Protocol of the Session on September 13, 2012

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der CDU)

Herr Dr. Kluth.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Seit dem Wochenende kennen wir von Senator Horch zwei zentrale Aussagen. Die erste lautet, das CCH solle umfangreich saniert werden, und die zweite lautet, es bliebe bei dem jetzigen Standort.

(Christiane Schneider DIE LINKE: Zwei gute Botschaften!)

Diese klaren Aussagen begrüßen wir, weil wir nun zum ersten Mal seit vielen Jahren wissen, wohin die Reise beim CCH gehen soll. Weiter haben wir gehört, der Senat plane den Start der Sanierung für 2017 und deren Abschluss 2019. Natürlich kann man jetzt sagen, das könnte früher beginnen und schneller gehen. Insbesondere die Kollegen von der CDU und den GRÜNEN, Frau Prien und Herr Tjarks, drücken hier gelegentlich öffentlich gerne aufs Tempo. Allerdings haben wir diese Eile und die damit verbundene Sorge um die Zukunft des Kongresszentrums während der Zeit des schwarz-grünen Senats vermisst.

(Beifall bei Carl-Edgar Jarchow FDP und vereinzelt bei der SPD)

Das waren verlorene Jahre auch für das CCH. Der Zustand des CCH und der enorme Sanierungsstau legen zwei große Probleme offen, die Hamburg nun hat. Problem Nummer eins: Es wurde über Jahrzehnte nicht an einem zukunftsfähigen Konzept gearbeitet, mit dem sich Hamburg im bundesweiten und internationalen Kongressgeschäft positionieren konnte. Dass die bisherige Mischung aus Kongressen auf der einen und Konzerten auf der anderen Seite nicht mehr richtig trägt, ist seit Jahren bekannt und abzusehen. Zwischen 2001 und 2010 sank die Besucherzahl im CCH von rund 515 000 auf nunmehr noch 321 000, also ein Minus von insgesamt 38 Prozent und zugleich ein klares Signal, dass man hier viel früher etwas hätte tun müssen.

(Beifall bei der FDP)

Problem Nummer zwei: Das CCH ist nur eines von schätzungsweise einem Dutzend für das Stadtbild, die Infrastruktur und die wirtschaftliche Wertschöpfung zentraler Bauwerke, bei denen dringender Sanierungsbedarf herrscht. Hier warten Herausforderungen, die viele hundert Millionen Euro kosten werden, für die es aber bislang vom Senat kein Gesamtkonzept und vor allen Dingen keine vernünftige Priorisierung gibt.

Welche Lösungsmöglichkeiten gibt es aus unserer Sicht nun für das CCH? Der Senat hat bereits den Sanierungsbedarf mit einem Volumen von rund

(Dr. Anjes Tjarks)

100 Millionen Euro beziffert. Diese hohen Kosten allein aus dem Haushalt zu finanzieren, Frau Prien, das wird kaum zu stemmen sein. Eine ÖPP-Lösung mit privaten Investoren ist aus unserer Sicht unumgänglich, wenn die Sanierung schnell und haushaltsverträglich umgesetzt werden soll. Herr Balcke, wir haben Ihre Aussage, dass Sie sich solchen ÖPP-Modellen gegenüber offen zeigen, sehr positiv zur Kenntnis genommen. Ebenso erscheint uns die geplante Koppelung mit einem weiteren Hotelbau sinnvoll, denn in den kommenden Jahren werden nach allen uns vorliegenden Prognosen die Touristenströme nach Hamburg weiter zunehmen und deutlich größer werden.

Der zweite Ansatzpunkt ist folgender: Hamburg will Innovationshauptstadt Europas werden. Dies ist an der Zahl der hier stattfindenden wissenschaftlichen Kongresse jedoch noch nicht abzulesen. Highlights wie etwa der Deutsche Röntgenkongress sind wichtig, aber es müssen weitere große wissenschaftliche Tagungen folgen. Eine Einbeziehung der Kongressakquise in die Clusterpolitik der Stadt liegt daher nach Auffassung der FDP-Fraktion nahe. Für Fachtagungen in der maritimen Wirtschaft oder der Luftfahrtbranche ist kaum ein attraktiverer Standort denkbar als gerade unsere Stadt.

