Protocol of the Session on September 12, 2012

Die Fraktionen haben vereinbart, dass die Wahlen in einem Wahlgang durchgeführt werden können. Alle drei Stimmzettel liegen Ihnen vor. Sie enthalten bei den Namen jeweils Felder für Zustimmung, Ablehnung und Enthaltung. Sie dürfen auf jedem Stimmzettel bei jedem der Namen ein Kreuz machen, aber bitte nur eines. Mehrere Kreuze beziehungsweise kein Kreuz bei einem der Namen ma

(Norbert Hackbusch)

chen die Wahl dieses Kandidaten ungültig. Auch weitere Eintragungen oder Bemerkungen würden zur Ungültigkeit des gesamten Stimmzettels führen. Bitte nehmen Sie nun Ihre Wahlentscheidungen vor.

(Die Wahlhandlungen werden vorgenom- men.)

Ich darf die Schriftführer bitten, mit dem Einsammeln der Stimmzettel zu beginnen.

(Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Es wäre, wie immer, sehr hilfreich, wenn Sie die Stimmzettel so hoch halten würden, dass die Schriftführer sie auch entdecken können und Sie die Schriftführer möglichst wenig im Schnack festhalten, dann geht das auch alles schneller.

Sind alle Stimmzettel abgegeben worden? – Das ist der Fall. Dann schließe ich die Wahlhandlung. Die Wahlergebnisse werden nun ermittelt und zu Protokoll gegeben.

Wir kommen zu Punkt 9 der Tagesordnung, Drucksache 20/4846, Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Bürgerbeteiligung.

[Große Anfrage der Fraktion DIE LINKE: Bürgerbeteiligung – Drs 20/4846 –]

Diese Drucksache möchte die Fraktion DIE LINKE an den Stadtentwicklungsausschuss überweisen. Wird das Wort gewünscht? – Frau Sudmann, bitte.

Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Wir wollen heute über das Thema Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen in Hamburg reden. Ich habe mir drei Punkte dafür ausgesucht: erstens warum die Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen so wichtig ist, zweitens wie die Beteiligung in Hamburg eigentlich läuft und drittens was aus Sicht der Linksfraktion geändert werden muss, damit wir eine echte Beteiligung der Bürger und Bürgerinnen bekommen.

Warum ist die Beteiligung wichtig? Entscheidungen, die wir hier im Parlament fällen sollen und die in Verwaltungen gefällt werden, wirken sich in aller Regel auf die Bürger und Bürgerinnen in den Stadtteilen und Quartieren aus. Diese sind die Expertinnen und Experten vor Ort, die genau wissen, wo der Schuh drückt, und die auch sagen können, dass wir mit dieser Entscheidung vielleicht einen großen Fehler machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir haben mittlerweile in vielen Stadtteilen, womit früher niemand gerechnet hat, aktive Leute, die bereit sind, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, ihr Umfeld mit zu gestalten und etwas fürs Soziale zu tun. Diese Menschen investieren Zeit und liefern wunderbare und gute Ideen. Wir als LINKE sagen, dass das ein so kostbares Gut ist und damit auch vernünftig umgegangen werden muss.

(Beifall bei der LINKEN)

Ich glaube, dass wir da sogar alle hier im Haus einer Meinung sind, denn alle zusammen haben wir darunter zu leiden, dass die Verdrossenheit über Politik und Parteien immer größer wird. Ich will jetzt keine Schuldzuweisung vornehmen, wer hierzu vielleicht den größeren Beitrag liefert, aber wenn wir uns einig sind, dass die Verdrossenheit weniger werden soll, dann müssen wir Beteiligung ernst nehmen und nicht nur zu einer Schönwetterveranstaltung machen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wie läuft in Hamburg die Beteiligung? Die Große Anfrage gibt einen guten Überblick. Sie zeigt auf, dass es gesetzlich vorgeschriebene Beteiligung gibt, wie sie zum Beispiel in Sanierungsvierteln stattfindet. Es gibt Programme, wo Beteiligung extra geplant wird wie bei RISE, es gibt Projekte wie Neue Mitte Altona, den A-7-Deckel oder die Innenstadtentwicklung oder auch viele Projekte auf Bezirksebene. Ich habe in der Anfrage ungefähr 16 Formen der Beteiligung gefunden. Ich habe mich gefragt, ob das eigentlich eine Beteiligungsund Formenvielfalt ist oder eine Wirrheit oder Beliebigkeit. Ich nenne Ihnen einmal ein paar Beispiele: Da sagt der Senat, Kommunikation sei eine Form der Beteiligung, Befragungen, Online-Dialoge, Online-Konsultationen, Diskussionen – immerhin –, Expertencheck oder dialogische Interviews. Egal, wie Sie es nennen, eine Sache ist leider bei all diesen Formen gleich: Sie sind unverbindlich und das darf nicht so weitergehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn wir uns einige Antworten des Senats anschauen, dann wird Beteiligung reduziert. Sie wird reduziert auf – ich zitiere –:

"wichtige Beiträge zur Meinungsbildung und für die Entscheidungsfindung".

Auf die Frage, welche Auswirkungen die Beteiligungsergebnisse denn hätten, wird gesagt, sie seien schon von politisch hoher Bedeutung, soll also meinen, die Politiker und Politikerinnen seien ein bisschen empfindlich und wenn ein bisschen Druck käme, würden sie sich auch daran halten, was die Leute vor Ort sagen. Schön wäre es, denn von politisch hoher Bedeutung sind für mich zumindest Bürgerentscheide, Entscheidungen von Bürgern und Bürgerinnen, wo sie ihr Kreuz gemacht haben.

(Erster Vizepräsident Frank Schira)

Wahlergebnisse, siehe Seite 3000

(Robert Heinemann CDU: Nur bei IKEA, da fanden Sie es nicht so gut!)

Dann kommen wir einmal kurz zu Schwarz-Grün in Altona, Herr Heinemann, in Ihren Wahlkreis. Ich sage nur Kleingärten in Altona: ein erfolgreicher Bürgerentscheid, einkassiert unter Schwarz-Grün.

Wir kommen zur Sozialdemokratie: ein erfolgreicher Bürgerentscheid in Langenhorn zur Wulffschen Siedlung, einkassiert von der SPD. Wir als LINKE sagen, dass diese Evokation in allen Fällen ein echtes Armutszeugnis und ein richtig schlechter Beitrag zur Politikverdrossenheit war. Das wollen wir nicht weiter haben.

(Beifall bei der LINKEN – Zuruf von Robert Heinemann CDU)

Bei IKEA hatten wir zufälligerweise zwei Bürgerinnenentscheide, das wissen Sie auch, Herr Heinemann. Da haben Sie fürchterlich getrickst, um das, was die Mehrheit wollte, nicht mehr hinzubekommen. Aber vielleicht finden wir mit der CDU einen gemeinsamen Weg, weil etwas geändert werden muss, um eine echte und gute Beteiligung zu bekommen.

Wir sind doch alle der Meinung, dass wir das Engagement, das wir auf Stadtteil- und Quartiersebene haben, halten und fördern wollen. Ich sehe Nicken, sehr schön. Das kann aber nur gehen, wenn kein einziger Beirat aufgelöst wird und die Strukturen weiter erhalten bleiben. Das kann nur gehen, wenn wir auch neue Strukturen schaffen, und das nicht nur in den Stadtteilen, wo es gerade brennt. Es war immer so ein Ansatz, in benachteiligten Stadtteilen etwas auf den Weg zu bringen. Die brauchen Beteiligungsstrukturen, aber die anderen Stadtteile auch. Deswegen finden wir, dass es gut angelegtes Geld ist, dort Beteiligung zu finanzieren.

(Beifall bei der LINKEN)

Was wir auch brauchen, und das fordern nicht nur wir Abgeordnete beim Thema Elbphilharmonie, sondern das fordern auch die Bürger und Bürgerinnen, ist Transparenz. Was die Senate, sowohl schwarz-grün als auch der jetzige, abgeliefert haben, ist nicht transparent. Wenn Sie zur Neuen Mitte Altona die Bürger und Bürgerinnen beteiligen und ihnen nach anderthalb Jahren sagen, es gebe jetzt ein Eckpunktepapier, in dem wesentliche Sachen stehen, die Sie ihnen aber nicht zeigen würden, und dann gibt es das irgendwann in geschwärzter Fassung und nur auf erhöhten medialen und öffentlichen Druck auch in der echten Fassung, dann ist das keine Transparenz, sondern nur ein Verwischen; also alle Karten auf den Tisch.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber ein noch viel wichtigerer Punkt ist, dass die Beteiligung, die wir als LINKE fordern, ergebnisoffen sein muss. Wir haben in Hamburg ganz oft Be

teiligungen, wo es nur darum geht, sich noch einmal abnicken zu lassen, was vielleicht die Mehrheit hier im Parlament will. Das ist nicht die Beteiligung, die wir wollen, sondern wir wollen eine echte ergebnisoffene Beteiligung.

