Protocol of the Session on June 14, 2012

(Beifall bei der CDU)

Die anachronistische Trennung der Ressorts Wirtschaft und Arbeit zeigt wieder einmal ihre Unzulänglichkeit.

(Dirk Kienscherf SPD: Nee, nee, das war richtig!)

Der Senat ist gefordert, seiner Ankündigungspolitik im Bereich Innovation endlich Umsetzungsschritte folgen zu lassen, endlich eine Bedarfsanalyse und einen Businessplan für die Investitionsbank vorzulegen, endlich ein Fachkräftekonzept vorzulegen und seinen Irrweg in Sachen Hochschulpolitik zu stoppen. Herr Senator, werden Sie Ihrer Verantwortung gerecht.

(Beifall bei der CDU)

Herr Schmidt hat das Wort.

Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn in der letzten Legislaturperiode ein Oppositionspolitiker eine solche Rede gehalten hätte wie Sie, Frau Prien, dann hätte es geheißen, er rede den Standort schlecht. Das tun wir nicht, wir führen einen vernünftigen Dialog. Man sollte sich aber schon einmal die Frage stellen, wie Innovationen überhaupt entstehen.

(Dietrich Wersich CDU: Nicht durch diesen Senat, da haben Sie recht!)

Sie entstehen bestimmt nicht durch politische Sonntagsreden, Herr Wersich, und sie entstehen auch nicht durch Große Anfragen, von wem auch immer, sondern Innovationen entstehen, weil aus einer guten Idee zu einem richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort ein reales Produkt entwickelt wird.

(Beifall bei der SPD – Dietrich Wersich CDU: Dafür gibt es Rahmenbedingungen, die nö- tig sind!)

Die Metropolregion Hamburg ist der richtige Ort für die Entwicklung von Innovationen. Gerade erst wurde Hamburg von dem Beratungsunternehmen IDC als "Smart City 2012" prämiert. Mit einem deutlichen Abstand vor Frankfurt, Berlin und München liegt unsere Stadt an der Spitze.

(Karin Prien)

(Beifall bei der SPD – Dirk Kienscherf SPD: Sehr gut!)

Wir müssen dafür sorgen, dass das auch so bleibt, und die richtigen Rahmenbedingungen setzen. Das tut der SPD-Senat auch. In den letzten Monaten wurden erste wichtige Weichen gestellt. So wurden zum Beispiel der Forschungsstandort weiter ausgebaut, die Kooperation von universitären und außeruniversitären Einrichtungen verstärkt und Hochschulvereinbarungen abgeschlossen, die zu mehr Planungssicherheit führen.

(Dietrich Wersich CDU: Kürzungen! Kürzun- gen!)

Wenn man in die Statistik schaut und sieht – Sie haben es angesprochen, Frau Prien –, dass die Zahl der Studierenden hinter den Zahlen in anderen Städten zurückliegt, dann ist eine Entscheidung dieses Senats besonders wichtig gewesen, nämlich die Abschaffung der Studiengebühren.

(Beifall bei der SPD – Finn-Ole Ritter FDP: Das hat überhaupt nichts damit zu tun!)

Es ist gut, dass die SPD diese Hürde aus dem Weg geräumt hat, und wir hoffen, dass sich diese Erkenntnis vielleicht auch irgendwann einmal bei CDU und Grünen durchsetzt.

(Beifall bei der SPD – Zuruf von Dietrich Wersich CDU)

Aber auch in anderen Bereichen sind wir auf einem guten Weg. Das Arbeitsprogramm des Senats sieht den flächendeckenden Ausbau der Ganztagsschule vor; wir haben eben darüber debattiert. Wir werden den Übergang von der Schule in das Berufsleben verbessern. Das Arbeitsprogramm des Senats hat das Ziel, dass jeder Jugendliche eine ordentliche Ausbildung erhält. Der Ausbau der ganztägigen Angebote an den Hamburger Schulen ist eine der wesentlichen Weiterentwicklungen des Hamburger Bildungswesens. Nur durch gute Bildung wird die Innovationskraft unserer Region steigen, denn Ideen entstehen zunächst in den Köpfen.

(Dietrich Wersich CDU: Aber nicht in den Köpfen der SPD!)

