesem bürgerschaftlichen Ersuchen doch sehr deutlich geworden sind. Zum einen werden Kundendienststellen nicht immer nur an Wohnorten aufgesucht, sondern sehr viel mehr, und in Zukunft vermutlich noch häufiger, an den Orten, wo Menschen arbeiten; das ist aus der Drucksache deutlich geworden.

(Olaf Ohlsen CDU: Deshalb wird Stellingen dicht gemacht!)

Wir müssen aber auch sehen, dass solche Formen wie zum Beispiel E-Government nicht taugen, weil melderechtliche Vorschriften so sind, dass Leute in die Bezirke und Kundendienststellen kommen müssen, um zum Beispiel Unterschriften zu leisten. All das hat doch deutlich gemacht, dass es für uns richtig war, dieses Ersuchen vor einem Jahr zu stellen und daraus zu ersehen, dass die Situation

sich wirklich verbessert hat. Ich war gerade in Wandsbek, um einen neuen Personalausweis zu bekommen, und habe zehn Minuten gewartet.