Protocol of the Session on September 12, 2012

Klammer auf: Bei der heutigen Bewertung würden wir nicht so schnell wieder eine Milliarde zusammenbekommen, es war damals schon ein ganz guter Zeitpunkt. Diese HHLA-Milliarde dient doch dazu, Herr Münster, dass wir das Geld wieder investieren, neues Vermögen hier am Standort schaffen und notwendige Investitionen in den Hafen tätigen.

(Beifall bei der CDU und bei Finn-Ole Ritter FDP)

Das ist das, was im Wesentlichen unter der CDURegierung in den letzten Jahren gemacht wurde, wozu Herr Rose sagt, das sei ein großer Ausverkauf gewesen. Was ist nicht gemacht worden? Die SAGA ist nicht verkauft worden, und wir haben auch immer gesagt, die SAGA sei elementar wichtig für die Strategie der Stadt, für die Handlungsfähigkeit und für die Infrastruktur. Anders als viele andere Kommunen haben wir das nie angefasst. Gleiches gilt für HAMBURG WASSER, während selbst sozialdemokratische Kommunen im Ruhrgebiet ihre Wasserversorgung privatisiert und Verträge über 20 oder 30 Jahre geschlossen haben. Das haben wir nie gemacht und daran halten wir auch fest. Das ist unheimlich wichtig für die Daseinsvorsorge der Stadt.

Ein drittes Beispiel noch zu den großen Projekten. Wir haben, anders als andere Bundesländer, auch als CDU-geführte Bundesländer, nicht angefangen, unsere Universitätsklinik zu verkaufen, weil wir gesagt haben, das wäre auch nicht sinnvoll. Insofern gibt es hier eine klare Linie und daran werden wir festhalten. Das Thema eignet sich nicht für Extremdebatten, weder aus der einen noch aus der anderen Richtung. Das ist unsere Position dazu.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der FDP)

Frau Hajduk, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Dieser Antrag der FDP kam mir auch sehr überflüssig vor.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und ver- einzelt bei der LINKEN)

Es stimmt, dass der Senat zugesagt hatte, eine erneute Kategorisierung vorzunehmen. Insofern bin ich natürlich nach Herrn Kleibauers Rede da ganz bei Herrn Rose, was nicht immer der Fall ist, da ich nämlich im Ausschuss feststellen musste, dass der Senat zu dem FDP-Antrag, der dort vorlag und den ich ablehnen wollte, sagte: Wir machen das. Da war ich ziemlich alleine.

Ich finde diese Kategorisierung, die da eingefordert wird, überflüssig und nicht notwendig, und in Bezug auf den Aufruf, die Verwaltung nur mit ganz wichtigen Aufgaben zu befassen, von daher auch nicht korrekt.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Aber für die FDP ist es wahrscheinlich korrekt, weil Sie einen gewissen Plan verfolgen. So ein Antrag macht in der Tat Sinn, wenn man direkt auf mögliche Privatisierungserlöse hin abzielt, um diese dann, wie Sie vorschlagen, zur Tilgung von Altschulden einzusetzen. Richtig ist, dass die FDP

einen wirklich klaren Kurs zum Thema öffentliche Unternehmen fährt,

(Dora Heyenn DIE LINKE: Das stimmt! Pri- vatisierung!)

aber wir teilen ihn nicht.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Auch hier gilt: Ausnahmen bestätigen die Regel. Über so manche Unternehmensbeteiligung der Stadt sind wir uns wiederum mit der FDP ein bisschen einig,

(Finn-Ole Ritter FDP: Aha!)

jedenfalls sind wir von der Anteilserhöhung bei Hapag-Lloyd nicht überzeugt. Das hat einen Grund, weil wir von grüner Seite eine sehr klare und positive Haltung zum öffentlichen Unternehmertum im Bereich der öffentlichen Daseinsvorsorge haben, aber wir grenzen das anders ab als die SPD Hamburg. Ich finde es schade, dass Sie teilweise so passiv mit dem Unternehmen HAMBURG ENERGIE umgehen. Ich finde es aber natürlich erst recht schade, dass bei dem ganzen Thema Energie und Energienetze – darüber haben wir hier viel gestritten, und, Herr Rose, Sie haben das dann angesprochen – die SPD in ihrer Beteiligungsstrategie mit ihrer Minderheitenbeteiligung den Weg des geringsten Widerstands gegenüber der Wirtschaft gegangen ist und nicht so sehr den Weg einer konsequenten Rekommunalisierung. Aber das ist eine Differenz, die wir hier schon öfter diskutiert haben, und da kommen wir in Hamburg nicht auf einen Nenner.

