Protocol of the Session on September 12, 2012

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN – Zurufe von der SPD)

Wenn Sie es schaffen, in 19 Monaten dafür zu sorgen, dass sich das Projekt um 21 Monate verlängert, dann möchte ich wissen, was Sie aus der Vergangenheit gelernt haben wollen. Das Gegenteil ist der Fall: Sie haben bei der Elbphilharmonie einen falschen Kurs eingeschlagen.

Vor 13 Monaten, im August 2011, hat Frau Senatorin Kisseler in ihrer markigen Rede vor dem Parlament die Parole "Keine Spielchen mehr" ausgegeben. Das war der Auftakt für eine beispiellose Konfrontationsstrategie, in deren Verlauf wir jede Menge Spielchen erlebt haben, und zwar nicht nur von HOCHTIEF und den Architekten, sondern auch von der Stadt. Ultimaten und Vorwürfe statt Lösungen, das war die Strategie des Senats.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Ich habe deswegen schon während der Haushaltsberatungen im November letzten Jahres Vorschläge für eine Neuordnung des Projekts gemacht. Ende Mai haben wir sie noch einmal detailliert ausgearbeitet vorgelegt. Mit dem neuen Eckpunktepapier sind jetzt erste Elemente dieser Vorschläge auf den Weg gebracht worden.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ach so! Zuerst war doch alles ganz doof – und jetzt! Irgend- wie passt das nicht zusammen!)

Ich habe gesagt, dass der Konfrontationskurs, um mit Ihren Worten zu sprechen, ganz doof war, weil er die Stadt ziemlich viel Zeit und Geld gekostet hat. Jetzt gibt es einen Kurswechsel, und ich sehe es durchaus als positiv an – so viel Lob müssen Sie vertragen –,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ich bin so ver- wundert deswegen!)

dass wichtige Punkte, die wir bereits seit letztem Jahr vorschlagen, endlich auf den Weg gebracht werden.

Ich will diese Punkte auch nennen: Das sind die Planungsinventur, das umfassende Schiedsgerichtsverfahren und die Klärung der gegenseitig bestehenden finanziellen Forderungen. Das Kernproblem des Projekts ist aber die strittige Planung. Es ist der sogenannte Geburtsfehler,

(Dirk Kienscherf SPD: Da haben Sie ja nichts mit zu tun, Herr Wersich, nicht? Das haben Sie doch mit zu verantworten!)

dass HOCHTIEF und die Generalplaner Herzog & de Meuron eben nicht die übliche Trennung bei der Planung vorgenommen haben, sondern man damals aus künstlerischen Gründen gesagt hat,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Wer war "man"?)

man wolle den Architekten mehr Platz einräumen, was aber im Ergebnis dazu geführt hat, dass wir einen immensen Streit um die Planung hatten.

Seit November letzten Jahres haben wir konkret vorgeschlagen, diesen Geburtsfehler zu beheben, und der Senat ist immer noch nicht so weit. Wir haben, Frau Kisseler, vorgeschlagen, ganz klar zu sagen, dass HOCHTIEF die Planung übernehmen und Herzog & de Meuron sich auf die künstlerische Oberleitung beschränken soll. Das wäre eine Lösung. Stattdessen ist in den Eckpunkten vereinbart worden, dass – ich zitiere –

"[…] sich der Auftragnehmer"

also HOCHTIEF –

"und der Generalplaner auf der Basis einer bindenden Vereinbarung zur Zusammenarbeit verpflichten [werden]."

Das ist nicht mehr als eine Absichtserklärung. Das ist keine Klärung der Planungsschnittstellen, und deswegen ist diese Lösung – so gut die anderen Punkte meiner Meinung nach auch sind – mit erheblichen Risiken verbunden.

Ich komme zum Schluss und fasse noch einmal zusammen. Der Bürgermeister ist seinem eigenen Anspruch nicht gerecht geworden, die Elbphilharmonie als Chefsache schnell fertig zu bauen.

(Dirk Kienscherf SPD: Das hat er nie ge- sagt!)

Senatorin Kisseler und Bürgermeister Scholz haben viel zu lange auf Konfrontation gesetzt. Wir haben in den 19 Monaten Ihrer Regierungszeit eine Verlängerung der Fertigstellung um 21 Monate und unterm Strich einen immensen finanziellen Schaden für die Stadt, die Kosten für die Bauzeitverlängerung und den Streit, aber auch die fehlenden Gewinne, die der Stadt dadurch entgehen, dass die Elbphilharmonie zwei Jahre später fertig wird.

