Protocol of the Session on August 29, 2012

Nicht mit Subventionen, der Gewinn wird im Ankauf gemacht, das wissen Sie auch.

Natürlich ist ganz viel Marketing da hineingeflossen, und dass es nach drei Jahren bereits erfolgreich ist, darauf sollten wir eher stolz sein. Ich sehe einer Prüfung durch den Rechnungshof völlig gelassen entgegen.

(Dr. Thomas-Sönke Kluth FDP: Stimmen Sie dem Antrag zu, Frau Rugbarth!)

Herr Dr. Kluth, wir halten diese Überprüfung durch den Rechnungshof für überflüssig, aber wir werden sie nicht behindern. Wir werden uns an dieser Stelle enthalten. Ich nehme an, dass Sie das Quorum erreichen werden, aber wir sehen dieser Prüfung entspannt entgegen.

(Zuruf von Jörg Hamann CDU)

Herr Hamann, weil wir es nicht für erforderlich halten, denn für sämtliche Verträge zwischen HAMBURG WASSER und HAMBURG ENERGIE existieren Dienstleistungsverträge mit den entsprechenden Dienstleistungsentgelten. Alles andere würde mich wundern und insofern sehe ich dem Ganzen entspannt entgegen. – Danke schön.

(Beifall bei der SPD und bei Jens Kerstan und Farid Müller, beide GRÜNE)

Vielen Dank, Frau Rugbarth. – Das Wort hat Herr Kerstan.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Die Hamburgische Bürgerschaft hat sich in den letzten anderthalb Jahren mit keinem anderen Unternehmen so intensiv beschäftigt wie mit HAMBURG ENERGIE: elf Schriftliche Kleine Anfragen der CDU- und der FDP-Fraktion, jetzt eine Große Anfrage und mittlerweile ist das der dritte Antrag. Selbst bei der 420-MillionenEuro-Investition für Hapag-Lloyd hat sich das Parlament nicht so intensiv damit beschäftigt wie in diesem Fall, und man stellt sich die Frage, warum eigentlich. Für mich drängt sich die Frage auf, ob Sie eigentlich die Antworten auf Ihre Anfragen, die Sie hier reihenweise schreiben, auch einmal lesen, denn wenn Sie die Antworten gelesen hätten, dann wäre dieser Antrag an den Rechnungshof heute vollkommen überflüssig gewesen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP und der CDU.

(Beifall bei den GRÜNEN und vereinzelt bei der SPD – Roland Heintze CDU: HAMBURG ENERGIE hat die Auskunft verweigert!)

In der Lyrik Ihres Antrags kochen Sie all die Vorwürfe auf, die Sie aufgrund von Gerüchten, Hören

(Roland Heintze)

sagen und Bezichtigungen von Wettbewerbern in den Anfragen nachgefragt haben und die alle reihenweise widerlegt werden.

(Beifall bei Dr. Monika Schaal SPD – Roland Heintze CDU: Wir haben keine Antwort be- kommen! Lesen Sie die Kleinen Anfragen nicht? Das ist eine Blackbox!)

Ich habe sie gelesen, aber Sie anscheinend nicht. Warum wiederholen Sie in dem Antrag wieder, dass das Grundstück des Energiebunkers unentgeltlich HAMBURG ENERGIE überlassen wird? Das stimmt nicht, sondern HAMBURG ENERGIE zahlt dafür eine Pacht und eine Miete. Sie behaupten Unwahrheiten in Ihrem Antrag. Das ist nur ein Beispiel, ich will sie nicht alle hier aufzählen, meine lieben Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Dann das Märchen, das eigenkapitalersetzende Gesellschafterdarlehen wäre eine Wettbewerbsverzerrung. Ich dachte eigentlich, bei den Wirtschaftsparteien CDU und FDP sei bekannt, was ein eigenkapitalersetzendes Darlehen ist. Die Alternative zu diesem Darlehen wäre nämlich gewesen, dass die Stadt Eigenkapital cash eingezahlt hätte, aber sie hat ganz im Sinne des Steuerzahlers darauf verzichtet und dort ein Darlehen ausgereicht, das auch noch verzinst wird. Das ist vorteilhaft für den Steuerzahler und für den Haushalt der Stadt und mitnichten eine Wettbewerbsverzerrung. Das kann wirklich nur jemand behaupten, der nicht einmal ansatzweise verstanden hat, worum es bei eigenkapitalersetzenden Darlehen geht.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Bei all diesen Argumenten, HAMBURG ENERGIE, eine hundertprozentige Tochter von HAMBURG WASSER, bekäme Darlehen, Bürgschaften und Sicherheitsleistungen von seiner hundertprozentigen Mutter, muss man sich einmal fragen, was daran eigentlich so schlimm ist. Vattenfall Europe bekommt genau das Gleiche von seiner Mutter in Schweden. Ist das eine Wettbewerbsverzerrung? Das ist doch völlig absurd, was Sie hier nicht müde werden, immer wieder zu behaupten.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD – Zu- rufe von Roland Heintze CDU und Dr. Tho- mas-Sönke Kluth FDP)