Auch die weitere Nutzung durch die Universität Hamburg kann da eine Option sein. Die Universität wächst, stößt aber an ihren bisherigen Standorten auf Grenzen, was die bauliche Erweiterung betrifft, und steht selbst bei der Gebäudesanierung vor einem erheblichen Sanierungsstau. Die Nutzung des CCH für Wissenschaft und Forschung leitet zu einem anderen Bereich über, der für das CCH Chancen eröffnet. Zahlreiche Experten sind sich einig, dass die Bildungsbranche zu den großen Wachstumsmärkten in Deutschland zählt. Das betrifft private Hochschulen ebenso wie Seminaranbieter oder Weiterbildungsangebote von Unternehmen und Verbänden.

Mit dem Messe- und Kongresswesen erzielt Hamburg eine Wertschöpfung von rund 600 Millionen Euro, rund 4800 Arbeitsplätze sind indirekt oder direkt vom CCH abhängig. Diese wirtschaftliche Bedeutung unterstreicht, wie wichtig es ist, das CCH zügig und mit Konzept zu revitalisieren. Die FDP-Fraktion wird diesen Prozess konstruktiv begleiten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Frau Artus, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Herren und Damen! Ich habe mich auch gefragt, warum die SPD das Thema zur Debatte angemeldet hat, wo die Entscheidung schon stand, das CCH zu revitalisieren. Nachdem ich Herrn Balckes Beitrag gehört habe, scheint es mir doch so

zu sein, dass auch ein Stück weit die Flucht nach vorne angetreten werden sollte. Sie haben schon einmal versucht, uns die Teilprivatisierung des CCH schmackhaft zu machen, und so erschließt sich dann womöglich auch die Debattenanmeldung.

Dass dem CCH eine Schönheitskur gut tun wird, steht außer Frage. Dies wird auch einiges kosten, von mindestens 100 Millionen Euro ist die Rede, und der Senat will Anfang nächsten Jahres dafür ein Konzept vorlegen – soweit die Fakten. Wir stehen diesem Plan grundsätzlich aufgeschlossen gegenüber, denn die Bedeutung des CCH liegt auf der Hand, wenn man sich die vielen verschiedenen Veranstaltungen anschaut, die dort stattfinden. Dass die Einrichtung, die Säle und auch die Zutrittsmöglichkeit, ganz abgesehen von der fehlenden Barrierefreiheit, zu unflexibel sind und nicht mehr zeitgemäß, ist auch hinlänglich bekannt.

Im Wirtschaftsausschuss haben wir die Große Anfrage der GRÜNEN zum CCH Mitte Juni bereits ausführlich diskutiert, und damals hatte ich schon mit einer gewissen Beruhigung die Aussagen des Senats vernommen, dass die Expertise, die die von Herrn Tjarks schon erwähnte ÖPP Deutschland AG im Auftrag der Finanzbehörde erstellt hat, keine geeignete Grundlage sei, das CCH zu modernisieren. Aber ich habe jetzt noch einmal nachgelesen, und da sind dann durchaus andere Töne zu vernehmen, wie Herr Balcke das heute auch bestätigt hat. Die Expertise favorisiert nämlich in der Tat eine öffentlich-private Partnerschaft als Geschäftsmodell, ein Geschäftsmodell, sehr geehrte Abgeordnete, ich habe die Worte des Kollegen Wolfgang Rose von gestern noch sehr gut im Ohr, das sich nicht in wenigen Fällen als Desaster für die öffentlichen Haushalte herausgestellt hat. Daher darf sich Hamburg nicht schon wieder auf so etwas einlassen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linksfraktion ist gegen die Privatisierung öffentlichen Eigentums, und wir sehen überhaupt keinen Grund, beim CCH von unserer Auffassung abzuweichen.