(Dirk Kienscherf SPD: Gewinne? Welche Gewinne denn? Dann wissen Sie mehr als wir!)

Das bisherige Management der SPD war eine einzige Katastrophe. Hoffen wir im Interesse der Stadt auf Besserung. – Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und den GRÜNEN)

Herr Bläsing hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Zum Thema Elbphilharmonie können wir wahrscheinlich in der Rathausdiele, wenn sie denn irgendwann einmal fertig ist

(Zurufe aus dem Plenum: Die Rathausdie- le?)

die Elbphilharmonie natürlich –, eine Ausstellung aller Jubelpressemitteilungen veranstalten, die im Laufe der Zeit veröffentlicht worden sind; die letzte am 5. Juli 2012. Vorher hieß es schon einmal, man habe eine Vereinbarung getroffen, später, man sei wieder am Verhandeln, und dann, man habe eine letzte Frist gesetzt. Schließlich wurde die große Eckpunktevereinbarung bekannt gegeben mit dem Hinweis, dass zeitnah eine vertragliche Fixierung erfolgen solle. Nun stellen wir fest, dass schon wieder zwei Monate ins Land gegangen sind, ohne dass irgendetwas passiert ist.

(Beifall bei der FDP)

Der Intendant der Elbphilharmonie – ich glaube, er hat in seinem Vertrag wahrscheinlich die Bezeichnung "Hofnarr", denn ein solcher darf immer auch unbequeme Wahrheiten gegenüber dem Chef aussprechen – hat es neulich auf den Punkt gebracht: Es ist eine Lachnummer.

(Beifall bei der FDP)

Der Eindruck, der sich mittlerweile bei den Leuten verfestigt, ist doch der: Ganz egal, wer regiert, ob die CDU alleine, Schwarz-Grün oder die SPD, sie kriegen es alle nicht gebacken.

(Dr. Andreas Dressel SPD: Zeit für die FDP! – Heiterkeit im Plenum)

Gut, das kann ja bei der nächsten Wahl dann werden.

Das fällt auf alle Parteien in diesem Haus zurück und das ist keine gute Entwicklung.

(Beifall bei der FDP)

Wenn ich nach den langen PUA-Sitzungen nach Hause komme und schlecht einschlafen kann,

(Heiterkeit im Plenum)

dann liegt das nicht nur an dem vielen Kaffee, den man in den mehrstündigen Sitzungen trinkt, sondern an der Frage, was sich eigentlich verändert hat. Von den politisch Verantwortlichen ist keiner mehr in der Verantwortung,

(Dirk Kienscherf SPD: Na, Gott sei Dank!)

allerdings sind teilweise und insbesondere bei der ReGe immer noch komplett die gleichen Leute, die damals schon Verantwortung getragen haben. Und da habe ich dann, ehrlich gesagt, so meine Zweifel, ob der Senat über seine Aufsichtsgremien wirklich ausreichend steuernd eingreift und das auf gute Füße gestellt hat.

(Beifall bei Katja Suding FDP)

Wir haben als Parlament die Verantwortung, das aufzuklären, und das machen wir in unserem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss auch.

(Dirk Kienscherf SPD: Ja, den haben wir ein- gesetzt!)

Dessen Auftrag geht allerdings nur bis Nachtrag 4. Wir haben aber – da gebe ich Frau Dr. Gümbel völlig recht – auch eine Verantwortung im Hier und Jetzt. Wir sollten uns wirklich einmal Gedanken darüber machen – gern auch in einem kleinen Kreis interfraktionell –, wie wir in diesem Fall unserer Verantwortung als Aufsichtsrat gerecht werden können, denn ich habe nicht den Eindruck, dass das auf ein gutes Ende zusteuert. Deshalb befürchte ich, dass uns das Thema noch eine ganze Weile begleiten wird.

(Beifall bei der FDP – Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, davon ist auszugehen!)

Herr Hackbusch hat das Wort.

(Zuruf von den GRÜNEN: Kannst du nachts auch nicht schlafen?)

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ob ich nachts nicht schlafen kann? Ich weiß nicht, ob ich das beantworte.

(Finn-Ole Ritter FDP: Das wollen wir auch gar nicht wissen!)