Protocol of the Session on September 13, 2012

(Beifall bei der CDU – Dr. Andreas Dressel SPD: Gucken Sie doch mal in die Ge- schäftsordnung! – Dirk Kienscherf SPD: So was von uninformiert!)

(Antje Möller)

Herr Ritter hat jetzt das Wort und nur Herr Ritter.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich glaube, die Debatte eignet sich nicht dazu, Herr van Vormizeele, darüber zu diskutieren, wer das Thema angemeldet hat und wer wem die Show stiehlt. Es geht um die syrischen Flüchtlinge, die vor Ort wirklich unter humanitär schlimmsten Bedingungen leiden.

(Beifall bei der FDP und der SPD)

Schätzungsweise 1,5 Millionen Menschen sind innerhalb Syriens auf der Flucht, rund 150 000 bis 200 000 Syrer in den Nachbarstaaten Irak, Libanon, Jordanien und Türkei als Flüchtlinge registriert. Ich bin Frau Möller dankbar dafür, dass sie das Thema angemeldet hat und der SPD, dass sie es zur Debatte gemacht hat.

Ich möchte kurz auf den Antrag eingehen, Frau Möller. Das Petitum 1, die Forderung an den Senat, gegenüber der Innenministerkonferenz seine Zustimmung zur Verlängerung des Abschiebestopps abzugeben, hat sich mittlerweile wohl erledigt. Der Vorsitzende der Innenministerkonferenz, Lorenz Caffier, scheint in dem uns vorliegenden Schreiben davon auszugehen, dass der Abstimmungsprozess mittlerweile mit den Bundesländern abgeschlossen ist. Er hat auch das Bundesinnenministerium am 27. August 2012 um Herstellung des Einvernehmens gebeten. Darüber haben wir im Innenausschuss noch zu sprechen und zu beobachten, wie es weitergeht. Das Petitum 3, die Forderung nach einer Initiative zur Regelung der Flüchtlingsübernahme durch den Bund, hat sich inzwischen ebenfalls überholt. Außenminister Westerwelle hat am 4. September 2012 in einem Interview klar Stellung bezogen und die Bereitschaft der Bundesregierung bekräftigt, die Aufnahme syrischer Flüchtlinge zu forcieren.

(Beifall bei der FDP)

Nun zum Petitum 2 bis 4, Frau Möller. Grundsätzlich spricht nichts gegen den Prüfauftrag, Solidarität in Not- und Ausnahmesituationen ist Selbstverständlichkeit, sodass die Erklärung der Bereitschaft der Freien und Hansestadt Hamburg zur Flüchtlingsaufnahme begrüßenswert sein sollte. Dennoch sollte der Schwerpunkt weiterhin auf humanitärer Hilfe vor Ort liegen. Hierfür hat die Bundesregierung bereits 22 Millionen Euro zur Verfügung gestellt. Das sollte vor dem Hintergrund, dass 2,5 Millionen Menschen in Syrien auf Hilfe angewiesen sind – das ist immerhin jeder zehnte –, weiterhin vorderste Priorität haben.

(Beifall bei der FDP)