(Beifall bei der LINKEN)

Privatisierungen haben immer zur Folge, dass ein Stück Demokratie abgegeben wird und konkret auch parlamentarische Kontrolle. Die Folgen für die Beschäftigten heißen in der Regel Tarifflucht, und dagegen wenden wir uns ganz entschieden.

(Beifall bei der LINKEN)

Allerdings scheint das Diktat der Schuldenbremse die Gelüste nach Privatisierung auch wieder neu entfacht zu haben. Daher möchte ich noch einmal deutlich machen, dass ich vor dem Hintergrund der vorliegenden Daten vor einer Privatisierung warnen möchte. Mit einer Auslastung von über 55 Pro

(Dr. Thomas-Sönke Kluth)

zent kann das CCH sehr zufrieden sein, und auch der Senat spricht von einem Spitzenwert. Hinzu kommt, dass das CCH als zweitgrößtes Kongresszentrum bald den ersten Platz einnehmen wird, weil das ICC in Berlin demnächst für mehrere Jahre schließen wird. Außerdem soll der Markt der Messen stetig anwachsen, wie der Senat bei der Ausschusssitzung auch berichtet hat. Hamburg muss sich also überhaupt keine Sorgen machen um den Verlust seines Status als Messe- und Kongressstadt. Das Gespenst, das in Teilen gezeichnet wurde, was die Zukunft Hamburgs als Messeund Kongressstadt angeht, kann mich zumindest nicht schrecken. Was das Messemanagement angeht, so gibt es sicherlich Optimierungsbedarf, aber ich habe derzeit zumindest nicht den Eindruck, dass Verbesserungen aus den Augen verloren werden. Ein Beispiel, um deutlich zu machen, was ich meine: Der Senat hatte ausgeführt, dass sich mit mehrtägigen Kongressen durchaus Kosten senken ließen; das leuchtet ein. Außerdem sollen größere und internationale Kongresse nach Hamburg geholt werden, und in Anbetracht der Größe des CCH halte ich das auch für realistisch.

Verehrte Abgeordnete, warum dann beispielsweise das Facility Management privat vergeben werden soll, leuchtet mir nicht ein. Hierzu sind mir keine überzeugenden Argumente vorgelegt worden. Wenn die sogenannte Revitalisierung des CCH also nur dazu genutzt werden soll, ein bisschen moderner zu erscheinen und eine allgemeine Strategie der Privatisierung wieder aufzunehmen, können wir diese Pläne nicht mehr unterstützen. Dann sollte Hamburg lieber noch ein paar Jahre warten. Das CCH strahlt noch etwas weiter in seinem Retrocharme, und für die entstehenden Kosten werden unterdessen solide Rücklagen gebildet.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Super Lösung!)

Für die 100 Millionen Euro gibt es jetzt bessere Verwendungsmöglichkeiten.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Zurück in die Siebziger!)

Nein, nicht zurück in die Siebziger, aber Sie selbst erzählen uns immer wieder, Herr Dressel, wie solide und vorsichtig Sie den Haushalt führen müssen. Dann müssen Sie schon gucken, ob Sie sich auf eine Teilprivatisierung einlassen, oder aber Sie überlegen, wie Sie das Geld vernünftig ausgeben, ohne weitere demokratische Kontrolle zu verkaufen.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linksfraktion fordert vom Senat, dass ein vernünftiges Konzept überlegt wird, das das CCH auch in den nächsten vier Jahrzehnten zu einem anerkannten Kongresszentrum macht. Hierbei sollte vor allem im Mittelpunkt stehen, die Auslastung auf einem hohen, aber realistischen Niveau zu hal

ten und die Beschäftigten des CCH nicht zu verkaufen.

(Beifall bei der LINKEN)

Jetzt hat Senator Horch das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Im Altbau des CCH besteht ein umfangreicher Sanierungsstau, der mittelfristig die Wettbewerbsfähigkeit des CCH ganz stark beeinträchtigt. Damit verrate ich kein Geheimnis, das ist über Jahre bekannt. Dass der Gebäudeteil des CCH aus dem Jahre 1973 zu hohen Betriebs- und Energiekosten führt und baulich saniert werden muss, ist seit mindestens zehn Jahren bekannt, also auch allen Vorgängersenaten.

Wir werden das Problem jetzt anpacken, jedoch nicht mit unüberlegtem Aktionismus. Der Senat ist der Auffassung, dass auch in Zukunft eine erfolgreiche Positionierung Hamburgs als internationale Kongressstadt mit einem marktgängigen Kongresszentrum durch Umbau und Sanierung des CCH am aktuellen Standort realisiert werden sollte. Wir haben zur Prüfung der Realisierungsmöglichkeiten für dieses Projekt in den letzten Monaten eine entsprechende Sondierung durchgeführt. Dabei wurden nationale und internationale Kongresszentren besichtigt, Gespräche mit zahlreichen Experten und Betreibern geführt und ihre Konzepte insgesamt ausgewertet.

In Deutschland und Europa gibt es vergleichbare Beispiele zu unserem CCH. Die Vermarktung des Kongresszentrums ist Bestandteil der Hamburger Standortpolitik. Städte wie beispielsweise Wien und Berlin haben dies schon erfolgreich umgesetzt. Wir wollen Hamburg auch künftig als internationale Kongressstadt positionieren. Das ist wichtig für den gesamten Wirtschaftsstandort und für diese Entwicklung.

(Beifall bei der SPD)

Dafür ist es erforderlich, das Kongresszentrum zu sanieren und neu zu strukturieren, aber erst, wenn wir genau wissen, wie ein Kongresskonzept aussieht, wer es betreibt und wie die Finanzierung insgesamt aussehen kann. Eine Revitalisierung des CCH wird nach Auffassung des Senats nur dann erfolgreich sein, wenn das Projekt als Teil eines umfassenden Konzeptes für die Kongresspolitik im Rahmen der Standortpolitik Hamburgs gesehen werden darf.

Meine Damen und Herren! Die besondere städtebauliche Lage, wie wir schon gehört haben, des CCH zwischen Dammtorbahnhof, Planten un Blomen und den Wallanlagen soll als unverwechselbare Qualität des Hamburger Kongresszentrums noch stärker zu dessen Markenzeichen werden.

(Kersten Artus)

(Beifall bei der SPD)

Die Innenstadtlage mit direkter ICE-Anbindung, die unmittelbare Nachbarschaft eines Parks, eben Planten un Blomen, sowie Hotels, Einkaufsmöglichkeiten am Jungfernstieg und diverse Kulturangebote in fußläufiger Entfernung, so etwas weist kaum ein vergleichbares Kongresszentrum in Deutschland auf. Wir sind überzeugt, Hamburg als Kongressstandort mit einem neuen Konzept, einer guten Strategie und einem angemessenen Gebäude hervorragend für die Zukunft positionieren zu können. Die 100 Millionen Euro, die durch die Presse gingen, ist eine Zahl, die seit 2008 in Zusammenhang mit dem CCH immer wieder einmal aufgetaucht ist. Ich sage es ganz deutlich: Bis wir Aufschluss darüber haben, wie das Konzept für das CCH aussehen könnte, können wir nicht sagen, wie teuer es wird und wer am Ende wie viel bezahlt. Auch welche Teile im CCH während der Bauzeit weiter genutzt werden können, ist zurzeit offen. Ich sage aber hier ganz deutlich und klar: Es werden keine Veranstalter abgewiesen, sondern die HMC wird jedem Kunden beziehungsweise Interessenten am CCH eine gute Alternative auf dem gesamten Messegelände anbieten.

(Beifall bei der SPD)

Wir werden nun im ersten Quartal 2013 eine Markterkundung auf der Grundlage einer funktionellen Beschreibung durchführen. In der Beschreibung wird dargestellt, welche Ziele wir in der Kongresspolitik verfolgen und welche Ansätze für das CCH dabei denkbar sind. Zur Umsetzung wurde bereits ab 1. September 2012 ein zunächst auf ein Jahr befristetes behördenübergreifendes Projekt unter Federführung meiner Behörde aufgesetzt. Selbstverständlich werden wir Sie hier auf dem Laufenden halten. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)