Nostorf-Horst ist eine Erstaufnahmeeinrichtung, die im Anschluss an die Ereignisse in Rostock-Lichtenhagen gegründet wurde. Daraufhin wurde um diese Einrichtung ein Zaun errichtet. Wer immer sich darin befindet, kann jederzeit heraus und jederzeit wieder hinein. Die Tatsache, dass man durch das Tor hinausund wieder hineingeht, ist meiner Ansicht nach keine fürchterliche Beschränkung der Freiheit der Menschen. Der Zaun bestand damals zu ihrem Schutz, damit nicht die Falschen hineinkamen. Wer herauswill, kann hinaus und wer hineinwill, kann hinein.
Meine Damen und Herren! Gibt es weitere Wortmeldungen zu diesem Thema? – Wenn das nicht der Fall ist, kommen wir zum zweiten Thema, angemeldet von der SPDFraktion:
Verträge mit den islamischen Religionsgemeinschaften – Schritt zu mehr Integration und Anerkennung in einem vielfältigen und weltoffenen Hamburg
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren! Der Vertrag mit den Muslimen und Aleviten hat über Hamburg hinaus großes mediales und politisches Interesse gefunden.
Wir sind das erste Bundesland, das einen Vertrag mit den muslimischen Gemeinden und den Aleviten abschließt. Seit 2007 laufen die Verhandlungen, im Jahr davor hat Bürgermeister Ole von Beust in der Zentrumsmoschee erklärt, dass es nach den Verträgen mit den beiden christlichen Kirchen und der Jüdischen Gemeinde auch Verhandlungen mit den muslimischen Verbänden geben werde. Der Grundstein ist von der CDU und dann von Schwarz-Grün gelegt worden. Daher gehen wir heute von einer breiten Zustimmung aller Fraktionen der Bürgerschaft bei der Beratung der Senatsdrucksache aus, und das sage ich besonders in Richtung der CDU.
Denn wir werden in der Bürgerschaft und im Verfassungsausschuss noch ausreichend Möglichkeiten und Zeit haben, diese Verträge miteinander zu diskutieren. Maria Böhmer, die Integrationsbeauf
tragte der Bundesregierung, hat bei ihrem Besuch in Hamburg im Juli gesagt, die Betrachtungsweise "hier die Deutschen und dort die Zuwanderer" sei nicht mehr zeitgemäß. Und sie hat weiter erklärt, vielmehr müsste man von einem "wir" und einer Willkommenskultur sprechen. Dem muss ich als Sozialdemokratin wirklich nichts mehr hinzufügen.
Die vorliegenden Verträge schaffen unabhängig vom bestehenden Recht Klarheit in vielen Bereichen. Circa 130 000 Muslime und circa 50 000 Aleviten leben in Hamburg. Die Verträge sind ein großer Schritt und, wie der Bürgermeister schon am Dienstag gesagt hat, eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Aus anderen Bundesländern gibt es viele positive Signale zu dem, was wir hier machen, so aus Baden-Württemberg und auch aus Berlin. Man könnte sich natürlich solche positiven Signale durchaus auch aus Hessen und Bayern vorstellen.
Viele einzelne Punkte dieser Verträge haben in der Diskussion der letzten Wochen eine Rolle gespielt, und es haben doch ein paar Leute daran gebastelt, eine Kampagne gegen diese Verträge zustande zu bringen. Auf einige Punkte der Diskussionen der letzten Wochen will ich hier noch einmal kurz eingehen, als Erstes auf die Feiertagsregelung. Hier gilt für drei festgelegte Feiertage die gleiche Regelung wie auch für Christen beim Fronleichnam oder auch beim Buß- und Bettag. Man kann frei haben, aber man muss es nacharbeiten.
Dann gibt es die Kopftuchfrage. Viele haben versucht, über diese Kopftuchfrage die Verträge insgesamt zu diskreditieren. Wir müssen hier einfach klarstellen, dass es keine Erlaubnis, aber auch kein Verbot gibt. Die Formulierung im Vertrag "ungerechtfertigte Beschränkung" macht das allzu deutlich. Es wird auch in Zukunft keine Polizeibeamtin mit Kopftuch geben.