Das sind nur Beispiele. In der Antwort auf die Große Anfrage steht noch weit mehr. Das zeigt, wie wir in die Köpfe investieren und dass die SPD auf diesem Weg weitergehen wird.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen im Bereich Bildung weiter in die Breite investieren, um möglichst vielen Menschen den Zugang zu Wissen zu ermöglichen, aber wir müssen natürlich auch in die Spitze investieren, um das Potenzial komplett auszuschöpfen. Die Antwort des Senats auf die Große Anfrage zeigt in vielen Punkten, dass genau das passiert.

Was in der Anfrage der CDU ausgeblendet wird, ist die Frage, wie wir es eigentlich schaffen, dass aus Ideen reale Produkte werden. Die Innovationszyklen werden immer kürzer. In unserer globalisierten Wissensgesellschaft gewinnt nur der, dem es gelingt, rechtzeitig aus tradierten Routinen und Denkschemata auszubrechen. Der richtige Zeitpunkt für Innovationen ist jetzt. Wir erleben gerade eine weitere industrielle Revolution. Die Energienetze werden mit dem Internet zu einer gemeinsamen Infrastruktur zusammenwachsen und damit die ganze Welt verändern. Wir in Hamburg haben mit dem IT-Cluster und jetzt auch mit dem neuen Energiecluster sämtliche Trümpfe in der Hand, die Verknüpfung der Branchen innerhalb der gesamten Metropolregion in einen großen Standortvorteil umzuwandeln. Hier forschen und entwickeln die Windkraftingenieure gemeinsam mit den Informatikern aus ganz Norddeutschland an den Produkten von morgen.

Um das volle Potenzial der Innovationen auszuschöpfen, müssen wir aber auch dafür sorgen, dass diese auf dem Markt bekannt werden. Wir haben bei der Innovationsförderung in Deutschland generell ein Problem: Wir finanzieren zwar die Entwicklung von Innovation, aber nicht ihre Vermarktung. Deshalb heimsen wir zwar reihenweise Nobelpreise ein, insbesondere in der Grundlagenforschung, aber die Unternehmen, die die Wirtschaft dann revolutionieren und neue Arbeitsplätze schaffen, entstehen woanders. Das ist ein Problem, das wir weiter bekämpfen müssen.

(Beifall bei der SPD)

Wir müssen in Zukunft beides gemeinsam denken: Wir brauchen eine Innovationskultur, die die Finanzierung von Innovation und die Finanzierung der Markteroberung verknüpft. Wir müssen die klugen Köpfe aus Wissenschaft und Forschung mit den kreativen Köpfen aus Marketing und Vertrieb zusammenbringen. Beides haben wir in unserer Metropolregion und es wird Zeit, dass wir das zusammenführen.

Wir müssen genügend finanziellen Spielraum ermöglichen, damit aus den Innovationen auch tragfähige Geschäfte entstehen können. Das muss dann auch ein Thema der neuen Investitionsbank werden.

(Jörg Hamann CDU: Nicht so konkret, Herr Kollege!)

Nur dann werden aus den Ideen reale Produkte und neue Unternehmen entstehen. Nur so haben wir die Chance, aus den Innovationen heraus dann auch den Standort insgesamt voranzubringen. Der Zeitpunkt ist der richtige, der Standort ist der richtige, Ideen sind genug vorhanden. Sorgen wir dafür, dass es auch so bleibt. – Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Herr Dr. Tjarks hat das Wort.

Herr Präsident, meine Damen und Herren! Diese nicht sehr gut besuchte Debatte erinnert mich ein bisschen an das alte Lied von Pippi Langstrumpf: Ich mach mir die Welt, wie sie mir gefällt!

(Finn-Ole Ritter FDP: Das ist ein Zitat!)

Je nachdem, ob ich in der Regierung oder der Opposition bin, mache ich mir die Metropolregion, wie sie mir gefällt oder nicht gefällt.

Ich möchte noch einmal rekurrieren auf die Studie, über die wir hier eigentlich reden und mit der sich die Große Anfrage befasst, und mich kurz mit ihrem Verfasser beschäftigen. Vor nicht allzu langer Zeit hat Professor Straubhaar in der "FINANCIAL TIMES DEUTSCHLAND" ein, wie ich finde, erstaunlich selbstkritisches Interview gegeben, in dem er sagte:

"Vielleicht ist die Lehre [aus der Finanzkrise] gerade, dass es die einfachen Weisheiten [der Ökonomie] nicht mehr gibt. Vielleicht war diese Einfachheit auch eine große Illusion. Die Welt ist zu komplex. Und wir [die Ökonomen] sollten [in dieser Frage] dringend bescheidener werden."