Zum anderen ist das schlichtweg ein Angriff auf das, was in anderen Städten regelmäßig stattfindet und was auch wettbewerblich unbedenklich ist, nämlich dass Unternehmen aus dem Versorgungsund Verkehrsbereich einen Verbund bilden – das nennt sich Stadtwerke – und in diesem Verbund dann auch Vorteile wahrnehmen. Das gibt es in jeder anderen Stadt außer in Hamburg. Es ist eine historische Besonderheit, dass Hamburg nie ein Stadtwerk gebildet, sondern immer mit den HEW, Hein Gas und der Hochbahn eigene Unternehmen

gegründet hat. Aber was in anderen Städten Deutschlands seit vielen Jahrzehnten stattfindet, ist wettbewerblich vollkommen unbedenklich, geprüft und außerhalb Hamburgs völlig unstrittig. Und Sie haben hier mit keinem einzigen Wort dargelegt, warum das bei HAMBURG WASSER und seiner hundertprozentigen Tochter HAMBURG ENERGIE jetzt auf einmal eine unzulässige Wettbewerbsverzerrung sein soll. Das ist wirklich absurd und man sollte Ihnen raten, einmal über den Tellerrand hinauszuschauen, was im Rest der Welt los ist, dann würden Sie solche unsinnigen Debattenanträge in diesem Hause nicht stellen.

(Beifall bei den GRÜNEN und der SPD)

Solche Strategien können nur – man kann es wirklich nicht anders nennen – Marktradikale verfolgen, die einen neuen Kreuzzug ausgerufen haben.

(Beifall bei der FDP – Finn-Ole Ritter FDP: Ja, Marktradikale!)

Angesichts der gescheiterten Privatisierungen im Bereich der Daseinsvorsorge hatten wir in diesem Hause Einigkeit erzielt, dass es ein Fehler war, die HEW zu verkaufen, und diesen Fehler kann man doch jetzt mit HAMBURG ENERGIE ein Stück weit heilen. Das nun zu kritisieren, kann man wirklich nur machen, wenn man das alte Lied singt, dass in der Daseinsvorsorge die Privaten effektiver seien und dass Wettbewerb und private Konzerne dort effizienter seien als der Staat, wobei doch alle Stromkunden in diesem Land jeden Tag feststellen, dass das eine Fehldeutung ist.

Dass die FDP aus all diesen Krisen nichts gelernt hat, das ist nun einmal ihr Markenkern.

(Beifall bei den GRÜNEN, der SPD und der LINKEN – Finn-Ole Ritter FDP: Soziale Käl- te haben Sie noch vergessen!)

Aber dass Sie, liebe Kollegen von der CDU, jetzt in das gleiche Horn blasen und gar nicht merken, dass Sie sich damit ein katastrophales Zeugnis Ihrer eigenen Regierungstätigkeit ausstellen würden – wenn es denn stimmen würde, was es nicht tut –, dafür fehlt mir wirklich das Verständnis. Angesichts Ihrer Strategien in der Opposition bei manchen Themen verstehe ich einfach nicht, was Sie da machen und warum Sie es machen. Auf jeden Fall sagt der Rest des Hauses hier relativ einvernehmlich, dass HAMBURG ENERGIE ein gutes öffentliches Unternehmen ist, mit dem Hamburg ein Stück weit Handlungsfähigkeit in der Energiepolitik zurückgewinnen würde. Ich hätte mich einfach gefreut, wenn die Mehrheitsfraktion im Rahmen der Netzübernahme HAMBURG ENERGIE zu einem wirklichen Stadtwerk gemacht hätte.

(Wolfgang Rose SPD: Das müsste ja noch kommen!)

Aber das ist eine andere Debatte und ich hoffe, dass der Rechnungshof in seiner Weisheit wie

auch bei anderen Angelegenheiten angemessen mit diesem Ersuchen umgehen wird: Er muss nicht alles bearbeiten, was unsinnigerweise an ihn herangetragen wird. – Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und der LINKEN)

Einen Moment, Herr Dr. Kluth. – Ich habe mich weder bei Herrn Kerstan bedankt noch Ihnen das Wort gegeben. Also erst einmal danke ich Herrn Kerstan und gebe nun Herrn Dr. Kluth das Wort.

(Wolfgang Rose SPD: Jetzt kommt der Mar- kenkern!)

Herr Präsident! Ich bedanke mich in diesem Fall ausdrücklich für die Erteilung des Wortes.