Im abschließenden Urteil hält meine Fraktion es für richtig, mit dem Thema öffentliche Unternehmen sehr differenziert umzugehen. Man kann sicherlich bei den verschiedenen Beteiligungen immer wieder einmal hinschauen, ob es sinnvoll ist, dass man eine Beteiligung mehrheitlich, hundertprozentig oder anders hält. Das aber mit einem ganz allgemeinen Antrag zu verknüpfen, halten wir schlicht für nicht notwendig. Wir haben einen Ausschuss Öffentliche Unternehmen, in dem wir ständig die Gelegenheit haben, öffentliche Unternehmen zu bewerten und ihre Arbeit zu würdigen. Insofern ist dies ein Antrag, der noch einmal das ohnehin schon bekannte Profil der FDP beschreibt, uns aber hier und heute nicht deutlich weiterbringt. Wir werden ihn ablehnen. – Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD)

Frau Heyenn, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Kluth, um diesen Antrag zu begründen, haben Sie zu Beginn darauf hinge

(Thilo Kleibauer)

wiesen, dass es in Hamburg keine Privatisierungswelle gegeben habe, und dabei haben Sie auf das Jahr 2004 zurückgeblickt und sich in die Gegenwart vorgearbeitet. Das ist natürlich einfach. Ab 1988 hatten wir nämlich in Hamburg eine wahre Privatisierungswelle, und daran waren Sie tatsächlich nicht beteiligt, was mich im Nachhinein sehr wundert. Wir haben es zu tun gehabt mit umfangreichen Verkäufen unter sozialdemokratischen Bürgermeistern. Die SPD hat sich mehrfach für alles Mögliche entschuldigt, aber schlau geworden ist sie daraus auch nicht, wie wir aus den Energieverträgen sehen.

(Beifall bei Tim Golke und Christiane Schneider, beide DIE LINKE)

Ich will nur ein paar Beispiele nennen. 1988 wurden die Gaswerke verkauft: 318 Millionen Euro, 1990 die Hamburger Mobiliar-Feuerkasse: 10,3 Millionen Euro, 1994 die Hamburger Feuerkasse: 101,2 Millionen Euro, 1996 die Hamburger Gaswerke: 10,1 Prozent, 50,1 Millionen Euro, dann 1997 fast 50 Prozent der Hamburgischen Landesbank: 705,1 Millionen Euro, 1999 die Gesellschaft für Flughafenanlagen: 116,2 Millionen Euro und dann noch der Anteil des Flughafens mit 13 Prozent im Jahr 2000 mit 100 Millionen Euro. Der Verkauf von öffentlichen Unternehmen wie der Landesbank, die Förderung von Tarifdumping, von Ausgründungen zum Beispiel durch ZEBRA, die Umwandlung der Museen in Stiftungen sowie die Vernichtung von 20 Prozent der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst wurde vom rot-grünen Senat vorgenommen und damit begründet, dass Haushaltslöcher gestopft werden mussten. Die Privatisierungswelle, die danach unter CDU, Schill und FDP folgte, war ausdrücklich ideologisch geprägt, und dafür, Herr Kluth, haben Sie ein Paradebeispiel abgeleistet, dass es in erster Linie um eines geht, um Privatisierung. Die CDU, die Schill-Partei und die FDP hatten schon im Wahlkampf sehr deutlich gemacht – Wolfgang Rose hat nur das FDP-Programm zitiert, aber auch die anderen Parteien haben das ganz deutlich gesagt –, sich dafür einzusetzen, dass sich der Staat auf seine Kernaufgaben zurückzieht. Was dann übrigbleibt, kann man sich vorstellen. Und wenn Sie heute sagen, Stromhändler gehörten in private Hände, und wenn Sie glauben, Energie sei keine Daseinsvorsorge und diene nicht einem wichtigen staatlichen Interesse, dann sind Sie wirklich im Mittelalter stecken geblieben.

(Beifall bei der LINKEN und bei Ekkehard Wysocki SPD)

Als Finanzsenator Peiner 2001 sein Amt antrat, gab es 62 wichtige Unternehmen, die er in vier Kategorien eingeteilt hat, wie hier schon gesagt worden ist. In der ersten Kategorie sollte die Stadt die Mehrheit am Betrieb erhalten und in der vierten sollte man sie komplett abgeben. Dazwischen la

gen dann Minderheitsbeteiligungen von unter oder über 25 Prozent, doch es gab und gibt für diese Kategorisierung keine objektiven Kriterien, weder in der Zuordnung noch für die jeweilige Gruppe. Ich glaube, dass diese Kategorisierung auch damals schon umstritten und erklärungsbedürftig war, aber sie heute auch noch zu übernehmen, das lehnt DIE LINKE entschieden ab.