Frau Schneider, Sie haben das Wort.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Frau Präsidentin! Ich freue mich, dass wir uns in der Sache weitgehend einig sind. Nicht ganz verstanden habe ich den Beitrag der FDP, aber ich habe nicht gehört, dass es einen großen Dissens gibt. Es ist doch so, dass die Zeit drängt. Laut Aussagen des UN-Hochkommissars für Flüchtlinge ist Syrien die größte Krise, die das Flüchtlingskommissariat derzeit betreut. Es sind verschiedene Zahlen genannt worden, 1,5 Millionen Menschen, die innerhalb von Syrien auf der Flucht sind, die jüngsten Zahlen zeigen registrierte Flüchtlinge, 253 000 Menschen, die aus Syrien überwiegend in die Nachbarländer geflohen sind. Allein in Jordanien sind es 85 000, in der Türkei 80 000. Hinzu kommen, das darf man nicht vergessen, Zehntausende irakische Flüchtlinge, die damals aus dem Irak nach Syrien geflohen sind und jetzt wieder zurück fliehen und deren Schicksal auch nicht gewiss ist. Es ist traurig, dass nach Europa bisher nur relativ wenige syrische Flüchtlinge gelangt sind. Es gibt auch sehr problematische Haltungen. Erst kürzlich hat zum Beispiel der griechische Minister für öffentliche Sicherheit angekündigt, wegen des vermeintlich drohenden Flüchtlingsstroms über die Türkei nach Griechenland die bisher eingesetzten 600 Grenzschützer um 1800 Beamte aufzustocken. Auch soll der 3 Meter hohe stacheldrahtbewehrte Grenzzaun an der Grenze zur Türkei im Oktober fertiggestellt werden. Das sind keine schönen Erscheinungen und es beunruhigt uns auch, wenn wir lesen, dass unter den Flüchtlingen, die in den vergangenen Wochen im Mittelmeer ertrunken sind, laut Meldungen immer mehr syrische Flüchtlinge sind.

Immerhin – das ist hier schon gesagt worden – haben mehrere Tausend syrische Schutzsuchende in den vergangenen Monaten auch Deutschland erreicht. Herr Voet van Vormizeele, Sie haben die Zahl derjenigen genannt, die einen Asylantrag gestellt haben. Insgesamt waren es 3460 Menschen, von denen 97,1 Prozent bisher einen Schutzstatus erhalten haben. Aber das ist – da sind wir uns, glaube ich, einig – angesichts der genannten Zahlen nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Ich stimme zu, dass natürlich die Hauptaufnahmeländer oder die Menschen in Syrien dringend der Unterstützung bedürfen und dass das auch nicht gegeneinander aufgerechnet werden kann, aber das reicht nicht. Denn viele der Flüchtlinge, die in den Nachbarländern aufgenommen worden sind, erhalten dort nicht die notwendige Hilfe. Im Libanon, in der Türkei und in den Flüchtlingslagern Jordaniens sind sie erneut mit Gewalt konfrontiert. Es gab neulich zum Beispiel einen sehr aufschlussreichen Bericht im Deutschlandfunk über die Gewalt, der Flüchtlinge im Libanon teilweise ausgesetzt sind. An der Grenze zur Türkei stecken sie zum Teil im Niemandsland fest und müssen Angst haben, zwischen die Fronten zu geraten.

Es gibt nun aus dem Bundestag und den Landesregierungen quer durch alle politischen Parteien erfreuliche Signale, Flüchtlingen durch Aufnahme in die Bundesrepublik zu helfen, und das ist wirklich gut so. Bisher hat leider der CSU-Bundesinnenminister Friedrich das abgelehnt, aber ich freue mich umso mehr, dass die Hamburger CDU das unterstützt und wir eine solche breite Einigkeit haben.

Wichtig ist, dass Hamburg die Anstrengung unternimmt und versucht, Druck auszuüben, und dass natürlich auch hier Vorsorge getroffen wird, damit wir Flüchtlinge auch aufnehmen können. Ich hoffe, das dauert nicht Monate, wie zum Beispiel im Fall Irak, als 2009 ebenfalls Flüchtlinge aufgenommen worden sind. Damals hat die Auseinandersetzung zwischen den Parteien zwei Jahre gedauert. Ich hoffe, so lange dauert es diesmal nicht. Es ist schön, wenn heute von der Bürgerschaft das Signal ausgeht, gemeinsam dieses Problem lösen zu wollen.