Die Frage des Religionsunterrichts: Hamburg hat einen konfessionsübergreifenden Religionsunterricht unter evangelischer Verantwortung, und hier haben die christlichen Kirchen, die Muslime und die Aleviten fünf Jahre Zeit, miteinander ein Modell für einen zukünftigen Religionsunterricht für alle zu entwickeln. In Zukunft wird es natürlich möglich sein, dass ein muslimischer Lehrer mit zwei Staatsexamen Religionsunterricht erteilt. Das ist auch der Sinn, dass Schüler auch etwas über andere Religionen vermittelt bekommen und erfahren, dass es andere Religionen gibt, die man respektieren muss.
Wer in Zukunft glaubt, dass Imame ohne jede staatliche Ausbildung Religionsunterricht erteilen dürfen, kennt die Praxis nicht oder möchte ganz bewusst Ängste schüren.
Dann gibt es die Frage der Gleichberechtigung von Frauen. Hier ist ein ganz wichtiger Punkt, dass die muslimischen Verbände diese Gleichberechtigung anerkennen und es damit in Zukunft Eltern schwerer fallen wird, die Nichtteilnahme ihrer Mädchen an Klassenreisen und Schwimmunterricht mit religiösen Motiven zu begründen. Es wird in Zukunft, da bin ich mir ganz sicher, mehr Mädchen aus muslimischen Familien geben, die am Schwimmunterricht teilnehmen und auch auf Klassenreisen gehen werden.
Frau Duden, möglicherweise müssen Sie die Frage in einer weiteren Runde vertiefen. Ihre Redezeit ist abgelaufen.
Dann bleibt mir nur noch ein letzter Satz zu sagen. Maria Böhmer hat bei ihrem Julibesuch in Hamburg gesagt: Damit legen wir das Fundament, und es liegt an uns allen, aus diesem Fundament ein kräftiges Haus zu bauen. Daran können wir uns alle beteiligen und ich hoffe auf eine breite Zustimmung von allen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich möchte für die CDU-Fraktion zunächst einmal ausdrücklich begrüßen, dass der SPD-Senat die 2007 vom damaligen CDU-Senat begonnenen Gespräche mit den muslimischen Verbänden und der Alevitischen Gemeinde fortgesetzt und jetzt einen Vertrag vorgelegt hat.
Ich möchte aber auch daran erinnern, dass diese Gespräche nur ein Baustein einer engagierten und konkreten Integrationspolitik der letzten zehn Jahre waren. Wir haben die Ausländerbeauftragte abgeschafft und durch einen Integrationsbeirat ersetzt, in dem man nicht übereinander, sondern miteinander redet. Wir haben im Bildungswesen die Sprachstandserhebung und die Sprachförderung eingeführt, damit Kinder schon vor dem Eintritt in die Schule Deutsch lernen und ihre Bildungs- und Lebenschancen entfalten können. Und wir haben schließlich im öffentlichen Dienst beispielhaft dafür gesorgt, dass die Vielfalt im Wirtschafts- und Arbeitsleben auch für die Beschäftigten gilt, und beim Nachwuchs ganz erheblich dafür geworben, dass auch Kinder von Zuwanderinnen und Zuwanderern sich für den öffentlichen Dienst interessieren. Das sind wichtige und konkrete Schritte für die Integration in Hamburg gewesen.