(Beifall bei der LINKEN)

Noch entschiedener lehnen wir das Ziel des FDPAntrags ab. Wie in so vielen Anträgen der letzten Monate haben Sie immer nur eines auf dem Schirm: Privatisierung. Sie wollen offenkundig nicht wahrhaben, was mittlerweile in der ganzen Stadt bekannt ist. Privatisierung bedeutet höhere Preise, höhere Gebühren, schlechterer Service, Ausnutzung von Angebotsmonopolen, keine demokratische Kontrolle und geringere Einnahmen für die Stadt sowie in gehäuftem Maße prekäre Arbeitsverhältnisse in den privatisierten Unternehmen.

(Katja Suding FDP: Frau Heyenn, das wis- sen Sie doch besser!)

Hamburg hat mit der Privatisierung von öffentlichen Unternehmen schlechte Erfahrungen gemacht. HEW heißt heute Vattenfall, HEIN GAS heißt heute E.ON und der Landesbetrieb Krankenhäuser LBK ist gegen den Willen von 75 Prozent der Hamburgerinnen und Hamburger – das hat Wolfgang Rose noch einmal deutlich gemacht – verscherbelt worden und heißt heute Asklepios. In einem Punkt möchte ich Herrn Rose aber deutlich widersprechen. Das war hier so eine Zukunftsentwicklung, wie sich die SPD die Stadt vielleicht einmal in 10, 20 Jahren vorstellt. Denn wenn Sie sagen, Hamburg sei eine starke solidarische Stadt,

(Dr. Andreas Dressel SPD: Ja, das ist so!)

dann können wir nur sagen, dass Hamburg davon Lichtjahre entfernt ist. Wir haben eine gespaltene soziale Stadt.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber wir fänden es gut, wenn die SPD es sich zur Aufgabe machen würde, wieder zu einer solidarischen Gesellschaft zurückzukehren.

(Beifall bei der LINKEN)

Es war aber noch mehr auf dem Zettel. Die Hamburger Wasserwerke, die Hamburger Hochbahn, die Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) und auch die SAGA, Herr Kleibauer, wären heute schon verkauft, wenn die Hamburgerinnen und Hamburger sich nicht massiv dagegen gewehrt hätten, und es ist gut, dass sie das getan haben.

(Beifall bei der LINKEN)

Die erfolgten Privatisierungen sowie die unglaublichen Immobilienverkäufe haben die Haushaltslücken gestopft, die durch eine verfehlte Steuerpo

litik gerissen wurden. SPD, GRÜNE und sogar die CDU beklagen inzwischen die Folgen. Herr Rose hat sich noch einmal für die Sozialdemokraten entschuldigt, aber es war auch Finanzsenator Dr. Freytag, der 2007 zum Verkauf der HEW gesagt hat – ich zitiere –:

"Es war ein Fehler, den Einfluss der Stadt vollständig abzugeben, selbst wenn ein guter Kaufpreis erzielt wurde. Von der Liberalisierung des Strommarktes wurde mehr erwartet, nämlich echter Wettbewerb. Daher war die von einem SPD-geführten Senat beschlossene vollständige Privatisierung eine Fehlentscheidung."

Das sagte ein CDU-Senator. Und 2007 hat Ole von Beust gesagt:

"Die HEW wurde unter meinem Amtsvorgänger, Bürgermeister Ortwin Runde, vom damaligen rot-grünen Senat verkauft. Im Nachhinein und mit dem heutigen Wissen war es ein Fehler. Heute würde ich die HEW nicht mehr verkaufen."

(Beifall bei der LINKEN)

Bei mir endet eine Rede in diesem Zusammenhang nie ohne Hermann Scheer, ehemaliger SPDBundestagsabgeordneter und Träger des alternativen Nobelpreises. Er hat gesagt:

"Und diejenigen, die es wissen [was sie da anrichten], haben nur noch einen kurzen Karrierezeitraum im Blick: Nach mir die Sintflut. Dieses radikale Kurzzeitgedächtnis […], nicht mehr das Denken in längerfristigen Verantwortungskategorien […] ist typisch für das gesamte neoliberale Zeitalter."

(Beifall bei der LINKEN)