(Beifall bei der LINKEN, der SPD und den GRÜNEN)

Herr Senator Neumann, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zahlen, die gestern im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestags von der Bundesregierung berichtet wurden, sprechen von 2,2 bis 3 Millionen Menschen, die auf der Flucht sind, und nach groben Schätzungen von mehr als 26 000 Toten, eine unvorstellbare Zahl. Die Schätzungen der UNO wie auch die des Internationalen Roten Kreuzes liegen zum Teil noch deutlich darüber. Wir haben nach Einschätzung der Bundesregierung, zumindest ist das so gestern im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestags von der Bundesregierung berichtet worden, eine – ich zitiere – stabile Lage in den Flüchtlingslagern. Allerdings liegt das im Wesentlichen daran, dass gerade in den Anrainerstaaten familiäre Strukturen tragen. Ich glaube, wir sind gar nicht weit auseinander, Frau Schneider. Es ist traurig, dass sich Menschen zur Flucht entscheiden, zur Flucht getrieben werden, dass aber Familienverbünde tragen, ist etwas sehr Positives. Das mag der Grund sein, warum sich bisher noch nicht so viele, unabhängig von der, wie ich persönlich finde, falschen Entscheidung der griechischen Regierung in dieser Frage, Richtung Europa bewegt haben. Wir müssen uns aber darauf vorbereiten, und es ist auch unsere moralische Pflicht – das haben hier alle Fraktionen angesprochen und der Senat teilt es ausdrücklich –, Menschen, die in Not sind, zu helfen.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN- KEN und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Deshalb hat der Senat bereits im August der Verlängerung des Abschiebestopps zugestimmt, was die Fragen 2 und 3 des Antrags angeht, und die Haltung ist auch klar. Die entsprechende Position haben wir auch auf der Innenministerkonferenz am 28. August in Berlin vertreten. Wir haben in der Vergangenheit beispielsweise iranischen Oppositionellen geholfen, auch was den Aufenthalt in Hamburg angeht, aber man muss der Wahrheit die Ehre geben: Nicht alle Bundesländer praktizieren es so, wie es in Hamburg, aus meiner Sicht zu Recht, praktiziert wird. Das führt natürlich manchmal zu einem, wie manche es nennen, Mikadospiel. Das erste Bundesland, das sich bewegt, darf dann sofort auch die Hauptverantwortung tragen. Deswegen ist es mir wichtig, Druck zu machen, wie das auch von Ihnen zu Recht gefordert wird, aber es kann auf der anderen Seite auch nicht sein, dass es in einem Staat, der Bundesrepublik Deutschland heißt und von 16 Bundesländern getragen wird, Bundesländer gibt, die sich ihrer politischen und moralischen Verantwortung verpflichtet fühlen, und dass es andere gibt, die sich einen sehr schlanken Fuß machen. Deswegen kommt es darauf an, eine einheitliche Linie zu finden. Da will Hamburg Antreiber sein, genau im Sinne des von Ihnen formulierten Antrags, und Hamburg wird in dieser Frage auch in Zukunft Antreiber bleiben.

(Beifall bei der SPD)

Wir erleben aber auch, dass Maßnahmen, die wir politisch alle für richtig halten, wie Boykottmaßnahmen gegen den Staat Syrien, gegen das Bankensystem in Syrien, was gut gemeint ist, für viele Studierende zu erheblichen Problemen führen. Deshalb haben wir auch in dieser Frage bereits Mitte Juni, also bereits vor einigen Monaten, die Entscheidung getroffen, entsprechend Paragraf 5 Absatz 1 Nummer 1 des Aufenthaltsgesetzes geltend zu machen, sodass auch die Forderung in Ihrem vierten Punkt erfüllt wird, weil natürlich nicht die Menschen, die in Hamburg zur Ausbildung und zu anderen Zwecken leben, darunter leiden dürfen, dass wir die notwendigen Sanktionen gegenüber Banken und Geldgeschäften vollzogen haben. Von daher haben wir diesen Punkt 4 bereits seit Mitte Juni in Hamburg umgesetzt.

Abschließend möchte ich sagen, dass es meiner Meinung nach klug ist, diesen Antrag zu überweisen, schlichtweg deshalb, weil es eine Aufgabe ist, vor der wir gemeinsam stehen werden. Es ist relativ einfach – das klang in der Diskussion schon an und der Senat wird dazu eine entsprechende Drucksache der Bürgerschaft zuleiten –, das in dieser abstrakten Art und Weise zu diskutieren, und wir sind uns hier sehr einig. Wenn es aber konkret wird und wir Aufnahmekapazitäten zur Verfügung stellen und über mögliche Standorte sprechen müssen, dann hoffe ich, dass die Solidarität, die heute in der Bürgerschaft deutlich wurde, auch gelebt wird. Sie können sicher sein, dass seitens des

(Christiane Schneider)

Senats diese Solidarität gelebt wird, und ich hoffe, darauf bauen zu können, dass die Bürgerschaft in dieser Frage verlässlich ist und so einmütig argumentiert und so einmütig auf der Seite der Notleidenden steht, wie sie es heute Abend tut. – Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, den GRÜNEN, der LIN- KEN und vereinzelt bei der FDP)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/5141 an den Innenausschuss zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag einstimmig überwiesen worden.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 6 auf, Drucksachen 20/5091 und 20/5092, Berichte des Eingabenausschusses.

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 20/5091 –]

[Bericht des Eingabenausschusses: Eingaben – Drs 20/5092 –]

Zunächst zum Bericht 20/5091, ich beginne mit Ziffer 1. Hierzu hat der Eingabenausschuss nur einstimmige Empfehlungen empfohlen.

Wer möchte diesen folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind diese angenommen.

Von den Ziffern 2 bis 7 hat die Bürgerschaft Kenntnis genommen.

Nun zum Bericht 20/5092.

Wer möchte der Empfehlung folgen, die der Eingabenausschuss zu der Eingabe 198/12 abgegeben hat? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das mehrheitlich angenommen.

Wer schließt sich der Empfehlung zur Eingabe 216/12 an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind diese angenommen.

Wer möchte schließlich den Empfehlungen zu den übrigen Eingaben folgen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das erfolgte einstimmig.

Die in der Geschäftsordnung für bestimmte Punkte der Tagesordnung vorgesehene

Sammelübersicht

haben Sie erhalten.

Ich stelle fest, dass die Bürgerschaft die unter A aufgeführten Drucksachen zur Kenntnis genommen hat.

Wer stimmt den Überweisungsbegehren unter B zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit sind diese angenommen.

Wer schließt sich der Ausschussempfehlung unter C an? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Auch dies erfolgte einstimmig.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 18 auf, Drucksache 20/5021, Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zum Ersuchen der Bürgerschaft vom 24. November 2011 "Hamburg 2020: Soziales Hamburg – Hilfsangebote für pflegebedürftige Obdachlose".

[Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zum Ersuchen der Bürgerschaft vom 24. November 2011 "Hamburg 2020: Soziales Hamburg – Hilfsangebote für pflegebedürftige Obdachlose" – Drs 20/5021 –]

Diese Drucksache möchte die GRÜNE Fraktion an den Ausschuss für Soziales, Arbeit und Integration überweisen.

Wer stimmt dem Überweisungsbegehren zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist dies abgelehnt.

Dann stelle ich fest, dass die Bürgerschaft von der Drucksache 20/5021 Kenntnis genommen hat.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 26 auf, Drucksache 20/5013, Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Innovation und Medien: Hamburg als Metropole der Chancen, Morgenstadt: Hamburg soll mitmachen beim Fraunhofer Innovationsnetzwerk zur Erforschung von Stadtsystemen von morgen.

[Bericht des Ausschusses für Wirtschaft, Innovation und Medien über die Drucksache 20/3923: Hamburg als Metropole der Chancen, Morgenstadt: Hamburg soll mitmachen beim Fraunhofer Innovationsnetzwerk zur Erforschung von Stadtsystemen von morgen (Antrag der CDU- Fraktion) – Drs 20/5013 –]