Protocol of the Session on September 12, 2012

(Vizepräsidentin Dr. Eva Gümbel)

und ausschließlich zu sagen, dass wir das toll finden, ist für eine politische, tragfähige Entscheidung nicht angemessen.

(Dietrich Wersich CDU: Ja, deshalb wird ja die Evaluation kommen!)

Deswegen lautete unser Antrag seinerzeit, dass wir die Wertgrenzen evaluieren und untersuchen.

(Zuruf von Dietrich Wersich CDU)

Genau, das muss abgeschlossen sein. Sie haben völlig recht, Herr Wersich.

Ich habe Zutrauen zu unserem Senat, dass er noch in der gesetzten Frist eine Evaluation durchführen wird. Wie ich schon sagte, kann es nicht nur Aufgabe eines Parlaments sein, einen politisch für gut befundenen Antrag zu befürworten, sondern auch gegenteilige Ansichten zu bedenken.

Herr Wersich und Herr Stemmann, Ihnen ist sicherlich bekannt, dass die Rechnungshöfe in anderen Bundesländern durchaus sehr kritisch auf die Wertgrenzen bei öffentlichen Vergaben geschaut haben und dass es nicht so eingeschlagen hat, wie man sich das vorgestellt hatte. Der Ursprung lag darin, dass eine schnellere Vergabe erfolgen sollte, und dass das wohl in anderen Bundesländern nicht der Fall war.

(Glocke)

(unterbre- chend) : Frau Rugbarth, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Wersich?

Selbstverständlich, Herr Wersich.

Liebe Frau Rugbarth, wird der Senat die Evaluation vor Jahresende so rechtzeitig abschließen, dass noch rechtswirksam über die Weiterführung der erhöhten Wertgrenzen entschieden werden kann? Können Sie uns das heute zusagen?

Ich werde Ihnen das zusagen, ich bin einfach so frech. Und wenn es nicht so sein sollte, Herr Wersich

(Dirk Kienscherf SPD: Dann gibt es Gründe dafür!)

deswegen überweisen wir das auch an den Ausschuss, damit wir das noch einmal vernünftig beraten können –, haben wir immer noch die Möglichkeit, diesen Antrag ganz schnell in Richtung Parlament zu befördern. Es gibt noch etwas anderes, wozu eigentlich kein Bürgerschaftsbeschluss notwendig ist, und zwar ein Erlass des Senats. Als ehemaliges Senatsmitglied dürfte Ihnen bekannt sein, dass das durchaus etwas schneller laufen

kann, als wenn es durch demokratische Gremien geht.

(Jan Quast SPD: Der Senat hat immer recht!)

Um auf gegenteilige Aussagen zu sprechen zu kommen: Die Rechnungshöfe zum Beispiel in Baden-Württemberg haben kritisiert, dass die Transparenz bei den Vergaben nicht erhöht wurde, indem bei den beschränkten Ausschreibungen nur auf eine Auswahl von Firmen zurückgegriffen wird und dass für den Staat eventuell negative Folgen eintreten können, wenn man nicht die ganze Bandbreite der Konkurrenz nutzt. Insofern müssen wir uns schon sehr genau anschauen, was wir mit den Wertgrenzen machen. Als Mittelstandspolitikerin sage ich für unsere Wirtschaftspolitiker: Wir haben ein sehr lebhaftes Interesse, die Wertgrenzen in der Größenordnung zu erhalten, wie sie im Konjunkturpaket festgelegt wurden.

Schauen Sie sich bei der Gelegenheit zur Vorbereitung auf den Wirtschaftsausschuss an, wie unterschiedlich der Flickenteppich in den Bundesländern gehandhabt wird. Dort haben wir von 10 000 über 50 000 bis hin zu 100 000 Euro alles. Diese unterschiedlichen Regelungen sind vom EU-Vergaberecht noch mitabgedeckt. Wir haben Zeit zu diskutieren, ob wir das auf Gewerke aufsplitten wollen, wie es auch einige Bundesländer machen, die für Tiefbau- oder Ingenieurbauleistungen unterschiedliche Wertgrenzen haben, oder ob wir eine Wertgrenze nehmen und diese vielleicht auf Dauer festlegen, so wie das Brandenburg gemacht hat, das die Befristungen komplett herausgenommen hat.