(Beifall bei der LINKEN)

Zum neuen Lieblingskind der SPD, der Stadtwerkstatt, sagen wir: Das ist gut, macht sie, aber ihr müsst auch eine Stadtteilwerkstatt machen. Wir brauchen ganz viele Stadtteilwerkstätten, weil wir die Themen auch vor Ort diskutieren müssen und nicht nur weit weg.

Zusammengefasst gibt es einige Punkte, wo wir das Arbeitsprogramm des Senats ernst nehmen. Der Senat hat gesagt, Mitwirkung sei eine Form der Mitbestimmung. Und um das mit Leben zu füllen, müssen wir dafür sorgen, dass vorhandene Strukturen bleiben und Beteiligungsstrukturen ausgebaut werden. Wir müssen dafür sorgen, dass alle Beiräte erhalten bleiben, dass es eine Verbindlichkeit gibt und dass alle Menschen in dieser Stadt richtige Teilhabe bekommen und nicht nur eine schwache Beteiligung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Das Wort bekommt Herr Kienscherf.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Liebe Frau Sudmann, das war eine schöne Parteitagsrede, die Sie hier gehalten haben.

(Olaf Ohlsen CDU: Wir Sozialdemokraten!)

Sie ziehen gerade damit durch die Lande, dass Bürgerbeteiligung nicht so richtig funktioniere. Wir reden aber hier nicht über einen Antrag, den Sie vorgelegt haben, sondern wir reden über eine Große Anfrage. Das konnte man Ihrem Wortbeitrag nicht so entnehmen, aber eines wird ganz deutlich, wenn man sich das einmal anschaut: Sie haben einige Fragen gestellt und Sie haben eine riesige Antwort bekommen. Auf 26 Seiten ist dargelegt worden, wo in dieser Stadt in über 48 Gremien die Bürgerinnen und Bürger vor Ort direkt eingebunden werden und direkt mitentscheiden können. Wir Sozialdemokraten sagen, das ist eine gute Bürgerbeteiligung, und wir sind stolz darauf, dass sich die Bürger in dieser Stadt so beteiligen.

(Vereinzelter Beifall bei der SPD – Heike Sudmann DIE LINKE: Ihr Stolz hält sich ja leider in Grenzen!)

Das sind alles Sanierungsgebiete, das ist unter anderem RISE, was Schwarz-Grün zum Teil realisiert hat und wir fortführen. Und wenn Sie sagen, dass die Bürgerbeteiligung aber nirgendwo anders stattfinde, dann frage ich mich, wie Sie in Ihrem Stadt

(Heike Sudmann)

teil verankert sind. Wenn ich jedenfalls durch meinen Stadtteil gehe, dann gibt es dort diverse Institutionen und aktive Bürgerinnen und Bürger, die sich einbringen in die Bezirksversammlung, bei den Aktuellen Stunden, in die Regionalausschüsse oder die sich auch durch Parteien einbringen lassen, nämlich als beigewählte Bürger. Es gibt also eine vielfältige Beteiligungsstruktur, auch durch die Parteien und durch die örtlichen Gremien von Regionalausschüssen und Bezirksversammlungen, und das darf man hier nicht kleinreden.

(Beifall bei der SPD – Karl-Heinz Warnholz CDU: Sehr richtig!)

Das tun wir alles, das ist auf diesen 26 Seiten dargelegt, und was es darüber hinaus noch alles an Vielfalt gibt, wird noch einmal auf vielen Seiten ausgeführt. Sie empfinden das vielleicht als Last, wir empfinden es als Vielfalt, dass man sich noch in anderen Projekten in dieser Stadt engagieren kann.