Herr Kerstan, der Grad der Emotionalisierung Ihrer Rede und auch die Geschwindigkeit standen in einem umgekehrten Verhältnis zur Güte Ihrer Argumente.

(Beifall bei der FDP und vereinzelt bei der CDU)

Man muss in der politischen Diskussion – Sie haben die CDU angesprochen – auch dazu bereit sein anzuerkennen, wenn sich ein politischer Gegner neuen Argumenten öffnet und sich in seiner Position weiterentwickelt. Daher möchte ich ganz im Gegenteil zu dem Kollegen Kerstan meinen Debattenbeitrag damit beginnen, dass ich mich darüber freue, dass sich die Kolleginnen und Kollegen von der CDU-Fraktion unserem Prüfungsersuchen an den Landesrechnungshof angeschlossen haben.

(Dr. Monika Schaal SPD: Klar, sonst wäre es ja an die Wand gefahren!)

Ich darf daran erinnern, wie es auch schon andere Vorredner getan haben, dass HAMBURG ENERGIE ursprünglich von CDU und GAL gemeinsam auf den Weg gebracht worden ist, und da ist es dann schon ein weiter Weg bis zum heutigen gemeinsamen Antrag von FDP und CDU. Das war auch kein klarer Kurs und man merkte, Herr Kollege Wersich, dass es unterschiedliche Meinungen und Strömungen in der CDU zur Frage eines städtischen Energieversorgers gibt, aber es war auch schon spürbar, etwa in den Anfragen des Kollegen Hecht oder dem Statement des Kollegen Heintze, dass diese immer kritischer wurden.

Die FDP hat von Anfang an eine glasklare Position zu HAMBURG ENERGIE bezogen. Wir haben das durch zahlreiche Anfragen dokumentiert – Herr Kollege Kerstan hat sie gezählt –,

(Jens Kerstan GRÜNE: Wow! – Dr. Mathias Petersen SPD: Gelesen! – Roland Heintze CDU: Herr Kerstan hat nicht gezählt, son- dern gelesen!)

aber auch durch unseren Antrag vom vergangenen Oktober, die Tätigkeit von HAMBURG ENERGIE auf den Prüfstand zu stellen. Daher freuen wir uns als FDP-Fraktion, dass nun auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU-Fraktion bei der von uns stets vertretenen Position angekommen sind. Das freut uns wirklich und das sage ich an dieser Stelle auch ganz ohne Ironie.

(Beifall bei der FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren! HAMBURG ENERGIE ist bis heute eine Geschichte des Missbrauchs staatlicher Monopolmacht und von Wettbewerbsverzerrung zulasten privater Ökostromanbieter. Es fing schon kurz nach der Gründung von HAMBURG ENERGIE 2009 damit an, dass die Stadt HAMBURG ENERGIE ohne vorherige öffentliche Ausschreibung mit der Gasbelieferung öffentlicher Einrichtungen beauftragte – gegen die Bedenken der Wirtschaftsbehörde und der Finanzbehörde, ordnungspolitisch falsch und vergaberechtlich höchst problematisch.

(Beifall bei der FDP)

Das setzte sich dann fort mit der rechtswidrigen Vergabe von Aufgaben bei der Strombelieferung für öffentliche Gebäude und Liegenschaften, wiederum ohne Ausschreibung und erst gestoppt durch die Vergabekammer des Hanseatischen Oberlandesgerichts. Feststellung des Gerichts: schlicht rechtswidrig, und das bei einem öffentlichen Unternehmen, bei dem man meinen möchte, dass besonders strenge Maßstäbe bei der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften bestehen sollten. Und so ging es weiter, ich nenne Beispiele: Zinsverbilligungen durch die Gewährung von öffentlichen Bürgschaften und Garantien, wie sie privaten Ökostromanbietern nicht zur Verfügung stehen,

(Jens Kerstan GRÜNE: Aber allen Stadtwer- ken!)

Überlassung städtischer Grundstücke, Gebäude und Dachflächen zu Sonderkonditionen, Quersubventionierung durch HAMBURG WASSER und andere öffentliche Unternehmen, und zwar zulasten der Kunden von HAMBURG WASSER und über den Weg des Verlustausgleichs letztlich auch zulasten des Hamburger Steuerzahlers. Weiter offen ist auch die Frage – ich hatte sie bei einer anderen Debatte bereits angesprochen –, wenn schon der Plan besteht, HAMBURG ENERGIE zum Kern für zukünftige Stadtwerke zu machen, warum dann eigentlich so intransparent und so verschachtelt, warum nicht zum Beispiel als Eigenbetrieb der Stadt, sondern als Enkelunternehmen unterhalb von erstens der HGV und zweitens HAMBURG WASSER mit Urenkelgesellschaften wie HAMBURG ENERGIE SOLAR oder HAMBURG ENERGIE WÄRME und somit der parlamentarischen