(Beifall bei der GAL und bei Tim Golke DIE LINKE – Vizepräsidentin Barbara Duden übernimmt den Vorsitz.)

Ich habe den Eindruck, dass das in gewisser Weise auch für die Studie "Hamburg 2020", über die wir reden, zutrifft. Dabei möchte ich Professor Straubhaar zugute halten, dass er für die mangelnde Datenbasis, die hier schon beklagt worden ist, in der Tat nichts kann. Aber ich finde schon, dass die Studie die ganze Komplexität einer Metropolregion nur sehr unzureichend erfasst.

Die Antwort auf die Große Anfrage hat gezeigt, wie komplex diese Metropolregion in Bildungsfragen ist, wie viele Akteure da an Forschung und Lehre beteiligt sind. Wenn man dann Hamburg mit der Metropolregion München vergleicht, dann muss man dabei natürlich auch berücksichtigen, dass es sich um ganz unterschiedliche staatspolitische Gebilde handelt. Wir reden hier über vier Bundesländer, die sich gemeinsam einigen müssen, und nicht über die Hauptstadt eines Bundeslandes, die extrem stark davon profitiert, dass sie besonders viele Fördermittel erhält. Das ist in der Studie zu wenig belichtet.

Bei der Frage, was wir aus dieser Studie teilen, sagen wir: Wohlstand finden wir gut, 28 Prozent mehr Arbeitsplätze, Standortmarketing und nachhaltige Bildung auch, und gleichzeitig empfehlen wir, dass Hamburg am Ende nicht so wie München werden soll. Trotzdem gibt es ein paar Anregungen – in

der Rede von Frau Prien sind sie angeklungen –, die man aufgreifen kann und mit denen man sich ernsthaft auseinandersetzen müsste.

(Beifall bei Dr. Stefanie von Berg GAL)

Ich habe das Gefühl, dass gerade im universitären Bereich, gerade im Bereich von Forschung und Lehre eben nicht alles so gut ist, wie Sie es dargestellt haben. Wir haben die Situation, dass die Stabilität, die Sie gepriesen haben, de facto Kürzungen sind. In dieser Stadt existiert keine Idee, wie unsere Universität und die außeruniversitären Forschungseinrichtungen vorangebracht werden können, und das in einer Zeit, in der sich die universitäre Landschaft in Deutschland gerade in Exzellenzuniversitäten, Universitäten mit Exzellenzclustern und Rest gliedert. Das ist ein Armutszeugnis für unsere Stadt.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ein zweiter Punkt ist meines Erachtens – das haben Sie auch schon angesprochen, Frau Prien – die Innovationspolitik. Da haben wir nicht viel Tamtam, aber immerhin hat man eine Behörde für Innovation gegründet. Ich habe allerdings das Gefühl, dass der Impuls dieser Behörde gleich Null ist. Das Einzige, was man aus der Behörde zu diesem Bereich wahrgenommen hat – man weiß es noch nicht offiziell, aber so sagen es alle –, ist ihre Zustimmung dazu, dass die Hälfte der Mittel der Innovationsstiftung für die Investitionsbank verfrühstückt werden.

(Dirk Kienscherf SPD: Das war gestern!)

Wir wissen trotz dieser etwas komischen Ausschussabsage nicht, ob Sie sich überhaupt noch in Sachen Investitionsbank einigen. Man bekommt beinahe das Gefühl, es wäre besser, wenn Sie sich nicht einigen würden.

(Beifall bei der GAL und der CDU)

Ein Punkt, an dem wir uns ein Vorbild an der Region München nehmen können, ist die Frage, ob wir ein gutes, vernünftiges Fachkräftemonitoring aufstellen können. Vielleicht muss das auch gar nicht die Industrie- und Handelskammer machen, vielleicht kann man das auch mit der Bundesagentur für Arbeit machen. Wenn wir auf die Kammern zugehen, werden wir beispielsweise sehen, dass die Handwerkskammer ganz offensiv eine Qualifizierungsoffensive für das Handwerk fordert. Ich würde mich freuen, wenn dieser Senat eine solche Qualifizierungsoffensive im nächsten Haushalt mit Geld hinterlegen würde.