Sie sehen, es gibt viele Möglichkeiten, die wir im Wirtschaftsausschuss diskutieren, debattieren und beraten können. Auch wenn es letzten Endes eine Entscheidung der Finanzbehörde sein wird, wird der Wirtschaftsausschuss der richtige Ort sein, um das zu besprechen. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Tjarks, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Wir haben eine sehr komplexe Debatte vor uns, nämlich die Frage, ob der Senat rechtzeitig evaluiert hat und welche Frist er sich gesetzt hat. Die CDU hat bereits im Ursprungsantrag gesagt, dass der Senat bis Oktober die Frage der Wertgrenzen evaluieren soll. Dann hat die SPD gesagt, sie wolle bis Ende des Jahres evaluieren, und die Krux bei der ganzen Geschichte ist schlicht und ergreifend, dass wir bis Ende des Jahres eine Entscheidung über die Verlängerung dieser Wertgrenzen treffen müssen. Insofern gibt es keinen Entscheidungszeitraum zwischen

(Andrea Rugbarth)

der Evaluation, wenn sie denn wirklich bis Ende des Jahres da ist, und der Entscheidung, ob man diese Wertgrenzen verlängert. Insofern unterstützt meine Fraktion den Antrag der CDU, dass der Senat die Evaluation ein bisschen schneller durchführen soll. Der Senat ist bei verschiedenen Projekten insbesondere im Wirtschaftsbereich – Investitionsbank, Elbvertiefung und Hafenentwicklungsplan – ordentlich im Verzug. Vielleicht schafft er es diesmal schneller. Wir unterstützen das Ansinnen im Wesentlichen inhaltlich, aber wir wollen die Evaluation abwarten. Wir würden diesem Antrag gern zustimmen und begreifen die Überweisung an den Wirtschaftsausschuss als ein hoffentlich weiterführendes Instrument.

Ich möchte daran erinnern, dass im Wirtschaftsausschuss seit acht Monaten ein Antrag der SPD-Fraktion zu Azubi-Wohnheimen relativ klaglos und tot liegt. Wenn das schon Regierungsanträgen so geht, dann weiß ich nicht, wie das bei Oppositionsanträgen ist. Insofern bezweifle ich, ob das das geeignete Mittel ist, um auf den Senat Druck auszuüben oder ob das nur das Instrument ist, um diesen Antrag auf den Friedhof zu schieben.

Wir unterstützen das und hoffen, dass wir schnell zu einer Evaluation kommen, dass diese rechtzeitig vorliegt und wir dann eine sinnvolle Entscheidung treffen können. – Danke schön.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Suding, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Absenkung der Schwellenwerte für Vergaben durch beschränkte Ausschreibungen, die freihändige Vergabe 2009 im Zuge des Konjunkturpakets II sowie die Verlängerung dieser Maßnahmen im November 2010 haben sicherlich ganz erheblich zum Erfolg des Programms "Konjunkturoffensive Hamburg" beigetragen. Allerdings war von Anfang an klar, dass die Maßnahmen zeitlich begrenzt erfolgen sollten. Daher gab es gute Gründe für den Antrag der damaligen regierungstragenden Fraktionen CDU und GAL in der letzten Legislaturperiode und für die Initiative der SPD aus dem letzten September, dass wir rechtzeitig vor Ablauf der Frist eine Evaluation bekommen. Nun stehen wir erneut vor dem Ablauf der angehobenen Schwellenwerte. Eine Evaluation liegt uns allerdings noch immer nicht vor. Diese brauchen wir aber ganz dringend, um eine endgültige Entscheidung zu treffen, und insofern stimmen wir dem Antrag der CDU zu.

Zur Sache noch ein paar Worte. Ich kann Ihnen jetzt schon sagen, dass die FDP-Fraktion davon überzeugt ist, dass die angehobenen Schwellenwerte für das Hamburger Handwerk, aber auch für andere kleine und mittelständische Unternehmen

aus Hamburg ein Segen waren und immer noch sind. Der bürokratische Aufwand, sich an einer Ausschreibung zu beteiligen, ist sicherlich für viele Unternehmen schon eine erhebliche Belastung, und ein einfaches Vergabeverfahren reduziert diesen Aufwand. In der Folge trägt es spürbar dazu bei, dass die Unternehmen wirtschaftlichen Erfolg haben können. Die Handwerkskammer wird das sicherlich bestätigen können. Das ist der erste Aspekt.

Ein zweiter Aspekt ist, dass die ehemaligen Schwellenwerte auch gerade aus wettbewerbsrechtlichen Überlegungen heraus ihre Berechtigung haben. Sie sollen einen uneingeschränkten Zugang aller Anbieter zum Markt ermöglichen und, auch das ist nicht ganz unwichtig, Korruption und Klüngel vermeiden.

Ein dritter Aspekt aus Sicht einer Haushaltspolitikerin ist, dass vernünftige Vergabeverfahren dafür sorgen sollen, dass der städtische Haushalt nicht über Gebühr belastet wird. Steuergelder müssen effizient und sparsam verwendet werden.

Meine Damen und Herren! Die FDP-Fraktion ist sich dem Spannungsfeld zwischen Bürokratieabbau, freien Marktzugangschancen und dem vernünftigen Umgang mit Steuergeldern bewusst. Deshalb ist die Vorlage und Beratung des Evaluationsberichts für den weiteren Verfahrensgang sehr wichtig. Wir unterstützen das grundlegende Anliegen der CDU-Fraktion, für das Handwerk und den Mittelstand vereinfachte Vergabeverfahren zu schaffen. Gleichzeitig ist für uns eine valide Überprüfung der Maßnahmen unerlässlich. Wir unterstützen daher die Ausschussüberweisung und freuen uns auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Herr Golke, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, sehr verehrte Damen und Herren! Die Erhöhung der Wertgrenzen, das wurde schon gesagt, war ein Instrument der Konjunkturoffensive 2009/2010. Da kommt man – vielleicht auch nur wir – ein bisschen ins Grübeln. In Zeiten der von vielen Fraktionen in der Bürgerschaft beschlossenen Schuldenbremse – die antragstellende Fraktion wollte die Schuldenbremse sogar noch früher – kann von einer Konjunkturoffensive in dieser Stadt nun wirklich keine Rede mehr sein.

Eine Evaluation ist gut und richtig, und insofern kann ich mich hier nur anschließen und ein freundliches "Macht mal hinne" an den Senat richten. Das muss sein. Ich sage auch ganz deutlich, dass höhere Wertgrenzen einen Beitrag zu besseren Bedingungen für lokale Unternehmen bieten kön

(Dr. Anjes Tjarks)

nen, das ist auch nicht kritisch zu sehen. Aber wir wissen schlicht noch nicht, ob der Effekt schon eingetreten ist, das müssen wir noch herausfinden und dabei muss uns der Senat helfen. Die Kritik, die es daran gibt, ist angesprochen worden. Einzelne Bundesrechnungshöfe haben gesagt, dass es nur geringe Verfahrensbeschleunigungen durch diese Wertgrenzenerhöhungen gegeben hat. Kritischere Töne kamen zum Beispiel von Transparency International, die 2011 sinngemäß sagten, dass angehobene Wertgrenzen zu einer Ausweitung intransparenter Auftragsvergaben führen und damit der Korruption Vorschub leisten.

Worum es mir und der Linksfraktion eigentlich geht: Wir brauchen etwas anderes als eine Erhöhung der Wertgrenzen. Wir brauchen in Hamburg ein neues, ein besseres Vergabegesetz.

(Beifall bei der LINKEN)

Das hat der Senat in seinem Regierungsprogramm offenbar auch erkannt. Bei der Vergabe öffentlicher Aufträge will er das Handwerk durch "kleine Lose" stärken – das finde ich gut – und vor Lohndumping schützen, indem auf Tariftreue und Mindestlöhne geachtet wird. Das finde ich auch gut.

Das ist eigentlich eine fremde Rede, die ich halte,

(Finn-Ole Ritter FDP: Aha! – Olaf Ohlsen CDU: Ist ja interessant!)

weil wir die Debatte letztes Jahr auch schon hatten, und da haben wir einen Ergänzungsantrag zum Antrag der SPD eingebracht, wo diese Evaluation beschlossen wurde. Wir haben vom Senat einen Gesetzentwurf zum Vergabe- und Tariftreuegesetz mit 10 Euro Mindestlohn und generellen Tariftreueregelungen gefordert, außerdem eine Sonderkommission zur Kontrolle, eine Vergabekammer mit wirksamen Sanktionsmechanismen bei Verstößen gegen Vergaberichtlinien, die Wahrung mittelständischer Interessen durch die Vergabe von Fach- und Teillosen und die Evaluation der Wertgrenzen unter Beachtung sozialökologischer Gesichtspunkte. Das hat der Senat auch erkannt. Der DGB hat Anfang dieses Jahres schon einen Gesetzentwurf zur Kenntnis des Senats gegeben. Da ruht die Heide still. Umso nötiger wird es und umso aktueller sind unsere Forderungen vom letzten Jahr. Ich freue mich auf die Beratungen im Ausschuss. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn keine weiteren Wortmeldungen vorliegen, dann kommen wir zur Abstimmung.

Wer stimmt einer Überweisung der Drucksache 20/5138 an den Ausschuss für Wirtschaft, Innovation und Medien zu? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Damit ist das Überweisungsbegehren einstimmig angenommen.

Ich rufe nun Punkt 19 auf, Drucksache 20/5024, Senatsmitteilung: Stellungnahme des Senats zu dem Ersuchen der Bürgerschaft vom 11. November 2011, "Hamburg 2020: Langfristige Konsolidierung mit weiterer Aufgabenkritik und Entflechtung sowie vernünftiger Personalentwicklungspolitik verbinden".