Die CDU teilt die Auffassung, dass Integration gegenseitige Verbindlichkeit und Verlässlichkeit wichtiger gesellschaftlicher, kultureller und religiöser Institutionen braucht. Wir glauben auch, dass Vereinbarungen und Verträge der Stadt mit religiösen Interessengruppen einen wichtigen Beitrag leisten können. Deshalb – Frau Duden hat es schon angesprochen – haben wir 2005, 2006 und 2007 die Verträge mit der evangelischen Landeskirche, dem Heiligen Stuhl und der Jüdischen Gemeinde in Hamburg abgeschlossen. Deshalb hat die Bürgerschaft 2007 auch auf Antrag der CDU beschlossen, dass der Senat Gespräche mit Vertretern der Muslime aufnimmt mit dem Ziel, ein schriftliches Abkommen über gegenseitige Rechte und Verpflichtungen in verschiedenen Lebensbereichen abzuschließen. Nun liegen diese Texte vor und es fällt manches positiv auf: natürlich das Bekenntnis zu gegenseitiger Achtung und Toleranz und der unverzichtbare Respekt vor Andersdenkenden und Anderslebenden. Angesprochen worden ist auch das Bekenntnis zur Gleichberechtigung von Frauen und Mädchen, das nicht nur anerkannt wird, sondern – ich zitiere auch hier –:
"zur vollständigen und gleichberechtigten Teilhabe von Frauen und Mädchen am gesellschaftlichen und politischen sowie am schulischen und beruflichen Leben [führt]."
Damit entfällt die Grundlage für eine vermeintlich religiöse Begründung der Nichtteilnahme von Mädchen an Schwimmunterricht und Sexualkunde, und damit entfällt auch eine vermeintlich religiöse Begründung dafür, dass Frauen nicht berufstätig sein dürfen. Ich erwarte, dass die islamischen Verbände in Zukunft dieses noch stärker öffentlich unterstützen und proklamieren.
Aber aus den Verträgen ergibt sich auch eine Reihe von Fragen, die vor einer endgültigen Beschlussfassung geklärt werden müssen; ich will nur einige nennen. Ändert sich durch die Verträge die Rechtslage zum Tragen des Kopftuches von Lehrerinnen im Unterricht oder von Polizistinnen oder Staatsanwältinnen? Die Haltung der CDU ist klar: Wir lehnen das Tragen derartiger religiöser Symbole bei diesen Berufsgruppen ab, nicht weil wir irgendetwas nicht mögen, sondern weil wir die staatliche Neutralität für unverzichtbar halten, wenn es um hoheitliche oder Ausbildungsfragen geht.
Aber auch bei den anderen Detailbestimmungen, zum Beispiel zum Religionsunterricht, stellt sich für uns schon die Frage: Ist es auch verfassungsfest, auch wenn es gut gemeint ist? Oder in den Erklärungen zum Bau von Moscheen: Ändert sich da nicht am Ende doch die Rechtslage? Oder die Passagen zum öffentlich-rechtlichen Rundfunk: Sind sie verträglich mit der Staatsferne und Freiheit unserer Medien? Frau Duden, die Passagen zu diesen Regelungen lösen bei vielen Abgeordneten Fragen aus, die wir im weiteren Verfahren und vor einer endgültigen Beschlussfassung aufklären wollen.
Schließlich sollten wir uns auch nicht täuschen. Es sind jetzt Verträge mit den Aleviten und mit drei Dachverbänden der Muslime abgeschlossen worden. Es sind damit mit Sicherheit nicht alle Muslime in der Stadt erfasst, und insofern stellt sich auch die Frage, ob nicht andere muslimische Organisationen zum Beispiel später den Verträgen beitreten können.
Meine Damen und Herren! Das Ziel der CDU ist klar: Wir wollen die zunehmende Vielfalt der Stadt in Weltanschauung, Kulturen, Religionen und Lebensstilen friedlich in Hamburg integrieren und wir wollen den Respekt gegenüber Andersdenkenden und Anderslebenden und die Vielfalt in Hamburg zur Chance und zur Stärkung unserer Heimatstadt machen. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Shermin Langhoff, Intendantin des Ballhauses Naunynstraße, das migrantische Theater in Berlin – ab 2013 übrigens Intendantin am Maxim Gorki Theater und damit erste Intendantin eines deutschen Staatstheaters, die iranische Wurzeln hat – sagte: